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Archiv "Bericht über die Tätigkeit. des Zentralinstituts im Jahr 1975" (22.07.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

Die Aufgabe der Stiftung Zentralin- stitut für die kassenärztliche Ver- sorgung, über deren Tätigkeit im abgelaufenen Jahr ich Ihnen heute berichten soll, ist die wissenschaft- liche und technische Unterstützung der Kassenärzte und ihrer Organi- sationen. Diese sind zugleich auch Träger dieser Stiftung. Dabei gilt es insbesondere, neue Wege zur Sicherung und Steigerung der Effi- zienz der ambulanten Gesundheits- versorgung du?ch freiberuflich täti- ge Kassenärzte zu erschließen bzw. bewährte Methoden und Maß- nahmen zu verbessern. Dieses Ziel ist angesichts zunehmender Ko- sten der Medizin und der zugleich knapper werdenden Mittel zu ihrer Finanzierung eine mehr denn je notwendige Aufgabe.

Dabei ist die Medizin ja nicht nur der allgemeinen Kostenentwick- lung unterworfen, gibt es nicht nur eine ständige wohlfahrtsstaatliche Ausweitung des Versorgungsange- botes; vielmehr erzeugt heute na- hezu auch jeder fachliche Fort- schritt in der Medizin neue Kosten, sei es durch die Entdeckung bisher unbekannter Behandlungsmöglich- keiten oder neue wesentlich ver- feinerte und zugleich aufwendigere Methoden der Diagnostik.

Sehr deutlich wird dieser in der all- gemeinen Kostendiskussion meist vernachlässigte Zusammenhang zum Beispiel an jüngsten Be- schlüssen des für die Weiterent- wicklung der Früherkennungspro- gramme zuständigen Gremiums der Ärzte und Krankenkassen, an denen das Zentralinstitut vorberei- tend mitgewirkt hat: Einmal die Er- weiterung des Kinderprogramms um eine zusätzliche Untersuchung im 3. und 4. Monat bei zugleich verbesserten Untersuchungsmetho- den; ferner die Einführung eines neuen Suchtestes auf Dickdarm-

krebs. Mehr als 200 000 auf Grund des zuletzt genannten Tests auf- gefundene Krebsverdachtsfälle werden jährlich zusätzlich mit den modernen und aufwendigen Metho- den der Röntgendiagnostik und der Endoskopie abzuklären sein.

Über die Notwendigkeit des neuen Suchtestes besteht Einigkeit, über die nicht unerheblichen zusätzli- chen Kosten ebenfalls. Wie bei an- deren vorbeugenden Programmen wird es demgegenüber noch Jahre dauern, bis wir hoffen können, durch den Rückgang fortgeschrit- tener Erkrankungsfälle Kosten ein- sparen zu können, falls ein solcher monetärer Spareffekt überhaupt je- mals eintritt. Der Zeitpunkt rückt näher, in dem die Gesellschaft dar- über zu diskutieren haben wird, ob sie das Machbare in der Medizin weiterhin uneingeschränkt finan- zieren will und kann.

Nicht nur die Kosten, sondern vor- ausgehend und zum Teil verursa- chend das Wissen vermehrt sich Jahr um Jahr in der Medizin. Dies alles aufzunehmen, zu sichten und im Dienst am Kranken wie am Ge- sunden sinnvoll zur Anwendung zu bringen und zugleich das Wichtig- ste zu bewahren, die Humanität in der Medizin, dies erfordert stetige Anstrengung und beharrliches Be- mühen seitens der Ärzteschaft und ihrer Organisationen und zugleich immer wieder kritische Selbstüber- prüfung des Erreichten.

Rationalisierung ärztlicher Praxisführung

Unter diesem Gesichtspunkt der verbesserten Effizienz ärztlicher Versorgung bei knapper werden- den Ressourcen setzte die Stiftung im Jahre 1975 sechs Schwerpunk- te. Dabei erlauben Sie mir, nur das

Wesentliche schlaglichtartig her- vorzuheben. Details der Arbeit und der Projekte sind in dem gedruck- ten Tätigkeitsbericht und in den Bänden und Heften der Schriften- reihe enthalten.

