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Archiv "Zervixkarzinom-Früherkennung: Computer spürt mehr Dysplasien auf" (02.07.2010)

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A 1302 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 26

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2. Juli 2010

ZERVIXKARZINOM-FRÜHERKENNUNG

Computer spürt mehr Dysplasien auf

Seit kurzem gibt es erstmals umfangreiche Daten aus Deutschland zur Sensitivität und Spezifität der ver- schiedenen zytologischen Untersuchungsverfahren.

D

ie Inzidenz des Zervixkarzi- noms ist in Deutschland deutlich höher als in anderen Län- dern Westeuropas – und das trotz einer vergleichbaren Beteiligung an den Früherkennungsuntersuchungen.

Eine Änderung dieser Situation ist wohl weder durch eine weitere Stei- gerung der Teilnahmerate noch durch die Verbesserung der konventionel-

len Zytologie zu erwarten. „Erst die Einführung validierter neuer Ver- fahren mit höherer Sensitivität bei mindestens gleicher Spezifität wird einen Fortschritt bringen“, sagte Priv.-Doz. Dr. med. Hans Ikenberg (Frankfurt/M.) auf dem Fortbildungs- kongress der Frauenärztlichen Bun- des Akademie in Düsseldorf.

Standard der Zervixkarzinom- Früherkennung ist die konventionel- le Zytologie nach Papanicolaou („Pap-Abstrich“). Das Verfahren ist 1928 entwickelt worden und heute noch unverändert im Einsatz. Ab- strichentnahme und Präparation sind jedoch fehleranfällig und können zu

falschnegativen Befunden führen;

die Sensitivität eines einmaligen Pap-Abstrichs für die Erkennung mittel- und höhergradiger Dyspla- sien der Zervix (CIN 2+) liegt bei höchstens 50 Prozent.

Mehr Sicherheit versprechen die Verfahren der qualitätskontrollierten Dünnschichtzytologie: Dabei wer- den die Zellen mit einem speziellen

Instrument von der Zervix entnom- men und in eine Konservierungslö- sung suspendiert. Im Labor werden die Zellen angefärbt und in einer dünnen Schicht auf einen Objektträ- ger übertragen. Dieser enthält eine repräsentative Auswahl diagnostisch wichtiger Zellen und zeigt ein klares Bild, das sich gut beurteilen lässt.

Randomisierte Studie mit 21 000 Vorsorgepatientinnen

Die Dünnschichtzytologie ermög- licht darüber hinaus die computer- assistierte Auswertung. Hierbei wird nach dem Prinzip der densito- metrischen Kernanalyse nach auf-

fälligen Zellen mit den größten und dunkelsten Kernen gefahndet. In vielen Ländern (USA, Kanada, Großbritannien, Irland, Schweiz) hat sich die Dünnschichtzytologie mit Computerassistenz bereits als Versorgungsstandard etabliert: In- ternationalen Studien zufolge bie- ten die neuen Verfahren eine deut- lich höhere Sensitivität für die Er- kennung höhergradiger Dysplasien der Zervix als die konventionelle Zytologie.

Seit kurzem liegen erstmals deutsche Daten zur Sensitivität und Spezifität der verschiedenen zyto- logischen Verfahren vor. Sie stam- men aus der Rhein-Saar-Studie, ei- nem Projekt der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saar des Be- rufsverbands der Frauenärzte. Die randomisierte Studie lief von Au- gust 2007 bis Oktober 2008 und schloss mehr als 21 000 Routine-

Vorsorgepatientinnen in 19 gy - näkologischen Praxen ein.

Die Randomisierung in die beiden Studienarme Dünn- schichtzytologie und konven- tionelle Zytologie erfolgte im Wochenrhythmus. Alle Dünn- schichtpräparate wurden zu- sätzlich mit Computerassistenz ausgewertet. Die Rhein-Saar- Studie ist die größte Zytologie- studie in Deutschland und hier- zulande die erste Untersu- chung, die die Dünnschichtzy- tologie und Computerassistenz mit der konventionellen Zyto- logie verglichen hat.

