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Archiv "Das Nebenniereninzidentalom: Szintigraphie falsch eingestuft" (15.12.1995)

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MEDIZIN DISKUSSION

Das Nebenniereninzidentalom

Funktionsorientiertes Vorgehen besser

Die Autoren haben ein wichtiges Thema aufgegriffen und das diagno- stische und therapeutische Vorgehen erneut zur Diskussion gestellt (1).

Mit dem Befund einer Raumfor- derung im Bereich der Nebenniere werden sowohl der endokrinologische Spezialist als auch der Internist und Allgemeinarzt zunehmend häufiger konfrontiert. Während früher die en- dokrinologische Symptomatik rich- tungweisend für die Diagnostik war, steht heute der morphologische Be- fund, das heißt die Raumforderung per se im Vordergrund und leitet diagnosti- sche und therapeutische Bemühungen.

Dieses Vorgehen erhält seine Berechti- gung dadurch, daß der überwiegende Teil dieser Tumoren hormonell inaktiv ist und sich auf diesem diagnostischen Wege nur wenige zusätzliche endokri- ne Erkrankungen finden lassen. Um so schwieriger erscheint es, seltene endo- krinologische Krankheitsbilder nicht in der Masse der hormoninaktiven Raumforderungen zu verfehlen und diesen trotz ihrer Seltenheit gleicher- maßen gerecht zu werden. Deshalb sollte ausdrücklich betont werden, daß der von Reincke und Allolio zur Dia- gnose und Therapie vorgeschlagene Algorithmus vom Vorliegen eines Inzi- dentaloms ausgeht. In der Inzidenta- lomgruppe findet sich jedoch ein mehr oder weniger großer Anteil an Patien- te, die zusätzliche klinische Symptome

aufweisen, wie zum Beispiel eine arte- rielle Hypertonie (55,8 Prozent der Pa- tienten im Kollektiv der Autoren), die unter strategischen Gesichtspunkten anders eingestuft werden müssen und deren Abklärung daher nicht nur gemäß dem vorgeschlagenen Algorith- mus erfolgen kann Weiterhin sind bei der Auswertung der zahlenmäßig doch

Zu dem Beitrag von

Dr. med.Martin Reincke und Prof. Dr. med. Bruno Allolio in Heft 11/1995

relativ kleinen Kollektive von Patien- ten mit Nebenniereninzidentalomen seltene Krankheitsbilder wie das Cushing-Syndrom und auch das Conn- Syndrom sicher unterrepräsentiert. In der dargestellten Abbildung von Reincke und Allolio war in der Patien- tengruppe mit Nebennierenraumfor- derung unter zwei Zentimeter kein einziger endokrin aktiver Tumor ent- halten. Es wäre jedoch falsch, aus die- ser Abbildung den Schluß zu ziehen, daß man bei derart kleinen Tumoren nicht mit einer endokrinen Aktivität rechnen müßte und daß sich aus die- sem Grunde die Notwendigkeit einer endokrinologischen Screening-Unter- suchung an einer gewissen Größe des Tumors festmachen ließe. So zeichnen sich mindestens 20 Prozent der Patien- ten mit Aldosteron-produzierendem Adenom durch einen Nebennierentu-

mor, der kleiner als ein Zentimeter ist, aus (2). Es sollte daher hervorgehoben werden, daß der Aspekt der Morpho- logie und Größe des Tumors, so nütz- lich er zweifelsohne zur Abklärung und Therapie des Nebenniereninzi- dentaloms ist, den seltenen wirklichen Endokrinopathien nicht gerecht wird.

Für diese Erkrankungen brauchen wir unverändert ein funktionsorientiertes Vorgehen. Unabhängig von der Größe der Nebennierenraumforderung soll- ten wir daher stets nach den Auswir- kungen eines Katecholamin-, Cortisol- oder Aldosteronexzesses suchen.

Hinweisende Befunde sind leicht mittels klinischer Untersuchung, Blutdruckmessung und Bestimmung des Serum-Kaliums zu erfassen. Es stehen dann zuverlässige Funktions- teste zur Verfügung, die eine Bestäti- gung oder einen Ausschluß des klini- schen Verdachtes auf einfache Weise und mit hoher Sicherheit erlauben.

Literatur

1. Jockenhövel F, Kuck W, Hauffa B; Rein- hardt W, Benker G, Lederbogen S, Olbricht Th, Reinwein D: Conservative and surgical management of incidentally discovered ad- renal tumors (incidentaloma). J Endocrinol Invest 1992; 15: 331-337.

