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Archiv "Was will der Bürger?" (26.03.1999)

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as Gesundheitssystem in Deutschland wird so reali- stisch gesehen wie eine Be- ziehung: manches würde man sich besser wünschen, aber „aussteigen“

will man deswegen nicht. Auf diesen Nenner brachte Werner Eggensber- ger, Geschäftsführer von emphasis, einem Institut für Marktforschung im Gesundheitswesen, die Ergebnisse einer repräsentativen Studie. Hierfür wurden rund 2 000 Bundesbürger nach ihren Einstellungen und Erwar- tungen gegenüber dem Gesundheits- wesen befragt.

Eggensberger erläuterte und bewertete die Umfrageergebnisse im Rahmen der „Euromed“ in Leipzig Mitte März gemeinsam

mit einem weiteren „Va- ter“ der Studie, Prof. Dr.

Jürgen Wasem (siehe Ka- sten). Schönheitsfehler der Präsentation: Die Er- gebnisse der Befragung liegen noch nicht gedruckt vor. Folgt man den ausge- wählten Ergebnissen und den Interpretationen von Wasem und Eggensber- ger, ergibt sich folgendes Bild:

Die Bevölkerung ist mit dem deutschen Ge- sundheitswesen in hohem Maß zufrieden (9 Prozent:

„voll und ganz“, 65 Pro- zent: „eher zufrieden“).

Es gilt als ein System, das medizinisch hochwertige

Versorgung bereithält. Über die Hälfte der Befragten glaubt jedoch nicht, daß jeder Patient gleich be- handelt wird, ebenso viele nicht, daß Patienten ausreichend über ihre Rechte informiert werden.

Was Veränderungen anbelangt, so wünschen nach Ansicht von Wa- sem und Eggensberger nur wenige eine „Revolution“ und die meisten eine evolutionäre Veränderung. De facto haben zu diesem Punkt immer- hin 37 Prozent der Befragten geant- wortet, es sollten „größere Teile“ des Gesundheitssystems reformiert wer- den, 9 Prozent sprachen sich für eine völlige Überarbeitung aus. Die In- terpretation wird nachvollziehbarer,

wenn man sich die Ergebnisse von Detailfragen ansieht. Vorschläge, mit denen zum Beispiel das Solidar- prinzip angegriffen wird, werden weitgehend abgelehnt. So votierten 75 Prozent dagegen, Familienan- gehörige nicht mehr unentgeltlich in der Gesetzlichen Krankenversiche- rung mitzuversichern. Andererseits könnte sich rund die Hälfte der Be- fragten vorstellen, von „ungesund“

lebenden Versicherten höhere Bei- träge zu verlangen.

Ein anderes Problem ist, daß die Kenntnisse über das Gesund- heitswesen so gering sind, daß sich bestimmte Sachverhalte kaum erfra- gen lassen. Entgegen der ursprüngli- chen Planung wurden deshalb Fragen zum The- ma „Managed Care“ ge- strichen. An anderer Stel- le scheinen die Antwor- ten auf Überforderung hinzuweisen. So wollte man wissen, ob die Bür- ger zur Behebung des Fi- nanzdefizits im Gesund- heitswesen lieber höhere Beiträge entrichten wür- den oder auf Leistungen verzichten wollten. Für höhere Beiträge sprachen sich 41 Prozent aus, für Leistungsverzicht rund 22 Prozent. Immerhin 27 Prozent sagten jedoch

„weiß nicht“, 11 Prozent wählten „keine Anga-

ben“. !

A-741

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 12, 26. März 1999 (13)

Bevölkerungsstudie

Bloß keine Revolution im Gesundheitswesen

2 000 Bürger wurden nach ihren Einstellungen zum Gesundheitswesen befragt. Mängel und ein gewisser Reformbedarf werden gesehen, aber vieles soll so bleiben,

wie es ist. Die Ärzte bekommen mehrheitlich gute Noten.

D

Was will der Bürger?

Die repräsentative Bevölkerungsstudie ist Teil 2 eines dreistufigen Forschungsprojekts im Auftrag des Pharma- unternehmens Janssen-Cilag.

Teil 1, vorgelegt im Herbst 1998, war eine Bestandsauf- nahme: Was gibt es überhaupt an Studien zu Einstellun- gen, Erwartungen und Motiven der Bürger zum Gesund- heitswesen? Ergebnis damals: Je komplexer die Fragestel- lung, um so weniger Brauchbares liegt vor (siehe auch DÄ 42/1998). Für Teil 2 wurde nun eine Stichprobe der deut- schen Wahlbevölkerung befragt. Für Teil 3 wird ein klei- nerer Kreis der jetzt Interviewten mit dem Gesamtergeb- nis der Studie konfrontiert und erneut befragt.

Die aktuelle Studie stammt von emphasis, Institut für Marktforschung im Gesundheitswesen. Mit der inhaltli- chen Abstimmung war Prof. Dr. Jürgen Wasem beauftragt, der an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität Public Health lehrt. Die methodische Konzeption lag bei Prof. Dr. Siegfried Lamnek, Soziologe an der Katholischen Universität Eichstätt. Die Feldarbeit übernahm Emnid. Rie

(2)

Die Ärzteschaft kommt in der Be- fragung gut weg. In der Zusammen- fassung der Studie heißt es: „Das Ver- trauen der Bevölkerung in die Ärzte- schaft ist sehr groß. Teilweise werden die Ärzte regelrecht in Schutz genom- men vor Kritik. Die Befragten zeigten in der überwiegenden Mehrheit Ver- ständnis für die Probleme der Ärzte.“

Kritisiert wird, was schon in vorherigen Studien Stein des Anstoßes war: Die

„sprechende Medizin“ nimmt zu wenig Raum ein, das Krankenhaus wird als unpersönlicher Massenbetrieb erlebt.

