Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 112|
Heft 6|
6. Februar 2015 A 215 GESUNDHEIT IN ENTWICKLUNGSLÄNDERNImpfungen für Millionen Kinder
Zu Beginn der deutschen G7-Präsidentschaft hat die Bundesregierung ein Zeichen für die Verbesserung der Gesundheit in Entwicklungsländern gesetzt und 600 Millio- nen Euro für Kinderimpfungen zugesagt. Die Quoten könnten auch hier besser sein.
W
enn Geld zu verteilen ist, sprechen Minister gern öf- fentlich darüber. Bundesentwick- lungshilfeminister Gerd Müller (CSU) und Bundesgesundheitsmi- nister Hermann Gröhe (CDU) wer- den ihrem Auftritt bei der Geber- konferenz der globalen Impfallianz Gavi* in Berlin wohl dennoch mit gemischten Gefühlen entgegenge- sehen haben. Zwar wussten sie, dass Bundeskanzlerin Angela Mer- kel (CDU) wenig später den deut- schen Beitrag aufstocken würde.Statt 500 werden bis 2020 nun 600 Millionen Euro fließen. Doch die Minister räumten ein, dass Deutschland in Sachen Kinderimp- fung selbst noch Verbesserungsbe- darf habe. „Unser Ziel ist, damit ei- ner gewissen Impfmüdigkeit entge- genzuwirken“, sagte Gröhe. Kon- kret sprach er eine ausreichende Masernimmunisierung an. Man wolle alle Krankheiten verhindern, gegen die man Kinder impfen kön- ne, bekräftigte Müller.
„Reach every child“ – das Ziel der Impfallianz ist somit auch in Deutschland relevant, aber hier sehr viel leichter zu erreichen als anders- wo. Gavi hat immerhin sein finan- zielles Ziel erreicht. In Berlin ka- men Zusagen über 7,54 Milliarden US-Dollar zusammen. Damit will die Allianz bis 2020 Impfungen für 300 Millionen Kinder in den ärms- ten Ländern finanzieren, um sie vor Maserninfektion, Durchfallerkran- kung oder Lungenentzündung zu schützen. Mit Hilfe von Gavi, im Jahr 2000 auf Initiative von Micro- soft-Gründer Bill Gates entstanden, wurden bislang fast eine halbe Mil- liarde Kinder geimpft. Gates fördert die öffentlich-private Partnerschaft noch immer, ebenso wie viele Ge-
berländer, Unicef, Weltgesundheits- organisation, Weltbank und Impf- stoffhersteller.
Müller betonte, um die weltweite Kindersterblichkeit zu senken, sei- en „Impfprogramme nicht das ein- zige, aber eines der wirksamsten In- strumente“. Die Länder, die Gavi unterstützt, müssen sich an den Kosten der Impfstoffe beteiligen.
Diese Kofinanzierung läuft offen- bar zuverlässig. Gavi bemüht sich darüber hinaus, wenn auch mit un- terschiedlichem Erfolg, Entwick- lungsländer zur Stärkung ihrer eige- nen Gesundheitssysteme zu moti- vieren, um langfristige Erfolge für die Kindergesundheit zu erzielen.
Kritik an hohen Kosten der eingesetzten Impfstoffe
„Gavi hat zudem die Märkte für Impfstoffe positiv beeinflusst“, be- tonte das Entwicklungshilfeministeri- um. So seien die Kosten in den letz- ten Jahren um rund ein Drittel gesun- ken. „Ärzte ohne Grenzen“ hat aller- dings kritisiert, dass die vollständige Immunisierung eines Kindes heute 68 Mal so viel koste wie im Jahr 2000. Ein Vertreter der Gavi-Allianz fand, der Vergleich hinke. Heute wer-
de wesentlich umfangreicher geimpft als vor 15 Jahren. Neuere Impfstoffe machten allerdings rund 40 Prozent der Kosten aus. „Wir haben erhebli- che Preisreduzierungen erzielt“, so der Gavi-Vertreter. „Wir wissen aber, dass das noch nicht das Ende der Fah- nenstange ist.“
Hohe Impfstoffpreise sind nicht die einzige Herausforderung für die globale Impfallianz. „Kinder in ab- gelegenen Ecken von Afghanistan, Tansania oder anderen Ländern zu impfen, ist wirklich sehr schwie- rig“, hieß es. Die hierfür nötigen Strukturen aufzubauen bedeute, ge- meinsam mit Verantwortlichen vor Ort „sehr dicke Bretter“ zu bohren.
Für Deutschland hat der Berufs- verband der Kinder- und Jugend- ärzte (bvkj) ebenfalls mehr Nach- druck eingefordert. Die im Entwurf des Präventionsgesetzes vorgesehe- ne Impfberatung für Eltern mit Kin- dern im Kita-Alter reiche nicht aus.
„Der Beratungspflicht muss eine Impfpflicht folgen, wenn das Kind eine öffentliche Einrichtung besu- chen soll. Anders geht es nicht“, be- fand bvkj-Präsident Dr. med. Wolf-
ram Hartmann.
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Sabine Rieser
„Weißhelme“ für globale Krisen im Gesundheitsbereich regte die Kanzlerin an. „Wir brauchen schnell verfügbares medizinisches Per- sonal: Ärzte, Pflege- kräfte, die sich be- reit erklären, im Krisenfall sofort einsatzfähig zu sein“, sagte Angela Merkel bei der Gavi-Konferenz in Berlin.
Foto: dpa
* Global Alliance for Vaccines and Immunisation