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Archiv "Nierentransplantation: Erfahrungen mit der Lebendspende" (05.12.2003)

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um Jahreswechsel 2001/2002 befan- den sich in Deutschland 18 484 Pati- enten in der Nachsorge nach Nieren- transplantation (NTX). Dank der Fort- schritte in der Chirurgie und bei der Ab- stoßungsprophylaxe haben sich Trans- plantatsfunktionsraten in den letzten Jah- ren kontinuierlich verbessert. Doch das Missverhältnis zwischen denen,die davon potenziell profitieren könnten,und jenen, die tatsächlich die Chance bekommen, ist noch immer sehr groß. Im Jahr 2001 stan- den 9 547 Patienten auf der Warteliste 2 346 durchgeführten NTX gegenüber, und gleichzeitig wurde bei 15 148 Patien- ten eine Dialysebehandlung begonnen.

Die Lebenserwartung eines terminal Nierenkranken ist trotz Dialyse – unab- hängig von Alter, Grund- und Begleit- erkrankung – im Mittel nur etwa halb so hoch wie nach Implantation

eines Ersatzorgans. Zusätz- lich korreliere die Dauer der Wartezeit linear mit der langfristigen Erfolgsrate der NTX; sie sei damit einer der stärksten Risikofakto- ren für den Funktionsver- lust des Transplantats und die Mortalität nach NTX, betonte Prof. Herwig-Ulf Meier-Kriesche (Gainesville/

USA) bei dem World Con- gress 2003 of Nephrology in Berlin.

Um diese Daten zu diffe- renzieren, hat er in einer wei- teren Analyse nur die Pati- enten berücksichtigt, die vor

der NTX weniger als sechs Monate oder länger als zwei Jahre an der Dialyse wa- ren und deren Organe vom gleichen Spender (n = 2 405) stammten. Dabei er- gaben sich statistisch signifikant schlech-

tere Transplantatüberlebenszeiten für die Patienten mit der längeren Wartezeit – nach fünf Jahren 58 versus 78 Prozent, nach zehn Jahren 29 versus 63 Prozent.

In Deutschland dauere es je nach Blutgruppe im Durchschnitt bis zu sie-

ben Jahren, bis ein terminal Nieren- kranker transplantiert werden könne, beschrieb Prof. Ulrich Frei (Berlin) die Realität. In anderen europäischen Län- dern und den USA seien die Wartezei-

ten deutlich kürzer. Das liege zum einen an der vergleichsweise geringeren Spen- derbereitschaft der Deutschen und zum anderen auch an organisatorischen Pro- blemen bei der Erkennung von Organ- spendern.

Stärker eingeschränkt als in anderen Ländern ist in Deutschland die Möglich- keit der Lebendorganspende, die sich im Wesentlichen auf Blutsverwandte und emotional verbundene Personen be- schränkt. Während hierzulande gegen- wärtig nur etwa jede fünfte transplan- tierte Niere von einem lebenden Spen- der stammt (Grafik 1), ist es beispiels- weise in den USA jede zweite.

Über die Strategien, die dort verfolgt und evaluiert werden, berichtete Prof.

Robert Gaston (Birmingham/USA).

Etabliert ist beispielsweise die Über- kreuz-Spende zwischen zwei Paaren, wenn wegen „Miss- match“ eine direkte Spende nicht möglich ist. Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass bei- de TX-Kandidaten rechtzeitig Organe von guter Qualität erhalten und die Eingriffe un- ter optimalen Bedingungen durchgeführt werden können.

Ein Nachteil dieser Option ist der limitierte Spender/Emp- fänger-Pool.

Eine Variante bei Partner- Inkompatibilität ist die Le- bendorganspende an einen kompati- blen fremden Kandidaten auf der War- teliste. Im Gegenzug erhält der eigent- lich Begünstigte das nächste verfügbare Organ eines verstorbenen Spenders.

Damit könne man zwei Patienten früh- zeitig helfen mit allerdings ungleichen Chancen, sprach Gaston den Schwach- punkt an. Die langfristigen TX-Er- gebnisse nach Lebendorganspende sei- en unabhängig vom Beziehungsgrad zwischen Spender und Empfänger in nahezu allen Konstellationen besser als mit Nieren verstorbener Spender (Grafik 2).

