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Archiv "Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen" (05.11.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZMITTEILUNG

P

aragraph 14 (1) Nr. 2 des Che- mikaliengesetzes der Bundes- republik Deutschland schreibt vor, bei gefährlichen Stoffen die Be- zeichnung des Stoffes und bei ge- fährlichen Zubereitungen die Be- zeichnung der in ihnen enthalte- nen gefährlichen Stoffe auf dem Etikett anzugeben. In § 4 Abs. 1 der im Entwurf vorliegenden Ge- fahrstoffverordnung wird dazu ausgeführt, daß die Stoffbezeich- nung nach einer international an- erkannten chemischen Nomenkla- tur vorzunehmen ist. Dies ent- spricht Art. 16 Abs. 2 a der 6. Än- derung der EG-Richtlinie 67/548.

Durch diese gesetzlichen Vorga- ben soll ein weiterer wesentlicher Beitrag geleistet werden, Gefähr- dungen für Mensch und Umwelt auszuschließen beziehungsweise auf ein nicht zu umgehendes Mini- mum zu reduzieren. Im Falle einer Intoxikation oder sonstiger Ge- sundheitsschäden durch Chemi- kalien soll ein schnelles und ad- äquates ärztliches Handeln ge- währleistet sein.

Der genannten Vorschrift liegt of- fenbar die Vorstellung zugrunde, daß durch genaue Beschreibung der chemischen Identität von Pro- dukten beziehungsweise ihren Einzelkomponenten wesentliche Zusatzinformationen für präventi- ve und therapeutische Maßnah- men auf arbeitsmedizinisch-toxi- kologischem und praktisch-klini- schem Gebiet gegeben werden können. Aus medizinischer Sicht sind zu diesen bestehenden und beabsichtigten Regelungen fol- gende Anmerkungen notwendig:

Grundsätzlich müssen für die Be- urteilung einer möglichen gesund- heitsgefährdenden Potenz in er- ster Linie die biologische Wirkung sowie Dauer, Ort und Intensität

der Exposition berücksichtigt wer- den. Die individuelle Beurteilung der Expositionsgegebenheiten ist also entscheidend.

Nachfolgend wird auf dem Boden gesicherter wissenschaftlicher Er- kenntnisse und Erfahrungen ge- prüft, ob es aus medizinischer und klinischer Sicht notwendig und sachdienlich ist, den gefährlichen Stoff oder die gefährlichen In- haltsstoffe einer Zubereitung an- hand ihrer exakten chemischen Konstitution zu spezifizieren. Die angesprochene Problematik läßt sich im wesentlichen durch zwei Fragen skizzieren:

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Inwieweit besteht die medizini- sche und sozialrechtliche Notwen- digkeit, in Zubereitungen und Stoffgemischen die komplexe chemische Struktur der gefähr- lichen Stoffe hinsichtlich ihrer ge- nauen chemischen Identität zu deklarieren?

C) Welche Forderungen müssen an eine Bezeichnung von Zuberei- tungen und Stoffgemischen aus praktisch-klinischer und arbeits- medizinisch-toxikologischer Sicht gestellt werden?

Hierzu wird folgende Stellungnah- me abgegeben:

Ad 1: Die im Chemikaliengesetz der Bundesrepublik Deutschland und in den entsprechenden EG- Richtlinien vorgeschriebene Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen mit Gefahrensymbolen sowie Hinwei- sen auf die besonderen Gefahren (R-Sätze) und Sicherheitsratschlä- ge (S-Sätze) hat sich prinzipiell be- währt. Sie ist aus arbeitsmedizini- scher und toxikologischer Sicht sinnvoll und notwendig. Gefahren- symbole und R-Sätze geben erste

Hinweise bezüglich eventueller Gesundheitsrisiken für den Men- schen; S-Sätze beinhalten wichti- ge Ratschläge hinsichtlich zu er- greifender Sicherheitsmaßnah- men.

