A2238 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 42⏐⏐17. Oktober 2008
G E L D A N L A G E
D
a haben wir den Salat. Die Uhr tickt immer schneller, da mit den nächsten Silvesterkrachern unerbittlich eine neue Epoche der Kapitaleinkünftebesteuerung einge- leitet wird. Trotz Finanzkrise, we- gen der gerade eben der Börsengang von Schott-Solar abgesagt wurde und das Going-Public der Deutschen Bahn ins Wanken gerät, trotz Panik bei den Anlegern kommt die Abgel- tungsteuer in Windeseile auf uns zu.Die armen Banken und Finanz- dienstleister haben Berge von Hoch- glanzprospekten gedruckt, um den Anlegern Produkte zu verkaufen, mit denen die Abgeltungsteuer möglichst gut umschifft werde, wenn es denn auch so stimmte. Jetzt will – oder kann – das Steuerschreckge- spenst plötzlich keinen Anleger mehr aus seiner Schreckstarre erlösen.
Viele haben derzeit überhaupt keine
Lust auf ein Gespräch mit ihrem Bankmenschen. Wie soll sich der gebeutelte Kunde denn ernsthaft Gedanken über die Abgeltungsteuer machen, wo doch just in diesem Mo- ment in seinem Depot eine Kurs- implosion nach der anderen abläuft.
Bei allem Verständnis für derlei schreckhafte Einblicke in die der- zeitigen Portfolios ist es gleichwohl völlig falsch, sich dem Diktat der Finanzkrise zu beugen und jedwede Abgeltungsteuerstrategien einzu- stellen. Gerade jetzt kommt es dar- auf an, die Weichen für mögliche steuerfreie Kursgewinne zu stellen.
Zur Erinnerung: Vom 1. Januar 2009 an werden alle Kapitalerträge pauschal mit 25 Prozent besteuert.
Darauf kommt noch der Solida- ritätszuschlag und die Kirchensteu- er, macht unterm Strich eine Belas- tung von gut 28 Prozent. Steuer- freie Kursgewinne gibt es dann überhaupt nicht mehr. Nur wer die- ses Jahr etwa noch Aktien oder Akti- enfonds kauft, kann auch in den kommenden Jahren Gewinne hier- aus steuerfrei für sich verbuchen.
Das setzt natürlich voraus, dass er die richtigen Produkte kauft, also (teure) Dachfonds möglichst mei-
det, und erst recht, dass er noch das nötige Kleingeld hat, die Aktien- lieblinge seiner Wahl zu kaufen, denen er die entsprechenden Kurs- gewinne auch wirklich zutraut.
Genau an der klingenden Münze kann die an sich gute Idee scheitern.
Viele Anleger trauen sich nicht, die Werte ihrer Depots zu verkaufen, um an „fresh money“ heranzukommen – angesichts horrender Verluste eine durchaus verständliche Reaktion.
In dieser Situation lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob nicht oh- nehin nächstes oder übernächstes Jahr eine Lebensversicherung fällig wird, und sich diese dann schon 2008 über ein Policendarlehen vor- zeitig auszahlen zu lassen. Der Steu- erspareffekt kann hier durchaus fan- tastische Dimensionen annehmen, wobei darauf zu achten ist, dass es sich nicht um eine fiskalisch „steu- erschädliche Beleihung“ handelt.
Sie sehen, Pferdefüße allerorten.
Wenn die Beleihung privater Natur ist, das Darlehen also für den Kauf von Wertpapieren im eigenen Depot verwendet wird, dürfte aber hier keine Gefahr bestehen. Für clevere Anleger ist das Policendarlehen also genau das Richtige, gerade jetzt. I BÖRSEBIUS