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Mutterlose Aufzucht von Heidschnuckenlämmern unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung eines Tränkeautomaten

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Academic year: 2022

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und dem Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover

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Mutterlose Aufzucht von Heidschnuckenlämmern unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung

eines Tränkeautomaten

INAUGURAL –DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines DOCTOR MEDICINAE VETERINARIAE durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Tobias Wollny

aus Soltau

Hannover 2000

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1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Ganter 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. J. Hartung Tag der mündlichen Prüfung: 24.11.2000

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Inhalt Seite

1. Einleitung 10

2. Literaturübersicht 13

2.1 Mutterlose Aufzucht 13

2.1.1 Anwendungsbereiche 13

2.1.2 Formen der mutterlosen Aufzucht 16

2.2 Rechtliche Grundlagen für die mutterlose Aufzucht 17 2.3 Gesundheitsprobleme und Verluste in der mutterlosen Aufzucht 18 2.3.1 Postnatale Gesundheitsprobleme und Verluste in der Lämmeraufzucht 18

2.3.2 Probleme in der weiteren Aufzucht 21

2.4 Zootechnische Aspekte und Organisation 24

2.4.1 Allgemeine Anforderungen 24

2.4.2 Geburthygiene und Neugeborenenversorgung 24

2.4.3 Aufstallung der Lämmer 25

2.4.4 Klimatische Bedingungen für die Aufzucht 26

2.4.5 Gesundheitsprophylaxe 27

2.5 Bedeutung der natürlichen Kolostrumversorgung 28

2.5.1 Immunologische Bedeutung 28

2.5.2 Energetische Bedeutung und postnatale Aktivität 29

2.5.3 Aspekte der Aufnahme des Kolostrums 29

2.5.4 Anlegen einer homologen Kolostrumbank 31

2.6 Möglichkeiten für den Einsatz von Schafkolostrum 32 2.6.1 Rinderkolostrum als heterologer Ersatz für maternales Kolostrum 32 2.6.2 Hämolytische Anämien im Zusammenhang mit

der Verwendung von Rinderkolostrum 35

2.6.3 Kommerzielle Kolostrumersatzprodukte 36

2.7 Nachweis der Kolostrumaufnahme mittels γGT und anderer Blutparameter 36

2.8 Fütterung mit Milchaustauscher 38

2.8.1 Ad libitum Tränke und restrikitve Tränke 39

(6)

2.8.4 Tränkepläne für die Fütterung von Milchaustauscher 43 2.9 Absetzen vom Milchaustauscher und Gewöhnung an Heu,

Kraftfutter und Wasser 44

2.10 Tränketechnik 47

2.10.1 Entwicklung und praktische Anwendung der Tränketechnik 47

2.10.2 Anlernen der Tiere an die Tränkesysteme 50

3. Tiere, Material und Methode 52

3.1 Übersicht über die vorgenommenen Untersuchungen

und den Versuchsaufbau 52

3.1.1 Herkunft der Muttertiere 53

3.1.2 Synchronisation und Bedeckung der Muttertiere 53 3.1.3 Ablammungen im Vorversuchjahr 1999 und Versuchsjahr 2000 54 3.1.4 Verfahrensweise unmittelbar nach der Geburt 54

3.1.5 Aufstallung der Lämmer für die Aufzucht 55

3.1.6 Versorgung mit Rinderkolostrum bzw. Kolostrumersatz 55

3.1.7 Kennzeichnung der Lämmer 56

3.1.8 Immuninduktion und Vaccination 57

3.1.9 Therapeutische Maßnahmen 57

3.1.10 Verwendete Futtermittel 58

3.1.11 Wasser-, Heu-, und Kraftfutterangebot während der Tränkephase 59

3.1.12 Anlernen der Tiere an den Automaten 60

3.2 Aufbau des Vorversuchs (1999) 60

3.2.1 Fütterung und Absetzen der Lämmer (1999) 60

3.2.2 Datenerfassung 61

3.3 Technik des Tränkeautomaten 62

3.3.1 Grundlegender Aufbau und Funktionsweise des Tränkeautomaten

Stand Alone II (Förster-Technik, Engen) 62

3.3.2 Modifikationen und Programmierung für alle Fütterungsgruppen 64

(7)

3.4 Versuchsaufbau im Jahr 2000 70

3.4.1 Überblick über den Versuchsverlauf 70

3.4.2 Beurteilung der Lebensfrische 71

3.4.3 Blutentnahme, Aufbereitung der Proben und Bestimmung

der Serumwerte von γGT, ASAT und Creatinin 71

3.4.4 Verteilung der Heidschnuckenlämmer auf die Fütterungsgruppen 72

3.4.5 Ziegenlämmer im Versuch 72

3.4.6 Rahmenbedingungen der Fütterung bis zum Erreichen

des Absetzgewichts. 73

3.4.7.1 Tränkeplan der Gruppe A (Ad libitum Gruppe) 73 3.4.7.2 Tränkeplan der Gruppe B (Beschränkte Ad libitum Gruppe) 74 3.4.7.3 Tränkeplan der Gruppe C (Restriktive Gruppe und Ziegenlämmer) 75 3.4.7.4 Tränkeplan der Gruppe E (Entwöhnungsgruppe) 75

3.4.8 Messung des Körpergewichts 76

3.4.9 Klimamessung 77

3.4.10 Messung des Heu- und Kraftfutterverbrauchs 77

3.4.11 Messung der Körpergröße 79

3.4.12 Datenaufzeichnung mit dem Programm KALBMANAGER 79

3.4.13 Messung mit dem Programm INSTITUT 79

3.4.14 Gesundheitsüberwachung anhand der Parameter Tränkeabruf und

Sauggeschwindigkeit 80

3.4.15 Gesundheitskontrolle 80

3.5 Auswahl und Aufbereitung der Daten 81

3.6 Statistische Auswertung 83

4. Ergebnisse 84

4.1 Aufzucht 84

4.2 Ergebnisse beim Einsatz von Saugeimern im Vorversuch 85 4.3 Bestimmung der Blutparameter γGT, ASAT und Creatinin 86

(8)

Kolostrumersatzpräparats 89 4.6 Bewertung der Tiergesundheit – Merkmal Gesundheitsindex 91

4.7 Tierverluste 92

4.8 Messung der Körpergrößen 95

4.9 Anlernvorgang an die Tränketechnik 96

4.10 Erfahrungen in der Anwendung der PC gestützten Datenerfassung 97

4.11 Technische Aspekte des Fütterungsautomaten 99

4.12 Hygiene des Tränkeautomatens und der Tränkestände 101 4.13 Tiererkennung und Funktionalität der Tränkestände 102

4.14 Tränkeverhalten und Nutzung des Automaten 103

4.15 Sauggeschwindigkeiten 107

4.16 Auslastung des Tränkeautomaten 108

4.17 Messung der Körpergewichte und tägliche Zunahmen 110

4.18 Vergleich der Tränketechnik 111

4.19 Aufnahme von Beifutter und Wasser 112

4.20 Absetzen vom Milchaustauscher 114

4.21 Gesamttränkedauer 115

4.22 Verbrauch an Milchaustauscher 116

4.23 MAT-Verwertung 117

4.24 Ziegenlämmer im Versuch 118

5. Diskussion 119

6. Zusammenfassung 152

7. Summary 154

8. Literaturverzeichnis 156

9. Anhang 171

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ASAT Aspartat-Amino-Transferase

