A3294 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 48⏐⏐30. November 2007
A K T U E L L
SOZIALREPORT 50+
Aufschwung kommt bei Älteren nicht an
„Der konjunkturelle Aufschwung und die eingeleiteten arbeitsmarkt- politischen Maßnahmen haben die Älteren – zumindest in Ostdeutsch- land – bisher so gut wie nicht er- reicht“, erklärte der Präsident der Volkssolidarität, Prof. Gunnar Wink- ler, in Berlin. Dem „Sozialreport 50+ 2007“ zufolge werde die Lage auf dem Arbeitsmarkt nur von fünf Prozent der 50- bis 65-Jährigen in Ostdeutschland als gut und von 69 Prozent als schlecht beurteilt. Regel- mäßig seit 1990 untersucht das So- zialwissenschaftliche Forschungs- zentrum Berlin Brandenburg im Auftrag der Volkssolidarität die so- ziale Situation älterer Menschen in den neuen Bundesländern.
Es sei die „Tragik der heute 50- bis 70-Jährigen“, dass sie „1989/
1990 die aktivsten Träger der fried- lichen Revolution in der DDR wa- ren“, so Winkler. So seien inzwi- schen „jene Jahrgänge am meisten von Einschnitten und Einschrän- kungen sowie vom Sozialabbau be- troffen“. Heute sähen von den 50- bis 70-Jährigen 38 Prozent die Wie- dervereinigung für sich als Gewinn an und 30 Prozent beurteilten sie eher als Verlust. 1994 beurteilten noch 43 Prozent der Befragten die Wiedervereinigung als Gewinn.
„Die individuelle wirtschaftliche Situation wird von einem zuneh- menden Teil älterer Menschen als schlecht bewertet“, so Winkler wei- ter. 30 Prozent der ab 50-Jährigen bewerten demnach ihre wirtschaftli- che Lage mit sehr gut oder gut, 48 Prozent mit teils gut oder teils schlecht und 21 Prozent mit schlecht oder sehr schlecht.
Abermals kritisierte Winkler die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre: „Die Voraussetzungen für die Rente mit 67 sind nach wie vor nicht gegeben.“ Bei den gegen- wärtigen Bedingungen sei sie für den Großteil der älteren Arbeitneh- mer ein Rentensenkungsprogramm.
Nur 35 Prozent der Bürger unter 65 Jahren glauben dem Sozialreport zufolge, dass sie bis zum regulären Eintrittsalter arbeiten werden. TB Nach der für 2008 geplanten Ein-
führung der elektronischen Gesund- heitskarte (eGK) wollen 93 Prozent
der Bundesbürger persönliche me- dizinische Daten auf der Karte spei- chern lassen. Nur fünf Prozent der Deutschen lehnen dies ab, zwei Pro- zent sind unsicher. Das ergab eine repräsentative Erhebung von Forsa
im Auftrag des Bundesverbands In- formationswirtschaft, Telekommu- nikation und neue Medien.
Im Ost-West-Vergleich erga- ben sich keine großen Unter- schiede: Im Westen wollen 93 Prozent der Bürger Daten auf der Karte speichern lassen, im Osten sind es 91 Prozent. Einig sind sich die Befragten auch bei der Art der hinterlegten Informatio- nen. So würden 90 Prozent der Deutschen Notfalldaten auf der Karte speichern lassen, bei Imp- fungen sind es 84 Prozent, bei Medikamenten 78 Prozent, bei Rezepten 66 Prozent und bei Er- krankungen 62 Prozent.
Mit der Ausgabe der eGK bleibt zunächst alles wie bisher – die Karte ersetzt die bisherige Krankenversi- chertenkarte. Erst beim weiteren Aus- bau des System wird die Speicherung zusätzlicher Daten möglich. EB KINDERÄRZTE
Viele Kinder zu Hause unzureichend gefördert
Für einen Ausbau des Angebots an qualifizierten Betreuungsplätzen auch für Kinder unter drei Jahren hat sich der Berufsverband der Kin- der- und Jugendärzte ausgespro- chen. Er unterstütze damit die For- derung von Bundesfamilienministe- rin Ursula von der Leyen, sagte der Präsident des Verbandes, Dr. med.
Wolfram Hartmann, im Vorfeld ei- nes Forums seines Verbandes, das unter dem Motto „Lernen so früh wie möglich? Paradigmenwechsel in der Kinderbetreuung“ stand.
„Wir sehen bei unserer täglichen Arbeit, dass ein Viertel der Kinder in unseren Praxen zu Hause unzurei- chend gefördert wird“, erklärte Hartmann. Personell und räumlich gut ausgestattete Kindertagesstätten (Kitas) seien deshalb eine große, für einige Kinder sogar die einzige Chance, vorschulisch gefördert zu werden und ihre sprachlichen, moto- rischen und sozialen Fähigkeiten zu entwickeln. Dass durch den frühen
Kita-Start die Eltern-Kind-Bezie- hung leide, sei wissenschaftlich nicht belegt. In erster Linie komme es nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität der Beziehung an.
Außerdem hat der Verband es ab- gelehnt, Ärzte zu verpflichten, im Rahmen von Pflichtvorsorgeunter- suchungen zu melden, ob Eltern ihre Kinder tatsächlich beim Arzt vor- stellen. Damit wollen einige Bun- desländer Misshandlungen verhin- dern und aufdecken. „Wir wollen vermeiden, dass suggeriert wird, mit der Vorsorge könne man das Pro- blem der Kindesmisshandlung lö- sen“, sagte Hartmann. HK
UMFRAGE ZUR GESUNDHEITSKARTE
Große Zustimmung in der Bevölkerung
Foto:ddp