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Archiv "MELDEPFLICHT: Stellungnahme" (13.03.1980)

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BRIEFE AN DIE REDAKTION

MELDEPFLICHT

Zu dem Beitrag „Überflüssiger Melde- zwang" von Dr. Harald Clade in Heft 2/

1980, Seite 45 f..

Notwendige Erfassung

Dr. Clade hielt es für angezeigt, er- neut einen Angriff gegen die „ver- staubte Wunschforderung" nach ei- ner Meldepflicht für Behinderte vor- zutragen. Dem Reichsbund der Kriegsopfer, Behinderten, Sozial- rentner Deutschlands gegenüber

„mutmaßt" er ein Handeln gegen die Interessen der Mitglieder, um mit großen Zahlen über Behinderte mehr vorparlamentarischen Einfluß für „ehrgeizige Funktionäre" zu ge- winnen. So einfach ist das!

Aber nicht nur Politiker und Ver- bandsfunktionäre haben den Wunsch nach einer Meldepflicht mehrfach vorgetragen, sondern auch Ärzte, die sich seit Jahren aktiv um die Rehabilitation Behinderter in allen Bereichen der Medizin bemü- hen. Die Krankenversicherung kennt so etwas schon im § 368 s der RVO.

Die Bedarfsplanung muß jeder insti- tutionellen Planung vorangehen.

Nach dem Bedarf werden aber die Ärzte gefragt. Wie sollen sie antwor- ten? Es gibt auch heute noch genü- gend Bereiche, in denen die Be- handlungsmöglichkeiten den Anfor- derungen nicht entsprechen (bei- spielsweise Schädel-Hirn-Verletzte, Brandverletzte, Rückenmarkschä- den, Myelodysplasien usw.). Die in Praxen, Kliniken und im öffentlichen Gesundheitsdienst tätigen Ärzte kennen diese Not und wissen nicht, wie dieser gordische Knoten durch- schlagen werden soll.

Nicht die Erfassung von „Aussätzi- gen bei Ämtern" ist das Ziel der „So- zialapostel", sondern die rechtzeiti- ge Einleitung aller Maßnahmen, um medizinisch, sozial und beruflich al- le Leistungskapazitäten für die indi- viduelle Rehabilitation auszuschöp- fen. Ist es so schwer zu verstehen, so daß man sogar fürchten muß, „man würde manchen vom Gang zur notwendigen Krankheitsfrüherken-

nung, Behandlung oder ärztlich an- gezeigten Nachsorge abhalten"?

Wie schwach muß dieser demokrati- sche Staat sein, wenn es ihm nicht gelingt, erkennbare Zeichen des Mißbrauches einer solchen Kartei bereits im ersten Ansatz sofort zu unterbinden? Die ständig wiederhol- te Berufung auf das „hierzulande schon (angerichtete) große Unheil"

vermag nun wirklich nicht mehr zu überzeugen, oder haben wir nichts dazugelernt? „Uneingeschränkt un- terstützt wird von der Bundesärzte- kammer darüber hinaus auch der Aufbau regionaler „Krebsregi- ster .. ." Das möge verstehen, wer will, logisch ist es in diesem Zusam- menhang nicht, oder kalkuliert Dr.

Clade hier eine verringerte Lebens- erwartung gegenüber „Behinder- ten" ein? Bleibt also auch nach die- sem Beitrag die bisher unbefriedi- gend beantwortete Frage, warum sich Ärzte (auch die Bundesärzte- kammer?) nun wirklich gegen eine Meldepflicht aussprechen! „Mutma- ßen" kann man auch hier.

Dr. med.

Friedrich-Wilhelm Meinecke Chirurg

Krummwisch 6 2057 Reinbek

Augenwischerei

Als Essener Aktion gegen Umwelt- zerstörung und den darin tätigen Ärzten müssen wir ganz klar beken- nen, daß wir für eine Registrierung und Meldepflicht der Karzinomer- krankungen sind, da es sonst un- möglich ist, endemische oder epide- mische Daten über die Häufigkeiten von Karzinomen in den verschiede- nen Regionen unseres Landes zu er- halten.