Der zuerst zu nennende Schwer- punktbereich der Rationalisierung ärztlicher Praxisführung und der Förderung moderner Praxisformen umfaßt Empfehlungen für die ratio- nelle Ablauforganisation des Pra- xisbetriebes mit seinen neuralgi- schen Punkten: Terminplanung, Wartezimmer, Papierkrieg, aussa- gefähige Patienten-Dokumentation und Abrechnung. Neben bereits vorliegenden herkömmlichen Lö- sungsvorschlägen werden mehr langfristige Entwicklungsansätze gefördert mit dem Einsatz von Mi- krofilmgeräten und der elektroni- schen Datenverarbeitung in Form wirtschaftlich tragbarer Kleinrech- ner für vielfältige Routineaufgaben.

Dem Primat der Wirtschaftlichkeit und zugleich eines sinnvollen Da- tenschutzes bei der Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung gibt das Zentralinstitut auch Vor- rang bei seiner Beteiligung an ei- nem großen, ja vielleicht allzugro- ßen Entwicklungsprojekt des Bun- des: Aufbau eines sogenannten Zentralen Gesundheitsinforma- tionssystems mit Normierung und Standardisierung des Datenflusses, bekannt unter dem Akronym „Do- minig".

Die Kluft zwischen dem sehr plane- risch und technisch motivierten Rahmenkonzept der vom zuständi- gen Forschungsminister eingesetz- ten Steuerungsgremien und dem, was im realen Feld medizinischen und ärztlichen Urteilens und Han- delns sich tatsächlich vollzieht, ist ungewöhnlich groß. So muß man dieses ehrgeizige und rund 90 Mil- lionen DM teure Projekt mit erheb- licher Skepsis betrachten. Das Zentralinstitut als die von der Kas- senärzteschaft dafür beauftragte Einrichtung betrachtet es aber des- senungeachtet als seine Aufgabe.

gemeinsam mit den Ländern Hes- sen und Berlin an diesem Projekt mitzuwirken, mit dem Bemühen,

Bericht über die Tätigkeit.

des Zentralinstituts im Jahr 1975

Dr. F. W. Schwartz, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 22. Juli 1976 1983

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

die ambulante Medizin darin — so- weit möglich — medizinisch und ärztlich angemessen und wirt- schaftlich tragbar zur Geltung zu bringen und zugleich zu verhin- dern, daß hier Datenfriedhöfe oder leviathanische Gebilde entstehen.

Ausstattungsempfehlungen

Auf festem Erfahrungsboden ste- hen demgegenüber von der Stif- tung herausgegebene Vorschläge für Organisation und Ausstattung ärztlicher Laborgemeinschaften für den Bereich der klinischen Che- mie. Derartige Zusammenschlüsse haben sich als wirtschaftlich sinn- voll erwiesen. Einer beliebigen

Konzentration steht jedoch die Notwendigkeit entgegen, in den lo- kalen Versorgungsbereichen auch das jeweilige Vorhandensein eines Labors zu sichern. An derartigen strukturpolitischen Zwängen einer gleichmäßigen flächendeckenden Versorgung finden kostensenkende und zugleich zentralisierende Maß- nahmen im Labor sowie im übrigen sogenannten medizinisch-techni- schen Bereich ihre notwendige Grenze.

Über den Laborsektor hinaus sind Ausstattungsempfehlungen für an- dere ärztliche Funktionsbereiche von Einzel- wie von Gruppenpraxen in Arbeit. Daß hier nicht nur Quali- täts- und Rationalisierungsproble- me, sondern auch Kostenfragen angesprochen sind, läßt sich mit wenigen Zahlen verdeutlichen: Im Jahr 1975 wurden im Bundesgebiet rund 1,3 Milliarden DM für Rönt- geneinrichtungen und elektromedi- zinische Apparate investiert. Rund 36 Prozent, das heißt ca. 490 Millio- nen DM, entfielen davon auf den ambulanten Bereich. (Gemessen an dem gesamten Umsatz wurde damit im ambulanten Sektor in die- sem apparativen Bereich etwa gleich viel jährlich neu investiert wie im Krankenhaus.) Die von uns angestrebten Ausstattungsempfeh- lungen haben dabei keineswegs das Ziel, eine normierte Einheits- praxis zu propagieren. Sie enthal- ten vielmehr bausteinartig geglie-

derte und praxisnahe Einrichtungs- vorschläge für jeweilig geschlosse- ne Funktionsbereiche innerhalb der Praxis, die je nach Praxistypus und Versorgungsbedarf variiert werden können.

