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Archiv "Wirkungsweise und Toxikologie von Pyrethroiden mit besonderer Berücksichtigung des berufsbedingten Expositionsrisikos: Schlußwort" (07.04.1995)

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MEDIZIN

stelle ignorieren, weil sie ihnen nicht

„seriös" genug ist).

Nach den Angaben des Bundes- gesundheitsamtes läßt sich eine sach- gemäße Anwendung rückblickend daran erkennen, daß die Rückstands- menge 1 mg/kg Hausstaub nicht über- schreitet. In 90 Prozent unserer Fälle mit Verdacht auf Pyrethroid-Intoxi- kation lag die Konzentration zwi- schen 10 und 10 000 mg/kg, denn lei- der werden pyrethroidhaltige Insek- tenbekämpfungsmittel mit dem Hin- weis, sie seien bei sachgemäßer An- wendung ungefährlich — ohne Er- klärung, was „sachgemäß" bedeutet — frei an unausgebildete Personen (Pri- vatpersonen und Schädlingsbekämp- fer) verkauft. Da der Anwender in der ausgebrachten Menge eines im Verkauf als ungefährlich gepriesenen Stoffes keine Gefahr sieht, ist die An- wendung für ihn immer dann korrekt, wenn sie den beabsichtigten Erfolg herbeiführt (Vernichtung von Insek- ten). Wegen der Resistenzentwick- lung der Insekten benötigt er schon bis zum Tausendfachen der auf der Verpackung vorgeschlagenen Menge.

Schlußwort Ad 2:

Zur Risikobewertung von Pyre- throiden zieht Herr Mersch-Sunder- mann in seinem Diskussionsbeitrag geringe Anwendungskonzentratio- nen, den „völlig ungeklärten " Ver- bleib von 99,9 Prozent des Wirkstoffes nach dermaler Applikation, hohe Fallzahlen von akuten berufsbeding- ten Vergiftungen und Rückstandsda- ten in Pflanzen oder eine hohe Bio- konzentration in Fischen heran. Die in seinem Leserbrief aufgeführte Lite- ratur wurde dann allerdings teilweise mißverstanden oder nicht korrekt zi- tiert. Auch den Rückgriff auf Tertiär- literatur halten wir nicht für überzeu- gend.

Dem aufmerksamen Leser unse- res Artikels wird hoffentlich nicht ent- gangen sein, daß wir die im Vergleich zu anderen Insektiziden erforderli- chen niedrigen Anwendungskonzen- trationen mit der hohen Empfindlich- keit der Insekten bei gleichzeitiger ge- ringer Warmblütertoxizität begründe- ten und in einer Tabelle anschaulich

DISKUSSION

Kommt er durch die „erfolgreiche"

Anwendung zu Schaden, so wird es als unsachgemäß bezeichnet. Perger et al.: „Von einer Pyrethroid-Anwen- dung durch Laien oder nicht ausrei- chend ausgebildete Schädlingsbe- kämpfer ist daher dringend abzura- ten."

Angesichts des vermehrten Ein- satzes der wegen ihrer hohen akuten Toxizität bereits verlassenen Cholin- esterase-Hemmer ist auch die Fest- stellung der Autoren zu begrüßen:

„daß der Rückgriff auf Carbamate und Phosphorsäureester zur „Desin- sektion" in Innenräumen keine ge- sundheitlich sinnvolle Alternative darstellt." Diese Stoffe wirken — ebenso wie andere neurotoxische In- sektizide (Pyrethroide, Lindan, PCP)

— unspezifisch, also auch humanto- xisch. Im Zeitalter des „chemisch Zie- lens" (Paul Ehrlich) versteht sich von selbst, daß derartige Stoffe als Alter- nativen nicht in Frage kommen Prof. Dr. med. H. Müller-Mohnssen Wasserturmstraße 39

85737 Ismaning

darstellten. Geringe Anwendungs- konzentrationen führen aber zugleich zu einer geringen Umweltbelastung und damit nach den von uns zitierten WHO-Mitteilungen unter den prakti- schen Anwendungsbedingungen we- der zu einer angesprochenen erhöh- ten Belastung von Nahrungspflanzen noch zu einer Anreicherung in der Umwelt. Auf der Grundlage der uns vorliegenden Daten läßt sich für das Rückstandsverhalten in Pflanzen je nach Wirkstoff eine Halbwertszeit zwischen einem Tag und wenigen Wo- chen angeben (8, 12). In der Mehrzahl der untersuchten Lebensmittelpro- ben wurden trotz niedriger Nachweis- grenzen (0,005 mg/kg) keine Pyre- throid-Rückstände gefunden. Waren gelegentlich Rückstände vorhanden, lagen diese weit unter den gesetzlich festgelegten Höchstmengen (14). Un- bestritten ist die Biokonzentration in Fischen, die jedoch in Abhängigkeit vom Wirkstoff etwa 5 bis 15 Prozent des von Herrn Mersch-Sundermann im Leserbrief angegeben Faktors be- trägt und wegen der insgesamt gerin- geren Umweltbelastung durch Pyre-

