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Archiv "Ethik und Praxis in der Gynäkologie" (15.01.1986)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

B

eim 11. Weltkongreß für Gynäkologie und Geburts- hilfe in Berlin war viel Kon- troverses sichtbar. Gewarnt wur- de vor allem vor den Möglich- keiten, welche die Biotechnologie dem Arzt in die Hand gegeben hat. So wies der Kongreßpräsi- dent Prof. K. Thomsen (Hamburg) in seiner Eröffnungsrede beson- ders darauf hin, daß bei der extra- korporalen Befruchtung mit an- schließendem Embryotransfer nicht die Grenzen des Vertretba- ren überschritten werden dürfen.

Wird es eines Tages möglich sein, tiefgefrorene Embryonen mit den gewünschten positiven Erbanla- gen zu kaufen? Wird man die nicht benötigten, überzähligen Embryonen zu biologischen Ex- perimenten für den wissenschaft- lichen Fortschritt nutzen oder ver- nichten? Alle diese Fragen wer- den gestellt und diskutiert und müssen sicher einer Lösung nä- her gebracht werden. Die menschliche Ethik sollte immer einen Schritt vor der medizini- schen Forschung vorangehen.

Prof. Thomsen sprach von „Em- bryonen im rechtsfreien Raum".

Sie sind schließlich weder vor Ver- nichtung noch vor Verletzungs- manipulationen geschützt.

Dr. R. Edwards (Cambridge), der sogenannte „Vater der In-Vitro- Fertilisation", überraschte die gut 5000 Kongreßteilnehmer durch seine Überlegungen zur Embryo- nenforschung. Er vertrat die Mei- nung, daß man feste Regeln ein- halten müsse. So seien die Tests wichtig für die klinische Anwen- dung, aber nur dann gerechtfer- tigt, wenn Tierversuche nicht möglich seien. Dies müsse aber in frühstmöglichen Keimstadium vorgenommen werden und das

Ende müsse vorgezeichnet sein.

Ob unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen die Embryonen- forschung ethisch vertretbar sei, wie Edwards behauptete, darüber läßt sich sicher noch in Zukunft streiten. Große Skepsis wurde in Berlin laut.

Zurückhaltung beim Kaiserschnitt

Aber auch Themen für die Praxis und Klinik des Gynäkologen wer- den ausreichend angesprochen.

So warnte Prof. H. J. Hecke! (Ham- burg) vor der Ausweitung von Sectiones Caesariae. Die Letali- tätsquote liegt fünf bis zehnmal höher als bei einer vaginalen Spontangeburt. Der Kaiserschnitt ist sicher noch heute das gefähr- lichste geburtshilfliche Vorgehen.

Gefahren drohen durch postope- rative Infektionen, Zwischenfälle bei Narkosen, Blutungs- und Ge- rinnungsstörungen sowie durch Embolien. Pro einer Million Ge- burten gibt es 1000 bis 2000 müt- terliche Todesfälle. Hecke! mein- te, daß eine viel zitierte Regel — einmal Sectio, immer Sectio — kei- ne generelle Gültigkeit haben sollte. Die Sectio-Indikation soll bei jeder weiteren Schwanger- schaft neu überdacht werden.

Aber auch zum Mammakarzinom gab es neue Erkenntnisse für den Kliniker. Eine Studie aus Italien (Mailand) und den USA (Pittsburg) hat nach fünf bis zehn Jahren ge- zeigt, daß bei Patientinnen mit kleinem (also unter 2 cm Durch- messer) Mammakarzinom eine Teilresektion der Brust im Ver- gleich zur Totalmastektomie mit Entfernung der Lymphknoten kei- ne unterschiedlichen Ergebnisse

bestehen. Diese Resultate bewei- sen, so Prof. Thomsen, daß man bei frühzeitig entdecktem Brust- krebs die brusterhaltende Opera- tion zur allgemein geltenden Be- handlungsmethode machen soll- te. Wichtig sei aber auch die Tat- sache, daß der frühen Diagnostik besondere Beachtung geschenkt werden muß. Dies gilt vor allem für Mammographie und Biopsie mit anschließender histologischer Untersuchung. Eine genauere Be- gutachtung des Operationspräpa- rates der Mamma erlaubt es, von der Standardoperation wegzu- kommen, und eine individuellere Karzinombehandlung wird er- möglicht.

