Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Protest gegen Abtreibung auf Krankenschein
Schwangerschaft ist keine Krank- heit und ebensowenig kann das vom Schwangerschaftsabbruch behauptet werden; dafür sprechen zwei Faktoren, nämlich der wil- lentliche Eingriff und die Entschei- dung vor dem Gewissen. Dieser Umstand führte in der Vergangen- heit immer wieder zu der heftig diskutierten Frage, ob von der So- lidargemeinschaft der Kranken- versicherten verlangt werden kann, auch Abtreibungen bei Not- lagenindikation über ihre Pflicht- beiträge mitfinanzieren zu müs- sen.
Für eine Überraschung in diesem Zusammenhang hat nun die achte Kammer des Dortmunder Sozial- gerichtes gesorgt. In einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zieht sie nicht nur die Finanzierung durch die Kassen bei Notlagenindikation in Zweifel, sondern geht in ihrer Rechtsauf- fassung einen ganz wesentlichen Schritt weiter: Auf die Klage ei- ner Versicherten, sie fühle sich aus Gewissensgründen in ihren verfassungsmäßig garantierten Grundrechten dadurch beein- trächtigt, daß sie mit ihren Kran- kenkassenbeiträgen auch Abbrü- che bei nichtmedizinischer Indika- tion mitfinanzieren müsse, be- schied das Gericht, daß in der Tat nur eine „medizinisch bedingte"
Schwangerschaftsunterbrechung verfassungsgemäß sein könne.
Das Gericht versteht darunter of- fensichtlich lediglich die klassi- sche medizinische Indikation im engeren Sinne; denn, so heißt es, bei allen anderen Indikationen, nicht nur bei der Notlagenindika- tion, sondern auch bei kriminolo- gischer wie auch bei eugenischer Indikation sei an der Verfassungs- mäßigkeit der bisherigen Rege- lung der Reichsversicherungs- ordnung — nach der bei jedem nicht rechtswidrigen Schwanger- schaftsabbruch Anspruch auf Kas- senleistung besteht — zu zweifeln.
2216 Heft 47 vom 19. November 1981
Als Zwangskörperschaft für Ar- beitnehmer seien Krankenkassen nur für solche Zwecke eingerich- tet, für die ein gesteigertes Ge- meinwohlinteresse bestehe; dies müsse bei Abtreibungen wegen Notlage, wegen möglicher Erb- schäden des Embryos und auch nach Vergewaltigungen in Frage gestellt werden.
Das Bundesarbeitsministerium, in dessen Zuständigkeitsbereich die Vorschriften der Reichsversiche- rungsordnung fallen, ist allerdings ganz anderer Meinung: In der Ent- scheidung des Bundesverfas- sungsgerichtes vom 25. Februar 1975 werde festgelegt, welche Gründe für einen Schwanger- schaftsabbruch vor der Wertord- nung des Grundgesetzes Bestand haben; in dem darin gezogenen Rahmen hält es die parlamentari- sche Staatssekretärin Anke Fuchs für geboten, „die Kosten für derar- tige medizinische Eingriffe von den Krankenkassen übernehmen zu lassen" und dies sowohl bei medizinischer Indikation im engen Sinne als auch bei eugenischer, kriminologischer und Notlagenin- dikation. Nur so bestehe die Ge- währ, „daß die Eingriffe nach um- fassender Begutachtung und Be- ratung durch qualifizierte Ärzte durchgeführt werden und nicht durch unqualifizierte ‚Kurpfu- scher', deren gesundheitsschädi- gende Tätigkeit in vielen Fällen gerade wieder eine Leistungs- pflicht der Krankenkassen hervor- rufen würde." Die Bundesregie- rung beabsichtige nicht, die Kran- kenkassen von der Leistungs- pflicht bei nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbrüchen zu entbinden.
Die achte Kammer des Dortmun- der Sozialgerichtes hat inzwi- schen das Bundesverfassungsge- richt angerufen. Sollte Karlsruhe die Dortmunder Vorlage tatsäch- lich bestätigen, könnten die Kran- kenkassen in Zukunft viel Geld sparen. Und noch etwas wäre zu erwarten: Der Streit um § 218 wür- de in alter Frische, groß und breit wieder aufgerollt werden. ck DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Mehr Sozialdienste im Krankenhaus
In den katholischen Krankenhäu- sern der Bundesrepublik Deutsch- land gibt es jetzt in 52 Prozent aller Häuser einen Sozialdienst.
Seit 1975 stieg die Zahl der Dien- ste um 30 Prozent. Die Mitarbeiter helfen in Beratung und Gespräch bei persönlichen, familiären, fi- nanziellen oder auch sozialen Pro- blemen. Wie die Caritas in Frei- burg mitteilt, erleichtern sie auch nach langem Krankenhausaufent- halt die Rückkehr in die Familie, indem sie Nachsorge- oder Re- habilitationsmaßnahmen einleiten und soziale oder wirtschaftliche Hilfen vermitteln. Nach einer Erhe- bung sind heute bereits 56 Pro- zent aller im Sozialdienst tätigen Sozialarbeiter vollzeitbeschäftigt, 35 Prozent arbeiten in Teilzeit- arbeit, und 9 Prozent kommen auf Anfrage. EM
Krankenpflege
mehr patientenbezogen
Unter dem Tenor „Weg von der funktionsorientierten, hin zur pa- tientenorientierten Krankenpfle- ge" tauschten 1100 Teilnehmer an einem Symposium der Bundesver- einigung der Arbeitsgemeinschaf- ten leitender Krankenpflegeperso- nen Mitte Oktober in Bonn Erfah- rungen über die berufsmäßige Krankenpflege aus. Das Ziel, der zufriedene Patient, sei nur auf dem Weg über mehr Berufszufrie- denheit beim Pflegepersonal zu erreichen, hieß es. Konkret: Die Pflegenden im Krankenhaus dürf- ten nicht mit berufsfremden Arbei- ten belastet werden, alles müsse dafür getan werden, daß sich der Pflegende voll auf den Patienten konzentrieren könne. Die Qualität der Ausbildung sei durch geschul- te Praxisanleiter sowie eine Erwei- terung der Planstellen für Unter- richtsschwestern und -pfleger zu verbessern. Auch die finanzielle Situation nach dem Tarifvertrag für Krankenpflegekräfte bedürfe einer Zulage. ck