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Archiv "Die medizinische Dissertation: Sinnvolle Ergänzung - oder Ablenkung vom Studium?" (12.09.1997)

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ie Presse berichtete im letzten Jahr häufig über den Titelkauf bei angeblichen „Promotions- beratern“, und der medizini- sche Doktorgrad wurde oft in diesem Zusammenhang erwähnt. Auch die Debatte, ob es weiterhin sinnvoll sei, während des Medizinstudiums zu pro- movieren, verstummt ebensowenig wie diejenige, ob der Titel nicht mit dem Staatsexamen vergeben werden sollte, wie es in einigen Ländern ge- schieht. Von den Kritikern der Verga- bepraxis in Deutschland wird häufig angeführt, die medizinischen Doktor- arbeiten hätten häufig ein Niveau, das unterhalb einer naturwissenschaftli- chen Diplomarbeit liege. Auch der Wissenschaftsrat äußerte sich in ähn- licher Weise. Zweifelsohne promovie-

ren in der Medizin viel mehr Studie- rende als in anderen Universitätsstu- diengängen. Von den Delegierten des 99. Deutschen Ärztetages in Köln wa- ren 94 Prozent promoviert. Unter al- len 411 Ärztinnen und Ärzten, die sich im Jahr 1996 in Niedersachsen niedergelassen haben, waren 60 Pro- zent promoviert, ohne daß es Unter- schiede zwischen Ärztinnen und Ärz- ten gab. Bei diesem noch immer ho- hen Prozentsatz von Promotionen stellt sich die berechtigte Frage, wie stark die Promotion die Studierenden von den Vorlesungen, Kursen und Prüfungsvorbereitungen ablenkt. In welchen Fächern promovieren die Studierenden, und welche Dissertati- onsthemen sind typisch und dominie- ren? Brechen wirklich so viele Studie-

rende ein Thema ab und promovieren erst mit dem zweiten oder dritten Thema, wie das manchmal behauptet wird? Wie wird die Betreuung während der verschiedenen Phasen der Doktorarbeit eingeschätzt? War die Promotionsarbeit im Rückblick Zeitverschwendung oder Ablenkung vom eigentlichen Studium oder eine sinnvolle Phase?

Um die Diskussion über die Fra- gen zur Dissertation in der Medizin auf eine solide Grundlage zu stellen, wurde folgende Umfrage vorgenom- men: Alle Studierenden und Ärztin- nen und Ärzte, die zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 1996 im Rektorat der Medizinischen Hoch- schule Hannover (MHH) ihre Dok- torarbeit für den Dr. med. oder Dr.

med. dent. einreichten, erhielten ei- nen Fragebogen und ein erläuterndes Anschreiben. Die Doktoranden zum Dr. rer. biol. hum. und Doktoranden, die ihr Examen im Ausland abgelegt haben, wurden nicht in diese Untersu- chung einbezogen.

Es lagen 248 Antworten zur Aus- wertung vor, was einer Rücklaufquote von 96,1 Prozent entspricht. Diese er- freulich hohe Antwortrate ermöglicht repräsentative Aussagen für die Si- tuation an der MHH. Entsprechende Erhebungen aus anderen medizini- schen Fakultäten in Deutschland oder dem Ausland sind nicht bekannt, so daß bisher kein Vergleich mit anderen Fakultäten möglich ist. Vergleichbar viele Frauen (49,2 Prozent) und Män- ner (50,8 Prozent) beteiligten sich.

Die Ergebnisse der Befragung sind im Lehrbericht 1996 der Medizi- nischen Hochschule dokumentiert.

A-2314 (30) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 37, 12. September 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Die medizinische Dissertation

Sinnvolle Ergänzung – oder Ablenkung vom Studium?

