• Keine Ergebnisse gefunden

Hepatitis C – die stilleEpidemie auch in derSchweiz

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Hepatitis C – die stilleEpidemie auch in derSchweiz"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Anlässlich der nationalen Medienkonferenz vom 30. September 2005 in Bern traten Vertreter des Bundes- amtes für Gesundheit, medi- zinische Experten und Patien- ten vor die Schweizer

Medien. Veranstalter war die Patientenorganisation Help C.

Die stille Epidemie

Pierre-Alain Raeber vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) wies darauf hin, dass die Hepatitis C auch in der Schweiz ein schwer wiegendes Problem darstellt. Bei bis zu 70 000 Infizierten, von denen nur knapp die Hälfte diagnostiziert sind, wird die Leber zunehmend geschädigt und das Virus möglicherweise auch weiterverbrei- tet. Die Hepatitis C ist in der Schweiz noch nicht unter Kontrolle. Das Risiko einer An- steckung durch Blutkonserven ist prak- tisch eliminiert, seit alle Blutspenden auf das Hepatitis-C-Virus (HCV) getestet wer- den. Aber die früher erworbenen Infektio- nen lösen heute viele Erkrankungen und Todesfälle aus. Und die Zahl der neuen, jährlich gemeldeten Infektionen hat sich in den vergangenen zehn Jahren nicht vermindert. 70 Prozent davon betreffen immer noch Menschen, die intravenös Drogen spritzen. In rund 10 bis 30 Prozent der Fälle kann kein Grund für die Infektion bestimmt werden.

Wer soll sich testen lassen?

Ein Hepatitis-C-Antikörpertest macht für Personen Sinn, die:

●intravenös oder durch die Nase Drogen verwendeten oder noch verwenden

●vor 1992 eine Bluttransfusion oder eine Organtransplantation erhalten haben

●an Hämophilie leiden und vor 1987 mit Gerinnungsfaktoren behandelt wurden

●sich in Ländern mit (gegenwärtig oder in der Vergangenheit) ungewissen Hygienestandards (keine Verwendung von Einmalmaterial, kein Screening von Blutspenden; Länder, in denen Hepa- titis C gehäuft auftritt) einer invasiven ärztlichen Behandlung (Injektionen, Operationen) unterzogen haben

●Dialysepatienten sind

●in einem medizinischen Beruf tätig sind oder tätig waren und oft mit Blut in Kontakt kommen

●Tätowierungen, Piercings oder Ähn- liches unter zweifelhaften Hygiene- bedingungen haben vornehmen lassen

●mit einem Hepatitis-C-infizierten Part- ner zusammenlebten oder zusammen- leben

●Kinder von HCV-positiven Müttern sind

●erhöhte Leberwerte haben.

Klinik

Beat Helbling (Gastroenterologie/Hepa- tologie, Stadtspital Waid, Zürich) infor- mierte über die klinischen Symptome und die heutigen Behandlungsmöglichkeiten.

Die Hepatitis-C-Infektion ist oft für die Betroffenen wenig spürbar. Viele zeigen keinerlei Beschwerden, häufig werden aber auch eine vermehrte Müdigkeit und dadurch eine eingeschränkte Lebensqua-

lität beobachtet. Im Labor hingegen fin- den sich oft erhöhte Leberwerte. Nicht selten wird die Infektion mit einem Alko- holschaden verwechselt. Betroffen sind in der Schweiz alle Altersgruppen, am häu- figsten betrifft eine HCV-Infektion jedoch Menschen mitten im Leben. Auf die akute Infektion entwickelt sich bei 80 Prozent der Betroffenen ein chronisches Infektge- schehen unter dem Bild einer chronischen Hepatitis. Diese geht bei zirka 20 Prozent der Patienten im Verlaufe von Jahren bis Jahrzehnten in eine Leberzirrhose über.

Begünstigende Faktoren sind dabei Alko- holkonsum und Koinfektionen. Bei Vorlie- gen einer Zirrhose beträgt das jährliche

Hepatitis C – die stille Epidemie auch in der Schweiz

A R S M E D I C I 2 5 / 2 62 0 0 5 1 1 8 7

B E R I C H T R A P P O R T

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●Gemäss BAG sind in der Schweiz zwischen 35 000 und 70 000 Men- schen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert.

●Jedes Jahr werden zwischen 60 und 100 akute Fälle gemeldet.

Da nur 10 bis 20 Prozent der Infektionen symptomatisch sind, geht das BAG davon aus, dass es jährlich zwischen 300 und 1000 neue Infektionen gibt.