Ebenfalls in den USA möglich ist die altruistische Spende an einen anony- men Empfänger. Dies wird an drei TX- Zentren – Minnesota, Washington und Baltimore (ausschließlich für Kinder) – erprobt. Dabei lege man sehr großen Wert auf eine intensive und zum Teil tie- fenpsychologische Exploration, erläu- P O L I T I K

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A3214 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 495. Dezember 2003

Nierentransplantation

Erfahrungen mit der Lebendspende

Da Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz immer länger auf ein Ersatzorgan warten, müssen die

Vor- und Nachteile der Lebendspende abgewogen werden.

Grafik 1

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

Anteil der Lebendspenden an der Nierentransplantation

2,7 % 58

4,0 %

78 83 129 279 343 380 346 388 443

3,9 % 6,4 %

12,4 % 14,7 %

16,7 % 16,5 % 19,1 %

15,6 %

Quelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation

Grafik 2

1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre

Funktionsraten nach Nierentransplantationen

100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 %

Quelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation

Medizinreport

n = 29 880 nach Kaplan-Meier

Lebend- spende Postmortale Organspende

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P O L I T I K

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A3216 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 495. Dezember 2003

terte Gaston den aufwendigen Aus- wahlprozess. Ein erster Erfahrungsbe- richt der Kollegen an der Universität Minnesota zeige eine Akzeptanzrate von weniger als zehn Prozent (n = 15) der Spenderangebote (n = 255).

Dem unbestreitbar großen Nutzen für den Nierentransplantatempfänger steht das potenzielle Risiko des Spen- ders gegenüber. Dazu gab es kaum Langzeitdaten. In Deutschland wurde das erste Lebendspenderregister im Jahr 2002 am TX-Zentrum Großhadern der Universität München eingerichtet. In der Schweiz hat man dagegen schon vor zehn Jahren begonnen, im „Swiss Or- gan Living Donor Health Registry“

(SOLDHR) in zwei- bis dreijährigem Abstand den Gesundheitszustand der Spender zu dokumentieren. Initiator war Prof. Gilbert Thiel (Basel), der den gegenwärtigen Stand (n = 581) vorstell- te. Verloren gegangen seien 16 Prozent der ursprünglich erfassten Spender – davon sechs durch mit der Nephrekto- mie nicht im Zusammenhang stehen- dem Tod. Es gebe keinen Fall von Dia- lysepflichtigkeit oder chronischer Nie- reninsuffizienz.

Engmaschige Kontrolle

Im ersten Jahr nach dem Eingriff stieg das Serumkreatinin im Median um 29 Prozent, blieb aber danach stabil. In- nerhalb von sieben Jahren nach dem Eingriff hatten 37 Prozent der Nieren- spender eine Hypertonie und elf Pro- zent eine Mikroalbuminurie entwickelt.

Die Hochdruckinzidenz entspricht nach Angaben von Thiel in etwa dem Durch- schnitt in der altersgleichen Schweizer Bevölkerung.

Weil bei nephrektomierten Personen die Hypertonie aber möglicherweise eher zu einer glomerulären Schädi- gung führe, sei eine engmaschige Kon- trolle von Blutdruck und Albuminaus- scheidung unabdingbar und gegebe- nenfalls frühzeitig die Therapie mit ei- nem ACE-Hemmer oder AT1-Blocker erforderlich. Nach Überzeugung von Thiel haben Transplanteure beziehungs- weise Nephrologen die moralische Pflicht, die langfristige gesundheitliche Betreuung von Lebendspendern sicher- zustellen. Gabriele Blaeser-Kiel

Niereninsuffizienz

Unterschätzte Gefahr

Nephrologen streben enge Kooperation mit Allgemeinärzten an, um die Zahl der

Dialysepatienten zu senken.