Die Qualität von medizinischen Dissertationen wird oft als sehr gering angesehen. Man könne den Dr. med. für die Aufarbeitung einer Kasuistik erhalten, wird behaup- tet. Verstauben die Ergebnisse medizinischer Dissertatio- nen in den Archiven von Bibliotheken, oder werden sie in

Zeitschriften und bei Kongressen publiziert? Eine reprä- sentative Befragung von 248 Doktorandinnen und Dok- toranden an der Medizinischen Hochschule Hannover brachte überraschende Ergebnisse und widerlegte weit- verbreitete Meinungen über die medizinische Dissertation.

90% – . . . . 80% – . . . . 70% – . . . . 60% – . . . . 50% – . . . . 40% – . . . . 30% – . . . . 20% – . . . . 10% – . . . .

0%

Grafik

14,1 17,7

43,1 48,0

20,2 13,3

40,3 31,0

75,8 84,7

2,8 1,2 2,4 3,2 1,2 0,8

keine Bedeutung geringe Bedeutung große Bedeutung keine Angabe

statistische Methoden Lehrbuchmeinungen Dateninterpretation Literatur und -recherche

Welche Bedeutung hatte die Anfertigung Ihrer Dissertation für Ihr Verständnis beziehungsweise Ihre Ein- stellung zu statistischen Methoden, Lehrbuchmeinungen, Dateninterpretation sowie Literatur und -recherche?

Reinhard Pabst

Jörg Strate

Hermann-Josef Rothkötter

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14 Prozent gaben an, ihre Arbeit in Instituten der theoretischen und 17 Prozent der klinisch-theoretischen Medizin, 56 Prozent in den Kliniken der MHH und 13 Prozent außerhalb der MHH angefertigt zu haben.

Knapp 80 Prozent der Befragten er- klärten, daß es sich bei ihrer Disserta- tion um das erste, 17 Prozent um das zweite und vier Prozent um das dritte Thema gehandelt habe. Überra- schend waren die Antworten auf die Frage, wie die Doktoranden von dem Dissertationsthema erfahren haben:

73 Prozent durch eigene Erkundigun- gen, 11 Prozent durch Hinweise von Kommilitonen, acht Pro-

zent durch Aushänge und sieben Prozent auf andere Arten.

Bei einer Analyse der Häufigkeit der Arten der Dissertation fällt auf, daß nur in sechs Prozent tierex- perimentelle Themen bear- beitet, in 20 Prozent reine Laborversuche durchge- führt wurden und in 28 Pro- zent Patientenuntersuchun- gen im Vordergrund stan- den. Die Dauer der Experi- mente betrug im Median 1,5 Jahre, und bis zum Ein- reichen, nach der Auswer-

tung und dem Schreiben der Arbeit vergingen 3,5 Jahre (Median). Dabei fällt die große Schwankungsbreite von zwei bis zehn Jahren auf. Das oft von Vertretern anderer Fächer ver- breitete Vorurteil, eine Doktorarbeit in der Medizin sei in einigen Wochen oder höchstens Monaten zu erstellen und damit in der zeitlichen Belastung höchstens einer Diplomarbeit, zum Beispiel in der Biologie von sechs Mo- naten, vergleichbar, läßt sich mit den hier erhobenen Daten nicht belegen.

Viel diskutiert wird auch die Qua- lität der Betreuung. Mehr als 80 Pro- zent der Befragten fühlten sich in allen Phasen der Arbeit sehr gut, gut oder befriedigend betreut. Man sollte aber auch der Frage nachgehen, warum sich fast jeder fünfte Student nur ausrei- chend oder schlecht betreut fühlte.

Beinahe 50 Prozent der Befragten ga- ben an, die Doktorarbeit hätte zu ei- nem reduzierten Vorlesungsbesuch, 35 Prozent zu geringerer Vorbereitung auf Kurse und Praktika geführt, und

fast 30 Prozent gaben an, die Vorberei- tung auf das Staatsexamen sei durch die Dissertation behindert worden. An der Medizinischen Hochschule finden im neunten Semester nur ganz wenige und im zehnten Semester gar keine Pflichtveranstaltungen statt, um den Studierenden die Möglichkeit zu ge- ben, selbst Studienschwerpunkte durch die Wahl von Spezialvorlesun- gen und Kursen oder die Ableistung von Famulaturen zu setzen. Ziel dieses

„wahlfreien Jahres“ ist es aber auch, anspruchsvollere Dissertationen zu er- möglichen. Diese Praxis wurde von 52 Prozent als hilfreich für die Anferti-

gung ihrer Doktorarbeit angesehen.