CHISQ Chi-Quadrat-Wert

ca. circa

catarr. katarrhalisch

Cl. Clostridium

d Tage

Diff Differenz

E. coli Escherichia coli

ggr. geringgradig

γGT / GGT Gamma-Glutamyl-Transferase

°C Grad Celsius

Grp. Gruppe

h Stunden

hgr. hochgradig

Ig Immunglobuline

kg Kilogramm

KGW Körpergewicht

MAT Milchaustauscher

MAT-Verwertung MAT-Verbrauch (g) pro KGW-Zuwachs (kg) Max Maximum

mgr. mittelgradig

Min Minimum

min Minuten

n Anzahl

PC Personal Computer

p.n. post natum

p.p. post partum

r(s) Korrelationskoeffizient nach Spearman

sec Sekunden

SD Standardabweichung

! arithmetischer Mittelwert

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Einleitung

Seit der Domestikation von Schafen besteht das Problem der mutterlosen Aufzucht einzelner Schaflämmer. Durch Agalaktie, Fehlverhalten oder Tod des Muttertieres, Mehrlingsträchtigkeiten oder Lebensschwäche sind immer wieder so genannte Problemlämmer angefallen, die ohne menschliches Eingreifen verenden.

In den letzten Jahrzehnten wurde die Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung zunehmend durch die Effektivität der Lammfleischproduktion bestimmt. Daher lag ein wesentliches züchterisches Interesse in der Steigerung der Ablammrate. Durch diese Bemühungen stieg aber auch die Anzahl der Mehrlingslämmer und damit auch die der Problemlämmer. Durch den engen Kostenrahmen der Schafhaltung gewann die erfolgreiche Aufzucht dieser Problemlämmer an Bedeutung für die Rentabilität.

Trotz der optimistischen Bestrebungen in den 60er Jahren, die mutterlose Aufzucht von Lämmern als praktikables Aufzuchtverfahren zu entwickeln, konnte sich dieses Verfahren in der praktischen Tierhaltung nicht durchsetzen. Der hohe Arbeits- und Kostenaufwand und das Risiko hoher Verlustraten haben verhindert, dass sich die mutterlose Aufzucht von Lämmern - im Gegensatz zur mutterlosen Kälberaufzucht – als Standardverfahren etablierte. An der Durchführbarkeit bestand grundsätzlich kein Zweifel (BURGKART 1971; SCHLOLAUT 1984).

Neben den Bemühungen der Schafhalter um Problemlämmer wurde die mutterlose Lämmeraufzucht auch im industriellen Maßstab angewandt. Auch aus verschiedenen wissenschaftlichen und medizinischen Gründen gab es Versuche, größere Gruppen von Lämmern mutterlos aufzuziehen. Dabei sollte die Übertragung von Infektionserregern, Parasiten oder Schadstoffen (z.B. PCB) verhindert oder der postnatale maternale Einfluss im wissenschaftlichen Versuchsaufbau ausgeschaltet werden. Praktische Bedeutung hat die mutterlose Aufzucht derzeit nur im Zusammenhang mit Caprine Arthritis Enzephalities- und Maedi/Visna-Sanierungsprogrammen.

Durch die Erfahrungen, die im Bereich der Kälberaufzucht und –mast mit dem Einsatz von Tränkeautomaten gemacht wurden, stand für die Lämmeraufzucht eine neue Verfahrenstechnik zur Verfügung, um Fütterung, Tierkontrolle und Management erheblich zu verbessern und dadurch die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Seit den 60er Jahren sind in

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Einzelinitiative Kälbertränkeautomaten für Lämmer umgebaut und eingesetzt worden. Ende der 70er Jahre waren auch ad libitum Tränkeautomaten für Lämmer auf dem deutschen Markt erhältlich. Dabei handelte es sich um technisch vergleichsweise einfache und kostengünstige Systeme. Diese Automaten boten nicht die Management- und Kontrollmöglichkeiten der respondergestützten Tränkeautomaten von Kälbern, stellten aber eine deutliche Arbeitserleichterung dar und ermöglichten es, Warmtränke ad libitum zu füttern.

Über die tierindividuelle Nutzung der Automaten, Abfrageintervalle, Mengen pro Abfrage, sowie über Sauggeschwindigkeiten und deren Auswirkungen gibt es keine Daten, da diese Automaten ohne Tiererkennung arbeiteten. In der Literatur finden sich allgemein wenige Untersuchungen über Erfahrungen in der Anwendung der Tränkeautomatentechnik bei Schaflämmern bzw. über die Auswirkungen verschiedener Tränkepläne beim Einsatz eines Tränkeautomaten für Lämmer.

In der vorliegenden Untersuchung wurde ein hochwertiger Kälbertränkeautomat mit respondergestützter Einzeltiererkennung für Schaflämmer modifiziert, um individuell - bei definierten Tränkebedingungen - Daten erfassen zu können. Die Frage, inwieweit durch den Einsatz für Schafe Modifikationen der bei Kälbern bewährten Technik vorgenommen werden mussten, sollte in einem Vorversuch geklärt werden. Auf dieser Grundlage wurden die Möglichkeiten der mutterlosen Aufzucht mittels Tränkeautomat untersucht.

Die Aufzucht der Lämmer wurde im Rahmen einer Herdensanierung von Lungenadenomatose durchgeführt. Hierzu war es notwendig, den Kontakt zwischen Lamm und Mutter unmittelbar nach der Geburt zu verhindern. Somit hatten die Lämmer keine Möglichkeit, maternales Kolostrum aufzunehmen. Ob Heidschnuckenlämmer aus einer 200 Jahre alten Stammherde, die unter extensiven Bedingungen gehütet wird, Probleme in einer intensiven Aufzucht mit erhöhtem Einsatz von Technik zeigen würden, war zunächst fraglich.

Besonderes Interesse galt der Adaption der Lämmer an die Tränkeeinrichtungen.

Unter den Bedingungen, die für die künstliche Aufzucht geschaffen wurden, stellte sich verstärkt die Frage nach dem Einfluss von Geburtsgewicht, Geschlecht, Wurfgröße und Lebensfrische auf die spätere Aufzucht. Fraglich war, ob sich solche Merkmale für die Auswahl von Lämmern, die für kostenintensive Aufzuchtverfahren genutzt werden sollen, eignen würden.

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Eine unzureichende Versorgung mit Kolostrum wird allgemein als Ursache für Lämmerverluste angesehen (KLOBASA 1992). Die Möglichkeiten, mittels ausgewählter Blutparameter die Aufnahme retrospektiv zu beurteilen, sollten untersucht werden, um ggf.

eine diagnostische Einschätzung der Versorgungslage von Problemlämmern zu ermöglichen.

