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Archiv "Wirkungsweise und Toxikologie von Pyrethroiden mit besonderer Berücksichtigung des berufsbedingten Expositionsrisikos" (15.04.1994)

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MEDIZIN ZUR FORTBILDUNG

Wirkungsweise und Toxikologie von Pyrethroiden mit besonderer

Berücksichtigung des berufsbedingten Expositionsrisikos

Gabriele Perger Dieter Szadkowski

p

yrethroide haben in den zu- rückliegenden 20 Jahren eine stetig wachsende Bedeutung in der Bekämpfung von Schadinsekten erlangt. Ihr Anwen- dungsgebiet erstreckt sich über die Schädlingsbekämpfung in der Land- wirtschaft und in Innenräumen bis hin zur Therapie parasitärer Hauter- krankungen. Nachdem sie lange Zeit als relativ unschädlich für den Men- schen galten und deshalb als geeigne- te Alternative zu den herkömmlichen Pestiziden, wie den chlorierten Koh- lenwasserstoffen, organischen Phos- phorsäureestern und Carbamaten be- trachtet wurden, sind sie nun in den letzten Monaten wegen ihrer vermu- teten, ja sogar als gesichert darge- stellten chronischen Humantoxizität zunehmend in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion geraten. Die folgende Übersicht zum derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand in der Pyrethroidforschung soll einen Beitrag für die angemessene, sachbe- zogene Risikobewertung dieser in- zwischen vornehmlich in der Laien- presse als Problemfall angesehenen Wirkstoffgruppe liefern.

Chemisch handelt es sich bei den Pyrethroiden um Ester spezifischer Säuren, zum Beispiel Chrysanthe- mumsäure, halo-substituierte Chry- santhemumsäure, 2-(4-Chlorpheny1)- Isovaleriansäure und Alkohole, bei- spielsweise 3-Phenoxybenzyl-Alko- hol, die als Gemisch mehrerer op- tischer Isomere vorliegen und struk- turell mit den aus Chrysanthemen ex- trahierten, natürlichen Pyrethrum- wirkstoffen verwandt sind. Inzwi- schen wurden mehr als 1000 pyre-

Pyrethroide gehören neben organi- schen Phosphorsäureestern und Car- bamaten zu den bedeutendsten Insekti- zidgruppen. Sie zeichnen sich durch ho- he insektizide Wirksamkeit bei gleich- zeitiger geringer Humantoxizität aus.

Fehlverhaltensweisen beim Umgang mit Pyrethroiden können zu lokalen Effekten an der Haut in Form reversib- ler Parästhesien und zu systemischen Vergiftungen mit reversibler zentral- nervöser Symptomatik führen. Gesi- cherte chronisch-toxische Pyrethroid- wirkungen beim Menschen sind nicht bekannt. Tierexperimentelle Langzeit- versuche mit hohen Pyrethroiddosen verursachten reversible Veränderun- gen im peripheren Nervensystem.

throide Wirkstoffe synthetisiert. Als besonderes Charakteristikum besit- zen Pyrethroide im Vergleich zu chlorierten Kohlenwasserstoffen, or- ganischen Phosphorsäureestern und Carbamaten eine wesentlich höhere Selektivität für Insekten, daß heißt eine bedeutend geringere Warmblü- tertoxizität (11) (Tabelle 1).

Pyrethroide werden in Boden und Wasser rasch durch Mikroorga- nismen abgebaut, woraus eine relativ kurze Halbwertszeit resultiert. Aus diesem Grunde und wegen der sehr

Ordinariat für Arbeitsmedizin und Zentral- institut für Arbeitsmedizin (komm. Direktor:

Prof. Dr. med. Dieter Szadkowski) der Frei- en und Hansestadt Hamburg

geringen Aufwandmengen, die nur fünf bis zehn Prozent der anderer In- sektizide beträgt, ist nach WHO-Mit- teilungen (45, 46, 47, 48) eine Bioak- kumulation nicht nachzuweisen. In und auf unbelebten Medien sind ei- nige Pyrethroide auf Grund ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaf- ten — Fotostabilität, niedriger Dampfdruck, Adsorptionsverhalten — dagegen sehr persistent (26).

