AUFKLÄRUNG UND EINVERSTÄNDNISSERKLÄRUNG VOR DEM ÄRZTLICHEN HÄNDEDRUCK
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
bevor Sie die vom rechtsunterzeichneten Arzt ausgereichte Hand nehmen und drücken, möchten wir Sie auf die möglichen Folgen aufmerksam machen und auch Ihr schriftliches Einverständnis dafür verlangen.
DIE VORTEILE bestehen - außer in dem rein traditions- gebundenen Akt - in dem Erwecken von Vertrauen in Ihnen. Sie schließen, sozusagen, einen Bund, in dem Sie sich verpflichten, dem Arzt in seiner Suche nach einer von ihm zu meisternden Erkrankung zu helfen, bzw. sich für den Heilungsprozeß zur Verfügung zu stellen. Die Verpflichtungen des Arztes werden später durch andere Aufklärungsbögen aufgehoben.
DIE NACHTEILE beziehen sich ausschließlich auf den - wenn auch nur kurzen - sehr engen Kontakt. Sie müssen sich im Klaren darüber sein, daß der Arzt mit vielen, zum Teil entzündlichen Erkrankungen in Verbindung kommt, und daß durch die übertragung von Bakterien, Viren und Pilzen bei Ihnen Krankheiten entstehen können, wofür wir keine Haftung tragen werden (Ihre Unterschrift vorausgesetzt). Auf Wunsch werden wir Ihnen deshalb pro Händedruck je einen Handschuh (rechts) zur Verfügung stellen. Dabei kann es wiederum zu einer Kontaktallergie kommen. Das Risiko eines allergischen Schocks ist zwar extrem klein, bedarf aber der Erwähnung. Ferner können durch oberärztlichen Händedruck mechanische Schäden im Sinne einer Weichteilverletzung auftreten. Knochenbrüche der Mittelhand und Finger sind nur ganz selten beschrieben. Für diese Schäden übernehmen wir keine Haftung; sollte jedoch umgekehrt dem Arzt beim Händedruck etwas zustoßen, muß mit zivilrechtlichen Schritten gerechnet werden.
• Ich bin mit dem o.g. einverstanden und übernehme die volle Verantwortung für die möglichen Folgen.
O Ich bin nicht einverstanden und verzichte auf den Händedruck.
O Ich bin gekommen, um behandelt zu werden. Euer Aufklärungskram hat mich zu Tode erschreckt, und ich verlasse fluchtartig das Krankenhaus.
Unterschrift des Patientens Unterschrift des Arztes Formular Händedruck-1 0 Copyright 1988: John Schou
Der Erfinder dieses Formulars schrieb der Redaktion folgenden erklärenden Brief: „Wir ertrinken langsam in Aufklärungsbögen und -Verpflichtungen. Der Punkt, wo wir damit den Patienten eine echte Hilfe leisten konnten, ist längst überschritten; es handelt sich jetzt eher um einen Akt der Selbstverteidigung. Anstatt einen langen Brief darüber zu schreiben, habe ich ein ‚ironisches Formular' hergestellt. Ich empfehle eine kommentar- lose Wiedergabe des Formulars (mit dem Risiko, daß jemand es ernst nimmt), und dar- unter lediglich: Hersteller: Anästhesieabteilung Städt. Krankenhaus; 7850 Lörrach"
W._
DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
DIE GLOSSE
Medi-Snobs
Zugegeben: Das Kunstwort in der Uberschrift ist zweideutig. Es könnten sowohl „Medien-Snobs"
wie auch „Medizin-Snobs" gemeint sein. Bekanntlich gibt es ja Snobs in beiden Bereichen. Sie sind übrigens auch beide gemeint.
Der Snob muß für heutige Ver- hältnisse neu definiert werden: Ein Snob ist einer, der auf englisch pu- bliziert (ja, kontrollieren Sie mich ruhig im Duden: kleingeschrieben ist es richtig!). Und jetzt beziehe ich natürlich Prügel von lauter publizie- renden Medizinern: Die internatio- nale Sprache der Wissenschaft, Schritthalten, Export, die Bundesre- publik muß, Forschung, Weltni- veau, usw.
Ich habe ja gar nichts dagegen.
Wenn sich die Leute nur nicht ein- bildeten, sie könnten in Englisch (!) schreiben! Sechs Monate Studien- aufenthalt gehabt, Wörterbuch ge- kauft, und schon geht's los. Leider sind die Leser in der Englisch spre- chenden Welt viel zu höflich, um die deutschen Redaktionen darauf zu stoßen, wie lächerlich sie sich ma- chen. Denn die Arroganz, mit der man sich Eingriffe in die andere Sprache erlaubt, die ist manchmal wahrlich bemerkenswert.
Aber nun sollen die „Medien- Snobs" auch ihr Fett abkriegen. Ei- ne deutsche Tageszeitung bringt ei- ne Seite „Briefe aus dem Knast".
Manche sind originell, manche sehr eindrucksvoll. Einer der Häftlinge, der weder aus Deutschland noch aus England stammt, schrieb auf eng- lisch, das ganz offensichtlich nicht seine Muttersprache ist. Und weil das so schön authentisch aussieht, wird es auch so abgedruckt, mit al- len Fehlern in Rechtschreibung und Grammatik. Hier wird also dem Pu- blikum sogar bewußt und absichtlich sprachlich Falsches vorgesetzt!
Nachdem man nun schon mal sensibilisiert ist, blättert man weiter in diesem „Printmedium". (Neben- bei bemerkt: Dies ist einer der häu- figsten Fehler der „Medi-Snobs":
Was im Deutschen zu zusammenge- setzten Wörtern wird, das steht im Englischen einfach nebeneinander.
Auch die meisten der von diesen Snobs eingestreuten Bindestriche sind falsch. Es heißt nämlich: Print Media, oder: Harvard University, oder: Walter Reed Army Medical Center.)
Also, beim Blättern findet man ein Inserat: „Dr. X (Pathologe) in Y. AB aus C bekommt noch 190 DM von Dir. Immerhin verdienst Du 15mal so viel wie sie. Melde Dich"
(folgt Rufnummer). Was immer auch dahinterstecken mag: Die 190 Piepen wird er wohl auf der Kralle haben und ihr rüberbeamen, damit die Sache endlich aus der Welt kommt.
Aber Moment mal: Habt Ihr ge- wußt, daß ein Pathologe so viel Kne- te kriegt? Will der vielleicht ange- ben? Sollte der etwa so eine Anzeige selbst . . .? Ein echter Snob? gb Dt. Ärztebl. 86, Heft 4, 26. Januar 1989 (19) A-155