Für den praktisch tätigen Gynäko- logen ist wichtig zu wissen, daß sich die neuentwickelten Antibio- tika (Citrofloxatin) besonders gut gegen grampositive, negative Bakterien und Mischinfektionen im gynäkologischen Rahmen eig- nen. Dies gilt vor allem für die akute Adnexitis, welche häufig doch recht schmerzhaft ist und schnell in ein chronisches Stadi- um übergehen kann. Citrofloxatin (250 mg) eignet sich auch vorzüg- lich bei Harnweginfektionen. Die- se Gabe reicht aus, um einen anti- biotischen Schutz für mindestens drei Tage aufrecht zu erhalten.

Dieses Präparat zeichnet sich durch eine gute Gewebepenetra- tion, Absorption und Ausschei- dung aus. Die Antibiotikakonzen- tration im Gewebe ist dabei stets höher als im Serum.

Wichtig waren noch einige neue Aspekte der pränatalen Diagno- stik, welche in Berlin zur Sprache kamen. So ist nach Dr. W. Holz- greve (Münster) die Diagnostik an- geborener Störungen des Immun- systems schon vor der 24.

Schwangerschaftswoche mög- lich. Man kann eine exakte Identi- fizierung der Lymphozytenpopu- lationen durch monoklonale Anti- körper schon mit kleinsten Men- gen fetalen Blutes durchführen.

Es ist bekannt, daß durch Fetosko- pie Blutentnahmen bereits in der 16. bis 20. Graviditätswoche

Ethik und Praxis in der Gynäkologie

Bericht vom 11. Weltkongreß für Gynäkologie und Geburtshilfe in Berlin

100 (42) Heft 3 vom 15. Januar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Gynäkologie AUSSPRACHE

machbar sind. So untersuchte Holzgreve Blutproben (100 ml) mit von Mäusen gewonnenen Antikör- pern auf Lymphozytenanteile. Im fetalen Blut waren weniger T-Lym- phozyten und vermehrt B-Lym- phozyten. Das Verhältnis der Sup- pressorzellen zu den totalen T- Zellen ist ebenfalls erhöht. Die Proportionen dieser verschiede- nen Lymphozytenpopulationen sind schon in der 14. Graviditäts- woche festgestellt. Somit ist es al- so bei schweren Störungen des Immunsystems möglich, schon zu einem frühen Stadium eine Inter- ruptio durchzuführen.

Ultraschall-Diagnosen in utero

Prof. CH. Martin (Niederlande) und Prof. F. Campbell (England) berichteten über pränate Fehlent- wicklungen, die durch frühzeitige Ultraschallanwendung diagnosti- ziert werden können. Dies gilt so- wohl für fetale Hypoxien und ech- te Mangel- oder Unterentwicklun- gen des Feten. Es zeigen sich jen- seits der 36. Woche zentral koor- dinierte Verhaltensweisen. Dies gilt vor allem für die körperliche Aktivität, Schlaf- und Wachrhyth- mus. Schwere Hypoxien deuten drastische Auswirkungen auf die Aktivität des Feten an. Es kommt zu verlangsamten, lethargischen Bewegungen, welche man auf dem Ultraschallmonitor sehen kann. Auch bei Kindern von Dia- betikerinnen sieht man dieses ge- störte Mißverhältnis. Ein interes- santes Kriterium für die Durchblu- tung und den Zustand des Feten ist die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes. Dieses Phänomen kann man auch mit dem Ultra- schallgerät in den Gefäßen beob- achten. Wertvolle Rückschlüsse über den Entwicklungszustand, speziell die Versorgungslage des Feten, können dadurch gemacht werden.

