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Archiv "Das Rentensystem braucht Entlastung" (16.12.1994)

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1960 1970 1980 1993 2000 2010 2020 2030 2040 Bis 1980 Westdeutschland, ab1993 Gesamtdeutschland

Rentenversicherung

Anzahl Rentner pro 100 Beitragszahler

84

96 102

Gesundheitspolitisches Programm der deutschen Arzteschoft

POLITIK

und eine sogenannte Plausibilitäts- prüfung vornehmen lassen mit dem Ergebnis: Eine externe Überprü- fung der Vorfälle ist notwendig. die der Münchner Tropenmediziner Prof. Dr. Dieter Eichenlaub anhand der Patientenakten vornahm.

Darüber hinaus veranlaßte die Behörde, alle ab Ende 1993 im BNI aufgetretenen Todesfälle zu über- prüfen. Thema eines neutralen Gut- achters werden außerdem alle To- desfälle von 1987 bis heute sein, die im Rahmen einer Malaria-Erkran- kung eingetreten sind. Für die ärzt- liche Kompetenz des beurlaubten Klinikchefs Prof. Dr. Manfred Die- trich spricht: Seitdem er 1976 die Leitung des Tropeninstituts über- nommen hat, sind dort mehr als 2 000 Malariafälle behandelt wor- den, von denen zwei Prozent ver- storben sind — dies ist auch interna- tional ein hervorragendes Ergebnis.

Zum Einfluß von Trental® auf die Todesfälle ist inzwischen ein phar- makologisches Gutachten in Auf- trag gegeben worden.

Wenige Tage vor den Neuwah- len des Hamburger Ärztekammer- vorstandes drängt sich auch die Fra- ge auf, wer beispielsweise eine ver- schlossene Akte aus der Kammer an die Presse weitergegeben hat, in der auch eine Notiz von Kammer- präsident Dr. Rolf Bialas enthalten gewesen ist, derzufolge er Prof.

Dietrich Stillschweigen zugesichert habe. Es verwundert daher nicht, daß die Hamburger Ärzteoppositi- on in der Ärztekammer die Senato- rin aufgefordert hat, der Kammer- versammlung schriftlich darzulegen, ob die Aufsichtsbehörde gegenüber dem amtierenden Vorstand der Ärztekammer Vorwürfe im Sinne von Fehlhandlungen oder Unterlas- sungen erhebt oder verfolgt.

Falls eine solche Stellungnahme ausbleibe, müsse davon ausgegangen werden, daß sich gegen Vorstand und Präsident der Kammer aufge- kommene Verdachtsmomente nicht erhärten lassen. Gäbe es aber nach der Wahl „dennoch oder erneut"

entsprechende Vorwürfe, „müßte auf juristischem Wege geprüft wer- den, ob die jetzt anstehenden Vor- standswahlen noch nachträglich an- zufechten sind." Werner Loosen

AKTUELL

Die Rentenversicherung ver- tritt die Ansicht, daß die sich aus der demographischen Entwicklung ergebenden finanziellen Probleme

„im Rahmen des Rentensystems"

zu lösen sind. Für die langfristige fi- nanzielle Absicherung der Renten- versicherung gebe es keinen „aku- ten Handlungsbedarf". Der Ver- band der Rentenversicherungsträ-

ger (VDR), dem alle Landesversi- cherungsanstalten, die Bundesversi- cherungsanstalt für Angestellte und die knappschaftliche Rentenversi- cherung angehören, sieht sich in dieser Auffassung durch ein neues Gutachten der Prognos AG be- stätigt. Dieses kommt zu dem Er- gebnis, daß die Beitragssätze zur Rentenversicherung bis 2030 von derzeit 19,2 Prozent bei einer gün- stigen wirtschaftlichen Entwicklung auf 26,4 Prozent und bei einer ungünstigeren Entwicklung auf bis zu 28,4 Prozent angehoben werden müssen, um die sich aus dem Ge- burtenrückgang und dem Anstieg der Lebenserwartung ergebenden Belastungen auszugleichen. In ei- nem Gutachten, das 1987 und damit vor der Rentenreform erstellt wur- de, war das renommierte Institut zu einem ähnlichen Ergebnis gekom- men. Der Sozialbeirat hat kürzlich den Anstieg des Rentenbeitrags bis 2030 auf 27 Prozent geschätzt.

