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Archiv "Die andere Meinung: Kernpunkte des Basistarifs: Aus der Sicht der privaten Krankenversicherung" (09.03.1989)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DAS FORUM

Das Stichwort „Basistarif der privaten Krankenversicherung" hat offensichtlich einigen Staub aufge- wirbelt. Wenn der Staub „sich setzt", sollte der eigentliche Kern der so- zialpolitischen Maßnahme „Basista- rif", ihr Motiv, ihre Ausgestaltung, ihre Ausmaße, wieder erkennbar werden. Es sollte auch erkennbar werden, daß einerseits die sozialpoli- tische Bedeutung groß ist, anderer- seits aber die praktische — auch ge- schäftliche — Relevanz zum Teil er- heblich überschätzt wird. Dabei sol- len die folgenden, etwas plakativen Anmerkungen behilflich sein.

Die private Krankenversi- cherung muß sich im Interesse ihrer Klientel mit einer Reihe von Maß- nahmen an die durch das Gesund- heits-Reformgesetz (GRG) für die gesetzliche Krankenversicherung ge- schaffenen Fakten anpassen. Dazu gehören unter anderem die erneute Öffnung für Beamte, die möglichst problemlose Absicherung von entfal- lendem Zusatzkrankengeld, die Schließung bestimmter entstehender Leistungslücken in der GKV (Ge- setzlichen Krankenversicherung), zum Beispiel bei Zahnersatz oder bei Krankheitsbehandlung im Ausland, durch Zusatztarife und schließlich auch das Schnüren eines besonderen Angebotspakets mit Namen „Basis- tarif". Jede dieser Maßnahmen hat ihr besonderes und nachvollziehba- res Motiv, wobei für ihre Ausgestal- tung teilweise nur die Wahl des klei- neren Übels gegeben war. So auch beim Basistarif. Es geht nicht darum, bestimmte Versichertengruppen mit einem Billigangebot irgendwo abzu- werben, sondern Personengruppen mit niedrigen Einkommen, die durch das GRG neuerdings auf die private Krankenversicherung verwiesen wer- den, überhaupt ein für sie finanzier- bares Angebot machen zu können.

Ein Scheitern an dieser praktisch durch Gesetz übertragenen Aufgabe

müßte schwerwiegende sozialpoliti- sche Konsequenzen haben, die aus diesen Personen mit Sicherheit wie- der das machen würden, was sie vor- her waren: Krankenscheinpatienten.

Das können wir nicht wollen, weder private Krankenversicherung noch Ärzteschaft.

Begrenzter Personenkreis

(I)

Unabhängig von dieser so- zialpolitischen Brisanz muß und kann die praktische und geschäft- liche Bedeutung des Basistarifs sehr relativiert werden. Private Kranken- versicherung und Versicherungsin- teressenten werden in übereinstim- mendem Interesse Verträge nach dem Basistarif in geringstmöglichem Umfang halten. Wer es sich finan- ziell leisten kann, ist mit Normaltari- fen immer besser bedient; das gilt selbstverständlich auch für Bezieher von Einkommen unterhalb der fi- xierten Grenzen. Und bei Einkom- men oberhalb dieser Grenzen gibt es keinen Ausweis („Basis-Card"). Der Versicherungsnehmer muß nämlich vor Erhalt der Basis-Card eine schriftliche Erklärung abgeben, daß sein Einkommen — ggf. zusammen mit dem seines Ehegatten — die er- wähnten Einkommensgrenzen nicht überschreitet. Auf Verlangen muß er Nachweise erbringen. Die Erklärung ist bei jeder Neuausstellung der Ba- sis-Card (spätestens alle drei Jahre) zu wiederholen. Und bei zwischen- zeitlichem Überschreiten der Ein- kommensgrenzen wird die Karte un- gültig; der Versicherungsnehmer hat die Versicherungsgesellschaft unver- züglich darüber zu informieren. Der Basistarif ist immer nur eine von mehreren den in Frage kommenden Personen angebotenen Alternativen, und er ist überdies nur in bestimm- ten Details, nicht aber grundsätzlich neu. Er zeigt sich quasi in einem