Dr. med. Hans-Peter Legal Orleansplatz 5

8000 München 80

Biolumineszenz

Stellungnahme

Obschon Lumineszenzphänome- ne seit längerer Zeit bekannt sind, gewinnt ihr Einsatz im Bereich der medizinischen Forschung sowie der klinischen Chemie und neuer- dings der Einsatz im Bereich der Diagnostik zunehmend an Bedeu- tung. Lumineszenzphänomene werden zur Zeit in zwei große Gruppen eingeteilt, und zwar in Chemilumineszenz und Biolumi- neszenz. Neben der Anwendung von Biolumineszenz sowie Che-

milumineszenz in der klinischen Chemie ist ein wichtiger Teil- aspekt die zellabhängige Chemi- lumineszenz.

Phagozyten (neutrophile und eosinophile Granulozyten sowie Monozyten/Makrophagen) gene- rieren unter Stimulation mit diver- sen Stimuli Sauerstoffradikale (Superoxidanionen, Wasserstoff- peroxid, Hydroxylradikale oder Singlett-Sauerstoff), was allge- mein als respiratory burst be- zeichnet wird. Diese Reaktion wird als das Ergebnis der Aktivie- rung einer Membran NAD(P)H- Oxidase gesehen.

Die Freisetzung von toxischen Sauerstoffradikalen darf als Maß für die antimikrobielle Abwehr so- wie gleichzeitig für die Fähigkeit zur Zerstörung von Gewebe gese- hen werden. Stimuli, die einen re- spiratory burst induzieren kön- nen, sind phagozytierbare Partikel (zum Beispiel opsonisierte Bakte- rien), chemotaktische Faktoren, Komplementspaltprodukte wie das Anaphylatoxin C 5 A, Leuko- trien B 4 sowie auch der Tumorpro- motor Phorbolmyristat-acetat.

Die Chemilumineszenz, zumal in der Anwesenheit der beschriebe- nen Verstärkermoleküle (Lumina',

Luzigenin, DMNH), stellt ein hoch- sensitives Verfahren zur Messung der Sauerstoffradikal-Produktion in Phagozyten dar. Das System ist bekannten Tests (NBT-Reduktion, Cytochrom C-Reduktion) in seiner Empfindlichkeit weit überlegen.

Der klinische Wert als Indikator für Störungen der Phagozyten- funktion ist evident.

Neben der Untersuchung der zel- lulären Reaktivität von Phagozy- ten bietet die Methodik weitere Anwendungsmöglichkeiten wie den Nachweis von zirkulierenden Immunkomplexen sowie die Mög- lichkeit zur Messung der Opsoni- sierungsaktivität.

Weiterhin ist ein schneller Nach- weis aktivierender Faktoren im Serum (zum Beispiel des Anaphy- latoxins C 5 A) sowie die Untersu- chung modulierender Faktoren (zum Beispiel Wirkung nichtstero- idaler Antiphlogistika) einfach durchzuführen. Die Untersuchun- gen sind gegenwärtig nur an we- nigen Instituten und Kliniken möglich.

In diesem Zusammenhang möch- ten wir auch auf das 4. Internatio- nale Symposium über Biolumi- neszenz und Chemilumineszenz hinweisen, das vom 8. bis 10. Sep- tember 1986 in Freiburg stattfin- den wird.

Literatur über die Verfasser

Dr. med. Alexander Kapp

Professor Dr. med. Erwin Schöpf Universitäts-Hautklinik

Hauptstraße 7 7800 Freiburg i. Br.

Professor Habermehl hat auf ein Schlußwort verzichtet.

Zu dem Beitrag von Professor Dr. rer. nat.

Adolf Habermehl in Heft 43/1985, Seiten 3089 bis 3094

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 3 vom 15. Januar 1986 (45) 101

Referenzen

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