Die Möglichkeiten der postnatalen Versorgung der Lämmer mit heterologem Kolostrum und einem kommerziellem Kolostrumersatzprodukt wurden unter praktischen Bedingungen untersucht. Im Vordergrund standen dabei Aspekte der Handhabung sowie der Effektivität für die Immunprophylaxe. Dabei sollte geklärt werden, inwieweit eine Empfehlung für die Anwendung formuliert werden kann.

Die Möglichkeiten, mittels individueller Tiererkennung Informationen über die Tränkeaufnahme von Lämmern zu sammeln, wurden in der Literatur bisher nicht genutzt. In dieser Arbeit wurde der Versuch unternommen, grundlegende, neue Daten aufzuzeichnen, um Einblicke in das Tränkeverhalten zu gewinnen. Dabei stellte sich die Frage, inwieweit unterschiedliche Tränkeregime Einfluß auf die messbaren Parameter der Tränkeaufnahme haben.

Um den Einfluss der Tränketechnik (Fütterungsautomat) einschätzen zu können, musste ermittelt werden, in welchem Maße die Ergebnisse von der Technik beeinflusst werden. Die am häufigsten für die Lämmeraufzucht verwendete Technik stellte das Tränken per Saugeimer dar. Da keine Daten über eine Aufzucht von Heidschnuckenlämmer per Saugeimer vorlagen, sollten Vergleichswerte für die per Automat getränkten Tiere ermittelt werden.

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2. Literaturübersicht

2.1 Mutterlose Aufzucht 2.1.1 Anwendungsbereiche

Die Anwendungsbereiche der mutterlosen Aufzucht reichen von der Rettung einzelner Problemlämmer bis zum Einsatz als alleiniges Aufzuchtverfahren der Lämmer eines Betriebes.

Als klassische Anwendung einer mutterlosen Aufzucht ist die Versorgung von so genannten Problemlämmern zu sehen. Dabei ist aus verschiedenen Gründen die natürliche Versorgung der neugeborenen Säugetiere mit maternalem Kolostrum oder Milch nicht zufriedenstellend gewährleistet. In diesem Zusammenhang sind absolute oder relative Agalaktie (Mehlingsgeburten), Mastitiden und Verhaltensabweichungen wie etwa fehlerhafte Mutter- Lamm-Bindung und „Bösartigkeit“ des Muttertieres (BEHRENS 1980; GREIMANN 1991) zu nennen. Von Seiten des Lammes können angeborene Störungen, Lebensschwäche und ungenügende Adaption an die perinatal vorherrschenden Umweltbedingungen Ursache für eine unzureichende Aufnahme mit Kolostrum sein (GUTSCHE & POSSART 1980; EALES 1984; MARX 1987; HAUGHEY 1993).

Im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts verlagerte sich der Nutzungsschwerpunkt der wirtschaftlichen Schafhaltung einseitig zur Produktion von Lammfleisch. So lag der angestrebte Kostendeckungsbeitrag aus den Einnahmen der Fleischproduktion in den 60er Jahren bereits bei 90% und ist heute noch höher anzusiedeln (SCHLOLAUT 1969; JEROCH 1999). Aus dieser vorrangigen Aufgabe der Erzeugung von Fleisch ergibt sich die Forderung nach einer Optimierung der Herdenfruchtbarkeit. Um die Produktivität zu steigern, müssen also die Anzahl der Lämmer pro Muttertier gesteigert und die Zwischenlammzeiten verringert werden. Verschiedene Möglichkeiten bieten sich hierfür an. Beispielsweise das Einkreuzen einer fruchtbaren Rasse, Hormonbehandlungen, Lichtbehandlungen und die Verwendung von Rassen mit asaisonalem Brunstzyklus (PENNING 1971; HOLTZ 1975; NITTER 1975;

WASSMUTH 1975; KALLWEIT & SCHMIDT 1981). Besonders durch die Einkreuzung von hochfertilen Rassen wie etwa Romanov-Schafen, die das Booroola-Gen tragen, werden in

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vielen Herden vorwiegend Zwillingslämmer und mit relativ hoher Frequenz auch Drillingslämmer geboren.

Durch die hohe Anzahl an Mehrlingslämmern steigt die Lämmersterblichkeit häufig auf über 20% an, da die Mutterschafe vieler Rassen nicht in der Lage sind, alle Lämmer zu versorgen (LARGE 1965; OWEN & DAVIES 1965; KALLWEIT et al. 1985; KOUIMTZIS 1985;

CROSTON & POLLOTT 1994).

Neben den Totalverlusten an Lämmern treten vermehrt Aufzuchtprobleme auf. Vorrangig zu nennen sind erhöhter Arbeitsaufwand durch Problemlämmer, schlechtere Mutter-Lamm- Bindungen, schlechte Zuwachsraten der Mehrlinge aufgrund relativer Agalaktie, Konkurrenz am Euter, verlängerte Aufzuchtzeiten, auseinander Wachsen der Lämmer, Fehlverhalten der Lämmer (gegenseitiges Besaugen und Auftreten von „Milchräubern“) (SAMOUILIDIS 1977;

BEHRENS 1980; HAUGHEY 1993; v. SCHWIETE 1997; MINTER 1999).

Somit wird der wirtschaftliche Erfolg der gesteigerten Reproduktionsrate der Muttertiere durch hohe Aufzuchtverluste und Aufzuchtprobleme gefährdet. Durch das enge Kosten- Nutzen-Verhältnis in der Schafhaltung erhält die erfolgreiche Aufzucht aller Lämmer eine gesteigerte Bedeutung bezüglich der Wirtschaftlichkeit. Aus den Bemühungen um eine gesteigerte Produktivität leitet sich die weiterführende Forderung nach sicheren Aufzuchtverfahren der vermehrt auftretenden Problem- und Mehrlingslämmern ab (GUTSCHE & POSSART 1980).

Als die intensivste Form der mutterlosen Aufzucht ist ein Einsatz, der als Standardverfahren für alle Lämmer eines Bestandes angewandt wird, zu sehen. Unter gewissen Vorraussetzungen im Hinblick auf Arbeitsweise, Größeneinheiten und Arbeitsteilung ist dieses Verfahren der Lammfleischproduktion besonders kostengünstig (BURKART 1973).

Als Vorzüge der generellen mutterlosen Aufzucht sind homogene Aufzuchtgruppen, kürzere Zwischenlammzeiten durch Verkürzung des laktationsbedingten Anöstrus, p.p. verringerte Futterkosten für die Muttertiere sowie Vorteile bei extensiver Haltung der Muttertiere zu nennen (SCHLOLAUT 1975; BEHRENS 1976).