Für medizinische Belange sind die zur Beschreibung der Struktur chemischer Verbindungen ver- wendeten Namen nach der IUPAC- oder CAS-Nomenklatur in vielen Fällen ungeeignet, vor allem dann, wenn es sich um komplexe Ver- bindungen, wie zum Beispiel Farb- stoffe und organische Pigmente, handelt. Diese Bezeichnungen sind vielfach zu lang, zu kompli- ziert und für eine sichere und ra- sche Kommunikation im diagno- stischen und therapeutischen Be- reich unbrauchbar und daher überflüssig. Ärzten und anderem Fachpersonal erlaubt diese Be- zeichnung meist keine Rück- schlüsse auf die gesundheitsge- fährdenden Eigenschaften einer Verbindung oder eines Mehrkom- ponentengemisches. Von Interes- se sind diese Bezeichnungen vor allem für den speziell mit Fragen der Entwicklung und Forschung befaßten Chemiker und für allge- meine Ordnungszwecke.

Ad 2: Um die Voraussetzungen für eine medizinisch-toxikologisch zuverlässige Abschätzung ge- sundheitsgefährdender Wirkun- gen sowie für ein adäquates ärzt- liches und sicherheitstechnisches Handeln zu schaffen, sollte aus der Kennzeichnung eine Primärin- formation hervorgehen, die dem behandelnden Arzt gerade bei Notfallsituationen erlaubt, in der ihm normalerweise zugänglichen klinisch-toxikologischen Literatur Hinweise zu erhalten, die eine schnelle Orientierung und vor al- lem effektive Behandlung des Pa- tienten ermöglichen.

Sinnvoll erscheint dazu anstelle der exakten Beschreibung der chemischen Struktur mit Hilfe in- ternational geregelter Nomenkla- turen eine Angabe zur chemi- schen Klassenzugehörigkeit und, soweit möglich, die Angabe von

Kennzeichnung

gefährlicher Stoffe und Zubereitungen

Zur Forderung nach Angabe der chemischen Identität

3116 (58) Heft 45 vom 5. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kennzeichnung gefährlicher Stoffe

vorhandenen toxikologisch wich- tigen funktionellen Gruppen. Dies dürfte in der Mehrzahl der zu be- handelnden Fälle ausreichen. In speziellen Fällen muß allerdings die Möglichkeit bestehen, mit Hilfe der auf dem Etikett angegebenen Bezeichnung eine notwendige Se- kundärinformation einzuholen.

Hierunter ist zu verstehen, daß in erster Linie beim Hersteller, gege- benenfalls aber auch bei anderen Institutionen, zum Beispiel Gift- notrufzentralen, unter Angabe des Produktnamens oder einer Kurz- bezeichnung weitere spezifische Daten eingeholt werden können.

Bei Stoffen, die gemäß den EG- Einstufungskriterien kanzeroge- ne, mutagene oder teratogene Ei- genschaften haben, oder die als

„sehr giftig" beziehungsweise als

„giftig" klassifiziert sind, ist das Einholen von Sekundärinforma- tion in jedem Fall erforderlich. Um den Abruf der genannten Informa- tionen sicherstellen zu können, muß die auf dem Etikett erschei- nende Produktbeschreibung zwei- felsfrei und unverwechselbar sein.

Im Falle der Farbstoffe und organi- schen Pigmente könnte insbeson- dere der international eingeführte

„Colour Index Generic Name" ei- ne Bezeichnungsmöglichkeit dar- stellen, die Primär- und Sekundär- informationen gleichzeitig ermög- licht. So geht etwa aus der Be- zeichnung „Basic green 1" hervor, daß es sich um einen basischen Farbstoff handelt. In der interna- tionalen Literatur können unter diesem Namen (und nicht etwa un- ter der exakten chemischen Be- zeichnung) arbeitsmedizinische und toxikologische Hinweise ge- funden werden. Die Colour-Index- Nomenklatur ist außerdem eindeu- tig und erlaubt, weitere Informatio- nen, wenn gewünscht auch die che- mische Konstitution, abzurufen.

