In den letzten fünfzehn Jahren wurden über zehntausend Substanzen mit H 2-antagonistischer Aktivität synthetisiert, für über zweihundert dieser Substanzen wurde ein Patent beantragt, und zwei H 2-Blocker waren bislang auf dem Markt — jetzt sind es drei. Seit Mai bietet die Firma Frosst Pharma, München, Famo- tidin unter dem Warenzei- chen Pepdul® als Film- tabletten (40 und 20 mg) sowie als i. v.-Lösung an.
Wie Prof. Dr. Dr. med. W.
Schunack vom Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin bei der Einführungspressekonfe- renz Anfang Mai in Mün- chen erklärte, liegt den H 2-Blockern bei aller Strukturvielfalt ein ge- meinsames Bauprinzip zugrunde: Ein aromati- scher Ring ist über eine flexible Kette mit einer polaren, nicht protonier- baren Gruppe verbunden, wobei es — je nachdem, inwieweit die Substanzen dem Histamin chemisch ähnlich sind — kompetiti- ve und nichtkompetitive Hemmer gibt.
Unter anderem weist ein kürzlich veröffentlichter Bericht von J. W. Black, einem der Väter der H2- Rezeptor-Forschung, Fa- motidin als einen Hista- min-Agonisten aus, wel- cher keine signifikanten Abweichungen von einer einfachen kompetitiven Bindungscharakteristik zeigt. Dies wurde in Mün- chen ausdrücklich be- tont, um anderslautenden Pressemitteilungen ent- gegenzutreten, die Famo- tidin in die Nähe von Sub- stanzen wie Lamtidin rük- ken wollten. H 2-Blocker
dieses Typs wirken nicht kompetitiv und können durch irreversible Bin- dung an den Rezeptor zu unerwünschten Langzeit- effekten führen. Unab- hängig davon bedingen diese Substanzen auf- grund ihrer extrem lan- gen Wirkungsdauer eine permanente Achlorhydrie im Magen und begünsti- gen so die Bildung von Karzinoiden.
Famotidin dagegen be- sitzt zwar unter den der- zeit verfügbaren H 2-Blok- kern den auf Gewichtsba- sis stärksten antisekreto- rischen Effekt — als thera- peutische Dosis bei Ulcus duodeni und Ulcus ventri- culi genügen einmal täg- lich 40 mg —, die Wirkdau- er beträgt jedoch nur zehn bis zwölf Stunden.
Erwiesenermaßen wer- den nach diesem Zeit- raum auch bei mehrmali- ger Gabe wieder physio- logische Säuresekre- tionswerte erreicht. Die Nicht-Kanzerogenität der neuen Wirksubstanz ist darüber hinaus in tierex- perimentellen Studien gut dokumentiert. Die mit der genannten Tagesdo- sis Famotidin erzielten Heilerfolge bei Ulcus duodeni und Ulcus ventri- culi sind denen unter Ra- nitidin (300 mg) ver- gleichbar. Entsprechend dem aktuellen Konzept der H 2-Blocker-Therapie wird die Wirksubstanz einmal abends verab- reicht, um gezielt die nächtliche Säuresekre- tion einzudämmen.
Beim Zollinger-Ellison- Syndrom (ZES) sei Famo- tidin bereits heute das Mittel der Wahl, erklärte Prof. Dr. med. H. G. Dam-
man, Chefarzt am Kran- kenhaus Bethanien in Hamburg, und bezeich- nete das Zollinger-Elli- son-Syndrom als Härte- test für säurehemmende Substanzen — sowohl was die Wirksamkeit als auch was die Verträglichkeit anbelangt.
In einer von Damman zi- tierten Studie wurden sechzehn ZES-Patienten, die zum Teil mit den her- kömmlichen H 2-Blockern nur ungenügend einge- stellt werden konnten, bis zu 24 Monate lang mit Fa- motidin behandelt. Die mittlere Tagesdosis, die zur adäquaten Kontrolle der Hypersekretion der Magensäure notwendig war, betrug 240 mg. Ein- mal mehr bewies sich in diesem Hochdosis-Lang- zeit-Versuch die gute Ver- träglichkeit von Famoti- din. Insgesamt wurden bislang weltweit mehrere tausend Patienten mit dem neuen H 2-Blocker behandelt. Antiandroge- ne Effekte und Interaktio- nen mit anderen Arznei- mitteln werden nicht ge- sehen. vi
Curt Engelhorn, seit 1960 Geschäftsführen- der Gesellschafter und seit 1985 Aufsichts- rats-Vorsitzender von Boehringer Mann- heim, wurde 60 Jahre.
Schnell informiert
Neuer Hersteller — Als Er- gänzung ihres Präparate- sortiments zur Venen- und Hämorrhoiden-Ver- ödung hat die Firma Kreussler, Wiesbaden, die Herstellung von Vari- globan® (bisher Hormon- Chemie) und Varicocid®
(bisher Combustin-Werk) •
übernommen. kr Innovatives Dihydroer- gotoxin-Präparat — Daco- ren® special Tabs heißt ein innovatives Dihydro- ergotoxin-Präparat, das die Firma Rhöne-Pou- lenc, Norderstedt, zur Therapie von zerebraler Insuffizienz und Alters- hochdruck eingeführt hat; die Patienten können die Pastillen, die 4,5 mg lyophilisiertes Di hyd roer- gotoxin für die einmal tägliche Einnahme ent- halten, entweder auf der Zunge zergehen lassen oder in Flüssigkeit aufge- löst trinken. rp Acemetacin-Retardform
— Das nichtsteroidale An- ti rheu matiku m Acemeta- cin steht jetzt auch als Retardform unter dem Warenzeichen Rantudi I®
retard zur Verfügung ; wie die Herstellerfirma Tro- pon, Köln, erklärt, ist der Therapieerfolg in der Re- gel bei einmal täglicher Gabe einer Rantudil-Re- tardkapsel (90 mg Aceme- tacin) garantiert. tp Glucophage retard wei- terhin verfügbar — Die Firma Lipha, Essen, hat den Vertrieb der Gluco- phage retard Filmtablet- ten (vorher Degussa, Frankfurt) übernommen;
versehentlich ist dieses Präparat, das einzige der- zeit in der Bundesrepu- blik noch verfügbare Bi- guanid-Derivat, nicht in die Rote Liste 1986 aufge- nommen worden. Ip Famotidin — ein neuer kompetitiver H 2-Blocker
Härtetest für Säurehemmer:
das Zollinger-Ellison-Syndrom
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG
1728 (90) Heft 23 vom 4. Juni 1986 83. Jahrgang Ausgabe A