Während eine mutterlose Aufzucht mit Frühabsetzen bei Kälbern weite Verbreitung gefunden hat, ist die mutterlose Aufzucht bei Lämmern eher die Ausnahme. Dabei ist die Durchführbarkeit der künstlichen Aufzucht nicht in Frage gestellt. Der hohe Aufwand an Arbeit, Futter und Ausstattung lassen den wirtschaftlichen Vergleich zur herkömmlichen Aufzucht aber zu Ungunsten der artifiziellen Aufzucht ausgehen (GLADROW 1975). Eine

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andersartige Kostenstruktur liegt in Schaf- und Ziegenmilchbetrieben vor. Da hier als Wirtschaftsfaktor die Milchgewinnung im Vordergrund steht und diese mit einer herkömmlichen Aufzucht in Konkurrenz steht, bietet hier die mutterlose Aufzucht wirtschaftliche Vorteile (SCHLOLAUT 1992; v. SCHWIETE 1997).

Eine mutterlose Aufzucht aller Lämmer wird in Versuchsaufbauten und Herdensanierungen eingesetzt. Dabei geht es um den Ausschluss maternaler Effekte, die Unterbrechung von Infektionsketten oder die Vermeidung von unerwünschten Stoffe wie etwa polychlorierte Biphenyle (PCB) (GREIMANN 1991).

Die Sanierungen von Herden von Krankheitserregern sind im Zusammenhang mit Lippengrind, Moderhinke und verschiedenen Endoparasiten beschrieben worden ( LARGE 1965; SCHLOLAUT 1969; SCHLOLAUT 1971). Größere Bedeutung bei der Anwendung von Herdensanierungen haben in der Praxis Maedi/Visna und Caprine Arthritis Enzephalitis (CAE). Dabei werden die Lämmer unmittelbar nach der Geburt von den Müttern getrennt (HOUWERS 1983; PERL et al. 1995; RONSMANS & PISSIERSSENS 1995). Auf diese Weise soll die Virusübertragung durch Speichel, Kolostrum, Milch, Kontakt, Exkremente, Tröpfchen und Umwelt unterbrochen werden. Die Sanierungserfolge sind bei sorgfältiger Vorgehensweise sehr hoch, vereinzelt auftretende Übertragung von Maedi/Visna auf die Frucht ist weiterhin möglich (HOUWERS 1983; ZETTL & BRÖMEL 1994).

Die vorliegenden Untersuchungen wurden im Rahmen eines Sanierungsversuches von Lungenadenomatose (LA) durchgeführt. Im Gegensatz zu Maedi/Visna Sanierungen steht bei LA dabei eine Übertragung durch Lungensekret im Vordergrund. Der Virusnachweis in dem z.T. hgr. anfallenden Lungensekret lässt eine mögliche Ansteckung der Lämmer schon beim Ablecken der Fruchthüllen p.p. vermuten. Durchschnittlich dauert das Ablecken 20 Minuten (MEYER 1984). Entgegen früheren Annahmen treten makroskopische Veränderungen bereits bei Lämmern im Alter von wenigen Monaten auf (SHARP & HERRING 1983;

CHOMCZYNSKI 1986; PALMARINI et al. 1996; GANTER 1996 & 1999; KRÄMER 1999). In der praktischen Konsequenz müssen Lämmer von den Müttern getrennt werden, bevor sich das Muttertier dem Neugeborenen zuwenden kann. Dies ist praktisch fast nur durch ein manuelles Eingreifen und Entwickeln der Frucht in der Endphase der Geburt möglich. Bisherige Ergebnisse lassen eine hohe Sicherheit des Verfahrens zur Unterbrechung der Infektionskette vermuten (GANTER 1999).

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2.1.2 Formen der mutterlosen Aufzucht

Zur Aufzucht von Lämmern sind grundsätzlich drei Verfahren üblich, die sich im Hinblick auf die Saugzeit am Muttertier unterscheiden. Hierzu zählen die natürliche Aufzucht (ca. 90 – 120 Tage) das Frühentwöhnen (ca. 30 – 40 Tage) und die künstliche oder mutterlose Aufzucht (1-3 Tage) (BURGKART 1975; ZETTL & BRÖMEL 1994). Entfällt die Saugzeit am Muttertier ganz, muss eine künstliche Versorgung zum Ersatz des maternalen Kolostrums erfolgen. Diese Verfahrensweise führt zu erheblichem Arbeitsaufwand und hat vornehmlich für Herdensanierungen und Versuchsaufbauten Bedeutung (BAUER et al. 1971;

BURGKART 1975; HERBORT 1990; KLOBASA 1991–1994; WERNING 1993; STIENS 1994; GANTER 1999).

STIENS (1994) weist darauf hin, dass der Sprachgebrauch bezüglich der verschiedenen mutterlosen Aufzuchtverfahren in der Literatur nicht einheitlich ist. Unter „mutterloser Aufzucht“ werden dabei sowohl das Frühentwöhnen als auch die künstliche Aufzucht mit oder ohne Saugzeit am Muttertier bezeichnet.

Eine Definition der Begrifflichkeiten findet sich bei SENFT und KLOBASA (1972). Dort werden zunächst die Begriffe „natürliche Aufzucht“ - gleich homologes Kolostrum (auch Blut und Seren) - und „künstliche Aufzucht“ - gleich heterologes Kolostrum bzw. Ersatzprodukte - unterschieden. Beide Verfahren können als mutterlose Aufzucht durchgeführt werden. Sie werden noch genauer beschrieben durch die Angabe der Saugzeit. Ein Lamm in einer Herdensanierung mit Rinderkolostrum befindet sich folglich in einer „künstlichen, mutterlosen Aufzucht ohne Saugzeit“. Im Vergleich dazu ist das frühabgesetzte (3. Tag) Aufzuchtlamm in einer „natürlichen mutterlosen Aufzucht mit kurzer Saugzeit“. Kriterien der verschieden Aufzuchtsverfahren nach SENFT (1972) sind in Abbildung 2.1 dargestellt.

Abb.2.1: Kriterien der natürlichen und künstlichen Aufzucht (nach SENFT, 1972)

Kriterium Natürliche Aufzucht Künstliche Aufzucht Geburt Natürlich oder chirugisch Natürlich oder chirugisch

Passive Immunisierung Homolog Heterolog

Fütterung Muttermilch oder Ersatz Ersatz für Muttermilch Haltung Lämmer können bei der

Mutter verbleiben

Trennung von der Mutter unmittelbar nach der Geburt

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Wesentliches Unterscheidungskriterium mutterloser Aufzuchtverfahren ohne Saugzeit ist die Erstversorgung der Neonaten mit dem Ziel der Immunitätssteigerung. Dafür können homologe oder heterologe Immunglobuline in Form von Kolostrum, Blut, Serum oder immunitätsfördernden Ersatzprodukten verabreicht werden (AL-JAWAD 1985; HERBORT 1990; KLOBASA 1991–1994; WERNING 1993; STIENS 1994). Ein Verzicht auf die immunologische Erstversorgung in der mutterlosen Aufzucht führt zu Verlustraten bis zu 92% bei den Lämmern, die weder Kolostrum noch ein Kolostrumersatzpräparat erhalten STIENS (1994).