Pyrethroidwirkungen an der Nervenfaser

Zielorgan für Pyrethroidwirkun- gen ist — beim Insekt wie beim Warm- blüter — das Nervensystem. Pyre- throide bewirken speziesunabhängig eine Verlängerung des physiologi- schen Na + -Einwärtsstroms in Ner- venmembranen während der Erre- gungsphase, wodurch es zu repetiti- ven Entladungen kommt. Strukturbe- dingt verursachen Pyrethroide ohne alpha-Zyanogruppe (beispielsweise Permethrin) wiederholte Nervenim- pulse von kurzer Dauer, Pyrethroide mit alpha-Zyanogruppe (zum Bei- spiel Zypermethrin, Deltamethrin.

Fenvalerat) langanhaltende Folgen repetitiver Entladungen. Als meßba- re Effekte bewirken Pyrethroide oh- ne alpha-Zyanogruppe eine erhöhte Aktivität besonders in sensiblen Re- zeptoren, sensorischen afferenten Nervenfasern und motorischen End- platten. Pyrethroide mit alpha- Zyanogruppe führen zu einer De- pression von Nervenimpulsen in sen- sorischen Nervenfasern. Sie erzeu- gen im Vergleich zu Pyrethroiden oh- A-1058 (56) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 15, 15. April 1994

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Selektions- faktor Insekt

mg/kg

Ratte mg/kg

Tabelle 1: Toxizitätsvergleich (10 50) zwischen verschiedenen Insektizidklassen (11)

Carbamate Organophosphate chlor. Kohlenwasserstoffe Pyrethroide

16 34 90 4400 2,8

2,0 2,6 0,45

45 67 230 2000

Tabelle 2: Klinische Symptomatik in Abhängigkeit vom Schweregrad einer akuten Pyrethroid-Intoxikation (18)

Schweregrad Symptome

ausschließlich lokale Effekte an der Haut in Form von Parästhesien (Kribbeln, Brennen, Juckreiz) 1. suspekt

lokale Effekte wie bei Punkt 1, unspezifische syste- mische Effekte (Schwindel, Kopfschmerzen, Übel- keit, Müdigkeit, allgemeine Abgeschlagenheit) 2. leicht

wie Punkt 1 und 2, zusätzlich leichte Bewußtseins- trübung, Faszikulationen im Bereich der Extremitä- tenmuskulatur

3. mittel

wiederholte konvulsive Attacken, Koma, zum Teil Lungenödem mit Todesfolge in seltenen Fällen 4. schwer

MEDIZIN

ne alpha-Zyanogruppe eine intensi- vere Reaktion an den Sinnesorganen der Haut (43). Typische Symptome sind Tremor (T-Syndrom), Choreo- athetose und Salivation (CS- Syndrom) (3).

Verhalten der Pyrethroide im

Warmblüter-Organismus Als Ester werden Pyrethroide in der Leber rasch durch mikrosomale Enzyme oxidativ oder hydrolytisch gespalten und dadurch zugleich ent- giftet. Durch Spaltung der zentralen Esterbindung entstehen als Haupt- metaboliten Zyklopropancarbonsäu- re-Verbindungen und 3-Phenoxyben- zoesäure, die in freier beziehungs- weise konjugierter Form über Harn und Faeces eliminiert werden. Eine eventuell vorhandene Zyanogruppe wird unter anderem zu Thiozyanat metabolisiert. Die Elimination der Hauptmetaboliten erfolgt überwie- gend in den ersten 24 bis 72 Stunden (10, 45, 48). Auf Grund des lipophi- len Charakters der Pyrethroide wer- den geringe Mengen des nicht meta- bolisierten Stoffes in verschiedenen Geweben, bevorzugt im Fettgewebe, aber auch in Haut, Leber und Niere, retiniert. Im Gehirn und in periphe- ren Nerven fanden sich dagegen kei- ne beziehungsweise äußerst geringe Rückstände. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die im Gehirn von Ratten und Rindern wie- dergefundene Radioaktivität mar- kierter Pyrethroide nicht vom unver- änderten Wirkstoff, sondern von des- sen Metaboliten stammte (37, 8, 2).