Für andere Produktgruppen, für die eine dem Colour Index ver- gleichbare Nomenklatur bisher nicht besteht, sollten die Herstel- ler die notwendigen Vorausset- zungen schaffen, um eine arbeits-

medizinisch-toxikologischen und praktisch-klinischen Belangen dienliche Nomenklatur zu gewähr- leisten. Hieraus ließe sich gegebe- nenfalls zukünftig ein Code-Sy- stem entwickeln, das auch EDV- mäßig erfaßt werden könnte und dann einen noch schnelleren und präziseren Abruf relevanter Daten ermöglicht.

Im Falle akuter Intoxikationen könnte — soweit bekannt — die Be- nennung von sogenannten Anti- dots zusätzliche Hinweise für the- rapeutische Sofortmaßnahmen geben. Dieses Vorgehen hat sich auch für die Behandlung von Ne- benwirkungen bei Medikamenten bewährt. Entsprechende Hinweise werden seitens der pharmazeuti- schen Industrie seit Jahren auf den Beipackzetteln sowie in der

„Roten Liste" zur Verfügung ge- stellt. Inwieweit vergleichbare In- formationen auch für komplexe chemische Zubereitungen in ande- ren industriellen Bereichen gege- ben werden können, ist zu prüfen.

Abschließend ist festzuhalten, daß unter Außerachtlassung von Ko- sten-Nutzen-Analysen die Voraus- setzungen zu schaffen sind, eine sachgerechte Lösung aller medizi- nischen und arbeitshygienischen Aufgaben zu gewährleisten. Hier- zu gehört eine leicht handhabbare Produktkennzeichnung, die ärzt- lichen, klinischen und toxikologi- schen Gesichtspunkten Rechnung trägt. Nur so kann auch im Falle von gutachterlichen Stellungnah- men, die nach den gültigen sozial- rechtlichen Kriterien zu erfolgen haben, eine zuverlässige Beurtei- lung des Kausalzusammenhanges vorgenommen werden. In jedem Fall ist bei begründetem Verdacht auf einen berufsbedingten Ge- sundheitsschaden durch komple- xe chemische Verbindungen die Ärztliche Berufskrankheiten-An- zeige zu erstatten. Die jeweils an- geschuldigten Stoffe und Produk- te sind zu melden. Durch eine sta- tistische Aufarbeitung aller ange- zeigten und entschädigten Fälle auf diesem speziellen Gebiet könnten wesentliche neuere Er-

kenntnisse und Informationen über Schädigungsmuster und Krankheitsbilder beim Menschen gewonnen und gleichzeitig weite- re Fortschritte auf den Gebieten der Therapie und Prävention von Gesundheitsschäden durch Che- mikalien im beruflichen wie priva- ten Bereich erzielt werden.

Prof. Dr. P. S. Elias, Karlsruhe Prof. Dr. W. Forth, München Prof. Dr. F. Kemper, Münster Prof. Dr. G. Lehnert, Hamburg Prof. Dr. D. Schmähl, Heidelberg Prof. Dr. H. Valentin, Erlangen Dr. med. Dr. rer. nat.

H. J. Raithel, Erlangen Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. H. Valentin Institut für Arbeits- und Sozialmedizin und Poliklinik für Berufskrankheiten der Universität Erlangen-Nürnberg Schillerstraße 25, 8520 Erlangen

NOTIZ

Konversionsenzym- Hemmer

Zu dem Beitrag von Privatdozent Dr. med. Thomas Unger

und Mitarbeitern in Heft 38/1986, Seiten 2531 bis 2536

Aus der Internistischen Gemein- schaftspraxis, Dialyse-Institut Friedrichshafen, erreichte uns der folgende Hinweis zu den Dosie- rungsempfehlungen für Captopril:

„Meines Wissens hat der Herstel- ler die Galenik dieser Substanz so verändert, daß es heute im Hin- blick auf das Resorptionsverhal- ten von Captopril problemlos möglich ist, diese Substanz zu den Mahlzeiten oder auch nach den Mahlzeiten einzunehmen."

Dr. med. Hans Groth Internistische

Gemeinschaftspraxis

Dialyse-Institut Friedrichshafen Werastraße 33

7990 Friedrichshafen

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 45 vom 5. November 1986 (59) 3117

Referenzen

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