2.2 Rechtliche Grundlagen für die mutterlose Aufzucht

Spezielle Haltungs- und Hygieneverordnungen oder Richtlinien für die Aufzucht von Lämmern gibt es nicht. Abgesehen vom Tierschutzgesetz sind nur wenige konkrete rechtliche Vorgaben in anderen Gesetzestexten für eine mutterlose Aufzucht relevant.

Durch das TIERSCHUTZGESETZ in Fassung vom 25.5.1998 wird die grundsätzliche Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf zu Grunde gelegt (§1). Als allgemeiner Rahmen wird über die Formulierung „dem Tier, seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen“ die Ernährung, Pflege, Unterbringung und Bewegungsfreiheit umschrieben. Konkret für die Aufzucht von Lämmern sind praktisch die Ausführungen des §5 bezüglich der Kennzeichnung, des Kastrierens und des Schwänzekupierens relevant.

Das TIERSEUCHENGESETZ (1995) und die VERORDNUNG ZUM SCHUTZ GEGEN DIE VERSCHLEPPUNG VON TIERSEUCHEN IM VIEHHANDEL (Viehverkehrs- Verordnung, 1995) haben bezüglich der Kennzeichnung der Lämmer eine Bedeutung, wenn die Aufzucht aus hygienischen Gründen außerhalb des Ursprungsbetriebes stattfinden soll.

Das Tierkörperbeseitigungsgesetz und weitere arzneimittelrechtliche, fleischhygienerechtliche und lebensmittelrechtliche Gesetze und Verordnungen sind im gleichen Maße wie bei einer natürlichen Aufzucht zu beachten.

Der STÄNDIGE AUSSCHUSS DES ÜBEREINKOMMENS ZUM SCHUTZ VON TIEREN IN LANDWIRTSCHAFTLICHER TIERHALTUNG (1992) gibt in seinen Empfehlungen einen rechtlichen Anhalt für die Haltung von Schafen. Mit der Veröffentlichung der Empfehlungen im Bundesanzeiger können diese ebenfalls als rechtliche Grundlage herangezogen werden. Wichtige Aspekte für die mutterlose Aufzucht, betreffend die

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Geburtshygiene, die Aufstallung, technische Ausstattung, Kolostrumversorgung, Reinigung und Hygiene, Fütterung, Wasserversorgung, Gesundheitsmanagement und Fachkenntnis des Betreuungspersonals, werden angesprochen.

Der TIERSCHUTZDIENST NIEDERSACHEN hat in einer Arbeitsgruppe „Empfehlungen für die ganzjährige Weidehaltung“ erarbeitet. Die Ergebnisse decken sich weitgehend mit denen der europäischen Kommission, werden dabei aber konkreter für den Bereich der Weidehaltung ausgeführt.

2.3 Gesundheitsprobleme und Verluste in der mutterlosen Aufzucht

2.3.1 Postnatale Gesundheitsprobleme und Verluste in der Lämmeraufzucht

Grundsätzlich muß unterschieden werden, ob Gesundheitsprobleme speziell die mutterlose Aufzucht betreffen oder generell ein Problem in der Lämmeraufzucht darstellen. Einige Problemkomplexe (z.B. Hypothermie) können unter bestimmten Bedingungen in der mutterlosen Aufzucht ausgeschlossen werden.

Angaben in der Literatur über Probleme und Verluste in der mutterlosen Aufzucht müssen in diesem Zusammenhang in Bezug auf das Tiermaterial geprüft werden. Aufgrund der verschiedenen Anwendungsgebiete ist das Tiermaterial für die mutterlose Aufzucht von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Neben Gruppen von Problemlämmern werden bei generellem Einsatz in einem Betrieb Gruppen mit einem durchschnittlichen Gesundheitsstatus aufgezogen. Unter Versuchsbedingungen werden Verluste von 2 bis 10 % und unter Praxisbedingungen von 14 bis 27 % angegeben (KALLWEIT 1981).

Zu den wesentlichen Problemen in den ersten Tagen gehören angeborene Lebensschwäche, Asphyxie, Azidose nach Schwergeburten, angeborene Mangelzustände (z.B. Swayback, Kupfermangel, Selenmangel), Hypothermie und Hypoglykämie. Das Auftreten dieser Störungen ist unabhängig vom Aufzuchtverfahren.

Die Verluste, die aus diesen Problemen in den ersten Tagen der Aufzucht resultieren, machen anteilig bis zu 80% der Aufzuchtverluste aus (JUNG 1975; SCHLOLAUT 1977; BEHRENS 1980; EIGENMANN 1981; KALLWEIT & SCHMIDT 1981; THIEREZ 1985; MELLOR 1988; KAULFUß 1999).

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Die Beherrschung dieser Probleme entscheidet wesentlich über den Erfolg der Aufzucht Die Sorge um hohe Verluste bei der Anwendung von mutterloser Aufzucht hat verhindert, dass das Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine weite Verbreitung gefunden hat. Einen wesentlichen Grund dafür sieht BOSTEDT (1978) im Überschneiden der künstlichen Aufzucht mit der postnatalen Adaptationsphase.

In der natürlichen Aufzucht wird ein starvation-mismothering-exposure-complex (SME), also Verhungern, Fehlverhalten der Mutter sowie Einwirkungen von Umwelteinflüssen als Hauptursache für Lämmerverluste gesehen (HAUGHEY 1993). In Bezug auf die physiologischen Verhältnisse des Lammes wird auch von einem Hypoglycämie- Hypothermie-Komplex gesprochen. Dabei ist ein Circulus vitiosus zu konstatieren, der durch eine Azidose nach Schwergeburt (s.u.) oder Atemnotsyndrom noch verstärkt wird: Alle diese Störungen führen über Stoffwechselveränderungen (Azidose, Erschöpfung der Glykogen- und Fettreserven) zu einer Absenkung der Körperkerntemperatur und der lebenswichtigen Saugaktivität (KAULFUß 1999). Die beobachtete Aktivität der Lämmer steht im Zusammenhang mit den Überlebensraten (SÜSS & KOENIG 1986). Die beobachtete Gesamtaktivität eines Lammes korreliert nicht mit der Saugaktivität, lässt aber Rückschlüsse auf den Energiehaushalt zu (O´CONNOR & LAWRENCE 1992).

THERIEZ (1985) beschreibt das typische perinatale Verhalten von Lämmern mit einem hohen Verlustrisiko (high risk lambs). Diese brauchen Geburtshilfe, sind untergewichtig, inaktiv, stehen erst nach 30 bis 60 Minuten das erste Mal auf und leiden an Hypothermie.

Signifikante Temperaturunterschiede (über das Maß physiologischer Schwankungen hinaus, gemessen nach der Geburt) zwischen überlebenden Lämmern (Mittel: 40, 0 °C) und solchen, die am ersten bzw. den nächsten Tagen verendeten (Mittel: 38, 4 °C bzw. 39, 5 °C) können genutzt werden, um Problemlämmer frühzeitig zu erkennen (POURHASSAN 1986; MARX 1987; KAULFUß 1991).

Die Möglichkeit, die Umgebungstemperatur und die energetische Versorgung der Lämmer in der mutterlosen Aufzucht gezielt zu kontrollieren und zu regulieren, bietet wesentliche Vorteile gegenüber der natürlichen Aufzucht.