●50 bis 70 Patienten sterben pro Jahr an ihrer Erkrankung.

●Die Kombinationsbehandlung mit einem pegylierten Interferon und Ribavirin erzielt virologische Langzeitansprechraten von über 40 (Genotyp 1) bis über 80 Pro- zent (Genotyp 2 und 3).

050209_Anzeige_A4_RZ.indd 1 9.2.2005 16:36:12 Uhr

(2)

Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom 1 bis 4 Prozent. Viele Patienten zeigen aber auch kein Voranschreiten der Erkran- kung; eine Behandlung ist dann auch nicht notwendig. Patienten können selber mit Alkoholabstinenz und mit dem Ver- hindern von Übergewicht die Schäden der Infektion günstig beeinflussen. Hingegen sollte eine Behandlung bei Hinweisen auf eine aktive Infektion eingeleitet werden, bevor irreversible Schäden (Zirrhose, Leber- krebs) auftreten.

Therapiemöglichkeiten

Die Behandlung der Hepatitis C hat grundsätzlich drei Ziele:

●den chronischen Verlauf verhindern

●bei chronischer Hepatitis eine Zirrhose verhindern

●bei bestehender Zirrhose die Morbi- dität und Mortalität reduzieren.

In den letzten Jahren hat die Therapie grosse Fortschritte gemacht. Unter der Kombinationsbehandlung mit pegylier- tem Interferon (Peg-Intron®, Pegasys®) und Ribavirin (Copegus®, Rebetol®) sind in klinischen Untersuchungen bei Infektion mit dem Genotyp 2 oder 3 nach sechs- monatiger Behandlung Heilungsraten von über 80 Prozent erreicht worden. Auch beim schwierig zu behandelnden Geno- typ 1, der in der Schweiz leider häufig vor- kommt, können knapp 50 Prozent der Patienten nach einjähriger Kombinations- therapie mit einem virologischen Lang- zeitansprechen rechnen.

Die Therapie erfordert einmal wöchent- liche subkutane Injektionen eines pegy- lierten Interferons und die täglich zwei- malige Einnahme von 2 bis 3 Kapseln oder Tabletten Ribavirin. Den relativ hohen Therapiekosten stehen die immensen Auf- wendungen gegenüber, die sich bei fort- schreitender Erkrankung mit der Entwick- lung einer Zirrhose und eines Leberversa- gens mit Transplantationsbedarf ergeben.

Francesco Negro vom Universitätsspital Genf nannte die langfristigen Folge- erscheinungen der Hepatitis C (dekom- pensierte Zirrhose, Hepatokarzinom) als die in der Schweiz häufigste Indikation für eine Lebertransplantation. Zwei Probleme

stehen bei der Behandlung von Patienten mit einer terminalen HCV-bedingten Hepatitiserkrankung im Mittelpunkt. Das erste ist der Mangel an Leberspendern.

Der prozentuale Organspenderanteil in der Schweiz gehört europaweit zu den niedrigsten (12,6 Spender pro Million Ein- wohner), und fast 10 Prozent der Patien- ten auf der Warteliste versterben, ohne jemals ein Transplantat erhalten zu haben.

Das zweite Problem ist auf den Umstand zurückzuführen, dass nahezu alle HCV- positiven Empfänger einer Spenderleber eine Hepatitis C entwickeln. Die rezidivie- rende Hepatitis C zeigt im Gefolge einer Transplantation einen beschleunigten Krankheitsverlauf, sodass ungefähr 30 Pro- zent der Patienten in den fünf Jahren nach der Transplantation eine Zirrhose ent- wickeln. Die therapeutischen Optionen sind zudem begrenzt: Die Heilungschan- cen betragen gerade einmal 30 Prozent.

Unterschiedliche Therapieansätze mit ver- schiedenen Wirkstoffen befinden sich derzeit in Erprobung. Geprüft werden un- ter anderem die unmittelbare Hemmung des Virus durch Inhibitoren auf den ver- schiedenen Stufen seiner Vermehrung, Immunsystemstimulatoren und antifibro- tisch wirksame Substanzen. Ab Ende 2006 ist mit einem begrenzten Einsatz ge- wisser antiviraler Wirkstoffe in der Schweiz im Rahmen experimenteller Stu- dien zu rechnen. Die Markteinführung von Stoffen, die dabei ihre Wirksamkeit beweisen, wird für 2008 angestrebt.