throide ebenfalls von geringer prakti- scher Bedeutung ist. Diesbezügliche Informationen sind auch über die Bio- logische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft erhältlich. Bei der Be- wertung der Bioakkumulationsnei- gung muß außerdem das Verhalten ei- ner Substanz in der Nahrungskette berücksichtigt werden. Am Beispiel der Modellsubstanz Deltamethrin be- merkt Herr Mersch-Sundermann in diesem Zusammenhang richtig, daß Pyrethroide nach oraler Aufnahme (beim Warmblüter) rasch eliminiert werden. Dieses führt zu kurzen Halb- wertszeiten in den meisten Geweben, auch dem Nervengewebe. Im Fettge- webe liegen die Eliminationshalb- wertszeiten mit vier Stunden bis 31 Tagen höher als in anderen Geweben (1). Eine toxikologisch relevante Ak- kumulation im Fettgewebe nach wie- derholter Aufnahme geringer Dosen ist jedoch aus den in der wissenschaft- lichen Literatur angegebenen Daten nicht ableitbar.

In den von Herr Mersch-Sunder- mann zitierten „neueren Studien" be- richten als einzige He et al. (5) über

„hohe" Fallzahlen von 229 berufli- chen Pyrethroid-Intoxikationen. Im Hinblick auf den Beobachtungszeit- raum von fünf Jahren, die Einbezie- hung von 14 chinesischen Provinzen und die beschriebenen gravierenden Anwendungsfehler relativieren sich diese Zahlen. Schließlich bemißt sich das Gefährdungspotential einer Sub- stanz nicht nur an ihren toxikologi- schen Daten, sondern grundsätzlich auch am bestimmungsgemäßen Ge- brauch. Chen et al. (2) berichten über eine Prävalenz leichter akuter Pyre- throid-Vergiftungen von 0,31 Prozent (bei gleichen Anwendungsfehlern) und setzen dies ins Verhältnis zu einer Prävalenz akuter Organophosphat- Intoxikationen von bis zu elf Prozent.

Beim sorgfältigen Lesen der von Herrn Mersch-Sundermann zitierten Studie von Eadsforth et al. (3) wäre es auch nicht verborgen geblieben, daß nach dermaler Applikation von Cy- permethrin neben den im Harn wie- dergefunden 0,1 Prozent (in Form von Zyklopropancarbonsäure) mehr als 50 Prozent der applizierten Menge durch eine einmalige Waschprozedur von der Haut entfernt wurden. Dar- über hinaus lassen sich durch wieder- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April 1995 (67) A-1035

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MEDIZIN

holte Waschprozeduren sogar mehr als 70 Prozent des Wirkstoffes von der Haut entfernen (15). Von Eadsforth et al. wurden weder andere Metaboli- ten von größerer Bedeutung analy- tisch erfaßt, noch erfolgte eine Unter- suchung der Metabolitenausschei- dung in den Faeces.

Es ist außerdem bekannt, daß In- sektizide mit ausgeprägten lipophilen Eigenschaften im Stratum corneum der Haut deponiert werden und ein Pyrethroid-Metabolismus bereits in der Haut aufgrund ihrer Enzymaus- stattung (Monoxygenasen, Estera- sen) stattfinden kann (11, 13, 15). Es ist also keineswegs völlig unklar, wo der „Rest" der Pyrethroide nach der- maler Applikation verbleibt. Auf- grund der beim Menschen in reprä- sentativen Studien beobachteten ge- ringen dermalen Resorptionsraten zwischen 0,5 und 2,3 Prozent (wir ver- weisen auf unseren Artikel) sowie der geringen lokalen und der fehlenden systemischen Nebenwirkungen wird Permethrin seit 1976 mit Erfolg zur Therapie der Pedikulosis capitis und der Skabies eingesetzt (11). Aus den genannte Gründen wird dieser Wirk- stoff als Alternative zum Lindan be- sonders zur Skabies-Therapie bei Frühgeborenen, Kleinkindern, Schwangeren und Stillenden sowie bei neurologischen Patienten aus- drücklich empfohlen (4).

Ad 3:

In unserem Übersichtsartikel be- faßten wir uns mit dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand über die Pyrethroid-Toxikologie. Un- sere Schlußfolgerungen leiteten wir aus den in der verfügbaren wissen- schaftlichen Weltliteratur vor- gestellten Ergebnissen ab.