2. Young WF, Klee GG: Primary aldostero- nism. Endocrinol Metab Clin North Am 1988; 17: 367-395.

Priv.-Doz. Dr. med. Rudolf Hörmann Dr. med. Friedrich Jockenhövel Prof. Dr. med. Klaus Mann Abteilung für Endokrinologie Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen

Szintigraphie falsch eingestuft

Es ist anzustreben, sich in der Dia- gnostik und Therapie, besonders unter den derzeitigen Gegebenheiten, zu be- schränken. Die Kunst dabei besteht aber darin, unter dem Machbaren die für den betroffenen Patienten optimale Lösung zu finden und ihm erforderli- che Maßnahmen nicht vorzuenthalten.

In ihrem Artikel über die sehr seltenen Nebenniereninzidentalome wichten die Autoren die bildgeben-

den Verfahren hinsichtlich ihrer Wer- tigkeit offensichtlich unter rein mor- phologischen Gesichtspunkten und kommen damit für die Nebennieren- szintigraphie zu einer Wertung, die ih- rer Rolle im differentialdiagnosti- schen Spektrum nicht gerecht wird.

Im Gegensatz zu Sonographie, Com- putertomographie (CT) und Kern- spintomographie (NMR), die als rein morphologische (bildgebende) Ver- fahren einzustufen sind, handelt es sich bei der Nebennierenszintigraphie (Nebennierenrinde mit 75selen- oder

131i odmarkierten Cholesterinderiva-

teil; Nebennierenmark mit 123- oder t31Jodmarkiertem Metaj odobenzyl- guanidin) um funktionelle (bildge- bende) Verfahren Diese haben sich besonders zur Lokalisation kleiner in- tra- und/oder extraadrenaler Läsio- nen mit hormoneller Aktivität be- währt. ( 125Jodmarkierungen sind für die szintigraphische Lokalisation nicht geeignet). Aber auch bei der Differenzierung von hormoninakti- ven Inzidentalomen kann die Neben- nierenszintigraphie wertvolle Hinwei- se geben. Vergleichbar dem kompen- sierten Schilddrüsenadenom können Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 50, 15. Dezember 1995 (49) A-3567

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szintigraphisch sowohl Nebennie- renrinden- als auch Nebennieren- markprozesse nachgewiesen werden, die peripher keine Veränderung der Hormonparameter bewirken. Diese Läsionen werden durch CT oder NMR in etwa einem Drittel aller Fälle nicht korrekt charakterisiert (Gross et al.). Nach dieser Autorengruppe kann auch eine Entscheidung über weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen in Abhängigkeit nur von der Größe eines Nebennierenprozes- ses irreführend sein. Ebenfalls so nicht zutreffend ist die Aussage der Autoren über die Szintigraphie als überflüssiges diagnostisches Verfahren mit dem Hin-

MEDIZIN DISKUSSION

weis auf hohe Kosten und signifikante Strahlenbelastung. Der Punktwert ei- ner NMR-Untersuchung mit Kontrast- mittel entspricht etwa dem einer Szin- tigraphie; die Strahlenexposition, bei entsprechender Blockierung der Schilddrüse, liegt unter der einer CT- Untersuchung. In der Diskussion der Strahlenexposition sollten Nutzen/

Risikoerwägungen Vorrang haben.

Nicht invasive Methoden sollten bei geringem Gesamtrisiko ausgeschöpft werden, ehe invasive Methoden wie nebenwirkungsreiche Nebennierenve- nenblutentnahmen mit Phlebographie oder gezielte Punktionen durchgeführt werden, zumal die Szintigraphie bei bi-

lateralen Läsionen auch wertvolle Hin- weise auf die bevorzugt zu punktieren- de Nebenniere geben kann

Literatur

1. Fischer M, Gross MD, Shapiro B, Vetter H:

Nebenniere — Nuklearmedizinische Dia- gnostik und Therapie. Springer Berlin 1993.

2. Gross MD, Shapior B, Francis IR, et al.:

Scintigraphy of incidentally discovered bila- teral adrenal masses. Europ J Nucl Med 1995; 22: 315-321.

Prof. Dr. med. M. Fischer Zentrum Radiologie Institut für Nuklearmedizin Städtische Kliniken Kassel gGmbH Mönchbergstraße 41-43

34125 Kassel

Schlußwort

Das Nebenniereninzidentalom bedarf aufgrund seiner Häufigkeit (Prävalenz etwa einer auf 100 Ein- wohner in der BRD) und seiner be- nignen Grundnatur eigener diagnosti- scher und therapeutischer Strategien.

Keinesfalls dürfen diagnostische Al- gorhythmen, wie sie beim Conn-Syn- drom und beim adrenalen Cushing- Syndrom zur Anwendung kommen, kritiklos auf das Nebenniereninziden- talom übertragen werden.