Behandlung ja oder nein?

Im Gespräch mit dem Arzt wird der Pati- ent versuchen, folgende Fragen zu klären:

●Welche weiteren Untersuchungen, zum Beispiel eine Leberbiopsie, sind notwendig?

●Ist eine Behandlung notwendig?

●Welches Risiko gehe ich ein, wenn ich mich nicht behandeln lasse?

●Mit welchen Nebenwirkungen habe ich zu rechnen?

●Wie hoch ist die individuelle Heilungs- chance?

●Was bedeutet die Therapie für den Alltag?

●Was kann der Patient selbst zum Schutz seiner Leber unternehmen?

●Was ist zu tun, um die Verbreitung des Virus an andere zu vermeiden?

Nur diagnostizierte Patientinnen und Pa- tienten können von einer medizinischen Betreuung profitieren und so irreversible Folgeschäden der Erkrankung vermeiden.

Halid Bas

Interessenlage: Die Informationsangebote zur Hepatitis C von Experten und Patientenorgani- sationen werden durch die interessierte Indus- trie unterstützt.

Hepatitis C – die stille Epidemie auch in der Schweiz

1 1 8 8 A R S M E D I C I 2 5 / 2 62 0 0 5

B E R I C H T R A P P O R T

L L L

L ii ii n n n n k k k k s s s s

Die vom Bundesamt für Gesundheit BAG herausgegebene Broschüre «Hepa- titis C? Betroffen? Ich? Welche Risiken?

Was tun?» ist in Deutsch, Französisch und Italienisch kostenlos bei der EDMZ, 3003 Bern, erhältlich. Fax 031-325 50 58, E-Mail: verkauf.zivil@bbl.admin.ch.

Die von der SEVHEP (Schweizer Exper- ten für Virale Hepatitis) herausgege- bene Broschüre «Hepatitis C – 50 Fragen und Antworten» bietet ausführliche Informationen für Betroffene und ihre Angehörigen. Sie ist in Deutsch, Franzö- sisch und Italienisch kostenlos beim Sek- retariat HepInfo und dem Sekretariat des HELP C (Deutschschweiz) erhältlich:

Sekretariat HepInfo

Hochstrasse 113, Postfach, 4018 Basel Tel. 061-338 92 12, Fax 061-338 92 10 E-Mail: hepinfo@klk.ch

Internet: www.hepatitis-info.ch Sekretariat HELP C (Deutschschweiz) Postfach 24, 8956 Killwangen Tel. 056-401 13 79, Fax 056-401 13 42 E-Mail: zutter.helpcdch@swissonline.ch Internet: www.hepatitis-info.ch/helpc frame.html

SEVHEP (Swiss Experts in Viral Hepatitis) Sehr informative Website für Patienten und Ärzte: www. sevhep.ch

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wichtig ist für diese Langzeitun- tersuchung, daß 21 Monate nach Entstehen des Herzinfarktes dann doch eine große Zahl von Postin- farktpatienten (65 Prozent) im täg- lichen

Bei infizierten Kindern musste man befürchten, dass das Virus noch häufiger zu einer chronischen Leberschädigung führt, zumal alle Kinder mit dem Genotyp 1 infiziert waren, der

V on der Hepatitis C und ihren langfristigen Folgen ist bisher in Deutschland nur die Spit- ze des Eisberges zu sehen: Nach Schätzungen ist mindestens ein Prozent der Bevölkerung

Wird die Diagnose erst zu einem sehr späten Zeitpunkt gestellt und ist das Stadium der Erkrankung bereits sehr weit fortgeschritten, kann eine ​Transplantation erforderlich

Um die Leistungen bei betroffenen Patienten im Zusammenhang mit den Hepatitis C-Vorfällen in der Donau-Ries-Klinik Donauwörth eindeutig zuordnen zu können, bitten wir Sie, diese wie

Die Indikationsstellung zur Li- thotripsie erfolgt bei uns durch Ge- bietsärzte, also Gastroenterologen oder Urologen — in unserer Publika- tion ist ausdrücklich von Fachpraxen

Antikörper- spiegel nach drei Injektionen — zwei Injektionen in vierwöchigem Ab- stand und eine Auffrischimpfung („Booster") nach sechs bis zwölf Mo- naten — waren

Prinzing (Ulm). Erhebungen fiber das Auftreten des Krebses in ganz Wfirttemberg finden erst seit dem Jahre 1892 statt, in dem yore Reichsgesundheitsamt eine