Daß über Ausstattungsempfehlun- gen hinaus die Bereitstellung von Auswahlkriterien im Sinne einer Kaufberatung des Arztes notwen- dig ist, ergibt sich allein aus der Tatsache, daß derzeit auf dem deutschen Markt für internistische Röntgeneinrichtungen gleicher Lei- stung und bei gleichem Bedie- nungskomfort Kaufpreisunterschie- de bis zu 60 000 DM bestehen. Bei einer Kostenrechnung mit Zinsen- dienst und Abschreibung macht diese Differenz bei einem Interni- sten über 8 Jahre hinweg monat-

lich brutto 800 DM aus.

Die Herausgabe von Auswahlkrite- rien und Ausstattungsempfehlun- gen ist in der Schriftenreihe zum sogenannten „Niederlassungsservi- ce" des Zentralinstituts vorgese- hen. Über Einrichtungsfragen hin- aus gehört zu dem referierten Schwerpunktgebiet die Untersu- chung „moderner Praxisformen".

Auskunftsstelle

Folgt man den Befragungsergeb- nissen bei jungen Ärzten, so ent- spricht die Praxisausübung inner- halb einer kleineren oder größeren Gemeinschaft von Kollegen den Wunschvorstellungen bereits einer Mehrheit. Erste vereinzelte Grup- pen suchen darüber hinaus die fe- ste Zusammenarbeit mit sozial betreuenden und psychologisch orientierten Berufen. Kontrastie- rend dazu ist die reale Zahl der er- folgreichen Gemeinschaftsgrün- dungen bislang gering und meist auf Verwandte beschränkt. Ergeb- nisse einer vom Zentralinstitut durchgeführten organisationswis- senschaftlichen Analyse der Pro- bleme beim Aufbau kooperierender Gruppen haben hier zu praxisge- rechten Empfehlungen geführt.

Diese liegen vor. Zur Beantwortung von Fragen und zur fördernden

Hilfestellung richtete die Stiftung nach einjähriger wissenschaftlicher Vorbereitung eine Dokumentations- und Auskunftsstelle ein.

In gesundheitspolitischen Reform- programmen verschiedenster Cou- leur wird meist als positiv geklärt angesehen, daß Gruppenpraxen auch eine medizinisch effiziente und ökonomisch tragbare Alternative zur Einzelpraxis darstellen. Dies ist aber selbst im Land der Gruppen- praxen — den USA — de facto noch umstritten. Ein dort angelau- fenes 60-Millionen-Dollar-Projekt soll diese Frage klären. Das Zen- tralinstitut stellt sich diese Frage für unsere Verhältnisse. Konkrete Vorbereitungen — allerdings mit geringeren Mitteln — werden der- zeit getroffen.

Praxiskliniken

Eindeutiger scheinen dagegen die Kostenaussagen hinsichtlich der ebenfalls von uns untersuchten so- genannten Praxiskliniken. Darunter werden Gruppenpraxen mit statio- närem Bettentrakt verstanden. Ein vom Zentralinstitut in Auftrag gege- benes betriebswirtschaftliches Gut- achten zeigt günstigere Kosten im Vergleich zur unteren und mittleren Krankenhausebene auf. Hinzu kommt, daß diese Art ärztlicher Praxisausübung — vergleichbar dem Belegarztwesen — ein wirksa- mes Bindeglied zwischen ambulan- ter und stationärer Versorgung darstellt. Bedeutsam dabei ist die Erkenntnis, daß stationäre Leistun- gen, die im Schwerpunktfeld der ambulanten Medizin angesiedelt sind, kostendämpfende Effekte zei- gen; demgegenüber ergaben Un- tersuchungen des staatlichen schwedischen Rationalisierungsin- stitutes SPRI steigende Kosten dort, wo ambulante Leistungen in den Bereich des Krankenhauses überführt wurden, und sei es auch in die vorgeschaltete poliklinische Ebene.

