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ie kardiale Rehabilitation wird im Ausland fast aus- schließlich ambulant durchge- führt, und auch in der frühe- ren DDR wurden Reha-Patienten meist ambulant behandelt – nicht oh- ne Grund, wie die Kölner Studie un- ter der Leitung von Prof. Dr. med.Richard Rost zeigt: „Die Frage der Übertragbarkeit der Inhalte des sta- tionären in den ambulanten Bereich ohne Qualitätsverlust kann mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden“, heißt es im Abschlußbericht.
Das Kölner Modell lief vom 1. Ja- nuar 1992 bis zum 31. Dezember 1994.
Zu seinem Beginn war die Indikati- onsstellung sehr restriktiv: Die Pati- enten durften höchstens 65 Jahre alt sein und nur leichtergradige kardiale Erkrankungen haben. Herzoperierte kamen für das Projekt nicht in Frage.
Es fanden sich jedoch nur wenige, auf die diese Indikation zutraf. Deshalb wurden auch „Nicht-Modell-Patien- ten“, also ältere oder bereits operier- te, in das Programm aufgenommen.
Bei keinem von ihnen kam es zu Pro- blemen. „Höheres Lebensalter und Bypass-Operation können somit nicht als generelle Kontraindikation gegen eine ambulante Reha angese- hen werden“, urteilen die Autoren des Berichts. Während des Untersu- chungszeitraums nahmen 108 Modell- Patienten sowie 45 Nicht-Modell-Pa- tienten an der Untersuchung teil.
Die Ergebnisse der ambulanten Therapie sind dem Bericht zufolge mit denen aus dem stationären Reha- Bereich „zumindest äquivalent“. Ein Vergleich erscheint den Kölner Wis- senschaftlern jedoch nicht sinnvoll,
„da die Patienten des Modells durch ihre freie Wahl für die ambulante Re- ha eine Selbstselektion durchführ- ten“. Die Patienten im Modellversuch sind also anders zusammengesetzt als sonst in der stationären Rehabilitati- on üblich. Ein Beispiel: Die Belast- barkeit der Modellpatienten stieg im Vergleich zur stationären Rehabilita- tion zwar überdurchschnittlich stark an. Das sei jedoch, so der Bericht, auf die Kriterien zur Patientenauswahl zurückzuführen.
Die Kölner Wissenschaftler ar- beiteten überwiegend mit kleinen Pa- tientengruppen. Ein Nachteil der Kleingruppen: es gab keine spezielle Antirauchertherapie, denn zu jeder Gruppe gehörte durchschnittlich nur ein Raucher. So gelang es nicht, auch nur einen einzigen zum Aufhören zu bewegen.
Auch psychologisch erfolgreich
Auf der psychologischen Ebene war das Projekt dem Abschlußbericht nach erfolgreich. Nach der Reha wa- ren die Patienten selbstsicherer, so- matische Beschwerden gingen zurück. „Die positiven psychologi- schen Effekte konnten weitgehend auf Dauer konserviert werden“, resü- mieren die Ärzte. Sekundäre Depres- sionen wurden nicht beobachtet.
Rund 90 Prozent der beteiligten Patienten bewerteten die Inhalte des Modells als „gut“ oder „sehr gut“. Die beteiligten Hausärzte, niedergelasse- nen Kardiologen und Kranken- hausärzte „bejahten das Modell ein-
hellig“, so der Bericht. Eine potentiel- le Gefährdung der Patienten sahen sie nicht, bis auf wenige Ausnahmen. Kri- tisiert wurde aber, daß die Hausärzte während der Rehabilitation nur unzu- reichend informiert wurden.
Mit zunehmender Bekanntheit des Projektes stieg auch die Zahl der Patienten: von 33 im Jahr 1992 über 53 (1993) auf 67 (1994). Damit ist die theoretische Obergrenze von 72 Pati- enten (acht Plätze und neun Gruppen pro Jahr) praktisch erreicht. Wegen der großen Akzeptanz führte die Sporthochschule das Projekt nach Abschluß der Untersuchung weiter, mit Zustimmung der Kostenträger.
Die zahlten je Patient und Be- handlungstag etwa 160 DM. Dieser Satz fällt jedoch, anders als in der sta- tionären Reha, nur an fünf Tagen pro Woche an. Den Aussagen der Kölner Wissenschaftler zufolge kann das aber nicht auf jede andere ambulante Re- habilitation übertragen werden. Weil an der ambulanten Reha andere Pati- enten teilnehmen als an der sta- tionären, kommen insgesamt mehr Pa- tienten in den Genuß einer Rehabilita- tion. Das sei nur vordergründig eine Kostenausweitung, denn eine Reha verhindere andere, kostenintensive Maßnahmen.
Nur wenige Patienten brachen ihre Behandlung vorzeitig ab; 93,5 Prozent beendeten sie erfolgreich.
Für die meisten Abbrecher gab es nachvollziehbare medizinische oder persönliche Gründe (Bypass-Opera- tion, Tod des Ehemanns). Von 82 Stunden insgesamt nahmen die Pati- enten im Schnitt 72,9 Stunden wahr, obwohl einige weiter berufstätig wa- ren. Fehlzeiten durch medizinische Maßnahmen sind mit eingerechnet.
Die Rehabilitation sollte noch flexibler werden. Dafür plädieren die Wissenschaftler der Sporthochschule.
„Für unterschiedliche Patientengrup- pen mit unterschiedlich schwerem Krankheitsverlauf muß die Rehabili- tation keineswegs identisch sein“, re- sümieren sie nach ihrem Modellpro- jekt. So könnten bestimmte Patienten an einer Reha teilnehmen und in Teil- zeit weiterarbeiten. Für sie entfiele dann das Krankengeld. Jede neue Reha-Version, meinen die Doctores, sollte jedoch ebenfalls im Modell überprüft werden. Alexandra Endres A-210 (22) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 5, 31. Januar 1997
P O L I T I K AKTUELL