Nach einmaliger intravenöser oder oraler Gabe subletaler Dosen erreichten die Konzentrationen ver- schiedener Pyrethroide im Gehirn und in peripheren Nerven von Rat- ten und Mäusen innerhalb von 8 und 48 Stunden annähernd ihr Ausgangs- niveau (44, 16, 32, 4). Umstritten, weil bisher durch vergleichbare Stu- dien nicht reproduzierbar, ist dage- gen die von Saleh u. Mitarbeitern (38) beobachtete Persistenz von Py- rethroiden im Gehirn nach einmali- ger Gabe an Hühner. Gerade wegen ihres sehr effektiven Pyrethroidmeta-

ZUR FORTBILDUNG

bolismus und der daraus resultieren- den Unempfindlichkeit sind diese to- xikologischen Modellstudien an Hüh- nern nicht ohne Einschränkungen auf den Säuger übertragbar (20, 43).

Gesundheits- gefährdung durch

beruflichen Umgang mit Pyrethroiden

Akute Toxizität

Nach beruflichem Umgang mit Pyrethroiden wird häufig über Par- ästhesien (Kribbeln, Brennen) an der unbekleideten Haut berichtet. Diese Symptome setzen wenige Minuten bis Stunden nach Exposition ein und klingen innerhalb 24 Stunden voll- ständig ab (25, 22, 42, 23, 15, 17, 39, 6, 49, 24). Es wird die Auffassung vertreten, daß es sich bei diesen Hauterscheinungen um lokale Rei- zungen der sensiblen Nervenendi- gungen und nicht um systemische Ef- fekte handelt (43).

He und Mitarbeiter (19) beob- achteten neben den erwähnten Par- ästhesien noch 48 Stunden nach ei- ner mehrtägigen Pyrethroidexpositi- on eine diskret erhöhte Erregbarkeit des Nervus medianus. Eine klinische Symptomatik oder subjektive Be- schwerden bestanden dabei aber nicht. In einem Kollektiv von 3113 chinesischen Bauern lag die Präva- lenz von Parästhesien und Kopf- schmerzen nach Umgang mit Pyre- throiden bei 26,8 Prozent. Bei 0,4 Prozent der Exponierten traten An- triebsmangel und muskuläre Fasziku- lationen als Zeichen einer leichten Pyrethroidintoxikation auf (6).

Bei vorschriftsmäßiger Applika- tion der Pyrethroide, dazu gehören das Einhalten der Anwendungskon- zentrationen und das Tragen persön- licher Schutzausrüstungen, wird von anderen Autoren eine gesundheitli- che Gefährdung für den Anwender ausgeschlossen (1, 27, 39). Regelwid- riger Umgang mit Pyrethroiden birgt dagegen das Risiko auch schwerster akuter Vergiftungen in sich. He und A-1060 (58) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 15, 15. April 1994

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MEDIZIN

Mitarbeiter (18) beobachteten nach grob fehlerhafter Handhabung (stark überhöhte Anwendungskonzentra- tionen, intensive Benetzung der Haut) 229 berufliche Pyrethroidver- giftungen mit tödlichem Ausgang in zwei Fällen. Die beobachtete Sym- ptomatik verdeutlicht eine Bevorzu- gung des zentralen Nervensystems (Tabelle 2). Im Gegensatz zu den ebenfalls beschriebenen 344 akziden- tellen Vergiftungen mit vorwiegend oraler Giftaufnahme und einer ent- sprechenden initialen gastrointesti- nalen Symptomatik stehen bei den beruflichen Intoxikationen zunächst lokale Parästhesien an der Haut im Vordergrund. Diese können dann mit einer bis zu 48stündigen Latenz in eine zentralnervöse Symptomatik übergehen.