Ein ganz anderer und neuer Weg der Effektivitätssteigerung wurde mit der Herausgabe von Empfeh-

1984 Heft 30 vom 22. Juli 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

lungen zur rationellen Diagnostik und Therapie begangen. Das vor- liegende Heft „Empfehlungen zur gezielten Labordiagnostik" ist ein erster Schritt. Die Nachfrage da- nach war im übrigen geradezu überwältigend. Rund 24 000 Exem- plare wurden innerhalb von acht Wochen bestellt. Unerwartet war es für uns, daß auch zahlreiche Nachfragen aus dem Krankenhaus- bereich eingingen.

Weiterer Schwerpunktbereich:

Gesundheitsökonomie

Alle diese Überlegungen und Maß- nahmen leiten über zu dem zweiten Schwerpunktbereich des Zentralin- stituts im Jahre 1975, der Gesund- heitsökonomie. Die Richtigkeit und die Bedeutung dieses Schwerpunk- tes wird durch eine Presseerklä- rung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 28. April bestätigt.

Darin wird der Gesundheitsökono- mie im neuen Rahmenprogramm

„Forschung und Technologie im Dienste der Gesundheit" zukünftig ein besonderer Stellenwert zuge- wiesen. Wenn in derselben Erklä- rung die Hoffnung ausgesprochen wird, damit die kontroverse ge- sundheitspolitische Diskussion durch nachprüfbare wissenschaftli- che Aussagen zu versachlichen, so entspricht dies voll der Zielsetzung unserer Stiftungsarbeit, wenn auch leider noch nicht der allgemeinen politischen Wirklichkeit. Der eben- falls in diesem Rahmenprogramm

— an dessen Vorbereitung im übri- gen Vertreter unseres Institutes mitgearbeitet hatten — konstatierte wissenschaftliche Nachholbedarf auf dem Gesamtgebiet der Ökono- mie im Gesundheitswesen kann aus unseren Erfahrungen heraus nur bestätigt werden. Um so er- staunlicher angesichts dieser wis- senschaftlich allgemein unbestrit- tenen Situation ist die Überzeu- gungskraft, mit der derzeit — alle noch ausstehenden Antworten vor- wegnehmend — von verschiede- nen Seiten eine Vielzahl tiefgrei- fender Veränderungshypothesen als sichere Mittel der Kostendämp- fung empfohlen werden.

Mit unseren im Vorjahre begonne- nen eigenen Arbeiten mußten kon- sequent zunächst einmal Grundla- gen geschaffen werden. Als Basis- material wurden relevante volks- wirtschaftliche Orientierungsdaten zusammengestellt. Es konnte dabei weitgehend auf vorliegende Unter- lagen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen zurückgegriffen werden.

Ferner stellten wir innereuropäi- sche Vergleiche der Gesundheits- kosten an. Wir konnten dabei fest- stellen, daß selbst die im Bereich der europäischen Sozialkontenfüh- rung in Brüssel gesammelten Da- ten so heterogen hinsichtlich An- satz, Umfang und Gliederung sind, daß der praktische Nutzen die- ser übernationalen Kontenführung ernsthaft in Frage zu stellen ist.

Dennoch liegen uns inzwischen in- teressante eigene Ergebnisse hin- sichtlich des deflationierten Ko- stenaufwandes je geschützter Per- son vor, die nach letzter Aktualisie- rung demnächst von uns publiziert werden.

Präventive Medizin

Als ein anderer, dritter Schwer- punktbereich des Zentralinstitutes ergibt sich angesichts der großen noch steigenden Zahl vermeidbarer Erkrankungen die präventive Medi- zin. Hier wurden die Ergebnisse aus den kassenärztlich durchge- führten Vorsorgeuntersuchungen für Krebs und für entwicklungsge- fährdende Erkrankungen der Kin- der bundesweit an Hand jeweils mehrerer Millionen Fälle sorgfältig ausgewertet. Vorschläge für die Weiterentwicklung der Untersu- chungsprogramme wurden dem zuständigen Beschlußgremium der Ärzte und Krankenkassen zugelei- tet. Die Ergebnisse der Auswertun- gen sind im Rahmen der Schriften- reihe des Zentralinstituts publiziert worden.