Dies ist der einzige Weg, um auch in der Folgezeit bei größeren Umwelt- schäden oder gar -katastrophen letztlich über die Jahre ein klares Bild zu erhalten. Alles andere ist Au- genwischerei und bringt uns keinen Schritt vorwärts auf dem Wege end-

lich über die Morbidität und Mortali- tät beim Karzinom vernünftige Zah- lenunterlagen zu erhalten. Es ist doch eigenartig, daß dies bei Infek- tionskrankheiten als völlig selbstver- ständlich hingenommen wird, wäh- rend bei der größten Volksseuche wir uns dagegen sperren. Wir unter- stützen daher den Vorschlag unse- rer Sozial- und Gesundheitspolitiker vollends, wenngleich wir in anderen Situationen sicherlich nicht immer mit ihnen konform gehen.

Dr. med. Horst Pomp Fachbeirat in der Essener Aktion gegen Umweltzerstörung e. V.

4300 Essen 1

Stellungnahme

In dem Kommentar „Überflüssiger Meldezwang" wird der Nutzen von Statistiken über körperlich, geistig oder seelisch behinderte Bundes- bürger keineswegs geleugnet. Die in größeren Zeitabständen durchge- führte Mikrozensus-Erhebung des Statistischen Bundesamtes ist indes kaum dazu geeignet, harte Daten für eine schlagkräftige Behindertensta- tistik zu liefern. Zu viele subjektive Angaben fließen in die einprozentige Mikrozensusbefragung ein, so daß die problematischen „Hochrech- nungen" über die Gesamtzahl der Behinderten oftmals weit auseinan- dergehen. Es ist deshalb richtig, daß das statistische Dunkel erhellt wer- den sollte, um anspruchsberechtigte Behinderte besser ärztlich versor- gen und rehabilitieren zu können.

Eine andere Frage ist es freilich, ob es dazu einer gesetzlichen Zwangs- registrierung aller Behinderten und einer umfassenden Meldepflicht für mehrere gesetzlich umrissene Er- krankungen (einschließlich der Vor- erkrankungen, darunter auch für Krebs) bedarf. Der Entwurf des so- genannten Chemikaliengesetzes mißachtet in dem problematischen

§ 19 die zwingende Vorschrift des novellierten § 203 Strafgesetzbuch („Schweigepflicht") sowie das ver-

702 Heft 11 vom 13. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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BRIEFE AN DIE REDAKTION

briefte Recht des Behinderten und Patienten, daß seine Intimdaten nicht staatlichen Stellen gemeldet werden dürfen.

Das Beispiel „Contergan" hat zu- dem gelehrt: Auch eine noch so lük- kenlose Registrierung der Behinder- ten stellt keineswegs sicher, daß ent- sprechende Institutionen den Behin- derten auch unbürokratisch und wirksam (auch finanziell) helfen.

Wenn es dazu an notwendigem poli- tischem Willen mangelt, nützt auch eine jedwede Behindertenregistrie- rung meist wenig.

Dr. rer. pol. Harald Clade Redaktion

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41 (Lindenthal)

FRAUENSACHE

Der Verfasser des folgenden Briefes wendet sich an Frau Christine Langner, die sich (mittels eines Leserbriefes im Heft 44/1979) an dem „Leserbrief-Seuf- zer" von Frau Edde Hellmann (Heft 29/

1979: „Der Ofen und die Frau gehören ins Haus") gestört hatte. (Frau Hellmann wiederum fühlt sich durch Frau Langner gestört und hat das der Redaktion ge- bührend kundgetan) :

Allgemeines Lebensproblem

. . . Warum sollte die Schriftleitung nicht einmal eine Betrachtung zu ei- nem allgemeinen Lebensproblem der Ehefrau bringen, für die es kei- nen „Ruhestand" und kein a. D.

gibt, wenn auch diese Betrachtung in netter Form die Auswirkung des allgemeinen Problems löst, wie es einen einzelnen, in diesem Fall Frau Edde Hellmann, trifft. Ich hoffe zu- versichtlich, daß die so unbegründe- te Schamröte inzwischen von Ihren Wangen verschwunden ist und viel- leicht doch noch einem Lächeln weicht, wenn Sie den so hart kriti- sierten Seufzer noch einmal über- fliegen ...