neuen Gewand. Im Tarifangebots- spektrum gab es immer auch Tarife, deren Leistungen in variablen — auch niedrigeren — Multiplikatoren der ärztlichen Gebührenordnung fixiert sind. Der Interessent wählt aus vie- len Tarifen nach Leistungs- und/oder Beitragshöhe aus. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wer Leistungen bis zum 1,75—/1,25fachen des Gebüh- rensatzes der GOÄ vereinbart hat, kann — neben dem Aspekt des niedri- geren Beitrags — von zwei Überle- gungen ausgegangen sein; entweder er nimmt eine Selbstbeteiligung in Kauf, wenn der Arzt ein höheres Ho- norar berechnet, oder er weiß, daß sein Arzt kein höheres Honorar be- rechnet. In beiden Fällen wird er sich in der Regel mit dem Arzt über die Honorarfrage in irgendeiner Weise verständigen, da ja er Ver- tragspartner des Arztes ist. Etwas Entsprechendes wird beim Basistarif ebenfalls vorausgesetzt und mit Hilfe der Basis-Card für den besonderen Personenkreis „geordnet", indem diese Verständigung immer am An- fang der Behandlung stehen sollte.

Freie ärztliche Entscheidung

Bereits hieraus wird deut- lich: Natürlich bindet die bloße o 0 lage der Basis-Card den Arzt nicht in seiner Honorargestaltung. Das ist klar, und darüber bestand in unseren konstruktiven Gesprächen mit der Bundesärztekammer im Herbst ver- gangenen Jahres auch volle Überein- stimmung. Aber andererseits hindert die Vorlage den Arzt auch nicht dar- an, sein Honorar innerhalb der ihm frei verfügbaren Spanne auch unter- halb des 2,3-/1,8fachen des Gebüh- rensatzes anzusetzen, wie dies ja in einer nicht unbeträchtlichen Min- derheit der Fälle noch geschieht. In- sofern soll die Vorlage der Basis- Card nur der für den besonderen Personenkreis unverzichtbaren Klar- heit dienen; sie kann als Hinweis und Bitte um Verständigung gewertet werden. Der Patient kann dann vor

Eintritt in die Behandlung ein klares

„Nein" erwarten, wenn der Arzt bei der Honorargestaltung die Basista- rifsätze überschreiten möchte. Wenn der Arzt in freier Entscheidung be-

Die andere Meinung

Kernpunkte des Basistarifs

Aus der Sicht der privaten Krankenversicherung

Dt. Ärztebl. 86, Heft 10, 9. März 1989 (23) A-615

(2)

reit ist, den Leistungsrahmen des Ba- sistarifs zu akzeptieren, sollte dann aber kein unnötig bürokratisches Verfahren der Abwicklung gewählt werden. Ich vertraue auch sonst auf eine Verständigung mit meinem Arzt, ohne daß dies „der Schriftform bedarf".

Weshalb

der unterschiedliche Multiplikator?

Auch in einem letzten Punkt

— der massive Kritik ausgelöst hat — sollte die Verständigungsbereit- schaft für eine praktikable Handha- bung vor mehr formalen Betrach- tungsweisen Vorrang haben. Ich muß noch einmal die Wahl des klei- neren Übels bemühen. Ich meine die unterschiedlichen Multiplikatoren für GOÄ und GOZ, die in ihrer Op- tik zugegebenermaßen nicht schön sind, die aber keinen Selbstzweck ha- ben, sondern nur unvollkommenes Mittel zum Zweck sind. Dabei haben wir uns für die konkrete Ausgestal- tung des Basistarifs von der Idee lei- ten lassen, daß sich bei ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung Lei- stungsansätze ergeben sollten, die durchschnittlich etwa 50 Prozent über den Leistungen liegen, die für den hier interessierenden Personen- kreis der Geringerverdienenden vor- her, das heißt bei der bisherigen Be- handlung auf Krankenschein er- bracht worden sind. Diese Uberle- gung erscheint im Sinne des kleine- ren Ubels vernünftig, wenn man da- mit den Zweck verfolgt, Arzten und Zahnärzten in etwa den gleichen Vorteil gegenüber der Kranken- scheinbehandlung zu verschaffen.

Daß sich „beim Rechnen" gerade aus dieser vernünftigen Überlegung heraus unterschiedliche Multiplika- toren ergeben, liegt an den gegebe- nen Relationen bei den Kassenlei- stungen, kann aber nicht der priva- ten Krankenversicherung angelastet werden. Ich habe in meinem Unter- nehmen anhand einer Stichprobe überprüfen lassen, ob der genannte Zweck erreicht wird. In der Tendenz werden danach die Leistungen bei ärztlicher Behandlung im Durch-

schnitt die Kassenleistungen eher et- was mehr als um 50 Prozent überstei- gen. Andererseits wurde an der Stichprobe sichtbar, daß ein opti- sches Angleichen der Multiplikato- ren bei zahnärztlicher Behandlung kein auch nur annähernd attraktives Überschreiten der Kassenleistungen gebracht hätte. Es ist nun zwangsläu- fig, daß bei dieser unumgänglichen Optimierungsentscheidung verständ- liche formale Aspekte zurückstehen mußten.

