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Archiv "Die vegetative Symptomatik der Polyneuropathien: Schlußwort" (18.04.1991)

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entspricht dem klinischen Befund der Herzfrequenzstarre. Somit ist der 30:15-Quotient für die Verlaufs- beurteilung einer autonomen Neuro- pathie nicht geeignet. Die Problema- tik des Tests wurde von Mayer aus- führlich diskutiert, insbesondere ist die Sensitivität gering.

Im internationalen Schrifttum wird die Meinung vertreten, daß nicht ein einzelner Test, sondern ei- ne Testbatterie durchgeführt werden sollte, um eine autonome Neuropa- thie zu diagnostizieren. Allerdings besteht noch keine Einigkeit dar- über, welche Tests im einzelnen durchzuführen sind (Ewing 1990, Ryder, Wieling). Nach unseren Er- fahrungen sind die meisten Patien- ten in der Lage, die tiefe Respiration und das Valsalvamanöver korrekt durchzuführen.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. Axel Muttray Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Mainz Obere Zahlbacher Straße 67 6500 Mainz

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Frühzeitig das Gespräch mit dem Patienten suchen

- Daß R. Schiffter in seinem Arti- kel auf die Symptomatologie der ve- getativen Neuropathien, ihre Dia- gnostik und ihre klinische Relevanz hingewiesen hat, ist dankenswert.

Doch in seiner Gesamttendenz setzt der Artikel äußerst problematische Akzente, die den Widerspruch des klinisch tätigen Psychosomatikers herausfordern:

Richtig ist, daß der Begriff „ve- getative Dystonie" eine Scheindia- gnose ist. Der Begriff „funktionelle Störung" ist dies aber nicht — wie der letzte Absatz in dem Artikel von Schiffter nahelegt. Der Begriff

„funktionelle Störung" ist als Ab- grenzungsbegriff zur strukturellen (Organ-)Schädigung äußerst wichtig.

Im Lehrbuch von Thure von Uexküll wird ausführlich gezeigt, welche Standards zur psychosomatischen Diagnostik von funktionellen Stö-

rungen heute vorliegen. Funktionelle Störungen sind auch keineswegs im- mer „flüchtig", sondern oft äußerst hartnäckig und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen im- mens. Rein quantitativ machen sie 50 Prozent der Patienten der hiesi- gen Medizinischen Poliklinik aus. In ihrer Gesamtheit stellen die Patien- ten mit echten funktionellen Störun- gen auch einen quantitativ äußerst bedeutsamen gesundheitspolitischen Faktor dar.

Richtig ist, daß jeder Patient, der mit einer zunächst als funktionell imponierenden Störung den Arzt aufsucht, sorgfältig körperlich unter- sucht werden muß. Als Differential- diagnose zu einer echten funktionel- len Störung kommt auch eine vegeta- tive Neuropathie in Betracht und dies in besonderer Weise, wenn eine entsprechende Grundkrankheit wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz vorliegt. Falsch ist es jedoch — wie der Artikel es na- helegt — zuerst alle differentialdia- gnostisch möglichen organischen Ur- sachen auszuschließen und erst dann ernsthaft die Frage einer psychoso- matischen Genese zu klären. Dieses Vorgehen — besonders bei dem Ein- satz unkritisch angewandter appara- tiver oder invasiver Zusatzuntersu- chungen — birgt die enorme Kompli- kationsgefahr einer iatrogenen Fixie-

Schlußwort

Das vordringliche Ziel des Auf- satzes war, das Spektrum der vegeta- tiven Symptome von Polyneuropat- hien einem breiten ärztlichen Publi- kum besser bekannt und vertraut zu machen, Aufmerksamkeit zu wecken und erste Handlungsempfehlungen zu geben. Das Echo war erfreulich groß und überwiegend positiv.