Höhrmann, Jockenhövel und Mann empfehlen bei allen Patienten mit Nebennierenzufallstumor, unab- hängig von der Tumorgröße, entspre- chende Diagnostik zum Ausschluß ei- nes Katecholamin-, Cortisol- und Al- dosteronexzesses. Dieses Vorgehen steht im Gegensatz zur umfangrei- chen Literatur. Bisher war bei 335 In- zidentalom-Patienten — einschließlich 50 von diesen Autoren selber unter- suchten Patienten (!) — der kleinste endokrin aktive Tumor 1,8 cm groß (1-5). Im einzelnen fand sich folgende Verteilung: 8 Prozent der 335 Patien- ten wiesen einen latent Cortisol-pro- duzierenden Nebennierentumor ohne klinische Zeichen des Cushing-Syn- droms auf (präklinisches Cushing- Syndrom). Der Durchmesser dieser Tumoren betrug im Mittel 3,5 cm (Be- reich 1,8 bis 7,0 cm). Asymptomati- sche Phäochromozytome fanden sich in 2 Prozent (Tumordurchmesser 3,0 bis 10,0 cm). Aldosteronome waren selten und lagen bei 0,6 Prozent der

Patienten vor (Tumordurchmesser 3,0 und 5,0 cm). Damit erscheint es ge- rechtfertigt, zur Vermeidung von unnötiger Diagnostik bei kleinen Ne- benniereninzidentalomen (kleiner als 1,0 cm) auf endokrine Diagnostik zu verzichten. Anders ist die Situation bei einem Patienten mit einer neu auf- getretenen oder noch nicht abgeklär- ten Hypertonie. Hier ist das Leitsym- ptom die Hypertonie, und ein Conn- Syndrom oder ein Phäochromozytom muß dementsprechend durch Funkti- onsdiagnostik ausgeschlossen wer- den, unabhängig davon, ob zusätzlich ein Inzidentalom vorliegt oder nicht.

Fischer weist in seinem Leser- brief darauf hin, daß es sich bei der Nebennierenrinden- und Nebennie- renmarksszintigraphie im Gegensatz zur Computertomographie und Kern- spintomographie um ein funktionelles bildgebendes Verfahren handelt, und leitet hieraus eine Indikation für das Nebenniereninzidentalom ab. Die funktionelle Charakterisierung eines zufällig diagnostizierten Nebennie- rentumors sollte aber auf keinen Fall primär mit szintigraphischen Verfah- ren erfolgen. Der erste Schritt besteht zunächst immer in der biochemischen Abklärung mittels endokriner Test- verfahren. Dieses Vorgehen findet seine Begründung unter anderem dar- in, daß die biochemische Autonomie eines Nebennierentumors eindeutig nur durch endokrine Testverfahren bewiesen werden kann, während zum Beispiel bei der Nebennierenrindens- zintigraphie zwar die Aufnahme des Tracers im Tumor, nicht aber die Se-

kretion von Steroiden erfaßt wird.

Dies wird auch durch eine kürzlich er- schienene Publikation belegt, bei der sich bei Inzidentalom-Patienten keine klare Korrelation zwischen der Bio- chemie und der NP 59-Nebennie- renrindenszintigraphie fand (fünf von sechs Patienten mit präklinischem Cushing-Syndrom wiesen einen unila- teralaen Uptake auf, aber auch elf von 14 Patienten mit endokrin inaktiven Nebennierenadenomen) (4). In unse- rer Erfahrung ist deshalb die Neben- nierenszintigraphie bei der Diagno- stik des Nebenniereninzidentaloms entbehrlich und sollte speziellen Fra- gestellungen vorbehalten bleiben: die Szintigraphie mit Metajodbenzylgua- nidin hat natürlich ihren Platz beim biochemisch gesicherten Phäochro- mozytom zur Frage der Metastasie- rung, und bei gesichertem Conn-Syn- drom kann auch die NP 59-Szintigra- phie unter Dexamethasonsuppression hilfreich sein (6).

Literatur

1. Hensen J et al: In: Diagnostische und opera- tive Strategien bei endokrinen Erkrankun- gen, pmi-Verlag, Frankfurt 1990. Seite 38 ff.

2. Jockenhövel F et al: J Endocrinol Invest 1992; 15: 331 ff.

3. McLeod MK et al: Am Surg 1992; 56: 398 ff.

4. Osella G et al: J Clin Endocrinol Metab 1994; 79:1532 ff.

5. Reincke M et al: J Clin Endocrinol Metab 1992; 75: 826 ff.

6. Reznek RH and Armstrong P: Clin En- docrinol 1994; 40: 561 ff.

Prof. Dr. med. Bruno Allolio Dr. med. habil. Martin Reincke Medizinische Universitätsklinik Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg

A-3568 (50) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 50, 15. Dezember 1995

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