Die Verlaufsbeurteilung berufs- bedingter akuter Intoxikationen gibt berechtigten Anlaß zur Vermutung, daß neben der inhalativen Schad- stoffaufnahme die dermale Resorpti- on eine wesentliche Bedeutung er- langen kann, obwohl aussagekräftige Untersuchungsergebnisse zur Stüt- zung dieser Annahme, speziell unter Berücksichtigung von Expositions- dauer und -intensität nicht vorliegen.

Generell wird die dermale Penetrati- on von Pyrethroiden beim Menschen mit 0,5 bis 2,3 Prozent als gering be- wertet (29, 10, 12, 35).

Im Gegensatz zu Pyrethroiden weisen die als Pestizide gebräuchli- chen organischen Phosphorsäure- ester, Carbamate und chlorierten Kohlenwasserstoffe eine um ein Viel- faches höhere dermale Penetrations- rate auf (13, 14).

Chronische Toxizität

Beim Menschen wurden auch nach langjähriger beruflicher Pyre- throidexposition keine chronischen Gesundheitsschäden beobachtet.

Speziell liegen keine Anhaltspunkte für eine chronisch-neurotoxische Po- tenz vor (25, 33, 9, 6). Zu einer vor- läufigen Bewertung einer chronisch- neurotoxischen Gefährdung können deshalb vorerst nur Ergebnisse aus tierexperimentellen Studien heran- gezogen werden. In diesen Untersu- chungen zeigten Pyrethroide, in sub- letalen Dosen verabreicht, keine ku- mulativen Effekte am Nervensystem

ZUR FORTBILDUNG

(45, 46, 47, 48). Nach Ein- bezie-.

hungsweise Mehrfachapplikation führten Pyrethroiddosen nahe des le- talen Bereiches zu einem in Relation zu bekannten neurotoxischen Sub- stanzen geringen, signifikanten An- stieg lysozymaler Enzyme (13-Gluku- ronidase, ß-Galaktosidase) im Ner- vus ischiadicus und Nervus tibialis, was nach Ansicht der Autoren als Zeichen einer leichten axonalen De- generation zu bewerten ist. Diese Ef- fekte waren nach mehrwöchiger Be- obachtung reversibel. Pyrethroiddo- sen unterhalb des letalen Bereiches führten auch nach mehrmonatiger Expositionsdauer zu keinen meßba- ren Veränderungen am Nervensy- stem (30, 31, 36, 45, 46, 47, 48).

Außerhalb des Nervensystems wurden weder nach akuten Intoxika- tionen noch bei länger Exponierten chronische Organschäden beobach- tet. Es liegen auch keine Mitteilun- gen über Reproduktions- und Em- bryotoxizität, Teratogenität und Kan- zerogenität beim Menschen vor.

Tierexperimentelle Untersuchungen ergaben keine Anhaltspunkte für ei- ne reproduktions- und embryotoxi- sche oder kanzerogene Wirkung von Pyrethroiden. Nach mehrmonatiger Applikation wurde lediglich eine Häufung benigner Tumoren bei Rat- ten beziehungsweise Mäusen beob- achtet (30, 21). Deltamethrin und Fenvalerat verursachten bei Ratten und darüber hinaus an kultivierten humanen Lymphozyten Chromoso- menaberrationen (5, 34, 40, 21). Zy- permethrin wirkte bei Mäusen und Kaninchen immunsuppresiv (45). Bei langjährig beruflich gegenüber Py- rethroiden, organischen Phosphor- säureestern und Carbamaten Expo- nierten konnten dagegen keinerlei immunsuppresive oder genotoxische Effekte beobachtet werden (9).

Diskussion

Pyrethroide werden in zuneh- mendem Maße zur Bekämpfung von Insekten im Freien, aber auch in In- nenräumen eingesetzt. Ihr insektizi- der Wirkungsmechanismus beruht auf einer Verlängerung des Na+ -Ein- wärtsstromes an Nervenmembranen.