Über die Hälfte der Studierenden (52 Prozent) gab an, durch die Disser- tation sei ihr Studium nicht verlängert worden. Überraschenderweise gaben zwei Drittel der Studierenden an, daß die Doktorarbeit die Wahl des Weiter- bildungsfaches nicht beeinflußt habe.

Ausbildungsmängel

Für das Erlernen von Literatur- suche und das Lesen und Interpretie- ren von Originalarbeiten hatte die Dissertation eine große Bedeutung (siehe Grafik). Offensichtlich sind für die Mehrzahl der Studierenden Skrip- te und Lehrbücher für Studium und Examensvorbereitung ausreichend.

Die kritische Auseinandersetzung mit Orginalliteratur ist jedoch unverzicht- barer Bestandteil des wissenschaftli- chen Studiums, eine Qualifikation, die jedoch offensichtlich unter der gültigen Approbationsordnung für

Ärzte nur unzureichend erlernt wird.

Die Anfertigung einer Doktorarbeit scheint diesen offensichtlichen Aus- bildungsmangel, zumindest teilweise, kompensieren zu können.

Publikation als Qualitätskriterium

25 Prozent der Befragten gaben an, daß eine Veröffentlichung geplant sei, und 42 Prozent, daß die Ergebnis- se bereits publiziert seien. Die Veröf- fentlichung erfolgte zu 40 Prozent als Orginalarbeit, zu 46 Prozent als Vor- trag und zu 13 Prozent als Poster. Et- wa 46 Prozent der Doktoranden wa- ren Erstautoren und 30 Prozent Zweitautoren der Publikation. Bei den Zahlen zur Veröffentlichung muß noch berücksichtigt werden, daß in vielen Instituten die Arbeit einge- reicht wird und erst später, nach Ab- schluß des formellen Verfahrens, an eine Veröffentlichung gedacht wird, so daß sich die genannten Zahlen si- cherlich noch erhöhen werden. Die Ergebnisse widerlegen die oft pau- schal vorgetragenen Einschätzungen von der geringen Qualität medizini- scher Dissertationen.

Mehr als 90 Prozent der Befrag- ten würden jüngeren Kommilitonen raten, eine Doktorarbeit zu schrei- ben, 68 Prozent würden ein vergleich- bares Thema und 62 Prozent den eige- nen Betreuer empfehlen. Die ab- schließende Frage lautete: „War es aus Ihrer jetzigen Sicht für Sie persön- lich sinnvoll, eine Doktorarbeit anzu- fertigen?“ Bei diesem Resümee unter Abwägungen aller zeitlichen Bela- stungen und Einschränkungen für das Studium gegenüber den schon erfah- renen und sicher auch in der Zukunft erwarteten Vorteilen sagten 90 Pro- zent, die Anfertigung der Dissertati- on habe sich als sinnvoll erwiesen.

Aufschlußreich ist der Vergleich mit den Ergebnissen einer Umfrage unter Medizinern am Ende der Weiterbil- dung zur gleichen Fragestellung: Hier meinten 76 Prozent der Befragten, die Promotion sei sinnvoll gewesen (Pabst, Rothkötter, 1996).

