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Archiv "Mülheimer „Forum Gesundheit“: Medizin nach Kassenlage?" (25.03.2011)

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A 616 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 12

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25. März 2011

MÜLHEIMER „FORUM GESUNDHEIT“

Medizin nach Kassenlage?

Die NRW-Gesundheitsministerin will sektorenübergreifend das Gesundheitssystem steuern. Nur so könne man die Versorgung verbessern und gleichzeitig sparen.

M

it der Bemerkung machte sich Cornelia Prüfer-Storcks keine Freunde: Die stellvertreten- de Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg und designier- te Gesundheitssenatorin in Ham- burg, sagte am 10. März den Ärz- tinnen und Ärzten im Kasino des Evangelischen Krankenhauses in Mülheim, der Gemeinsame Bun- desausschuss werde mit seiner Ent- scheidung zur Verordnungsfähig- keit von Blutzuckermessstreifen für nichtinsulinpflichtige Diabeti- ker „zumindest alle niedergelasse- nen Hausärzte und Internisten in die Situation bringen, mit ihren Pa- tienten eine kleine Priorisierungs- debatte zu führen. Es wird wahr- scheinlich ein Sturm losgehen, wenn die Patienten, die das mehr- mals am Tag machen, von ihrem Arzt hören, dass dies nicht mehr bezahlt wird. Das wird natürlich in den Arztpraxen zum Thema werden.“

Vertrauen geht verloren

Unmut über diese Ausführungen war deutlich vernehmbar unter den Teilnehmern des „Forums Gesund- heit 2011“, veranstaltet von der Kreisstelle Mülheim der Ärztekam- mer Nordrhein. Die niedergelasse- nen Ärztinnen und Ärzte fühlen sich von der Politik und den Kran- kenkassen alleingelassen, wenn es um die Umsetzung von Einspar- maßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geht.

„Wenn die Patienten bei der AOK nachfragen: ,Kriegen wir den Test- streifen noch?‘, dann sagt man ih- nen: ,Sie bekommen alles von uns, wenn es der Arzt verschreibt.‘ Wir haben immer den Schwarzen Peter und sollen das verkaufen“, beklagte eine Ärztin. Unterstützung dafür fand sie beim Vorsitzenden der Kreisstelle Mülheim, Uwe Brock:

„Wir kommen so nicht weiter, wenn

wir nicht mit einer Zunge sprechen.

Das Patientenvertrauen geht verlo- ren; die Patienten wissen gar nicht mehr, wo sie dran sind.“

Es ging in Mülheim um das The- ma „Medizin nur nach Kassenlage?

Priorisierung – Rationierung – Bud- getierung“. Der Präsident der Bun- desärztekammer (BÄK), Prof. Dr.

med. Jörg-Dietrich Hoppe, nutzte das Podium, um erneut auf die Not- wendigkeit einer offenen Diskussi- on über Priorisierung im Gesund- heitswesen hinzuweisen. Das The- ma stehe derzeit leider „nicht auf der Wunschliste derjenigen, die in Berlin regieren“. Der Begriff Prio- risierung sei durch eine gezielte Propaganda in Verruf gebracht wor- den. Deshalb bevorzuge er selbst jetzt den Begriff Prioritätensetzung.

„Wir sind inzwischen massiv in der Rationierung“, stellte Hoppe fest,

„und weit über das Stadium der Rationalisierung hinaus.“ Es bleibe den Ärzten überlassen, mit dem Mangel umzugehen. Was man dem einen Patienten zugutekommen las- se, müsse beim anderen eingespart werden. Dieses fortwährende Di- lemma führe bei vielen Ärzten zum Burn-out. Bereits mehr als 50 Pro- zent aller vorzeitigen Rentenanträ- ge erfolgten auf der Grundlage psy- chischer Erkrankungen.

Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, Bar- bara Steffens (Bündnis 90/Die Grü- nen), mochte der Argumentation des BÄK-Präsidenten nicht folgen.

Dadurch, dass schon heute all das aus dem GKV-Leistungskatalog ge- strichen werde, was medizinisch nicht sinnvoll sei, werde ja bereits im bestehenden System priorisiert.

In einer Vielzahl von Gesund- heitsreformen sei in den vergange- nen Jahren immer wieder mit mage- rem Erfolg an einigen Stellschrau-

ben im Gesundheitssystem gedreht worden, kritisierte Steffens. Bis jetzt seien alle Reformversuche daran gescheitert, dass die Akteure nicht hinreichend in der Lage gewe- sen seien, über die Sektorengrenzen – auch die von Pflege- und Kran- kenversicherung – hinweg zu pla- nen. „Wir müssen bestimmte Schnittstellenprobleme anders den- ken, damit wir zu Lösungen kom- men, die menschlicher sind und Kosten sparen.“ Als Beispiel nannte Steffens die Versorgung älterer Menschen im Krankenhaus ohne die dringend notwendige Mobilisie- rungspflege, so dass unnötig hohe Folgekosten in einen anderen Sek- tor verschoben würden. „Wir pla- nen zwei Systeme nebeneinander, beide hermetisch abgeriegelt. Das ist ein Irrsinn vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung.“

Sektorübergreifend handeln Entsprechendes sieht Steffens aber auch beim Nebeneinander von am- bulanter und stationärer Versor- gung. Als Landesministerin sei sie zuständig für die Krankenhauspla- nung, also Daseinsvorsorge im sta- tionären Bereich. Die Ärzteschaft sei verantwortlich für den ambulan- ten Bereich. „Wir planen und den- ken aber nicht sektorübergreifend.“

Gerade erst seien die Länder beim Bund mit ihren Bemühungen ge- scheitert, beratend mit an einem Tisch darüber entscheiden zu dürfen, wie und wo ambulant und stationär besser vernetzt werden können. Stef- fens Fazit: „Das ist eine festgefahre- ne Struktur, wo keiner bereit ist, die- se auch nur an der ein oder anderen Stelle zu hinterfragen. Wenn wir das nicht tun, wird uns das System der- maßen um die Ohren fliegen, dass wir überhaupt keine Versorgungssi- cherheit mehr herstellen können.“ ■ Thomas Gerst

P O L I T I K

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