• Generell ist festzustellen: In der Bundesrepublik wird im Vergleich zu anderen Ländern eine Vielfalt

breitangelegter Vorsorgeprogram- me durchgeführt. Im wissenschaft- lichen Bereich der Präventivmedi- zin besteht bei uns jedoch ein deutlicher Nachholbedarf. Dies gilt insbesondere für die epidemiologi- sche Grundlagenforschung. Ge- danken und Vorschläge hierzu wird der Ergänzungsbericht zur Krebs- vorsorge enthalten, der derzeit vom Zentralinstitut vorbereitet wird.

Zur drängenden Frage nach der Einführung von Herz-Kreislauf-Früh- erkennungsmaßnahmen wurde für das Bundesgesundheitsministerium ein Gutachten erstellt. Dieses weist auf noch wesentliche wissenschaft- liche Lücken bei den bislang vor- liegenden Programmvorschlägen hin, die vor einer bundesweiten Einführung zu schließen wären. Mit Blick auf die Gesundheitskosten ist hier nicht nur die von uns errech- nete jährliche Mehrbelastung der gesetzlichen Krankenkassen von rund 3 Milliarden DM bei der Ein- führung derartiger Programme von Bedeutung, sondern gerade auch der Umstand, daß es sich bei Herz- Kreislauf-Erkrankungen und diesen vorausgehenden Stoffwechsellei- den in hohem Maße um verhaltens- bedingte, und damit um potentiell vermeidbare Erkrankungen han- delt.

• Es ist daher zu überlegen, ob Investitionen im Bereich der Ge- sundheitserziehung oder andere wirksamere Maßnahmen der Moti- vierung und Verhaltensbeeinflus- sung nicht Vorrang haben sollten vor kostentreibenden neuen Unter- suchungsprogrammen.

• Diese Zusammenhänge von Ge- sundheitsverhalten, Massenerkran- kungen und Kosten sind Anlaß für die Stiftung, sich zukünftig ver- stärkt den Fragen einer positiven Beeinflussung des Gesundheits- und Krankheitsverhaltens der Bür- ger zuzuwenden.

Andere, weitere Schwerpunkte der Arbeit des Zentralinstituts im Jahre 1975, nämlich die Allgemeinmedi- zin in Lehre und Forschung sowie

1986 Heft 30 vom 22. Juli 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

die Niederlassungsberatung für junge Ärzte werden in eigenen aus- führlichen Referaten dargestellt.

Langzeitkonzept für Entwicklung der Gesundheitsversorgung

In den von mir kurz skizzierten ver- schiedenen Schwerpunktbereichen des Zentralinstitutes sind eine Viel- zahl zukunftsorientierter Entwick- lungsansätze angesprochen wor- den. Es versteht sich nahezu von selbst, daß eine wissenschaftliche Einrichtung der kassenärztlichen Selbstverwaltung sich auch mit den Gedanken eines Langzeitkon- zepts für die zukünftige Entwick- lung der Gesundheitsversorgung

— insbesondere der ambulanten Medizin — befaßt. Aufbauend auf den Ergebnissen der genannten Einzelprojekte wurde mit einer

Die Satzung schreibt für das Zen- tralinstitut als Aufgabe die Förde- rung und Weiterentwicklung der kassenärztlichen Versorgung vor.

Weshalb bildet nun innerhalb die- ser allgemeinen Förderung der am- bulanten ärztlichen Versorgung ge- rade die Allgemeinmedizin einen Schwerpunkt? Die Antwort ist ganz einfach: Eine den heutigen Erfor- dernissen entsprechende ambulan- te ärztliche Versorgung unserer Bevölkerung ist ohne praktische Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedi- zin nicht möglich.

Alle Gesundheitssysteme der Welt benötigen den praktischen Arzt oder einen Ersatz für ihn. So gibt es ihn als Ersatzform in Sowjetruß- land in der Gestalt des Feldschers oder in China in der Gestalt des

entsprechenden systematischen Aufarbeitung begonnen.

