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Archiv "Onkologie: Großer Nutzen für die Darmkrebsfrüherkennung" (04.05.2012)

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A 928 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 18

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4. Mai 2012

ONKOLOGIE

Eine – subjektive – Bilanz nach zwölf Jahren, als die Deut- sche Krebsgesell- schaft acht Thesen zum damaligen Stand der Krebsme- dizin postulierte (DÄ 7/2012: „Onkologie in Deutschland: Wurden Chancen ver- tan?“ von Lothar Weißbach). Teil 1 des Onkologiekomplexes

Mutiges Resümee

Nach zwölf Jahren Bilanz zu zie- hen, ist nicht falsch. Das steht Prof.

Weißbach als einem ehemaligen Präsidenten der Deutschen Krebs- gesellschaft zu, der die damaligen Ziele wesentlich mitformuliert hat.

Jetzt gehen allerdings die Wogen hoch. Wenn der kollegiale Streit auch eskaliert, seine Fragen und Thesen betreffen nicht nur das on- kologische Fachgebiet, sondern den ganzen Medizinbetrieb in Deutsch- land. Darum ist es wichtig, sie un- aufgeregt zu diskutieren . . . Das Grundübel ist die Ökonomisierung der Medizin. Kann man erwarten, dass sich Mediziner dem allgemei- nen Dogma vom Primat der Ökono- mie entziehen, das seit Jahrzehnten die (westliche) Welt dominiert? Ja, Patienten können dies von Medizi- nern, die sich als Ärzte verstehen, erwarten.

Die Ökonomisierung der Medizin führt auf der Seite der „Leistungser- bringer“ zu Wettbewerb, Renditeer- wartungen, Chefarztverträgen mit Bonigarantien, Fangprämien, Dritt- mitteljagd, Ausbeutung und Selbst- ausbeutung, Personalabbau, insuffi- zienter Weiter- und Fortbildung etc.

Der ökonomische Druck beschert den Patienten . . . immer mehr unnö- tige Diagnosen und Therapien mit nicht selten schlimmen Folgen.

Weißbach nennt das „Beugung der Indikation“.

Konkret bedeutet das in der Onko- logie, dass Früherkennung massiv propagiert wird, obwohl randomi- sierte Studien unzureichend sind und nicht korrekt evaluiert wird.

Weißbach spricht von Überdiagno- sen und Überbehandlung, von Bud- getoptimierung und erfolgreicher

Lobbyarbeit. Nicht zu vernachlässi- gen bei der Früherkennung sind na- türlich die Angst der Patienten vor Krebs und die Sorge der Ärzte, ju- ristisch belangt zu werden, wenn

„nicht alles veranlasst wurde“. Statt ausführlich mit den Patienten zu sprechen, wird lieber agiert, zumal übertherapierte chronisch Kranke zu lebenslänglichem Honorar ver- helfen . . .

Die belastbare Evidenz für den Nut- zen von Tumorzentren und Leis- tungsmengen wird zu Recht be- zweifelt . . .

Das mächtige Mantra in der Medi- zin heißt „Qualität“, die messbar und computerkompatibel sein muss.

Und der Wettbewerb soll es richten.

Doch wie sieht es mit der Qualität im medizinischen Alltag aus?

Könnten Ärztekammern statt nur cme-Punkte zu verwalten, nicht besser eine effiziente Weiter- und Fortbildung – industrie- und phar- mafern – installieren, um mitzuhel- fen, die „verlorene Kunst des Hei- lens“ (Bernard Lown) wiederzufin- den? Das wäre ein mühseliger, aber der richtige Weg.

Weißbach stellt fest: „Wer über die Finanzen steuert, bekommt nur eine finanziell optimierte Versorgung.“

Darüber sollten mal Gesetzgeber, Krankenhäuser, Krankenhauskon- zerne, Krankenkassen, Journalisten, Betriebs- und Volkswirte nachden- ken. Besonders aber die Kranken- versicherten, bevor sie zu Patienten werden . . .

Danke an Kollegen Weißbach für sein mutiges Resümee. Die Konse- quenzen zu ziehen, liegt aber an uns.

Dr. med. Jürgen Hölzinger, 14129 Berlin

Es gibt Erfolge des Screenings

In dem Beitrag hat der Autor seine subjektive Bilanz der Krebsmedizin der letzten zwölf Jahre als Antwort auf acht Thesen aus dem Jahre 2000 mitgeteilt. Unter 1. postuliert der Autor, dass die Krebsfrüherkennung teuer sei und ihre Aufgaben nicht erfülle. Er spricht von verfügbaren Daten, die aussagen würden, dass auf einen durch Früherkennung ver- hinderten Todesfall mindestens zehn Überbehandlungen kämen. Er

sieht im Krebsscreening einen Tum- melplatz für umsatzorientierte Lob- byisten.