Unabhängig vom Aufzuchtverfahren bestehen verschiedene Zusammenhänge zwischen Geburtsverlauf, Geschlecht, Wurfgröße und Geburtsgewicht und den Verlusten der Aufzucht (LAUCHER 1973; SÜSS & KOENIG 1986).

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Geburtsverlauf und Geburtsgewicht stellen wesentliche Faktoren für die Überlebenschancen in den ersten Tagen dar.

Der Schweregrad der geburtshilflichen Maßnahme bestimmt den Grad der postnatalen Azidose. Das Ausmaß der Azidose korreliert mit den Verlusten in den ersten Lebenstagen.

Schwere Lämmer sind in diesem Zusammenhang aufgrund der relativen Enge des Geburtsweges benachteiligt (WASSMUTH & JATSCH 1980; EIGENMANN 1981 KALLWEIT & SCHMIDT 1981). Schwere Lämmer weisen zudem häufig niedrige Thyroid- Hormonkonzentrationen auf, die parallel als Ursache für die höhere Verlustrate diskutiert werden (WOLLNY 1985).

Ein niedriges Geburtsgewicht wird von mehreren Autoren in enger Korrelation mit den späteren Verlusten gesehen (LAUCHER 1973; BOSTEDT 1978; KALLWEIT & SCHMIDT 1981; SÜSS & KOENIG 1986; PEETERS et al. 1995). BOSTEDT (1978) vertritt die Ansicht, dass ein Einstellgewicht von unter 3 kg am 2. Lebenstag stets zu Problemen führe.

Bei LAUCHER (1973) verendeten in einer Untersuchung mit 632 Lämmern alle Tiere unter 3 kg Geburtsgewicht. Lämmern mit Gewichten, die gering über dem rassentypischen Mittel liegen, werden die höchsten Überlebenschancen eingeräumt (SÜSS & KOENIG 1986).

Wurfgröße und Geschlecht spielen bei den Verlusten eine signifikante Rolle. So verendeten bei einer Untersuchung mit 486 Tieren 12 % der Zwillingslämmer im Gegensatz zu 8% der Einlinge (LAUCHER 1973). In der gleichen Untersuchung konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen Geschlecht und Verlustrate festgestellt werden.

Der maternale Einfluss und die fetale Entwicklung werden unterschiedlich bewertet. Der body condition scores der Muttertiere soll keinen signifikanten Einfluss auf die Verluste haben (BARLOW et al. 1987). In anderen Darstellungen wird die Vorbereitung der Mutter auf ihre nutritive Aufgabe und die damit verbundene fetale Entwicklung als Vorbereitung auf ein eigenständigen Leben betont (MELLOR 1988). Wird eine Aufzucht mit Saugzeit bei der Mutter durchgeführt, können absolute und relative Agalaktie, Fehlverhalten der Mutter etc.

auftreten (vgl. 2.11).

Innerhalb der verschiedenen Rassen gibt es dabei Unterschiede in der Heritabilität des Merkmals Lämmerüberlebensrate (lamb survival), welches sich aus mütterlichen und direkten genetischen Effekten zusammensetzt (HANRAHAN 1985).

(21)

In verschiedenen Veröffentlichungen werden Analysen der Verluste vorgenommen. Ein Beispiel, an dem die Bedeutung der verschiedenen Probleme deutlich wird, findet sich bei FRERKING (1987). Die Ergebnisse sind in Abbildung 2.2 dargestellt.

Abb. 2.2: Zuordnung der Verluste in der Aufzucht von 818 Lämmern zu Ursachengruppen (nach FRERKING 1987)

Ursache Prozentualer Anteil an den Verlusten

Plazentale Unterversorgung 24 %

Akute Hypoxaemie 35 %

Unzureichende Thermogenese 12 %

Unzureichende Nahrungsaufnahme 13 %

Keiner Ursache zuzuordnen 16 %

Das Auftreten von Infektionskrankheiten ist nicht spezifisch für die mutterlose Aufzucht.

Doch beeinflusst die Verfahrenstechnik (z.B. Aufstallung, Besatzdichte, gemeinsame Tränkeeinrichtung) die Übertragung und das Auftreten. Die Krankheitsanfälligkeit in der mutterlosen Aufzucht ist aber ohne sorgfältige Gesundheitskontrolle teilweise entscheidend höher (BOSTEDT 1978). In den ersten Tagen können Durchfälle durch Bakterien (v.a.

Escherichia coli) und Viren (Rota, Corona) oder Lämmerdysenterie (Clostridium perfringens Typ B) auftreten. Im Zusammenhang mit unzureichender Hygiene kommt besondere Bedeutung Infektionen mit Escherichia coli zu. Meist oral aufgenommen, führen sie zu Enteritiden, Septikämien und Enterotoxämien. Dabei führen Infektionen vor der Kolostrumaufnahme teils zu einer erheblichen Vermehrung der Bakterien im pH-neutralen Verdauungstrakt mit massiver Toxinbildung . Das klinisch Bild ist durch Tympanien, Lethargie, Inappetenz und hgr. Salivation geprägt. Letzteres hat im englischen Sprachgebrauch zur Bezeichnung „watery mouth“ geführt Die Morbidität ist sehr hoch, während die Mortalität zwischen 15 –75 % angegeben wird (EARLES 1987; ZETTL &

BRÖMEL 1994; SARGISON et al. 1997).

2.3.2 Probleme in der weiteren Aufzucht

Infektiös bedingte Probleme sind nicht abhängig vom Aufzuchtverfahren (s.o.). Aspekte der Haltung und Hygiene stehen im Vordergrund. Das Infektionsgeschehen ist meist

(22)

multifaktoriell. Bakteriologische Befunde variieren daher bestandsabhängig (BOSTEDT 1978).

Zu den Ursachen infektiöser Erkrankungen in der Lämmeraufzucht gehören unter anderem:

Rota- und Coronaviren, Coliforme Keime, Clostridien, Protozoen (Kokzidien, Kryptosporidien) und verschiedene Parasiten (Magen-Darm-Würmer, Leberegel). Die häufigsten Ursachen für Verluste bei der Aufzucht von Lämmern sind Clostridien- und Escherichia-coli-Infektionen (LARGE 1965; SHAW 1971; LAUCHER 1973; KALLWEIT &

SCHMIDT 1981; MARX 1987). Im Detail sei auf die diversen Lehrbücher der Schafkrankheiten verwiesen (z.B. BEHRENS 1987; ZETTL & BRÖMEL 1994; BOSTEDT

& DEDIE 1996).

Im folgenden sei nur auf Probleme, die spezifisch mit der mutterlosen Aufzucht zusammenhängen, hingewiesen:

Durchfallerkrankungen aufgrund von Fütterungsfehlern spielen eine wesentliche Bedeutung für die Aufzucht von Jungtieren. Durchfälle ohne Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens werden meist auf Fütterungsfehler zurückgeführt. Eine Vielzahl von möglichen Fütterungsfehlern ist zu konstatieren. So kommen falsche Temperatur, Menge, Intervalle, Saugergröße, Konzentrationen etc. in Betracht. Bei vereinzelt auftretenden Durchfallerkrankungen empfiehlt PENNING (1971), erst bei einem Gewichtsverlust des Tieres einzugreifen.

