DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Ärztetag: Berufsordnung
„Es ist insbesondere berufsunwürdig, wenn ein ,Arzt im Praktikum', ein Assi- stent oder Vertreter zur Ableistung der Vorbereitungszeit auf die kassenärzt- liche Tätigkeit oder ein Weiterbildungs- assistent sich innerhalb eines Zeitrau- mes von zwei Jahren ohne Zustimmen des Praxisinhabers im Einzugsbereich derjenigen Praxis niederläßt, in wel- cher er die bezeichneten Tätigkeiten mindestens drei Monate ausgeübt hat."
Das Problem des Konkurrenz- schutzes wird drängender wer- den. Assistenten und ab 1987 Ärz- te im Praktikum werden zuneh- mend auch Zeiten in der Praxis niedergelassener Ärzte absolvie- ren wollen und absolvieren müs- sen. Doch dem steht, so erläutert der Vorsitzende des Ausschusses zur Beratung der Berufsordnung für die deutschen Ärzte, Dr. Wil- helm Baldus, dem Deutschen Ärz- tetag, bisher ein wesentliches Hindernis entgegen: „Der Arzt, der bei einem Kollegen in dessen Praxis solche Aus-, Weiterbil- dungs- und Vorbereitungszeiten absolviert hat, kann sich unmittel- bar danach im Einzugsbereich dieser Praxis niederlassen und damit dem Praxisinhaber, dessen Patientenklientel er in dieser Zeit kennen- und schätzen gelernt hat, Konkurrenz machen. Solche Fälle sind in der Praxis tatsächlich vor- gekommen. Viele Ärzte, die durchaus bereit wären, in der Pra- xis einen Assistenten zum Zwecke der Ableistung von Aus-, Weiter- bildungs- oder Vorbereitungszei- ten zu beschäftigen, lehnen die- ses deswegen im Hinblick auf die aufgezeigte mögliche Konkur- renzsituation ab."
An sich hatten die Berufsord- nungsgremien und der Vorstand der Bundesärztekammer dem Ärztetag eine förmliche Konkur- renzschutzklausel vorschlagen wollen. Doch maßgebliche Ar- beitsrichter hatten der Bundes- ärztekammer signalisiert, daß ei- ne solche Klausel der Berufsord- nung rechtlich nicht wirksam sei.
Dr. Baldus gestand offen zu, daß die nun gefundene Lösung nicht
Dr. Wilhelm Baldus
voll befriedigt: „Aus der jetzt vor- geschlagenen Vorschrift kann nämlich wahrscheinlich keine zi- vilrechtliche Unterlassungsklage gegen den Assistenzarzt erhoben werden, die natürlich viel wirksa- mer als ein Berufsgerichtsverfah- ren die Niederlassung im Einzugs- bereich der Praxis eines Aus- oder Weiterbilders hindern würde."
Anhand dieser abgeschwächten Konkurrenzklausel entwickelte sich auf dem Ärztetag eine kenn- zeichnende Diskussion. Auf der einen Seite war der Wunsch nach Konkurrenzschutz unverkennbar.
Auf der anderen Seite kam der Vorwurf, die niedergelassenen Ärzte wehrten sich grundsätzlich gegen die Konkurrenz des Nach- wuchses, ein Delegierter sprach gar von einem sich abzeichnen- den Krieg der Väter gegen ihre Kinder. Doch jene Väter zeigten sich am Ende keineswegs krie- gerisch. Sie bekannten sich viel- mehr immer wieder dazu, die jun- gen Kollegen in die Praxis aufneh- men, ihnen ihr Wissen weiterge- ben zu wollen. Man brauche ledig- lich einen gewissen Schutz oder,
um die drastische Formulierung eines Delegierten zu nehmen:
„Wir wollen Assistenten in der Praxis, aber wir wollen keinen Praxisklau."
Nicht völlig geklärt wurde die Fra- ge, ob die niedergelassenen Ärzte bereit sind, ihre Praxen nicht nur für Assistenten (zur Weiterbil- dung, zur Vorbereitung auf die kassenärztliche Tätigkeit) zu öff- nen, sondern auch für Ärzte im Praktikum. Einige Delegierte aus dem Kreis der Allgemeinärzte er- klärten ausdrücklich, sie würden nur Assistenten mit Vollapproba- tion, nicht aber Ärzte im Prakti- kum aufnehmen. Dem standen (an anderer Stelle des Ärztetages) Ap- pelle gegenüber, AiPs zu neh- men. Auch Politiker setzen hier auf die niedergelassenen Ärzte.
Der schleswig-holsteinische Mini- sterpräsident Barschel etwa drang in einer Rede vor dem Ärz- tetag darauf, soweit es möglich sei, Plätze für Ärzte im Praktikum bereitzustellen.
Die dritte Änderung der Berufs- ordnung schließlich betrifft den Geburtshelfer. Er ist bisher im Pa- ragraph 27, Absatz 5, der Muster- berufsordnung erwähnt. Dort heißt es: „Ärzte, welche Geburts- hilfe ausüben, dürfen den Zusatz
„Geburtshelfer" auf ihrem Praxis- schild führen." Dieser Passus wird nach der Beschlußfassung von Travemünde, beantragt von Dr.
Koschade, gestrichen. NJ
Der „Geburtshelfer"
wird gestrichen
❑ Änderung von § 27 Abs. 5 der Mu- sterberufsordnung:
„1. § 27 Absatz 5 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte wird gestri- chen. Der bisherige Absatz 6 wird Ab- satz 5."
„2. Wer bei Inkrafttreten der Änderung den Zusatz ‚Geburtshelfer' auf seinem Praxisschild führt, ist berechtigt, den Zusatz auch weiterhin in dieser Weise
zu führen." ❑
1764 (44) Heft 23 vom 5. Juni 1985 82. Jahrgang Ausgabe A