DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
NACHRICHTEN
und der Wirtschaft durch die Sozialversicherungs- beiträge pauschal als Obergrenze zu betrachten und nur noch darauf zu starren, in welchem Sektor etwa noch gespart werden kann. So seien die Drohun- gen zu erklären, daß man die Krankenversicherungs- beiträge einfach „einfrie- ren" werde. Damit drohe dann auch der letzte „Aus- weg", die komplette Pau- schalierung der Vergütung der Kassenärzte — eine sol- che Entwicklung würde nach Professor Sewering das Ende der Qualität der kassenärztlichen Versor- gung in Deutschland be- siegeln. Sewering setzte sich auch eingehend mit den Gefahren auseinan- der, die mit einer unbe- grenzten Zunahme der Kassenärzte zu erwarten sind. Er erinnerte daran, daß die Freigabe der Kas- senarztzulassung durch das Urteil des Bundesver- fassungsgerichts von 1960 für die Krankenkassen kein Risiko bedeutete; damals
Klinikalltag im Dokumentarfilm
DORTMUND. Den Alltag in der Rettungsstelle am Ur- ban-Krankenhaus in Ber- lin-Kreuzberg zeigt der mit dem Bundesfilmpreis 1984 prämierte Dokumentarfilm
„Der Versuch zu leben".
Hierbei interessiert sich der Filmemacher Johann Feindt, der nach seinem Medizinstudium eine Zeit- lang als Assistenzarzt auf der Station gearbeitet hat, nicht so sehr für die medi- zinischen Probleme, son- dern vielmehr für die Hilf- losigkeit den gesellschaft- lichen Außenseitern ge- genüber. Kaleidoskopartig schildert der Film die Ret- tungsstelle als Arbeitsplatz und die Lage von Auslän- dern, Betrunkenen und Schwerverletzten als Pa- tienten. Der Verleiher des 90minütigen Dokumentar-
gab es nämlich noch das Kopfpauschale. Jetzt sei durch die Einzelleistungs- vergütung aber eine ande- re Lage entstanden.
Die Einführung einer „Al- tersgrenze" für Kassenärz- te hält Professor Sewering für mit dem Freiberufler- Status von niedergelasse- nen Ärzten nicht vereinbar.
Zuschüsse von Kassenärzt- lichen Vereinigungen bei frühzeitiger Praxisauf- oder -übergabe seien juri- stisch fragwürdig; sie hät- ten nichts zu tun mit dem gesetzlichen Auftrag, die kassenärztliche Versor- gung der Bevölkerung si- cherzustellen. Dagegen müsse man überlegen, ob nicht eine obere Alters- grenze für die Neuzulas- sung von Kassenärzten einzuführen sei: Wer als früherer Sanitätsoffizier oder als pensionierter Chefarzt noch eine
„Hobbypraxis" aufmacht, schmälere die Existenzfä- higkeit von Kassenärz- ten. gb
films, der mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfa- len gefördert wurde, ist die Firma unidoc film & fideo, Braunschweiger Straße 20, 4600 Dortmund 1. jv
Neunhundert Ergotherapeuten jährlich examiniert
KARLSRUHE. Angesichts der Kostendämpfung im Gesundheitswesen beob- achtet der Verband der Be- schäftigungs- und Arbeits- therapeuten (Ergothera- peuten) mit einigen Be- denken die Gründung neu- er Ausbildungsstätten. Seit 1976 hat in der Bundesre- publik die Zahl der Schu- len für Ergotherapeuten von 7 auf jetzt 34 zuge- nommen. Pro Jahr kom- men rund 900 examinierte Ergotherapeuten auf dem Arbeitsmarkt hinzu. jv
Ausland
Bevölkerung verdreifacht
ULAN-BATOR. In der Mon- golischen Volksrepublik gibt es nach Meldungen der DDR-Presse einen
„Baby-Boom": 1984 be- trug das Bevölkerungs- wachstum 2,5 Prozent, die Hälfte der Einwohner ist höchstens 16 Jahre alt. In 60 Jahren hat sich die Be- völkerung des Landes ver- dreifacht. Das mongoli- sche Gesundheitswesen sei mit Hilfe der Sowjet- union weit aus seiner frü- heren Rückständigkeit herausgebracht worden.
Heute beträgt die Arztdich- te in der Mongolei 1:435, und für je 100 Einwohner steht ein Krankenhausbett zur Verfügung. EB
Medizin-Studium in Italien strenger
MAILAND. Wie einem Be- richt in der in Mailand er- scheinenden Tageszeitung
„Corriere della Sera" zu entnehmen ist, planen die Italiener ein verschärftes und vertieftes Studium der Medizin. Die medizinische Studienreform, die nicht per Gesetz, sondern durch ein Regierungsdekret in- stitutionalisiert werden soll, ist für November 1985, spätestens 1986 geplant.
Allerdings muß das Parla- ment spätestens nach drei Monaten zustimmen, sonst verfällt ein solches Dekret.
Die Neuordnung schließt obligatorische Kurse im medizinischen und techni- schen Englisch, praktische Übungen und Prüfungen am Krankenbett schon während des theoreti- schen Studiums, eine prä- zisere Absolvierungsver- pflichtung der Zwischen- prüfungen und eine Erwei- terung des theoretischen und praktischen Lehr- und Lernstoffes ein. Die Re-
form ist offenbar als Linde- rungsmittel gegen die auch in Italien schon lange hart diskutierte Überfül- lung der Universitäten („sovraffollamento") ge- dacht. Der Bericht ist mit der Schlagzeile über- schrieben „II ,pugno di fer- ro` a Medicina" — „pugno di ferro" deutet an, daß man dort „mit eiserner Faust" aufräumen will. eh
Die Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft informiert:
Ist Gelborange S gefährlich?
Veröffentlichungen über eine mögliche Krebsge- fahr durch den Farbstoff Gelborange S (enthalten in Adalat® Kapseln und zahlreichen anderen Arz- neimitteln, aber auch in Lebensmitteln und Limo- naden) haben zur Beun- ruhigung der Öffentlich- keit geführt. Untersu- chungen sollen eine er- höhte Tumoranfälligkeit bei einer Tierart gezeigt haben. Diese Behaup- tung wird zur Zeit von verschiedenen Experten- gruppen überprüft. Die Behörden in den USA wie innerhalb der EG sind darüber informiert, ha- ben jedoch bisher keinen Anlaß gesehen, die An- wendung von Gelboran- ge S einzuschränken.
Beim jetzigen Erkennt- nisstand besteht kein An- Faß, eine Therapie mit Arzneimitteln, die Gelb- orange S als Farbstoff enthalten, zu ändern oder zu beenden.
1920 (24) Heft 25/26 vom 21. Juni 1985 82. Jahrgang Ausgabe A