Labmagentympanien gehören zu den am häufigsten beschriebenene Problemen, die auf mutterlose Aufzucht zurückgeführt werden Die Ursache wird im Übertrinken - dem schnellen Trinken großer Mengen - gesehen (LARGE 1965; BAUER et al. 1971; TREACHER 1973;

BEHRENS 1978; GUTSCHE & POSSART 1980). Dabei werden große Lämmergruppen, restriktive Fütterung, ein ungünstiges Verhältnis zwischen Tränkestellen und Lämmeranzahl sowie Größenunterschiede zwischen den Tiere als prädisponierende Faktoren für die überhastete Aufnahme gesehen. Die Tympanien treten gehäuft in der Phase paralleler Tränke- und Beifutteraufnahme auf und werden bei Lämmern am Muttertier nicht beobachtet (LARGE 1965).

In der mutterlosen Aufzucht werden immer wieder Fälle von Mekoniumverhaltung beschrieben, und in diesem Zusammenhang wird auf die laxierende Wirkung von Kolostrum hingewiesen (TREACHER 1973; HERBORT 1989).

(23)

Durch die Nutzung gemeinsamer Tränkeeinrichtungen besteht in der mutterlosen Aufzucht eine besondere Gefährdung durch Lippengrind (PENNING 1971; GUTSCHE & POSSART 1980; KALLWEIT & SCHMIDT 1981).

Verhaltensanomalien mutterlos aufgezogener Lämmer werden in der Form von Beknappern und Präputiumsaugen beschrieben. Ein unbefriedigter Saugreiz durch geringe Saugzeiten wird von einigen Autoren vermutet. Die Verhaltensstörungen zeigen sich aber auch in ad-libitum- Gruppen mit geringer Besatzdichte pro Tränkestelle (STEPHANS & BALDWIN 1971;

POSSART 1980, GUTSCHE & POSSART 1980; SCHLOLAUT 1992).

BOSTEDT (1978) hat im Rahmen der Untersuchungen die pathologischen Befunde von 108 in der mutterlosen Aufzucht verendeten Lämmern ausgewertet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2.3 dargestellt. Dabei wurden vorwiegend Clostridien und Escherichia coli bzw.

Keime der Gruppe Pasteurella für die Veränderungen am Verdauungs- bzw. Atmungstrakt verantwortlich gemacht. Die Verluste traten in den ersten drei Lebenswochen und um die sechste Lebenswoche auf. In anderen Untersuchungen liegt der Anteil an Atemwegserkrankungen deutlich niedriger.

Abb. 2.3: Verteilung der gravierenden pathologischen Befunde von verendeten Lämmern bis zum Alter von 6 Wochen, die mutterlos aufgezogen worden waren (nach BOSTEDT, 1978).

Lokalisation bzw. Art der Veränderung Anzahl der Fälle Gastroenterales System 55 = 50,9 %

Respirationstrakt 32 = 29,6 % Bewegungsapparat 9 = 8,3 % Mißbildungen 2 = 1,9 % Trauma 3 = 2,8 % Sonstige 7 = 6,5 %

(24)

2.4 Zootechnische Aspekte und Organisation 2.4.1 Allgemeine Anforderungen

Das nur wenige Stunden alte Lamm wird nach der Trennung von der Mutter alleine in eine neue Umgebung verbracht. Durch das neue Keimmillieu, die Aufstalllung, die artfremde Nahrung in Form von Milchaustauscher und die künstliche Zitze werden hohe Anforderungen an die Widerstandskraft des Lammes gestellt (GUTSCHE & POSSART 1980).

EALES (1984) beschreibt anschaulich die Unterbringung und Versorgung von Problemlämmern in der Praxis: Die Tiere stehen in einer dunklen, feuchten Scheune und werden unregelmäßig aus einer schmierigen Flasche gefüttert. Während die Bakterien sich in der Umgebung und dem Futter der Lämmer vervielfachen, entsteht eine Gruppe schwacher, kranker Lämmer. Unbefriedigende Ergebnisse sind vorprogrammiert.

Auf die Notwendigkeit von intensiven Reinigungsanstrengungen sowohl im Geburts- und Stallbereich als auch bei der täglichen Tränke wird in allen Empfehlungen für die mutterlose Aufzucht hingewiesen. Durch die hohe Besatzdichte, die für eine rationelle Aufzucht nötig ist, steigt das Hygienerisiko (GLADROW 1965; BOSTEDT 1978; GREIMANN 1991).

In Konsequenz sind eine ausreichende Kolostrum- (oder Ersatz) und Futterversorgung sicherzustellen. Die baulichen, hygienischen und stallklimatischen Bedingungen sind zu optimieren, und eine umfassende Kontrolle aller für die Gesundheit relevanten Faktoren ist zu gewährleisten.

2.4.2 Geburtshygiene und Neugeborenenversorgung

Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Geburtshygiene zu. Der Einsatz eines

„Geburtshelfer-Eimers“ (SCHARNHÖLZ 1999) ermöglicht sauberes und effizientes Arbeiten. Der Eimer oder eine ausgestreute Plastikkiste dienen gleichzeitig dem Transport in den Aufzuchtbereich (RONSMANS & PISSIERSSENS 1985; SCHARNHÖLZ 1999).

Bekannte Maßnahmen der Neugeborenenversorgung (Nabeldesinfektion mit Wiederholungen und Nachkontrollen, Entfernen des Schleims aus den Atemwegen, Trockenreiben bzw. Atemmassage) werden in mehreren Quellen beschrieben. Die hohe Effektivität bezüglich der Verlustreduktion wird betont (KALLWEIT & SCHMIDT 1981;

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BEHRENS 1987; MARX 1987; ZETTL & BRÖMEL 1994; v. SCHWIETE; BOSTEDT &

DEDIE 1996; 1997; SCHARNHÖLZ 1999).

Auf die Bedeutung des Hypoglykämie-Hypothermie-Komplexes für die Verlustrate der Aufzucht wurde bereits hingewiesen. Verluste aufgrund von primärer Hypothermie treten früher (1 – 5 h p.p.) auf als solche, die durch primäre Hypoglykämie (10 – 72 h p.p.) bedingt werden (MARX 1987). Die schnelle Gewährleistung angemessener Umgebungstemperaturen (s.u.) und - bei Verzögerungen – die Kontrolle der rektalen Körpertemperatur stellen zusammen mit der ausreichenden Energieversorgung die wichtigsten Voraussetzung für eine Überwindung der Adaptationsphase dar. Wärme und Fütterung (inkl. Kolostrumversorgung), Temperaturmessung und ggf. Gabe von Traubenzucker und Vitaminen werden als rettende Maßnahmen für inaktive Lämmer empfohlen (THERIEZ 1985; MARX 1987; KAULFUß et al. 1999)

2.4.3 Aufstallung der Lämmer

Die Räume sollten gut zu reinigen und zu desinfizieren sein. Ferner sollten sie angemessen beleuchtet (80 – 100 Lux) sein und eine funktionelle Teilung (Aufzucht, Hygieneschleuse, Einstallbereich etc.) aufweisen. Die Arbeitskräfte sollten nur im Aufzuchtbereich mit stalleigener Kleidung arbeiten. Für umgerechnet 90 Lämmer ist dabei eine ganztägige Arbeitskraft einzuplanen. Um Wochenenden und Feiertage abzudecken, ist eine zweite Arbeitskraft erforderlich (GUTSCHE & POSSART 1980).

