Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007 A817
G E L D A N L A G E
A
nlagegespräch in einer Bank.In angenehmer Atmosphäre, in einem gepflegten hellen Be- sprechungsraum im Privatkundenbe- reich, kommt der adrette und freund- liche Anlageberater schnell zur Sa- che: Wie schön, dass gerade eine Erbschaft von 100 000 Euro zu dis- ponieren sei, er hätte da genau den richtigen Fonds für den Rat suchen- den Kunden. Und alle sind nach dem Kauf glücklich. Zunächst wenigs- tens. Zwar wundert sich der Kunde später, warum ausgerechnet sein Fonds nicht besonders gut läuft und schon gar nicht den Index schlägt, aber was willste machen, das Schicksal ist halt gegen einen.
Zwar weiß der Anleger, wenn er nicht ganz ahnungslos ist, dass der Ausgabeaufschlag, der für den Fonds beim Kauf anfällt, irgendwel- che Vertriebskosten abdecken soll.
Es ist ihm aber nicht klar, dass dieser Betrag in der Regel zur Gänze an die vermittelnde Bank fließt, was bei ei-
nem Aktienfonds bis zu fünf Pro- zent des Anlagebetrags ausmacht, kein Wunder also, dass der Banker so gerne für Fonds zu haben ist.
Üblicherweise überweisen die Fondsgesellschaften an die vermit- telnden Banken oder freie Berater darüber hinaus noch sogenannte Be- standsprovisionen, und das Jahr für Jahr. Die in der Branche „Kick- Backs“ genannten Gelder können bis 0,5 Prozent des Fondsvermö- gens ausmachen, und da kommt dann auch ganz schön was zusam- men. Ob der Kunde von solchen Zahlungen weiß oder nicht, wurde bislang schamhaft übergangen.
So geht’s nicht, befand in einem für die Branche völlig überraschen- den Urteil der Bundesgerichtshof (BGH). Diese Rückvergütungen müssen offengelegt werden (Az.:
XI ZR 56/05), damit der Kunde er- kennen kann, ob die Bank bei der Beratung von eigenen Interessen geleitet war oder eben nicht. Er-
staunlich ist im Grunde nur, dass der BGH hier eine Selbstverständlich- keit einfordert. Wenn etwa ein Ar- chitekt mit dem von ihm empfohle- nen Bauunternehmer verschwägert ist und dies verschweigt, macht er sich später bei eventuellen Mängeln schadensersatzpflichtig.
Genau an der Stelle wird es für die Banken schwierig, für den Kunden aber auch. Zwar lässt das Gericht ge- nerell eine Schadensersatzpflicht zu für den Fall, dass die Bank sich bei der Fondsempfehlung von den zu er- wartenden Provisionen mehr leiten ließ als vom Kundeninteresse, doch den Schaden konkret nachzuweisen obliegt dann dem Kunden. Dass ein Fonds schlecht gelaufen ist, dürfte als Argument nicht ausreichen, und zu belegen, man hätte den Fonds nie- mals gekauft, wenn die Kick-Backs offengelegt worden wären, wird si- cher auch kompliziert. Jetzt auf die Idee zu kommen, als geschädigter Anleger seine Bank noch zu verkla- gen, wegen der nicht bekannten Rückvergütungen und so weiter, hat einen nur vergeblichen Charme, da diese Vorgänge längst verjährt sind.
Manche Urteile kommen einfach zu
spät. Wie schade. I
BÖRSEBIUS