Die Ergebnisse deuten auf eine Überlegenheit der neu- en Verfahren hin: Ordnete die kon- ventionelle Zytologie 0,67 Prozent der Abstriche in die Pap-Gruppe III D ein, kam die Dünnschichtzy- tologie in 1,92 Prozent, mit Com- puterassistenz sogar in 2,3 Prozent der Fälle zu diesem Ergebnis.

Zytologische Auffälligkeiten der Gruppe Pap IV a oder höher ent- deckte die konventionelle Zytolo- gie in 0,13 Prozent der Fälle, die Dünnschichtzytologie und Com- puterassistenz fanden diesen Be- fund dagegen in 0,27 Prozent be- ziehungsweise 0,28 Prozent der Fälle. Bei der Häufigkeit von Pap-II-w-Befunden gab es kaum Zervixkarzinom-

zellen in der her- kömmlichen Färbung

nach Papanicolaou.

Dysplasien werden allerdings durch die Dünn schicht zytologie besser sichtbar gemacht.

Foto: National Cancer Institute

M E D I Z I N R E P O R T

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2. Juli 2010 A 1303 Unterschiede zwischen den Ver-

fahren.

Bei zytologisch auffälligen Be- funden ab Pap III fand die Dünn- schichtzytologie 2,74 mal so viele histologisch bestätigte mäßig- oder höhergradige Dysplasien (CIN 2+) wie die konventionelle Zytologie, mit der Computerassistenz waren es 3,17-mal so viele. Ikenberg betonte, dass der Gewinn an Sensitivität für klinisch relevante Dysplasien nicht mit einem Verlust an Spezifität ver- bunden sei.

Fundierte Diskussionsbasis für künftige Entscheidungen

Ob die Ergebnisse der Rhein-Saar- Studie die Zervixkarzinom-Früher- kennung verändern werden, wird sich zeigen. „Auf jeden Fall bieten die Daten eine fundierte Diskussi- onsbasis für künftige Entscheidun- gen, da sie unter den Bedingungen unseres Versorgungssystems ent- standen sind“, erläuterte Ikenberg.

Kürzlich hat der Gemeinsame Bundesausschuss an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Auftrag vergeben, erneut zu prü- fen, ob molekularbiologische Al- ternativen zum morphologischen Screening gegeben sind. Die Dünn- schichtzytologie lässt sich darüber hinaus mit weiterer Diagnostik kombinieren: Ergibt die Zytologie einen auffälligen Befund, kann an- schließend zum Beispiel ein Test auf humane Papillomaviren (HPV) folgen – und zwar ohne dass die Patientin noch einmal einbestellt werden muss.

Der Zusammenhang zwischen HPV und dem Zervixkarzinom ist seit fast 30 Jahren bekannt. „Unter optimalen Testbedingungen lässt sich HPV-DNA der High-risk-Typen weltweit in nahezu allen Zervix - karzinomen nachweisen. Damit ist HPV ein notwendiger Risikofaktor“, sagte Prof. Dr. med. Thomas Iftner (Universitätsklinik Tübingen).

HP-Viren werden durch sexuel- len Kontakt übertragen; das kumu- lative Ansteckungsrisiko während der gesamten Lebenszeit liegt bei bis zu 90 Prozent. Die Häufigkeit nachweisbarer Infektionen gipfelt im Alter von 20 bis 25 Jahren, sinkt

ab 30 Jahren und pendelt sich ab dem 40. Lebensjahr bei vier bis fünf Prozent ein. HPV-Infektionen ver- laufen meist ohne klinische Sym - ptome und heilen in 85 Prozent der Fälle spontan ab. Die Entwicklung eines Zervixkarzinoms ist nur dann zu erwarten, wenn die Infektion lan- ge persistiert. „Ein HPV-Test macht daher erst ab dem 30. Lebensjahr Sinn, weil dann die Infektionsrate sinkt und die Erkrankungsrate an Zervixkarzinomen gleichzeitig stark steigt“, erklärte Iftner.

Bei einem negativen High-risk (HR)-HPV-Testergebnis ist die Ge- fahr sehr gering, in den kommenden Jahren hochgradige zervikale intra- epitheliale Neoplasien (CIN 3) zu entwickeln. Dies zeigt eine europa- weite Studie, bei der 25 000 Frauen über sechs Jahre lang beobachtet wurden. Ein negatives zytologi- sches Ergebnis hatte dagegen kei- nen prädiktiven Wert für die Ent- wicklung von CIN 3.