Am Schluß des Fragebogens war die Möglichkeit zu Meinungsäuße- rungen zu Verbesserungen im Hin- blick auf die Anfertigung an der A-2316 (32) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 37, 12. September 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Promotion

T H E M E N D E R Z E I T

Die Anstrengung

lohnt sich

(3)

MHH gegeben. Vorrangig wurden mehr Informationen zu Planung, Me- thoden, Auswertung und Statistik von medizinischen Dissertationen gewünscht (n = 20), eine zentrale Registrierung beziehungsweise der Aushang von Dissertationsthemen (n = 13) und eine zentrale Anlaufstel- le zu Fragen der theoretischen Vorbe- reitung oder der Auswertung (n = 8) erbeten. Offensichtlich haben viele Doktoranden die Ankündigungen zu der seit mehreren Jahren am Beginn des Wintersemesters gemeinsam vom Rektor, den Prorektoren, ASTA und Bibliothek durchgeführten Veran- staltung genau zu diesen Themen nicht erfahren oder sind sich der Be- deutung noch nicht bewußt gewesen.

Verschiedene Publikationen und Bücher zur Thematik der medizini- schen Dissertation sind diesen Stu- dierenden offensichtlich auch nicht bekannt gewesen.

lEs ist sicher interessant, eine vergleichbare Befragung nach Ab- schluß des ganzen Begutachtungsver- fahrens und nach einigen Jahren Be- rufstätigkeit erneut durchzuführen und vergleichbare Erhebungen an anderen medizinischen Fakultäten anzuregen. Bei der aktuellen Diskus- sion um die Reform des Medizinstu- diums mit den geplanten Änderun- gen der Bundesärzteordnung und Approbationsordnung für Ärzte soll- te bedacht werden, wo in der Aus- bildung und/oder Weiterbildung zu- künftiger Ärztegenerationen Zeit für eine wissenschaftliche Arbeit gelas- sen wird. Auch in Fragen der medizi- nischen Ausbildung sollten persönli- che Eindrücke, Erfahrungen und Hy- pothesen durch solide Daten unter- mauert werden, wozu diese Befra- gung anregen sollte.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Reinhard Pabst Abteilung Funktionelle und Angewandte Anatomie

Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover Literatur im Sonderdruck

A-2318 (34) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 37, 12. September 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE/BERICHTE

D

ie Kritik der deutschen Medi- zinstudenten wendet sich in erster Linie gegen große Gruppen in den Praktika des Pflichtcurriculums und die damit ver- bundene Anonymität eines „Mas- senstudiengangs“. Außerdem bekla- gen die Studenten zu wenig Praxisre- levanz des vorklinischen Studienab- schnitts und der klinischen Fächer des zweiten Studienabschnitts.

Eine Sonderstellung nehmen die Kenntnisse und Beherrschung bildge- bender Verfahren ein: Während So- nographie, Endoskopie und Compu- tertomographie (CT) in den letzten Jahren einen rasant zunehmenden Stellenwert in der klinischen Patien- tenversorgung eingenommen haben, finden sie jedoch kaum Berücksichti- gung in der Ausbildung zukünftiger Ärzte. Immer wieder äußern sich vor- klinische Medizinstudenten frustriert über die mangelnde Transparenz, wofür sie zum Beispiel den umfang- reichen anatomischen Lernstoff „aus- wendig lernen“.

Auch im klinischen Studienab- schnitt ergaben Umfragen eine hohe Unzufriedenheit darüber, die vorge- nannten diagnostischen Verfahren nicht anwenden zu können. Selbst Studenten im Praktischen Jahr bekla- gen, noch nicht einmal die normale Anatomie in den betreffenden Bil- dern erkennen zu können.

„Leuchtturmprojekte“

Wie auch bei anderen Studien- fächern werden derzeit neue Möglich- keiten des Hochschulstudiums erar- beitet. In einzelnen „Leuchtturmpro- jekten“ (siehe Kasten) werden dabei in Nordrhein-Westfalen verschiedene Modelle getestet. Zu diesen gehört auch das „Medizindidaktische Pilot- projekt Anatomie in den bildgeben- den Verfahren“ an der medizinischen Fakultät der Uni in Düsseldorf.