Der VDR und Prognos halten einen solchen Anstieg der Beitrags- belastung für ökonomisch verkraft- bar, weil sie bis 2040 trotz der Ab- gabenerhöhung mit einer Verdop- pelung der Nettoeinkommen rech- nen. Trotz dieser sehr optimisti- schen Einschätzung fordert die Rentenversicherung, daß der Bund ihr die Fremdleistungen abnimmt und seinen Zu- schuß von derzeit gut 50 Milliarden Mark um bis zu 28 Milliarden Mark erhöht. Der VDR will die Zahl der Bei- tragszahler zur Rentenversiche- rung dadurch er- höhen, daß die als Angestellte täti- gen Angehörigen der Freien Berufe künftig nicht mehr in den Versor- gungswerken, sondern in der Ren- tenversicherung pflichtversichert werden. Zugang zur berufsständi- schen Versorgung sollen also nur noch die selbständig tätigen Freibe- rufler behalten. Das könnte die Exi- stenz jener Versorgungswerke ge- fährden, die einen höheren Anteil ihrer Renten durch Beitragsumla- gen finanzieren. Bei allen Versor- gungswerken würde jedoch die An- passungsdynamik nachhaltig ge- schwächt.

Allerdings spricht wenig dafür, daß die Koalition dem Vorschlag des VDR folgen wird. In der Koali- tionsvereinbarung heißt es zu die- sem Punkt, daß die Grenze zwi- schen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversiche- rung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der beiden Systeme „gefestigt" werden solle.

Diese Formulierung läßt der Politik Spielraum. Gemeint ist aber wohl,

Das Rentensystem braucht Entlastung

Beitragssatz bis zu 28 Prozent?/Der Bund soll mehr zuschießen/Freiberufler als Beitrags- zahler gesucht/Die „Dresdner Entscheidung" der Versorgungswerke

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994 (21) A-3485

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POLITIK

daß die Versorgungswerke auf den Kreis der klassischen Freien Berufe begrenzt werden sollen; dazu zäh- len jedenfalls Ärzte und Zahnärzte, aber auch Anwälte und Notare.

Versorgungswerke:

Befreiung von der Versicherungspflicht Den Anstoß zu der Diskussion über die Versorgungswerke hat die Gründung eines Versorgungswer- kes der Bauingenieure in Bayern gegeben, dem auch angestellte In- genieure beitreten können, die der Berufskammer nur als freiwillige Mitglieder angehören. Die Mitglie- derversammlung der Arbeitsge- meinschaft Berufsständischer Ver- sorgungswerke (ABV) hat in einer

„Dresdner Entschließung" eine Ausweitung des Systems der berufs- ständischen Versorgung als nicht er- wünscht bezeichnet; sie sei auch nicht beabsichtigt. Sie fordert je- doch, daß auch künftig die als An- gestellte tätigen Angehörigen der klassischen Freien Berufe in die Versorgungswerke einbezogen wer- den und sich von der Versicherungs- pflicht in der Rentenversicherung befreien lassen können. Auch soll den Freien Berufen in den neuen Ländern das Recht erhalten blei- ben, ihre Versorgungswerke, wie im Einheitsvertrag festgelegt, zu er- richten.

Die Rentenversicherung hat mehr denn je darauf zu achten, daß ihr Beitragszahler nicht entzogen werden. Davon hängt die Stabilität des durch Umlagen finanzierten Sy- stems ab. Die Rentenversicherung sollte jedoch das gewachsene ge- gliederte System respektieren und nicht versuchen, die ohne Staatszu- schuß arbeitenden Versorgungswer- ke in ihrer Existenz zu bedrohen.

Das nämlich wäre die Konsequenz des Vorschlags, die Versorgungs- werke nur noch für selbständig täti- ge Freiberufler offenzuhalten. Für die Errichtung des Versorgungswer- kes der Bauingenieure ist nicht die ABV, sondern die bayerische Staatsregierung und die CSU-Land- tagsfraktion verantwortlich. Wenn neue Gruppen eigene Sicherungssy-

AKTUELL

steme aufbauen wollen, so liegt dies aber vor allem an dem wegen der demographischen Entwicklung zu erwartenden Anstieg der Renten- beiträge und der damit verbunde- nen Verschlechterung des Preis-Lei- stungs-Verhältnisses.