Zusammenfassend möchte ich feststellen:

• Der Basistarif stellt eine aus sozialpolitischen Gründen notwendi- ge Ausnahmeregelung für einen Ausnahmepersonenkreis dar, der im gemeinsamen Interesse klein bleiben wird. Die Ausnahmeregelung ver-

M

ethadon oder nicht — dies sei in der Bundesrepublik Deutschland eine morali- sche, eine Glaubensfrage, jedenfalls bei denen, die Methadon-Substitu- tionsprogrammen skeptisch gegen- überstehen. Die Methadon-Befür- worter aber seien menschenfreund- liche Pragmatiker. Dies war die Aus- sage einer Sendung aus der Fernseh- serie „Gott und die Welt", produ- ziert vom Hessischen Rundfunk.

Schade: Die Autoren haben eine gute Chance vertan, das Für und Wi- der von Methadon-Programmen sachlich abzuwägen. Die Abbruch- quoten von drogenfreien Program- men wurden mit allen Zeichen des Entsetzens erwähnt; ob und wieviele Abbrecher es bei Methadon-Pro- grammen gibt, hätte man in Holland oder in der Schweiz erfahren können

— man hat nicht danach gefragt. Die Frage, wie es dann mit dem Metha- don-Entzug ist, wurde nicht gestellt — allerdings berichtete einer der be- fragten Betroffenen von sich aus:

Entscheidend sei gewesen, daß er einerseits wegen einer begonnenen Ausbildung hoch motiviert war und daß zudem eine regelmäßige zuwen- dungsreiche Betreuung beim Abho- len der Methadon-Ration vorhanden war, die ihn allmählich die Notwen-

wirklicht keine Idealvorstellung, son- dern ist im Rahmen begrenzter Mög- lichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen gestaltet worden und für die Ärzteschaft höchstwahrschein- lich auch finanziell nicht nachteilig.

Nach meinem Eindruck aus vielen Gesprächen mit Ärzten und mit der Bundesärztekammer habe ich immer noch die Hoffnung, daß das hier vor- liegende Problem sehr begrenzten Ausmaßes aus der Überzeugung her- aus gelöst wird, daß eine Nicht-Lö- sung für alle Beteiligten die negati- veren Folgen mit sich bringen müßte.

Hans Georg Timmer*)

*) Der Verfasser ist Vorsitzender des Vor- stands der Deutschen Krankenversicherung AG, Köln, und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der privaten Krankenversicherung

digkeit, das Methadon zu nehmen, vergessen ließ — ein „unbewußtes Ausschleichen". Dies war sicher die wichtigste Aussage dieses Films.

Aber ansonsten war es ärgerlich, so viel Polemik zu hören: Den Trä- gern der „drogenfreien" Entziehung gehe es um ihren Anteil am Kuchen;

viele — und hier wurden vor allem ka- tholische Einrichtungen angespro- chen — sähen das Drogenproblem als ein rein moralisches an; ihr Konzept sei es, die Drogensüchtigen erst so tief in die Gosse fallen zu lassen, daß sie dann aus letzter Verzweiflung in die drogenfreie Therapie gingen — das „Leidensdruck-Konzept".

Viele andere Probleme gerade medizinischer Art aber kamen gar nicht mehr zur Sprache, insbesonde- re die wichtige Frage, wie man bei ei- nem ambulanten Verfahren die Compliance hinsichtlich der Absti- nenz nicht nur von Drogen, sondern auch von Alkohol sicherstellen kann.

Der Gedanke klang an, daß man Methadon auch bei stationären The- rapien anwenden könnte. Das aber heißt: Die Behauptung, die dieser Film belegen sollte, nämlich: eine Methadontherapie sei anderen The- rapien überlegen, diese Behauptung bleibt — bisher jedenfalls — letztend- lich doch eine Glaubensfrage. bt

Methadon: Glauben oder Wissen

A-616 (24) Dt. Ärztebl. 86, Heft 10, 9. März 1989

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