DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUSSPRACHE
Mit Interesse haben wir den Arti- kel von E. Hentschel zum Thema
„Medikamentöse Langzeitbe- handlung des Ulcus pepticum"
(DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 1/2 vom 9. Januar 1984) gelesen, der eine klare und ausgewogene Übersicht zu dieser Problematik vermittelt.
Zwei Punkte, die unser Präparat Tagamet® (Cimetidin) betreffen, verdienen eine Korrektur bzw. ei- ne weitergehende Differenzie- rung:
0 Die Aussage,
„daß bei einer Langzeitbehand- lung mit Cimetidin, nicht aber mit Ranitidin, die Hemmung des he- patischen Abbaus verschiedener Medikamente wie Diazepam (zum Beispiel Valium®), Propranolol (zum Beispiel Inderal 9) und von Cumarinderivaten (zum Beispiel Marcumar® ) berücksichtigt wer- den müsse",
müßte richtiggestellt und relati- viert werden.
Gerade für Phenprocoumon (Mar- cumar® ) ist nachgewiesen, daß der Metabolismus dieser Sub- stanz, im Gegensatz zum Beispiel zu Warfarin, durch Cimetidin nicht beeinflußt wird (1).
Weiterhin ist zu beachten, daß die klinische Relevanz der bisher be- kannten pharmakologischen In- teraktionen von Cimetidin und Ra- nitidin, besonders für die zitierten Beispiele, umstritten ist, insbe- sondere bei der niedrigen Dosie- rung der H 2-Rezeptor-Antagoni- sten bei der Langzeitbehandlung
(zum Beispiel wurden die meisten Interaktionsstudien (2-6) mit Ci- metidin-Dosen von 800, 1000 oder 1200 mg Cimetidin pro Tag durch- geführt, während für die Lang- zeitbehandlung eine einmalige Abenddosis von 400 mg Cimetidin eingesetzt wird).
Für die Bewertung der klinischen Relevanz ist sicherlich mit ent- scheidend, ob es sich um Interak- tionen mit Arzneimitteln handelt, die nach einem festen Dosie- rungsschema verabreicht werden, oder um Medikamente, die eine individuelle Dosierung erfordern (wie zum Beispiel Antikoagulan- tien, Tranquillantien, Betablocker) und somit generell eine sorgfälti- ge Überwachung des Patienten voraussetzen.
Zur Frage der vermehrten Ni- trosaminbildung bei über lange Zeit erhöhten Magen-pH-Werten möchten wir zusätzlich anmerken, daß nach neueren Untersuchun- gen überwiegend N-Nitroso-Ver- bindungen entstehen, wie zum Beispiel nitrosierte Aminosäuren, von denen anzunehmen ist, daß sie kein Gefahrenpotential dar- stellen.
So wurde in einer Studie von Oshima und Bartsch (7) an Pro- banden die Nitrosierung von Pro- lin zu Nitroso-Prolin im Magen des Menschen provoziert.
Diese Untersuchungen wären si- cherlich nicht durchgeführt wor- den, wenn man von der Voraus- setzung hätte ausgehen müssen, daß grundsätzlich alle N-Nitroso- Verbindungen kanzerogen wir- ken.
Literatur
(1) Harenberg, J.; Staiger, Ch.; De Vries, J. X.
et al: Cimetidine does not increase the anti- coagulant effect of phenprocoumon, Br. J.
Clin. Pharmac. 14 (1982) 292-293 — (2) Klotz, U.; Reimann, J.: Delayed clearance of diaze- pam due to cimetidine, New Engl. J. Med. Vol.
302, 18 (1980) 1012-1014— (3) Gough, P.; Cur- ry, S. H.; Araujo, 0. E., et al: Influence of cime- tidine on oral diazepam elimination with mea- surement of subsequent cognitive change, Br.
J. clin. Pharmac. 14 (1982) 739-742 — (4) Kirch, W.; Köhler, H.; Spahn, H.; Mutschier, E.:
Interaction of cimetidine with metoprolol, propranolol or atenolol, The Lancet (1981) 531-532 — (5) Houtzagers, J. J. R.; Streurman, 0.; Regardh, C. G.: The effects of pretreatment with cimetidine on the biovailability and dispo- sition of atenolol and metoprolol, Br. J. Clin.
Pharmac. 14 (1982) 67-72 — (6) Serlin, M. J.;
Siebeon, R. G.; Mossmann, S., et al: Cimeti- dine interaction with oral anticoagulants in man, The Lancet 11 (1979) 317-319 — (7) Oshi- ma, H.; Bartsch, H.: Quantitative estimation of endogenous nitrosation in humans by mon- itoring N-nitroso-proline excretion in the urine, Cancer-Res. 41 (1981) 3658-3662
Anschrift:
Smith Kline Dauelsberg GmbH Privatdozent Dr. med. B. Hein Medizinischer Direktor Sapporobogen 6-8 8000 München 40
Schlußwort
Die von Hein zitierte Arbeit (Ha- renberg, J., et al.: Br. J. Clin. Phar- mac. 14 [1982] 292-293) zeigt in der Tat, daß die Möglichkeit einer Interaktion von Cimetidin mit Cu- marinderivaten wohl Warfarin, nicht aber Phenprocoumon (Mar- cumar® ) betrifft. Ich bedaure die- se Ungenauigkeit.
Die zum Thema Nitrosaminbil- dung angeführte Arbeit (Oshima, H.; Bartsch, H.; Cancer-Res. 41 [1981] 3658-3662) stellt einen in- teressanten Aspekt dar, reicht aber meines Erachtens nicht aus, um die Frage endgültig ad acta zu legen.
Dr. med.
Enno Hentschel
1. Medizinische Abteilung des Hanusch-Krankenhauses Heinrich-Collin-Straße 30 A-1140 Wien
Medikamentöse
Langzeitbehandlung des Ulcus pepticum
Zu dem Beitrag von Dr. med. Enno Hentschel in Heft 1/2 1984
820 (112) Heft 11 vom 16. März 1984 81. Jahrgang Ausgabe A