Jede langfristige Prognose hängt von den zugrunde gelegten Annahmen ab. Prognos versucht die mögliche Entwicklung des Renten- systems durch die Vorgabe eines oberen und unteren Szenarios zu er- fassen. Im optimistischen Szenario wird bis 2020 mit einem Wachsen des Bruttoinlandsprodukts von jähr- lich real 2,6 Prozent, danach von 1,6 Prozent gerechnet. Das entspricht in etwa dem Wachstum in den letzten zwanzig Jahren. Im unteren Szena- rio liegt die Wachstumsrate nur halb so hoch. Die Arbeitslosigkeit wird erst nach 2010 fühlbar zurückgehen.

Investitionen und Produktivität er- höhen sich parallel zum Bruttoin- landsprodukt, unterstellt Prognos.

Die Bruttolohn- und -gehaltssumme je abhängig Beschäftigten soll sich durchschnittlich um 5,8 Prozent oder 5,1 Prozent erhöhen. Erst nach 2010 wird mit einem fühlbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit ge- rechnet. Die Zuwanderung wird auf fünf bis 14 Millionen Personen ge- schätzt. Die Lebenserwartung soll noch bis 2010, und zwar nur um ein halbes Jahr, steigen.

Optimistische Annahmen

Daraus werden für 2040 in der Rentenversicherung Beitragssätze zwischen 26,1 und 28,7 Prozent ab- geleitet. Für die Krankenversiche- rung erwartet Prognos bei Fortset- zung der einnahmeorientierten Aus- gabenpolitik einen Anstieg der Bei- tragssätze von jetzt 13,2 Prozent auf 14,2 bis 15,7 Prozent. Für die Pflege- versicherung wird langfristig ein An- stieg des Beitragssatzes von 1,7 Pro- zent ab Mitte 1996 auf 2,1 bis 2,3 Prozent erwartet. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wird erst nach 2010 stärker sinken; die Vier- Prozent-Marke (heute 6,5 Prozent) wird nach Prognos erst zwischen 2020 und 2025 unterschritten werden.

• Fazit: In den nächsten vierzig Jahren müssen die Sozialbeiträge insgesamt um etwa fünf bis neun Beitragspunkte auf dann annähernd 50 Prozent angehoben werden. Pro- gnos hält zudem eine schrittweise Erhöhung der Mehrwertsteuer von heute 15 auf langfristig etwa 19 oder 20 Prozent für notwendig. Bei ab- nehmenden Beschäftigtenzahlen müsse der Steuerausfall auch durch eine Erhöhung der Einkommen- steuer ausgeglichen werden.

Es spricht wenig dafür, daß die- se Rechnung aufgehen wird. Fol- gende Fragen drängen sich auf:

> Ist es zulässig, bei anhaltend hoher Staatsquote und weiter stei- gender Abgabenquote darauf zu setzen, daß das Bruttoinlandspro- dukt, Investitionen und Produkti- vität mit realen Raten wie in den letzten 20 Jahren weiterwachsen?

> Wollen wir eine weitere Zu- wanderung von bis zu 14 Millionen Ausländern?

Unrealistisch sind wohl die An- nahmen, daß die Lebenserwartung nur noch wenig, steigen wird und daß die Finanzierung der Kranken- versicherung und der Pflegeversi- cherung trotz der Alterung der Ge- sellschaft langfristig kaum Beitrags- erhöhungen erfordern wird.

Die Sozialpolitiker haben aus dem Prognos-Gutachten voreilig den Schluß gezogen, daß zumindest in dieser Wahlperiode für die Ren- tenversicherung kein Konsolidie- rungsbedarf bestehe. Richtig ist, daß kurzfristig kein Zwang zum Handeln besteht. Aber die Politik ist dafür verantwortlich, daß die wichtigste Säule im gegliederten Al- terssicherungssystem, die Renten- versicherung, nicht brüchig wird.

Das marktwirtschaftliche System hält eine weitere Belastung der Ein- kommen und Gewinne nicht mehr aus. Die Wachstumskräfte würden geschwächt. Am Anstieg des ver- teilbaren Sozialprodukts hängt aber nicht nur die Sicherheit der Renten, sondern auch die Stabilität der an- deren Alterssicherungssysteme und des politischen Systems. Mit dem Nachdenken über die Sicherung der Rentenversicherung muß in dieser Wahlperiode begonnen werden.

Walter Kannengießer A-3486 (22) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994

Referenzen

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