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Archiv "Meldepflicht für Vergiftungen" (06.09.1990)

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Meldepflicht für Vergiftungen

Mit der Novellierung des Che- mikaliengesetzes vom 14. März 1990 - in Kraft seit dem 1. August - und dem Erlaß der Giftinformationsver- ordnung vom 17. Juli 1990 (siehe da- zu den Bekanntmachungsteil in die- sem Heft; die Redaktion) tritt eine Meldepflicht für stoffbezogene Er- krankungen in Kraft. Die Gesund- heitsbehörden versprechen sich mit dieser Neuerung in erster Linie eine verbesserte Grundlage für gesetzli- che und präventive Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren durch Chemi- kalien in Haushalt, Beruf und Frei- zeit. Bisher ist die Erkenntnisge- winnung in der. klinischen Toxikolo- gie dadurch behindert, daß es keine Datenbasis auf breiter Ebene gibt und die erforderlichen Informatio- nen wegen der fehlenden gesetzli- chen Grundlage nicht zur Verfügung stehen.

Ein besonderes Problem bieten die Stoffe, mit denen relativ selten Expositionen vorkommen und sol- che, bei denen ein kausaler Zusam- menhang zwischen Aufnahme und Erkrankung nur schwer erkennbar ist und aus Einzelfällen keine allge- mein gültigen Rückschlüsse gezogen werden können. Hier kann nur die Sammlung einer Vielzahl von Fällen zu einem Ergebnis führen. Zu die- sem Zweck soll bundesweit ein Ver- giftungsregister erstellt werden, das dann auch für einen Austausch toxi- kologischer Daten in der EG zur Verfügung steht.

Ärzte, die Patienten behandeln, bei denen eine Erkrankung oder der Verdacht einer Erkrankung durch einen gefährlichen Stoff oder eine gefährliche Zubereitung besteht, müssen den Fall in anonymisierter Form dem Bundesgesundheitsamt (BGA) melden. Folgende Angaben sind gefordert: 1. Alter und Ge- schlecht des Betroffenen, 2. Name des Stoffes oder der Zubereitung, möglichst mit Hersteller- oder Ver- packungscode und aufgenommene Menge, 3. Art der Aufnahme (oral, inhalativ, percutan, etc.), bei einma- liger oder mehrfacher Exposition und 4. Symptome (inclusive Labor- befunde).

Weitere freiwillige Angaben, die zur toxikologischen Bewertung des Stoffes erforderlich sind, sind er- wünscht 5. Angaben über die Inten- tion der Vergiftung (suizidal, unbe- absichtigt (in der Schule, beruflich oder im privaten Bereich), 6. Beste- hen einer Gravidität mit Angabe der Schwangerschaftswoche, 7. Wohn- ort des Betroffenen (aus daten- schutzrechtlichen Gründen wird nur nach der ersten Stelle der Postleit- zahl gefragt), 8. Nachweis des Stoffes 9. durchgeführte Therapie, 10. An- gaben zum Verlauf und 11. Angaben zu Vorbefunden, zum Vergiftungs- hergang, Ort der Exposition.

Bei akuten Vergiftungen hat die Meldung nach Abschluß der Be- handlung, bei chronischen bei Stel- lung der Diagnose zu erfolgen. Au- ßerdem muß diese Mitteilung erfol- gen, wenn durch eine Obduktion festgestellt wird, daß der Tod durch die Einwirkung eines Stoffes einge- treten ist.

Meldestelle: das BGA

Das BGA nimmt als zentrale Meldestelle die Meldungen entgegen und wertet sie nach epidemiologi- schen und toxikologischen Gesichts- punkten aus. Dies geschieht in Ko- operation mit den Giftinformations- zentren, die ihrerseits die gewonne- nen Erkenntnisse den anfragenden Ärzten weitergeben. Insofern kom- men die Meldungen der Vergiftun- gen denjenigen wieder zugute, die sie durchführen. Neben den gesetzli- chen und präventiven Zielen soll so durch die Meldung auch der Erfah- rungsschatz für die Erkennung und Behandlung von Vergiftungen erwei- tert werden. Hierzu sind besonders die freiwilligen Angaben (Konzen- tration, Vergiftungshergang, Ver- lauf, etc.) erforderlich. Den Giftin- formationszentren wird damit durch das Chemikaliengesetz erstmalig der gesetzliche Auftrag zur Weitergabe von Informationen über toxische Wirkungen von Stoffen erteilt.

Es bleibt abzuwarten, ob der ge- wünschte Effekt der Meldepflicht

eintritt. Strafrechtliche Konsequen- zen bei Unterlassen der Meldung sind nicht vorgesehen. Ohne eine umfassende Dokumentation des Vergiftungsgeschehens wird es aber kaum Fortschritte in der gesundheit- lichen Bewertung von Stoffen des täglichen Umgangs geben. Der Nut- zen aus den Meldungen, nämlich über die Gewinnung von mehr Er- kenntnissen zur Gesundheitsschäd- lichkeit Anwendungsvorschriften, Einschränkungen oder Verbote aus- zusprechen, ist dann ebensowenig möglich wie erhebliche Kostenein- sparungen durch die Vermeidung unnötiger oder zu langer Kranken- hausbehandlungen zu erreichen.

Dies gilt besonders dann, wenn die Unbedenklichkeit von Stoffen nicht ausreichend genug dokumentiert ist und wegen schwacher beziehungs- weise fehlender Toxizität eine ge- sundheitliche Schädigung unwahr- scheinlich ist.

Durch eine bessere Übersicht über toxische Risiken durch Stoffe und Zubereitungen werden entschei- dende Schritte für die Prävention wie auch für die Erkennung und Be- handlung von Vergiftungen erwartet.

Die gesetzliche Aufgabe sollte daher nicht als lästige Pflicht verstanden werden, sondern als eine Chance, den dringenden Erfordernissen zur Abwehr gesundheitlicher Risiken durch gefährliche Stoffe gerecht zu werden. Die Meldepflicht gilt auch für die DDR, die das Gesetz mit übernimmt Formulare für die Mel- dung sind im Bundesgesetzblatt (Nr.

I, Seite 1430, 1990) veröffentlicht.

Der Bundesminister für Umwelt, Na- turschutz und Reaktorsicherheit hat die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern aufgefordert, für eine regelmäßige Verbreitung des Formblattes zu sorgen. Sie sind an das Bundesgesundheitsamt, Do- kumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen, Postfach 33 00 13,

1000 Berlin 33 zu übersenden.

Anschrift der Verfassen

PD Dr. Gerhard Heinemeyer, Dr. Wolfgang Fabricius,

Karl Preußner, Dr. Detlev Kayser Max-von-Pettenkofer-Institut, Bundesgesundheitsamt

Thielallee 88-92, 1000 Berlin 33 A-2598 (18) Dt. Ärztebl. 87, Heft 36, 6. September 1990

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