Zu den durchaus wichtigen kriti- schen Kommentaren will ich gern Stellung nehmen: Herr Privatdozent Dr. Reiners beklagt zu recht den är- gerlichen Fehler, den ich bei der Korrektur übersehen habe. Selbst- verständlich betrifft der 30/15- Ewing-Test nicht die „Ruhefre- quenzvariabilität", sondern die nach Aufrichten aus der Ruhelage. Die Korrektur von Dr. Reiners ist so voll

rung des Patienten auf seine körper- lichen Beschwerden und damit eine ungünstige Prognose.

Richtig ist vielmehr, bei einem auf das Vorliegen einer funktionel- len Symptomatik verdächtigen Sym- ptomangebot des Patienten frühzei- tig mit ihm das erste Gespräch zu su- chen, um allfällige pathogene psychi- sche Konflikte möglichst rasch zu entdecken und eventuell weiter be- stehende differential-diagnostische Zweifel in einem Zug-um-Zug-Ver- fahren in engem — auch psycholo- gisch tragfähigen — Kontakt mit dem Patienten zu klären. Auch diese dia- gnostische Aufgabe gehört ebenso wie die Erkennung eventueller poly- neuropathisch bedingter Störungen in die Kompetenz des Allgemeinarz- tes.

Dr. med. Antje Haag Ärztin für Neurologie und Psychiatrie

Dr. med. Ulrich Lamparter Diplompsychologe

Arzt für Neurologie und Psychiatrie

II. Medizinische Klinik Psychosomatische Abteilung Universitäts-Krankenhaus Eppendorf

Martinistraße 52 2000 Hamburg 20

zu bestätigen. Seine mit E. Kunesch publizierte einfache Methode zur Messung der Ruhefrequenzvariabili- tät habe ich bei meinen Literaturre- cherchen leider übersehen, sie ist of- fensichtlich eine gut praktikable dia- gnostische Alternative.

Daß die Polyradikulitiden vom Typ des Guillain-Barr&Syndroms besonders bedrohliche vegetative Entgleisungen der von mir beschrie- benen Systeme auslösen können, ist allenthalben bekannt und besonders für den stationär-klinisch tätigen Arzt bedeutsam. Die vegetativen Lä- sionsmuster sind im Prinzip aber die gleichen wie bei den anderen mehr chronischen Polyneuropathien.

Herrn Reiners Bemerkungen zu den EKG-Veränderungen ist zuzu- stimmen, ich habe in dem Aufsatz al- lerdings die zentralvegetativen Syn- A-1364 (62) Dt. Ärztebl. 88, Heft 16, 18. April 1991

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drome nicht besprechen können. Die Bedeutung vegetativ wirksamer Pharmaka habe ich erwähnt, ebenso auch die Empfehlung, daß zur Dia- gnose der vegetativen Neuropathie mindestens zwei bis drei typische ve- getative Syndrome nachweisbar sein sollten. Mit diesen Sätzen ist auch der wichtige Leserbrief von Dr.

Muttray kommentiert.

Die vierte Bemerkung von Dr.

Reiners zum Problem der „vegetati- ven Dystonie" ist schwerlich in weni- gen Sätzen zu besprechen. Selbstver- ständlich sind nicht alle „vegetativen Dystonien" etwa Polyneuropathien oder „organische" Erkrankungen des zentralvegetativen Systems. Hier ist eben saubere Differentialdiagnostik vonnöten. Danach bleibt allerdings ein großer Anteil von Kranken zu- rück, bei denen man „nichts findet" — sie werden anschließend, wie Herr Reiners es nennt „in die psychogene Ecke gedrängt". Diese Formulierung muß ich zurückweisen — die betroffe- nen Kranken leiden sehr oft an

ernsthaften psychosomatischen Syn- dromen, zu denen ich natürlich auch die „somatisierten Depressionen"

zähle. Diese Menschen sind krank und bedürfen kompetenter Hilfe.

Leider wird „funktionell" inzwi- schen ebenfalls mit einem abschätzi- gen Unterton benutzt, so daß ich lie- ber den noch neutralen Begriff „psy- chosomatisch" benutze, wenn sich die Psychogenese sichern läßt. Da- mit bin ich bei dem Lesebrief von A.