Herr Müller-Mohnssen gelangt aufgrund eigener Beobachtungen zu gegensätzlichen Aussagen. Nach sei- nen Angaben soll er über fast 500 Fäl- le mit Verdacht auf Pyrethroidintoxi- kation Kenntnis haben. Welche Krite- rien in diesen Fällen zu einer Ver- dachtsdiagnose führten, ist in einer Veröffentlichung über „erste Ergeb- nisse von Beobachtungen an 73 von 400 Fällen" (9) nachzulesen. In dieser Arbeit ordnen die Autoren H. Mül- ler-Mohnssen und P. Blania eine Rei- he unspezifischer Symptome dem Krankheitsbild der Pyrethroidintoxi-

DISKUSSION / FÜR SIE REFERIERT

kation zu und erfassen diese mittels Fragebogen. Als Beweis für die an- gebliche Richtigkeit der Zuordnung der Beschwerden zum (vermuteten) Krankheitsbild dient der Pyrethroid- Nachweis im Hausstaub und eine dem Patienten nicht bekannte „nennens- werte Vorschädigung durch andere Wirkstoffe". Es fehlen differential- diagnostische Erwägungen (wegen der unspezifischen Symptomatik zwingend erforderlich) und eine Vali- dierung der Ergebnisse durch Einbe- ziehung von Kontrollgruppen (Ge- sunde mit Exposition gegenüber Py- rethroiden und Symptomträger ohne Pyrethroidexposition).

Die Gleichsetzung der Pyrethro- id-Belastung des Hausstaubes mit ei- ner tatsächlichen Exposition und die Relation zur Metabolitenausschei- dung können wir aufgrund unserer Kenntnisse über Aufnahmewege und -möglichkeiten nicht nachvollziehen.

Zum Beispiel wiesen Woollen et al.

(15) nach achtstündiger dermaler Ap- plikation von 31 mg Cypermethrin noch vier Tage nach Applikation Spu- ren des Hauptmetaboliten im Harn nach (Nachweisgrenze 0,5 gg/1). Un- ter der Annahme, der Wirkstoff wür- de vorwiegend auf dermalem Wege aus dem Hausstaub aufgenommen, müßten bei einem Pyrethroidgehalt von 100 mg/kg Hausstaub 300 g (!) Staub für acht Stunden dermal appli- ziert werden, um zu einem vergleich- baren Ergebnis zu gelangen. Würde die inhalative Exposition höher als die dermale bewertet, müßte zur Risi- koabschätzung die Pyrethroidkon- zentration in der Luft bestimmt wer- den.

Schon aus diesem Grund erübrigt sich eine weitere Diskussion des Le- serbriefes.

Ad 1:

Über gesundheitsrelevante Wir- kungen pyrethroidimprägnierter Mos- kitonetze liegen uns keine mit den Angaben von Herrn Ulrich vergleich- baren Hinweise aus der Literatur vor.

In verschiedenen Studien, in denen die Effektivität permethrinbehandel- ter Bettnetze in der Malariaprophyla- xe getestet wurde, fanden sich entwe- der keine Angaben über gesundheitli- che Beeinträchtigungen oder der aus- drückliche Hinweis auf fehlende py- rethroidassoziierte Symptome. Dage-

gen wurden einheitliche Aussagen über eine signifikant geringere Häu- figkeit von Malaria-Episoden bei Ver- wendung pyrethroidimprägnierter Netze getroffen (6, 7, 10).

Literatur bei den Verfassern

Dr. med. Gabriele Perger

Prof. Dr. med. Dieter Szadkowski Ordinariat für Arbeitsmedizin der Universität

und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin der Freien und Hansestadt Hamburg

Adolph-Schönfelder-Straße 5 22083 Hamburg

Natürlicher Verlauf der Ulkuskrankheit

Drei Promille der Bevölkerung weisen jährlich ein peptisches Ulkus auf, 20 Prozent der Ulkusepisoden ge- hen mit einer Blutung einher.

Die Autoren verfolgten 351 Pati- enten mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren mit endoskopisch gesi- chertem Ulkus über einen längeren Zeitraum. Das Verhältnis Männer zu Frauen betrug beim Ulcus duodeni 2,4 : 1, beim Magengeschwür 1 : 1. Pa- tienten mit einer Ulkusblutung waren signifikant älter.

Die kumulative 10-Jahres-Mor- talität betrug 43 Prozent, das jährliche Risiko an einem Ulkus zu sterben, be- trug 0,6 Prozent. Hat ein Ulkus ein- mal geblutet, betrug das jährliche Blutungsrisiko 5,3 Prozent, bei Ulze- ra, die primär nicht geblutet hatten, nur 0,8 Prozent. 43 Prozent der Ge- schwüre rezidivierten innerhalb von zehn Jahren. Über die Hälfte wies während des Beobachtungszeitrau- mes Ulkussymptome auf, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, mit ei- ner H2-Blocker Erhaltungstherapie die Rezidivneigung weitgehend zu unterdrücken.

Lindell G, Celenbioglu F, Stael von Hol- stein C, Graffner H. On the Natural Hi- story of Peptic Ulcer. Scand. J. Gastroen- terol 1994; 29: 979-982.

Dept. of Surgery University Hospital, S-221 85 Lund, Schweden.

A-1036 (68) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April 1995

Referenzen

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