A3248 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4723. November 2007
B R I E F E
selbst die Ärzteschaft nicht so be- griffsstutzig. Allerdings versagt sie, wenn es darum geht, den Unter- schied zwischen der ärztlichen und z. B. der seelsorgerischen Tätigkeit zu erklären. Der Hinweis auf den ba- nalen Schnupfen greift nicht, denn über Belanglosigkeiten kann ich mich auch im Ehebett unterhalten.
Letztendlich wird die ärztliche Tätig- keit, die eben doch immer wieder dem unantastbaren Kernbereich pri- vater Lebensgestaltung zuzuordnen ist, passend zum Mainstream der Zeit erneut herabgewürdigt. Man muss die Justizministerin fragen:
„Sind Sie glücklich darüber, dass über die Zulässigkeit einer Überwa- chungsaktion erst im Nachhinein, je nach Inhalt des abgehörten Ge- sprächs, entschieden wird?“ . . . Der Patient, also der Bürger spürt, dass die Ministerin für einen weiteren Mosaikstein auf dem Weg zum Über- wachungsstaat verantwortlich ist.
Dr. Michael Patten,Marienstraße 2, 34431 Marsberg
KORRUPTION
Die vom Gesetzge- ber geschaffenen Betrugsbekämp- fungsstellen der Selbstverwaltung zeigen Wirkung (DÄ 39/2007: „Korrupti- onsbekämpfung im Gesundheitswesen:
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“
von Martina Merten und Samir Rabbata).
Suppe mit Einlage
Da bangen Ärzte in Deutschland um die Existenz ihrer Praxis, und unser Standesorgan schreibt seitenlang über die Kontrollbedürftigkeit ir- gendwelcher bestechlicher Medizi- ner. Der ärztliche Alltag sieht anders aus. Müde Ärzte setzen sich abends in stickige Räume, um ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen.
Zugegeben, die Räume wurden von der Industrie angemietet. Und tatsächlich, nach zwei Stunden Vor- trag mit anschließender Diskussion, gibt es etwas zu essen: eine leckere Kartoffelsuppe. Da gelingt es kaum, dem Produkt der Pharmaindustrie gegenüber neutral zu bleiben. Noch
schwerer hatte es da ein mir bekann- ter Neuroradiologe, sich nicht auf- grund der Bewirtung korrumpieren zu lassen: Er fand in seiner Kartof- felsuppe – ein Würstchen!
Dr. med. Dr. phil. Reinhard Platzek,
Vorsitzender des Hartmannbundes für Unterfranken, Keplerstraße 23, 63741 Aschaffenburg
QUALITÄTSSICHERUNG
Pragmatische und zielorientierte Vorge- hensweise empfeh- lenswert (DÄ 38/
2007: „Nach wie vor ,nebulöse‘ Qualität“
von Dr. med. Maria Eberlein-Gonska).
Frommer Wunsch
Viele der kritischen Standpunkte des oben genannten Artikels sprechen mir aus der Seele. Die Hoffnung der Autorin, die Ärzte mögen dennoch nicht das Vertrauen in den Begriff des Qualitätsmanagements verlieren, scheint mir allerdings eher ein from- mer Wunsch zu sein. Nahezu alle kli- nisch tätigen Ärzte werden bemüht sein, ihren Patienten eine qualitativ hochwertige und leitliniengerechte Behandlung zukommen zu lassen.
Wenn die Zeit der Dokumentation al- lerdings die Minuten am Patienten- bett übersteigt, so liegt der Fehler im System und ist wahrscheinlich auch nicht durch (zusätzliche) Qualitätssi- cherung zu kompensieren. Mir per- sönlich erscheint es grotesk, meine jungen Kollegen am Beginn ihrer Klinikkarriere zunächst in die Ge- heimnisse der Qualitätssicherungs- bögen und der DRG-Codierung ein- weihen zu müssen. Da den Studenten durch das bereits in diesem Blatt mehrfach diskutierte „Hammerex- amen“ auch noch die Möglichkeit genommen wurde, während des praktischen Jahres unbelastet klini- sche Erfahrung zu sammeln, fällt es mir schwer, neben der Begeisterung für das Fach auch noch die Motivati- on zur Bewältigung der stetig stei- genden Dokumentationsflut zu ver- mitteln.
Dr. Tomislav Miljak,Klinik für Innere Medizin III, Schwarzwald-Baar Klinikum
Villingen-Schwenningen GmbH, Vöhrenbacher Straße 23, 78050 Villingen
Aus der Seele gesprochen
Frau Eberlein-Gonska spricht mir aus der Seele! Seit 1990 befasse ich mich als ehemaliger Leiter der Kommissi- on für Qualitätssicherung der Deut- schen Gesellschaft für Gefäßchirur- gie mit dieser Problematik. Leider greift die in unserem Fachbereich eingeführte, externe, vergleichende Qualitätssicherung nicht. Die Qua- litätssicherungsdaten der BQS für die Karotis-TEA unterliegen keiner „Vor- Ort-Kontrolle“ über die Richtigkeit der eingesandten Daten. Der soge- nannte strukturierte Dialog findet statt, wenn ein Krankenhaus auffälli- ge Zahlen meldet. Was ist die Folge?
Es wird in der Regel mitgeteilt, dass ein Codierungsfehler vorliegt. Ein vorgesetzter Arzt übernimmt die Co- dierung dann selbst, und plötzlich sind die Daten wieder in Ordnung.
Kontrollierte randomisierte Studien zeigen z. B. für die Karotis-TEA (für die PTA genauso) zwei- bis dreimal höhere Komplikationsraten als das Qualitätsregister. Zusammenfassend handelt es sich in unserem Fachge- biet bei der externen vergleichenden Qualitätssicherung der BQS um eine ungeprüfte Statistik von begrenztem Aussagewert, die mit hohem Arbeits- aufwand und hohen Geldausgaben verbunden ist . . .
Prof. Dr. med. Stefan von Sommoggy, Klinik für operative und interventionelle Gefäßchirurgie, Behandlungszentrum Vogtareuth, Schön-Kliniken, Krankenhausstraße 20, 83569 Vogtareuth
KRANKENPFLEGE
Der Personalabbau gefährdet die Pfle- gequalität (DÄ 33/
2007: „Nebensache Patient“ von Dr. med.
Birgit Hibbeler).
Klare Analyse
Frau Hibbeler muss man für ihre kla- re Analyse danken. Die menschen- verachtende Einstellung, welche dem zunehmenden Personalabbau immanent ist, überträgt sich auf die gesamte Atmosphäre eines Kranken- hauses.
Dr. med. Petra Reimann,Bieselheider Weg 24 b, 13465 Berlin