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Hans-Dieter Ingelmann

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Academic year: 2022

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Hans-Dieter Ingelmann

Neue Herausforderungen an die Jugendhilfe sowie Jugendgerichtsbarkeit angesichts zuneh- mender Jugendgefährdung und Kriminalität

SoSe 1999, Beiträge zur Diakoniewissenschaft N.F. 105, 63 Seiten

Der besonders in den letzten Jahren festzustellende Anstieg der Jugendkriminalität, mögliche Reaktions- möglichkeiten sowie der Versuch einer Begründung unter der Einbeziehung gesamtgesellschaftlicher Veränderungen, womit ein sich zunehmend verschärfendes soziales Klima gemeint ist, ist das Thema dieser Arbeit. Versucht wird dabei einen Zusammenhang herzustellen zwischen einer Gesellschaft, die sich immer mehr zu einer zwei Drittel ein Drittel Zusammensetzung entwickelt, und einer sich vergrößernden Anzahl von Jugendlichen, die ausgegrenzt nicht benötigt werden. Die heutige Jugend wird dabei als ein Spiegelbild der Gesellschaft verstanden und nicht als besser oder schlechter als die vorangegangenen Generationen, einen Eindruck, den man durch die Berichterstattung in einigen Medien, die sich oft auf Fälle schwerster Gewaltkriminalität konzentrieren, gewinnen könnte. Übersehen wurde dabei jedoch, daß es sich bei den von Jugendlichen verübten Straftaten zum größten Teil um Bagatelldelikte wie Ladendiebstahl und nicht um Polizistenmord handelt. Herbeigeführt wurde vielmehr eine weitgehende Verunsicherung und Kriminalitätsfurcht in der Bevölkerung sowie der Ruf nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts oder der Reduzierung der Strafmündigkeitsgrenze von 14 auf 12 Jahre. Neben dem Zusammenhang zwischen Jugendkriminalität einerseits sowie einer Gesellschaft, die sich den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft immer weniger verpflichtet fühlt und einer neo- liberalen Wirtschaftsordnung den Vorzug zu geben scheint, andererseits wird anhand der polizeilichen Kriminalstatistik im Detail auf Delikthäufigkeit sowie Deliktschwere eingegangen. Die polizeiliche Krimi- nalstatistik zeigt, daß Jugendliche in den klassischen Delikten wie Ladendiebstahl und Sachbeschädigung besonders stark vertreten sind. Sie macht aber auch deutlich, daß ein erheblicher Anstieg in den Bereichen Körperverletzung, Raub- und Gewaltkriminalität festzustellen ist. Nichtsdesto- weniger kann die polizeiliche Kriminalstatistik nicht als Abbild der tatsächlich stattfindenden Kriminalität gesehen werden, da sie das Dunkelfeld nicht berücksichtigt und sehr von der Verfolgungsintensität der Polizei sowie einer sich ändernden Gesetzeslage bestimmt ist.

Anschließend werden soziologische und psychologische Erklärungstheorien für Jugendkriminalität vorgestellt und deren Erklärungsansätze auf die aktuelle Situation angewendet. Von besonderer Aktualität erscheint mir hierbei die auf Emile Durkheim basierende Anomietheorie. Sie geht davon aus, daß bei einem Verlust von vorher allgemein verbindlichen Wertvorstellungen und gesellschaftlicher Solidarität der einzelne zunehmend verunsicherter, desintegrierter und damit leichter anfällig für Kriminalität wird. Das beste Beispiel dürfte der überdurchschnittlich starke Anstieg der Jugendkriminalität in den neuen Bundesländern sein. Neben der Anomietheorie werden die Theorie des Labeling approach, die Subkulturtheorie, der Ansatz der Psychoanalyse und die Lerntheorie vorgestellt.

Reaktionsmöglichkeiten nach dem Jugendgerichtsgesetz sowie dessen Geschichte und die Funktion der Jugendgerichtshilfe bilden einen weiteren Teil dieser Arbeit.

Danach wird auf die Behandlung verurteilter Jugendlicher in Jugendstrafvollzugsanstalten einge- gangen. Besonders wichtig war es mir dabei, die Schwierigkeit darzustellen, Straftäter zu resozialisieren, also auf ein straffreies Leben draußen vorzubereiten, wozu die verantwortungsvolle Übernahme von Rollen in einer totalen Institution wie einer Jugendstrafvollzugsanstalt gehört, die weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist und dem Gefangenen während der Haftzeit Rollen abnimmt, so daß Ohnmachtsgefühle und ein weitgehender Rollenverlust oft die Folge sind.

Diversionsmaßnahmen, also der Verzicht auf die stationäre Unterbringung des Jugendlichen, werden im folgenden Kapitel vorgestellt. Besondere Beachtung findet dabei der soziale Trainingskurs sowie der Täter-Opfer-Ausgleich. Diversionsmaßnahmen können dazu beitragen, straffällige Jugendliche zu entkriminalisieren und nicht zu stigmatisieren. Desweiteren hat mich der Versöhnungsgedanke, ein- hergehend mit einer Wiedergutmachung beim Opfer zum Abschluß des Täter-Opfer-Ausgleichs, beson- ders beeindruckt. Daß diese Maßnahmen bei Fällen schwerster Gewaltkriminalität nicht angewendet werden sollten, ist offensichtlich. Ihr Gebrauch kann aber oft weitaus sinnvoller sein als die Unterbrin- gung in überlasteten Justizvollzugsanstalten.

Abschließend wird eine alternative Sozialpolitik gefordert sowie eine stärker präventiv ausgerichtete Jugendhilfe. Besonders in den Bereichen Familie, Schule, Freizeit, Medien und der Integration aus- ländischer Jugendlicher müssen Veränderungen stattfinden. Konkret heißt das, Einrichtungen der Tagesbetreuung für Kinder und Jugendliche vermehrt zur Verfügung zu stellen und Familien finanziell zu entlasten. Bezahlbarer, familiengerechter Wohnraum sowie attraktive Kinderspielplätze müßten zum

Diplomarbeit am Diakoniewissenschaftlichen Institut

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Hauptziel jeglicher Politik werden. Jugendgerechte Freizeitangebote, Stadtteiltreffs und Clubs sowie die Möglichkeit, Ganztagsschulen zu besuchen, sind eine weitere Notwendigkeit, um zu verhindern, daß Jugendliche aus purer Langeweile kriminell werden. Auch durch die vermehrte Bereitstellung von Ein- richtungen der Mobilen Jugendarbeit können kriminalitätsgefährdete Jugendliche erreicht werden.

Zum Schluß bleibt festzustellen, daß eine verstärkt repressiv urteilende Justiz eine den Bedürfnissen der Jugendlichen nicht gerecht werdende Politik nicht ersetzen kann.

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