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ehr als 57 000 Patienten sind in Deutschland dialysepflichtig; ih- re Zahl steigt jedes Jahr um gut fünf Prozent. Für die Betroffe- nen bedeutet dies eine geringere Le- benserwartung infolge kardiovaskulä- rer Folgeerkrankungen – wie Herzin- suffizienz, koronare Herzkrankheit und/

oder zerebrovaskuläre Durchblutungs- störungen. Dieses Risiko wird durch Hypertonie und renale Anämie erheb- lich gesteigert.

Durch frühzeitige Diagnose und Be- handlung könnte die Lebensqualität der Patienten verbessert und ihnen die Dialysebehandlung erspart werden, be- tont die Expertengruppe „Renale Osteo- pathie“ in einem Positionspapier.

Zu den Anzeichen, die auf die Ent- wicklung einer Niereninsuffizienz hin- weisen können, gehören:

–Fortbestehende Hypertonie über zwei Quartale

—Mikroalbuminurie

˜Proteinurie

™Erhöhter Serumkreatininspiegel

šAnämie.

Auch Erkrankungen des Knochen- stoffwechsels treten schon im Frühsta- dium der Niereninsuffizienz auf. Diese renale Osteopathie wird durch nach- lassende Produktion von aktivem Vit- amin D in den Nieren, Hyperphos- phatämie und metabolische Azidose verursacht. Alle drei Faktoren ent- wickeln sich bereits in den frühen Sta- dien der Erkrankung, ohne dass die Betroffenen davon Kenntnis haben.

Mit der Zeit aber führen die patholo- gischen Veränderungen des Mineral- stoffwechsels zu einer Demineralisie- rung des Knochens sowie zu einer Ver- kalkung der Gefäße und Herzklappen.

Betroffen sind vor allem Patienten äl- ter als 50 Jahre, Diabetiker und Hyper- toniker.

Der Nephrologe wird bei nierenin- suffizienten Patienten folgende thera- peutische Maßnahmen empfehlen be- ziehungsweise durchführen:

> Blutdrucknormalisierung mit dem Zielblutdruck < 120/70 respektive 125/75 mm Hg (nach NKF, ADA und Joint National Committee) – unter anderem durch Gabe von ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptorblockern;

> Optimierung der Blutzuckerein- stellung bei Diabetikern und Überprü- fung der Ernährungsgewohnheiten;

> Prävention von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität (ACE-Hem- mer, Betablocker, Statine und Throm- bozytenaggregationshemmer);

> Therapie der renalen Osteopathie durch Ausgleich eines Mangels an nati- vem und aktivem Vitamin D, Vermei- dung der Hyperphosphatämie;

> Therapie der renalen Anämie durch Erythropoetin-Substitution;

> Pufferung einer metabolischen Azidose.

Neben der fachärztlichen Behand- lung benötigen die Patienten eine kon- tinuierliche hausärztliche Betreuung.

Hierbei besteht möglicherweise Ab- stimmungsbedarf zwischen beiden Fach- richtungen, denn es kann sein, dass der Nephrologe eine kostspielige The- rapie einleiten muss (zum Beispiel mit aktivem Vitamin D, neuen Antihyper- tensiva, Statinen oder Erythropoetin), die von Allgemeinärzten und Inter- nisten nicht abgesetzt werden sollte – zumal die Weiterverordnung dieser Medikamente fachärztlich begründet ist und durch den Nephrologen erfol- gen kann.

Für die Expertengruppe Renale Osteopathie:

Priv.-Doz. Dr. med. Peter Michael Jehle Paul-Gerhardt-Stifung

Evangelisches Krankenhaus und Akademisches Lehrkrankenhaus Paul-Gerhardt-Straße 42–45 06886 Lutherstadt Wittenberg

Expertengruppe Renale Osteopathie:

Priv.-Doz. Dr. med. Heinz Jürgen Deuber, Dr. med. Kai Hahn, Prof. Dr. med. Rüdiger Landgraf, Dr. med. Adrian Mondry, Prof. Dr. Johannes Pfeilschifter, Dr. Wolfgang Piehlmeier, Dr. med. Rolf Renner, Prof. Dr. med. Werner Riegel, Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Eberhard Ritz, Dr. med. Ste- phan Scharla, Prof. Dr. Günter Stein

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