Zumindest die Erfolgsgeschichte des Zervixkarzinom-Screenings wird eindeutig durch den Rückgang von Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms belegt. Jeder Gastroenterologe und Pathologe kann darüber hinaus aus eigener Erfahrung über die deutliche Zu- nahme früh erkannter Präneoplasien und Karzinome des Dickdarmes bei gleichzeitiger Abnahme fortge- schrittener Stadien berichten. Die Versager des Screenings sind in der Regel bei den Nichtteilnehmern an der Krebsvorsorge zu finden.

Bei einer derartig pauschalen Verur- teilung der Krebsfrüherkennung muss man sich fragen, welcher Lobbyarbeit diese These dienen soll. Es steht außer Frage, dass auch bei einem erfolgreichen Screening Potenziale für eine Verbesserung vorhanden sind und genutzt werden sollten. Es macht jedoch keinen Sinn, das Kind mit dem Bade aus- zuschütten.

Dr. med. Ulf Broschewitz, Landesvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Pathologen, Vorsitzen- der des Qualitätssicherungsausschusses der Ärzte- kammer Mecklenburg-Vorpommern,

18107 Rostock

Großer Nutzen für die Darmkrebsfrüherkennung

Unter Punkt 1. „Die Krebsfrüher- kennung ist teuer und erfüllt nicht ihre Aufgaben“ zieht Prof. Weiß- bach pauschal das Fazit „Ein Nutzen derzeitiger Vorsorgemaßnahmen zur Krebsfrüherkennung kann nicht be- legt werden“.

Hier irrt der Verfasser zumindest auf dem Gebiet der Darmkrebsvor- sorge und -früherkennung. Der Hämoccult -Test zum Beispiel senkt mit einer Evidenz Ia die Mortalität des kolorektalen Karzinoms (KRK) um durchschnittlich 24 Prozent (Evidenz: Vier randomisierte kon- trollierte Studien [RCT] und eine Metaanalyse). Diese Studien wur- den vor 20 Jahren begonnen. So lange dauert es, bis man die Morta- lität des KRK bezüglich der Ge- samtmortalität evaluiert hat.

Die Vorsorgekoloskopie wurde En- de 2002 in das deutsche Programm

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zur Vorsorge und Früherkennung des kolorektalen Karzinoms aufge- nommen, obwohl bis dato keine RCT bezüglich der Mortalität exis- tieren. Die Koloskopie wurde von der Leitlinien-Kommission den- noch zur Vorsorge empfohlen, weil sie in einer Vielzahl von Studien die höchste Sensitivität und Spezifi- tät für kolorektale Neoplasien be- saß. Wenn alles nach den strengen Kriterien der Qualitätsinstitute ent- schieden würde, könnten bessere Früherkennungsmethoden (nach Spezifität und Sensitivität) erst nach 20 Jahren eingeführt werden.

Es gibt aber auch Surrogatparame- ter. Und diese müssten als Interims- lösung bis zur endgültigen Fertig- stellung der RCTs über die Mortali- tät auch anerkannt werden: In einer prospektiven Kohortenstudie bei- spielsweise wurde beschrieben, dass bei der Vorsorgekoloskopie KRK in früheren Stadien entdeckt wird und eine bessere Prognose hat als bei der Indikationskoloskopie.

Außerdem wurde in den ersten acht Jahren des deutschen Programms zur Früherkennung und Vorsorge die Anzahl der vermiedenen Karzi- nome und Frühkarzinome mit circa 150 000 angegeben. Die Vorsorge- Koloskopie war in einer anderen Studie sogar kosteneffizient.

Es besteht also sehr wohl eine gute Evidenz, dass zumindest die Darm- krebsfrüherkennung einen großen Nutzen in Deutschland hat.

Literatur beim Verfasser

Prof. Dr. med. Andreas Sieg, 69115 Heidelberg

Es fehlt die Vision

In seinem pointierten Artikel zieht Prof. Weißbach ein kritisches Resü- mee der Onkologie in Deutschland.

Was fehlt (und wohl bereits 2000 fehlte) ist die Vision des eigenen Handelns. Nur mit ihr können dau- erhaft Brücken zwischen den ver- schiedenen Institutionen und Fach- gesellschaften geschlagen und Lö- sungen erarbeitet werden. Eine Vi- sion, aufgrund derer Menschen und ihre verschiedenen Institutionen er- kennen, dass sie gleiche Ziele ha- ben, wird auch schwierige Diskus- sionen in eine konstruktive Rich-

tung lenken . . . ►

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