Haag und U. Lamparter. Ich kenne und akzeptiere die Uexküllsche Defi- nition von „funktionell", aber leider ist der Ausdruck im ärztlichen Alltag schon wieder diskreditiert als Syn- onym für die „psychogene Ecke".

Auch ich exploriere meine Kran- ken mit vegetativer Symptomatik so- fort und quasi parallel zum körperli- chen Untersuchungsgang bezüglich ihrer Biographie, Konfliktketten, ak- tuellen Problemen, Streßfaktoren usw. und behalte die sofort doku- mentierten Fakten im Auge. Ich muß aber gleichwohl sorgfältig und ange-

messen vollständig körperlich und auch apparativ untersuchen, um eine sichere Diagnose zu stellen. Dabei bleibe ich kritisch, vermeide iatroge- ne Fixierungen und beginne bei eini- germaßen gesicherter Diagnose ei- nes psychosomatischen Syndroms mit der Beratung oder überweise ge- gebenenfalls zum Psychotherapeu- ten.

Meine diesbezüglichen Vorstel- lungen zur Psychosomatik sind an- sonsten in Kürze in der Zeitschrift

„Psycho" nachzulesen — (ein größe- rer Aufsatz befindet sich im Druck) —, detaillierte Erläuterungen kann ich in dem hier gegebenen Rahmen leider nicht geben.

Prof. Dr. med. Roland Schiffter Neurologische Abteilung Krankenhaus Am Urban Dieffenbachstraße 1 1000 Berlin 36

Der Venenzugang unter erschwerten Bedingungen

Intraossäre Injektion als Alternative

In ihren für die Notfallpraxis überaus nützlichen Ausführungen.

haben Bauer und Hirsch die Bedeu- tung zentralvenöser Zugänge in der Notfallmedizin gewürdigt. Zu be- grüßen ist besonders die Aufwertung des zentralen Venenkatheterismus gegenüber den periphervenösen Zu- gängen, mit denen bei frustranen Punktionsversuchen immer wieder wertvolle Zeit vergeudet wird.

Auch dem routinierten Notfall- arzt gelingt indessen das Legen eines Kavakatheters gelegentlich erst nach zeitraubenden Anläufen, und mitun- ter, wenn auch extrem selten, schei- tert er sogar gänzlich. Einen Ausweg bietet bei Kreislaufstillstand die so- genannte tiefe endobronchiale Instil-

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Hartwig Bauer und Mitarbeiter

in Heft 43/1990

lation von Notfallmedikamenten mit einer in den Trachealtubus vorge- schobenen Plastiksonde. Zur endo- bronchialen Applikation eignen sich nur Adrenalin, Atropin, Lidocain und Naloxon, die Zufuhr sonstiger Arzneimittel oder Infusionslösungen ist so nicht möglich.

Eine weitere beachtenswerte Al- ternative zur Medikamenten- und Flüssigkeitsgabe bei Schock und Kreislaufstillstand ist die intraossäre (intraspongiöse, intramedulläre) In- jektion und Infusion in den Mark- raum oberflächlich gelegener Kno- chen. Während dieser Zugangsweg bei einigen Rettungsdiensten in den USA bereits zum etablierten notfall- therapeutischen Repertoire gehört, ist er hierzulande erstaunlicherweise noch weitgehend unbekannt, obwohl eine Fülle älterer und stetig umfang- reicher werdender neuerer Literatur vorliegt.

Bereits 1940 haben Henning in Deutschland und Tocantins in den USA zeigen können, daß in die Markhöhle des Brustbeins injizierte Substanzen rasch durch die Vv.

emissariae et nutrientes über größe- re Venenstämme in den Kreislauf gelangen. Die Gefäße des roten Knochenmarkes können nicht kolla- bieren und sind so gut durchblutet,

daß Wirkungseintritt und Wirkungs-

stärke

intraossär injizierter Pharma- ka der intravenösen Injektion nahe- zu entsprechen. Ehrhardt und Kneip Ärztebl. 88, Heft 16, 18. April 1991 (65) A-1365 Dt.

Referenzen

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