Auch in dieser Befragung legten die Bürger großen Wert auf die freie Arztwahl (75 Prozent: „auf jeden Fall wichtig“), ebenso auf eine frei nutzba- re Chipkarte (54 Prozent: „auf jeden Fall wichtig“, 33 Prozent: „eher wich- tig“). Eggensberger interpretierte die- se und andere Ergebnisse in der Rich- tung, daß Patienten bei Eintritt in das Gesundheitswesen zunächst wählen wollten. Hätten sie Vertrauen zu ei- nem Arzt gefaßt, seien sie auch bereit, sich führen zu lassen.

Positive Voten für Verzahnung

Gefragt wurde auch nach der Verzahnung von ambulantem und sta- tionärem Bereich. Die Vermeidung von Doppeluntersuchungen durch ei- ne engere Zusammenarbeit von nie- dergelassenen und Krankenhausärz- ten nannten 46 Prozent „auf jeden Fall wünschenswert“. 80 Prozent be- fürworteten die Tätigkeit von nieder- gelassenen Ärzten in Einrichtungen der Krankenhäuser. Mehr als 50 Pro- zent votierten dafür, keine Operatio- nen in Krankenhäusern vorzuneh- men, die auch ambulant in der Praxis möglich seien.

Eine umfangreiche Veröffentli- chung der Daten ist für Mai dieses Jahres vorgesehen. Trotz vieler Ein- wände fesselte die Präsentation der ersten Studienergebnisse die rund 250 Zuhörer. Das Projekt soll fortgesetzt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen eventuell die Zukunftsperspek- tiven von Patienten, vielleicht auch von Ärztinnen und Ärzten Gegen- stand der Forschung sein – auch wenn Prof. Wasem „methodologisch schon davor graut“. Sabine Rieser A-742

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(14) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 12, 26. März 1999

Selbstverpflichtung von Laborärzten

50 000 DM Strafe bei Vorteilsgewährung

Die Berufsverbände der Laborärzte wollen offensiv gegen Korruption bei der Labordiagnostik vorgehen.

er Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) und der Berufsverband Niedergelas- sener Laborärzte (BNLAB) haben sich zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden: Beide Verbände haben eine gemeinsame Verpflichtungser- klärung zur Durchsetzung des laute- ren Wettbewerbs in der Laboratori- umsdiagnostik formuliert und diese an die rund 180 Laborärzte in Deutschland geschickt. Die Erklä- rung führt eine Reihe von Geboten auf und setzt bei Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 50 000 DM pro Fall an.

In einem Brief an die Laborärzte weisen die Vorsitzenden der beiden Verbände auf die zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft tretende Laborreform (DÄ, Heft 1–2/1999 und Heft 10/1999) hin, die „mit restriktiven Elementen die wirtschaftliche Situation der La- borärzte gefährde“. Durch die Ein- führung veranlasserbezogener Bud- gets in Kombination mit erheblichen Abwertungen der Einzelleistungsver- gütungen werde es zu einer Unter- schreitung der Selbstkosten auch bei kostengünstig arbeitenden Laboren kommen. „Wenn es noch weiterhin in Deutschland Labormedizin in ärztli- chen Händen geben soll“, heißt es in dem Brief, „müssen wir gemeinsam gegensteuern.“

Das Wort „gemeinsam“ wollen die Vorsitzenden der Verbände groß- geschrieben sehen. Die Verpflich- tungserklärung kann nämlich ihr Ziel nur dann erreichen, wenn ihr mög- lichst viele Ärzte beitreten und sich möglichst alle an die Regeln halten.

Bei letzterem liegt aber gerade im La- borbereich einiges im argen. Die Ver- bände umschreiben dies vornehm- zurückhaltend: „In der Vergangen-

heit hat es, wie wir alle wissen, ein gefordertes oder gezwungenes Entge- genkommen gegeben.“ Das soll sich nun ändern, indem sich die Laborärz- te verpflichten:

c nicht auf den analytischen Ko- stenanteil für Laborleistungen ge- genüber den Einsendern oder Mit- gliedern von Laborgemeinschaften ganz oder in Teilen zu verzichten;

c ärztlichen Einsendern oder Mitgliedern von Laborgemeinschaf- ten keine Rabatte oder „Pauschal- preise“ zu gewähren;

c weder direkt noch indirekt geldwerte Vorteile einzuräumen (ge- nannt werden beispielhaft die Über- nahme von Praxiskosten und die Ver- mittlung von Urlaubs-, Studien- oder Kongreßreisen).

Insbesondere, heißt es in der Verpflichtungserklärung im Hinblick auf die Laborreform, sagen die Un- terzeichner zu, jedweden Ausgleich des Wirtschaftlichkeitsbonus des ein- sendenden Arztes abzulehnen.

Die meisten „Großen“

haben schon gezeichnet

Vier der fünf größten Labor- praxen haben nach Auskunft des BNLAB die Verpflichtungserklärung bereits unterschrieben. Sie haben sich damit – wie auch die übrigen Unterzeichner – dazu bereit erklärt,

„uneingeschränkte Mithilfe bei der Aufdeckung von Verstößen wettbe- werbswidriger Art“ zu leisten. Sollte es bei der Aufdeckung von Vorteils- gewährungen zu Streitfällen kom- men, entscheidet ein Schiedsgericht über die Zahlung der Vertragsstrafe, die an die Verbände zu entrichten

ist. Josef Maus

D

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