Professor Dr. med. G. Rose Vor den Büschen 46 3063 Obernkirchen

STERBEN

Zu dem Leserbrief von Dr. med. Karl Franz Veit in Heft 38/1979, Seite 2433 f.:

Abwehrmechanismus der Angst

... Was hier geschieht, ist ein Ab- wehrmechanismus der Angst, das Ungeschehenmachen, der Verleug- nung und der Verdrängung. Es sind die Mechanismen, mit denen schon in der Kindheit Entängstigung ge- schieht und die, wenn sie konse- quent durchgeführt werden, häufig eine Entwicklung zur Neurose und zum psychischen Leiden bewirken.

Aus der Psychotherapie wissen wir, daß die Erfahrung von Angst keines- wegs unvereinbar ist mit Lebens- freude. Angst läßt sich nicht aus dem Psychischen vertreiben, sie läßt sich nur aus dem Bewußten in die nicht mehr beeinflußbaren Bereiche unseres Unbewußten abschieben.

Den von dort neu auftauchenden, jetzt unverständlichen Ängsten sind wir wehrlos ausgeliefert. Angst und Lebensfreude sind keine konträren Pole unseres Daseins. Die psychi- sche Bewältigung der Angst macht fähig, das Leben trotz und mit der Angst freudig zu durchleben.

Die Todesangst ist sicher am schwersten und häufig auch gar nicht zu ertragen. Beinhaltet Ster- benmüssen doch mit der endgülti- gen und realen Vernichtung unseres Selbst die Vernichtung aller Wün- sche und Hoffnungen, die an das Leben gerichtet wurden.

Die Angst vor dem Tod ist nicht nur die Angst vor dem Vorgang des Ster- bens, sondern auch das Entsetzen über die Wahrnehmung, daß das Le- ben zu Ende geht und damit alles Erhoffte und Erstrebte und Unerfüll- te unabänderlich und endgültig ver- loren ist. Am schwersten stirbt, wer lebenshungrig ist, wer das Gefühl hat, sein Leben nicht gelebt und ausgeschöpft zu haben. In der Bibel findet sich das Ideal: „Und sie star- ben des Lebens satt". Konfrontation mit dem Tode heißt Konfrontation mit dem gelebten und ungelebten Leben. Sie gibt aber auch die Chan-

ce von der unbewußten Illusion der zeitlich unbegrenzten Möglichkeiten abzurücken und in dem Bewußtsein der eigenen Endlichkeit aktiv und vital den Rest des Lebens zu gestal- ten. Dies gilt nicht nur für den ab- sehbaren Tod des krebskranken Pa- tienten.

Die amerikanische Internistin Dr. E.

Kübler-Ross hat sich engagiert und einfühlsam mit Sterbenden und ih- ren Ängsten beschäftigt. Sie hat nicht „mit ihnen die Gedanken und Gefühle analysiert", sondern hat mitgefühlt und mitgelitten und dem Patienten ermöglicht, das eigene Sterben, soweit überhaupt möglich, zu akzeptieren. Mit diesem langwie- rigen und schmerzhaffen Akzeptie- ren des eigenen Endes wird nicht nur das Sterben erträglicher, son- dern es entsteht eine Art der Lebens- freude und Vitalität, es entsteht die Fähigkeit, den Rest des Lebens be- wußt und intensiv zu erleben, ohne Angst und Leiden weiter verdrängen zu müssen. Um dieses Erlebnis kann die strikte Verleugnung der infau- sten Prognose den Kranken betrü- gen. Sicher jedoch ist dieser Weg nicht für jeden Patienten gangbar.

Die Entscheidung, ob der Patient die Wahrheit wird ertragen können, liegt bei uns Ärzten, und wir müssen die- se Verantwortung mit ihren Ängsten auf uns nehmen. „Heitere Anekdo- ten", die sich der Arzt ausdenken soll, zeigen sicher den guten Willen des Arztes, können ihn aber auch dem Patienten entfremden und die- sen weiter ängstigen, da er dann sei- nen zum Teil auch unbewußten Äng- sten einsam gegenübersteht. Angst vor dem Tod ist auch Angst vor der Einsamkeit. Das Gefühl, auch in sei- nen Ängsten akzeptiert und verstan- den zu werden, macht diese erträgli- cher. Die gemeinsam leugnende Front der Ärzte, Verwandten und Freunde läßt den Kranken alleine in seiner inneren Angst und läßt die zwischenmenschlichen Bande früh- zeitig brüchig werden, ehe sie durch den Tod endgültig zerrissen werden.

Dr. med. Jürgen Luber Sperberstraße 9 4300 Essen 1

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 13. März 1980 703

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