Hier werden sowohl parallel zum vorklinischen Anatomiekurs als auch für höhere Fachsemester freiwillige

Medizindidaktisches Pilotprojekt Düsseldorf

Mehr Praxis im Studium

Medizinische Leuchttürme in NRW

Seit Ende 1995 unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen mit dem Pro- gramm „Qualität der Lehre“ insgesamt 60 „Leuchtturmprojekte“, davon 53 an Universitäten und sieben an Fachhochschulen. Für jeweils einen Zweijahreszeit- raum werden circa 14 Millionen DM Förderungsbeträge ausgegeben, davon rund 1,4 Millionen DM für die insgesamt sechs medizinischen Piloten. Diese sind: Aachen (Zahnarzt-Patienten-Kommunikation), Bonn („Bonn-Kinder“), Düsseldorf und Köln (1. Einrichtung einer Arbeitsgruppe Medizindidaktik, 2.

Einführung des „Problemorientierten Lernens in das Praktikum der Allgemei- nen Pharmakologie und Toxikologie“, 3. Elective-Programm Vorklinik – Moder- ne Techniken der Medizinischen Grundlagenforschung und ihre Anwendung).

Dem Medizinstudium – darüber sind sich nicht nur Studenten einig – fehlt Praxis.

Die Entlassung der „Frischlinge” in das Praktische Jahr entspricht dem sprichwört- lichen Sprung ins kalte Wasser. Ausnahme: Ein paar vom Land Nordrhein-Westfa- len geförderte „Leuchtturmprojekte“ zeigen, daß ein Studium durchaus Berufs- nähe vermitteln kann. Das größte medizinbezogene Projekt dazu gibt es an der medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Hier werden Computertomographie-, Endoskopie- und Sonographiepraktika angeboten, und das nicht für einen Bruchteil der Studenten, sondern in Semesterstärke.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-2314–2318 [Heft 37]

(4)

Zuatzpraktika eingerichtet. Klein- gruppen (1,5 Stunden pro Woche) von jeweils vier bis fünf Studenten werden an einem diagnostischen Arbeitsplatz von einem speziell ausgebildeten Tu- tor betreut. Beim Ultraschallkurs so- nographieren sich die Studenten ge- genseitig unter Anleitung und erler- nen systematisch die Handhabung des Gerätes, den adäquaten

Umgang mit dem Patienten und die Schnittbildanato- mie. Die Endoskopiekurse finden an aufwendigen und dem menschlichen Körper nachempfundenen Phan- tommodellen statt. Das En- doskopiebild wird dabei von Chipkameras auf einen Monitor übertragen, damit mehrere Studenten gleich- zeitig die aktuellen Positio- nen des Endoskops und den Befund mit ihrem Be- treuer diskutieren können.

Die CT-Diagnostik wird an ausgewählten Bildbeispie-

len am Leuchtschirm ebenfalls syste- matisch erarbeitet und mit Besuchen eines CT in der Klinik kombiniert.

Studenten lehren Studenten

„Ein großes Problem war“, so Dr. med. M. Hofer, Leiter des Projek- tes in Düsseldorf, „qualifiziertes Lehr- personal in ausreichendem Umfang bereitzustellen.“ Daher wurde ein zweistufiges Betreuungskonzept ent- wickelt:

Als Tutoren (Betreuer der I. Stu- fe) werden sehr engagierte Studenten höherer Fachsemester ausgewählt, die zuvor ein spezielles Ausbildungs- programm durchlaufen: Das notwen- dige Fachwissen erwerben sie als ana- tomische Vorpräparanden und im Rahmen individuell konzipierter Fa- mulaturen. Die didaktische und sozia- le Kompetenz für den späteren Klein- gruppenunterricht wird in Rhetorik- und Kommunikationsschulungen ver- mittelt. Videounterstützte Rollen- spiele bereiten auf Unterrichts- und auch auf typische Konfliktsituationen in Kleingruppen vor.

Als II. Betreuungsstufe steht für drei bis vier parallellaufende Klein-

gruppen mit ihren Tutoren ein erfah- rener wissenschaftlicher Assistent oder ein Dozent zur Verfügung, der zwischen den Gruppen pendelt.