Abschließend, aber nicht an letzter Stelle, sei die Informationsarbeit für die Ärzteschaft und auch die Öffentlichkeit als ein wesentlicher Aspekt unserer Arbeit hervorgeho- ben. Die Schriftenreihe mit ihrer wachsenden Vielfalt (bestellte be- ziehungsweise ausgelieferte Ge- samtauflage derzeit 170 000 bei 20 Titeln) und die kürzlich begonnene Herausgabe eigener Pressemittei- lungen sind ein Beginn. Auch die heutige Veranstaltung dient vorran- gig diesem Zweck.

• Die Stiftung wird die sich selbst gesetzten hohen Aufgaben nur ge- meinsam mit den Ärzten und den verantwortlich am Meinungs- und Entscheidungsprozeß des gesund- heitlichen Geschehens Beteiligten verwirklichen können.

Barfußarztes. Die USA kennt den praktischen Arzt als Familienarzt, Holland als Hau'sarzt, England und Schweden als General Practitioner, die DDR und wir haben den Arzt für Allgemeinmedizin.

Die medizinischen Gründe

Der Mensch hat insbesondere mit zunehmendem Alter oft eine Viel- zahl von Beschwerden. 40 Prozent der Patienten in freier Praxis sind chronisch Kranke, die wegen ihres Diabetes, ihres Rheumas, wegen des Herzens oder der chronischen Bronchitis über Jahre hinweg einer dauernden ärztlichen Betreuung bedürfen. Dabei treten zwischen- durch akute Krankheiten wie Grip- pe, Augenbindehautentzündung,

Durchblutungsstörungen, Durchfall, Erkältungen usw. genauso auf wie schließlich ein unaufhaltsames Fortschreiten der ursprünglichen Krankheit selber. Diese macht am Ende eine Behandlung des Bettlä- gerigen zu Hause erforderlich.

Dazu ist ein Arzt notwendig, der nicht nur Organe oder Organsyste- me behandelt, sondern den Men- schen unabhängig von Alter und Art der Erkrankung behandelt und dies auch zu Hause. Kurz: Notwen- dig ist der Arzt für Allgemeinmedi- zin.

Es sind aber auch Gründe, die in der strukturellen Entwicklung der Medizin als Wissenschaft und an- gewandter Heilkunde liegen. Die Zunahme des Wissens führt zu ei- ner ständigen Zunahme differen- zierter Funktionen seitens der Ärz- te. Das Spezialistentum ist eine un- ausweichliche Folge der wissen- schaftlichen Entwicklung. Wir ha- ben heute in Deutschland 20 ver- schiedene Facharztgruppen, in England sind es 40, in Rußland 70.

Wie soll sich hier der Patient zu- rechtfinden? Er benötigt den Allge- meinarzt, der ihn durch die unüber- sehbare Zahl der Spezialisten und durch die vielen Möglichkeiten der spezialisierten Medizin führt. Und diese brauchen ihrerseits den All- gemeinarzt, wenn sie nicht durch sinnlose Inanspruchnahme mit ih- nen fachfremden Aufgaben bela- stet werden sollen und so schließ- lich in Praxis und Klinik versanden.

Dieser wissenschaftliche Trend zum Spezialisten — der übrigens auch aus dem Allgemeinarzt einen Spezialisten für seine spezifischen Aufgaben gemacht hat — wird durch das Zulassungsverfahren verstärkt, das den wissenschaftlich orientierten Nachwuchs schon dort begünstigt. Verstärkt weiterhin durch die Ausbildungsmethoden und Inhalte, die nur von Speziali- sten vermittelt werden. Schließlich durch die anschließende klinische Weiterbildungszeit, die für den Fachspezialisten wesentlich un- komplizierter ist als für den Allge- meinarzt, und ebenso schlußend- lich durch die für den Fachspezia-

Die Allgemeinmedizin

als Schwerpunktaufgabe des Zentralinstituts

Professor Dr. Siegfried Häussler,

Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für

die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Ddutschland

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 22. Juli 1976 1987

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