Im Vergleich zu anderen insektiziden

Wirkstoffen besitzen Pyrethroide ei- ne deutlich geringere Warmblüterto- xizität, können aber infolge nicht sachgemäßer Handhabung auch beim Menschen zu akuten Vergiftun- gen führen. Bei ausreichend langer oder hoher Exposition werden Py- rethroide vermutlich in toxikologisch bedeutsamen Konzentrationen auch über die Haut resorbiert. Im Vorder- grund akuter Pyrethroidwirkungen stehen, ihrem Wirkungsmechanismus entsprechend, Effekte seitens des pe- ripheren und zentralen Nerven- systems, welche nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nach Abklingen der akuten Sympto- matik voll reversibel sind. Das chro- nisch-neurotoxische Potential ist auf der Grundlage verfügbarer seriöser Daten als gering einzuschätzen.

Anderslautende Mitteilungen (28) hinsichtlich der neurotoxischen Potenz von Pyrethroiden beruhen ausschließlich auf Modellstudien an der isolierten Froschnervenfaser. Als Ergebnis dieser Studien akkumulier- ten Pyrethroide innerhalb einer Ver- suchsdauer von 30 bis 60 Minuten in der Nervenfaser. Dementsprechend waren die beobachteten Wirkungen irreversibel (41). Obwohl derartige Modelle für die Aufklärung von grundlegenden Wirkungsmechanis- men unentbehrlich sind, schränken die kurze Lebensdauer des isolierten Nerven sowie das Fehlen von Schad- stoffkinetik und Metabolismus die Übertragbarkeit auf In-vivo-Bedin- gungen ein, wie die Ergebnisse aus tierexperimentellen Untersuchungen hinreichend bewiesen haben.

Nach Auskunft des Bundesge- sundheitsamtes (persönliche Mittei- lung) sind die seit Bestehen der Mit- teilungspflicht für Ärzte nach § 16e Chemikaliengesetz (ChemG) gemel- deten akuten Vergiftungsfälle im Zu- sammenhang mit der Verwendung pyrethroidhaltiger Schädlingsbe- kämpfungsmittel auf Fehlverhaltens- weisen zurückzuführen und reversi- bel gewesen. Die dargestellten An- wendungsfehler, die von der Verwen- dung falscher Mittel, Formulierun- gen, Ausbringungsverfahren oder Anwendungskonzentrationen bis zur fehlenden Dekontamination nach er- folgter Pyrethroidanwendung rei- chen, lassen gravierende Mängel der Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 15, 15. April 1994 (59) A-1061

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Zu dem Beitrag von Dr. med. Klaus Behrendt und Mitarbeitern

MEDIZIN

Durchführung der Schädlingsbe- kämpfungsmaßnahmen erkennen.

Von einer Pyrethroidanwendung durch Laien oder nicht ausreichend qualifizierte Schädlingsbekämpfer ist daher unbedingt abzuraten.

Unter Beachtung aller Anwen- dungsvorschriften läßt sich nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand für den professionel- len Anwender von Pyrethroiden kein erhöhtes, akutes oder chronisches Gesundheitsrisiko erkennen.

Inwieweit diese Aussage auch für den nachfolgenden Aufenthalt in fachgerecht mit Pyrethroiden behan-

ZUR FORTBILDUNG / DISKUSSION

delten Innenräumen zutreffend ist, wurde bisher nicht untersucht und muß daher nach unserer Auffassung dringend abgeklärt werden.

Wir haben entsprechende Studi- en eingeleitet, über deren Ergebnisse wir zur gegebenen Zeit berichten werden.

Es kann aber schon jetzt gesagt werden, daß unseres Erachtens der inzwischen durch die ausgelöste Ver- unsicherung zunehmende Rückgriff auf Carbamate und organische Phos- phorsäureester zur Desinsektion in Innenräumen keine gesundheitlich sinnvolle Alternative darstellt.