Dieses Konzept stellt an die Tu- toren hohe zeitliche und fachliche Anforderungen. Die fünfjährige Er- fahrung zeigt jedoch ein enormes En- gagement der Tutoren: Neben dem

Spaß an der Lehre und dem Zusatz- verdienst sind vor allem die über- durchschnittlichen Kenntnisse im Hinblick auf spätere Bewerbungsvor- teile und der eigene Beitrag zur Ver- besserung der Studienbedingungen wichtige Motivationsfaktoren.

Das Echo auf die Art der Wis- sensvermittlung ist ausgezeichnet. In verschiedenen Evaluationen in Zu- sammenarbeit mit dem Interdiszi- plinären Zentrum für Hochschuldi- daktik in Bielefeld (ISHD) wird den Tutoren ein hohes Maß an Fachwis- sen bescheinigt. Auch die Didaktik, das Engagement und die Vorberei- tung stießen seitens der Studenten auf große Zustimmung; ebenso das ge- samte Kursangebot. Obwohl alle Ver- anstaltungen am späten Nachmittag plaziert sind, nutzt ein Großteil der Medizinstudenten in Düsseldorf die Möglichkeit der praxisbezogenen Wissensvermittlung. Besonders er- wähnenswert ist die große Anzahl an Kursplätzen, die nicht nur für wenige Studenten ausreicht, sondern die ge- samte Semesterstärke abdeckt.

Zur Vorbereitung der Unter- richtseinheiten wurde in der Ana- tomie eine Lernsammlung mit über 300 medizinischen Unterrichtsfilmen, Bildmaterial und interaktiven Lern-

programmen eingerichtet, die Studen- ten ausleihen oder an drei Rech- nern/Videoeinheiten nutzen können.

Eine Live-Demonstration im Hörsaal veranschaulicht das jeweilige Wo- chenprogramm und beinhaltet patho- logische Fallbeispiele. Außerdem wurden zu den Themen Sonographie und CT zwei interaktive Lehrbücher erarbeitet, die deutlich un- ter dem Durchschnittspreis sonst üblicher Fachliteratur liegen (SONO Grundkurs:

24,80 DM, Thieme Verlag, CT-Kursbuch: 34,80 DM, Verlag DIDAMED).

Kosten

Zunächst muß zwi- schen jährlich neu wieder- kehrenden Tutorengehäl- tern und einmaligen An- schaffungskosten unter- schieden werden. Geht man davon aus, daß das Kursangebot für circa 300 Studenten pro Jahr ausreichen soll, entstehen rund 45 000 DM an Tutorengehältern jährlich. Da die vorhandenen Geräte mit der Patientenversorgung meist ausgelastet sind, entstehen zusätzlich einmalige Anschaffungskosten in Höhe von etwa 150 000 DM für Sono- graphiegeräte, Leuchtschirme und die Lernsammlung, die in Düsseldorf aus Mitteln des Programms „Qualität der Lehre“ des Landes bestritten werden konnten. Die Endoskopiegeräte mit Videoausrüstung und die Farbduplex- geräte wurden dagegen unentgeltlich von Firmen als Leihgabe zur Verfü- gung gestellt.

Auf diese Weise können jährlich je 300 Studenten an einem Sonogra- phie- und einem CT-Bildinterpretati- onskurs sowie je 70 Studenten an ei- nem interdisziplinären Farbduplexso- nographie- und an einem Endosko- pie-Phantomkurs teilnehmen.

In Düsseldorf geht man davon aus, daß das Modell mit geringem Ko- stenaufwand auf andere medizinische Fakultäten übertragen werden kann.

Weitere Informationen: Dr. med.

M. Hofer c/o Institut für diagnosti- sche Radiologie, Heinrich-Heine- Universität, Postfach 10 10 07, 40001 Düsseldorf. Marc Seidel A-2319 Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 37, 12. September 1997 (35)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Attraktive Praxis ist derzeit noch die Ausnahme im Medizinstudium. Foto: Seidel

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