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe emp- fiehlt in ihrer S2K-Leitlinie, bei zy- tologischen Befunden von Pap IIW bis Pap IIID einen HR-HPV-Test durchzuführen. „Von den 28 HPV-

Tests, die in Deutschland auf dem Markt sind, haben nur zwei eine Zu- lassung der US-amerikanischen Zu- lassungsbehörde und sind damit qua- litätskontrolliert“, so Iftner. Es sind der HC2-Test (Firma Qiagen) und der Cervista-HR-HPV-Test (Firma Holo- gic). Sie testen auf 13 beziehungs- weise 14 HR-HPV-Typen und errei- chen eine gute Spezifität bei 100-pro- zentiger Sensitivität für CIN 3.

Bei einem Nachweis von HR- HPV und grenzwertigem oder leichtgradigem zytologischem Be- fund ist zur Abklärung der Progres- sionswahrscheinlichkeit ein im- munzytochemischer Nachweis von p16 möglich.

Dieses Regulationsprotein des Zellzyklus wird bei Transformation einer Zelle durch HR-HPV extrem überexprimiert und ist gut nach- weisbar. Die Spezifität der p16- Diagnostik wird durch den gleich- zeitigen Nachweis des Proliferati- onsmarkers Ki-67 deutlich erhöht.

Mit diesem Ansatz zeigen die Er- gebnisse der 27 000 Frauen umfas- senden PALMS-Studie eine weitere Möglichkeit, die CIN-Diagnostik

zu verbessern. ■

Dorothee Hahne

Eine medizinische Entscheidungsanalyse und Kosten-Nutzen-Bewertung zur Gebärmutterhals- krebs-Vorsorge hat ergeben: Qualitätskontrol- lierte DNA-Tests auf humane Papillomaviren (HPV) im Zervixabstrich eignen sich zur Vorsorge mindestens so gut wie das herkömmlich ange- wandte zytologische Verfahren nach Papanico- laou. Das Deutsche Institut für Medizinische In- formation und Dokumentation (DIMDI, Köln) hat diese gesundheitsökonomische Evaluation der verschiedenen Vorsorgeuntersuchungsmetho- den im Auftrag des Bundesministeriums für Ge- sundheit veranlasst. Die Studie berücksichtigt den Kontext des deutschen Gesundheitsversor- gungssystems und wurde federführend von Prof. Dr. Uwe Siebert von der Privaten Universi- tät für Gesundheitswissenschaften im österrei- chischen Hall betreut.

In Zusammenarbeit mit deutschen Klinikern und Tumorregistern sowie einem internationalen Expertenpanel ist es den Forschern gelungen, ein Computersimulationsmodell für den natürlichen

Erkrankungsverlauf und die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs zu entwickeln und zur Untersuchung und Bewertung unterschiedlicher Vorgehensweisen in der Früherkennung von Ge- bärmutterhalskrebs einzusetzen.

„Die Ergebnisse unserer Kosten-Nutzen-Be- wertung zeigen, dass die HPV-basierte Früher- kennungsuntersuchung auf Gebärmutterhals- krebs gemessen an relevanten Langzeitendpunk- ten wie vermiedenen Krebsfällen und Lebenser- wartung der aktuell eingesetzten Zytologie über- legen ist und kosteneffektiv eingesetzt werden kann, wenn sie in mindestens zweijährigen Unter- suchungsintervallen durchgeführt wird“, erklärt Dr. Gaby Sroczynski MPH, die am Institut die For- schungsgruppe Medical Decision Making leitet und die Studie koordinierte. In der Modellrech- nung erzielte ein HPV-basiertes Screening alle zwei Jahre bei gleicher Teilnahmerate der Frauen den gleichen Effekt wie das jährliche zytologische Screening, wie es derzeit in Deutschland empfoh-

len wird. EB

HPV-TESTS EBENFALLS EFFEKTIV

M E D I Z I N R E P O R T

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