Deutsches Ärzteblatt

91 (1994) A-1058-1062 [Heft 15]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Dieter Szadkowski Ordinariat für Arbeitsmedizin der Universität und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin der Freien und Hansestadt Hamburg Adolph-Schönfelder-Straße 5 22083 Hamburg

Niedrigschwelliger

Drogenentzug mit Clonidin und Levomethadon?

1. Keine

ausreichenden Mittel In ihrem interessanten Artikel betonten Behrendt und Mitarbeiter zu Recht, daß im körperlichen Entzug Weichenstellungen zur Überwindung der Drogenbindung möglich sind.

Nach Angaben der Autoren brechen 31 Prozent der Klienten die Behand- lung innerhalb der ersten drei Tage ab, rund die Hälfte innerhalb einer Wo- che. Angesichts der hohen Therapie- abbruchquoten und der kurzen Ver- weildauer der erreichten Patienten stellt sich die Frage nach der adäqua- ten Pharmakotherapie des Opiat-Ent- zugs, die zu einer verbesserten Akzep- tanz des Therapieangebots beitragen kann. Dazu wird in dem Artikel ledig- lich mitgeteilt, daß die medikamentö- se Opiat-Entzugsbehandlung entwe- der mit Clonidin oder mit Levometha- don, in seltenen Fällen auch ohne me- dikamentöse Unterstützung, durchge- führt wird.

Dieses therapeutische Vorgehen überrascht zunächst und steht im Wi- derspruch zu den in führenden Lehr-

büchern zur Psychopharmakothera- pie dargestellten Entzugsschemata (1, 9), in denen überwiegend die Ga- be trizyklischer Antidepressiva vom Typ Doxepin oder Tranquilizern, ge- gebenenfalls sedierender Neurolepti- ka empfohlen werden. Eine Entzugs- behandlung mit Levomethadon (Po- lamidon) wird von den meisten Auto- ren eindeutig nicht favorisiert. Clo- nidin (Paracefan®) ist vom Bun- desgesundheitsamt für die Indikation

„akutes Opiat-Entzugssyndrom" zu- gelassen, es wirkt im wesentlichen gegen die im Opiat-Entzug auftre- tende zentrale noradrenerge Über- aktivität.

Gegen die Gabe von Methadon und Clonidin im Opiat-Entzug zu-

mindest als Monotherapie sprechen viele Argumente. An dieser Stelle soll aber nicht die auch in dieser Zeitschrift (7) vehement geführte Diskussion wieder aufgegriffen wer- den, ob der „Vormarsch" des Metha- dons auf den Entzugsstationen eine verhängnisvolle Entwicklung dar- stellt. Methadon wird heute in der Bundesrepublik an vielen Orten zur Substitutionsbehandlung eingesetzt, und die Autoren haben eigene Erfah- rungen mit dieser Substanz mitgeteilt (10, 13). Es stellt sich aber die Frage, ob Methadon und Clonidin zur Ent- zugsbehandlung, bei Patienten, die ein „niedrigschwelliges" Therapiean- gebot in Anspruch nehmen, geeigne- te Substanzen darstellen. Als wesent- liches Gegenargument ist festzuhal- ten, daß die Mehrzahl der in Deutschland stationär aufgenomme- nen Drogenabhängigen Polytoxiko- mane sind, Clonidin und erst recht Levomethadon aber im wesentli- chen nur im Opiat-Entzugssyndrom hilfreich und sinnvoll sein können.

Darüber hinaus sprechen aber auch einige spezielle Überlegungen gegen die Anwendung dieser beiden Sub- stanzen.

Grundsätzlich ist eine Opiat- Entzugsbehandlung mit Methadon als wirksame Therapie anzusehen und wird von einigen Autoren favori- siert (6). Das Entzugssyndrom bei Entgiftung von und mit Methadon setzt wegen der längeren Eliminati- onszeit der Substanz aber später ein

A-1062 (60) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 15, 15. April 1994

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