Eine Belegung sollte zwischen den Reinigungsintervallen nicht länger als sieben Tage erfolgen. In Gruppen zwischen 8 und 20 Tieren werden 0, 25 – 2 qm Stallfläche pro Lamm bereitgestellt (BAUER et al. 1971; BURGKART 1973; GLADROW 1975; MARX 1987;

QUANZ 1998).

Die Aufstallung erfolgt in den meisten Untersuchungen in eingestreuten Lämmerbuchten oder in ausgestreuten Stallabteilen. Problematisch ist der hohe Strohbedarf durch die großen Harnmengen und die weiche Kotkonsistenz (BAUER et al. 1971; BURGKART 1973;

RONSMANS & PISSIERSSENS 1985).

Die Verwendung von Ganzspalten- Lochblech- und Drahtgitterböden kann in der einstreulosen Haltung eingesetzt werden (BEHRENS 1978). Dabei hat die mangelhafte Abnutzung des Klauenhorns bei Haltung auf Einstreu aufgrund der kurzen Aufstallzeit für die mutterlose Haltung keine Bedeutung. Vorwiegend in der Literatur der DDR-Schafhaltung

(26)

(POSSART 1973) finden sich Angaben über industrielle Lämmeraufzucht und -mast, die auf Spaltenböden stattfand. Dabei wurde eine ganzjährige Belegung im Rein-Raus–Verfahren praktiziert. Die Produktionseinheiten betrugen bis zu 2200 Stallplätze je Einheit. Die baulichen Vorgaben entsprachen intensiver Schweinehaltung, so wurde etwa eine Tierschleuse mit Durchlaufwanne und Sprühtunnel für die Einstallung genutzt.

Die Angaben über die Verhältnisse von Stegen und Spalten variieren stark. So nennt POSSART (1973) 60 mm Auftrittfläche und 20 mm Spaltenbreite, während MARX (1987) 36 und 12 mm vorsieht.

Die Haltung auf Spalten widerspricht den Empfehlungen der EUROPÄISCHEN KOMMISSION für die Haltung von Schafen.

2.4.4 Klimatische Bedingungen für die Aufzucht

Die Angaben zu den Umgebungstemperaturen in der Aufzucht sind abhängig von der Aufstallung. Auf die erhebliche Problematik der Hypothermie und der energetischen Lage von neugeborenen Lämmern wurde bereits hingewiesen.

Auch in Bezug auf eine immunsuppressive Wirkung oder direkte ätiologische Zusamenhänge zwischen Stallklima und Infektionserkrankungen wird hingewiesen (SHAW 1971).

Bei der großangelegten Lämmeraufzucht wird der gesamte Stall beheizt. Dabei sind unter ökonomische und ökologische Gesichtspunkten hohe Anforderungen an die Isolation und Heiztechnik zu stellen. Bei Spaltenbodenhaltung muss zusätzlich die geringe Isolation der Liegeflächen beachtet werden. Folgende Temperaturempfehlungen für die Haltung auf Spalten werden gemacht: 1. Woche: 22 – 24 °C, 2. Woche: 20 – 22 °C, danach 16 – 18 °C (POSSART 1973; GUTSCHE & POSSART 1980; MARX 1987).

Für die Haltung auf Stroh werden 16 – 18 °C empfohlen (ZETTL & BRÖMEL 1994). In einem ausgestreuten Tieflaufstall werden 10 °C in einer Aufzucht für ausreichend gehalten (BAUER et al.1971).

Weite Verbreitung findet der Einsatz von Wärmelampen und Isoliermaterial (meist Strohballen), um Wärmebereiche zu schaffen. Dies ermöglicht es, auch bei unisolierten, ungeheizten Ställen, z.T. bei Temperaturen von unter minus 10 °C, Verluste zu vermeiden.

Dabei besteht neben Feuergefährdung die Gefahr, dass die Lämmer Verbrennungen erleiden.

Andere Heizgeräte (z.B. Elektro-Öl-Radiatoren) bieten in diesem Zusammenhang Vorteile (EALES 1984; RONSMANS & PISSIERSSENS 1985).

(27)

Bei der relativen Luftfeuchte werden wiederholt Angaben von um 75%, für Spaltenhaltung von 60% gemacht. Die maximale Luftgeschwindigkeit wird mit 0,1 m / s bei allen Empfehlungen einheitlich genannt (BURGKART 1973; GUTSCHE & POSSART 1980;

MARX 1987).

Die Einflüsse von Temperatur, Feuchte, Luftgeschwindigkeit und Luftdruck auf die Atem- und Herzfrequenz von Schafen wurde bei YOUSSEF (1986) untersucht. Dabei ergaben sich rassespezifische Unterschiede. Die Graue Gehörnte Heidschnucke zeigte dabei im Vergleich relativ hohe Herz- und Atemfrequenzen, aber eine niedrige Körpertemperatur, die empfindlich auf steigende Luftfeuchte reagiert. Eine Steigerung der Umgebungstemperatur führte kaum zu messbaren Veränderungen.

2.4.5 Gesundheitsprophylaxe

Um die Schwelle gegen das Ausbrechen von Infektionskrankheiten anzuheben, sind prophylaktische Maßnahmen notwendig. Generell gilt: Zum Zeitpunkt des Einstallens müssen die Lämmer klinisch gesund sein und selbständig trinken können (GUTSCHE & POSSART 1980).

Die foetale Leber kann keine Vitamin-A und –E-Reserven bilden. Die Gabe eines Vitamin- (A-D-E-C)-Kombinationspräparates, Selengaben und u.U. eines Antibiotikums bei der Einstallung (bei eventueller Wiederholung nach 10 Tagen) wird in verschiedenen Veröffentlichungen beschrieben (LARGE 1965; BAUER et al. 1971; BURGKART 1973;

BOSTEDT 1978; GUTSCHE & POSSART 1980; MEYER 1993; v. SCHWIETE 1997).

Auch die Gabe eines Eisenpräparates wird bei hohen Wachstumsraten empfohlen, um Leistungsabfall durch Anämien zu verhindern (SCHLOLAUT 1992).

Zum gleichen Zeitpunkt kann eine passive Immunisierung (z.B. gegen Escherichia-coli- Stämme oder Clostridien) durchgeführt werden (BOSTEDT 1978).

Die aktiven Impfungen gegen Enterotoxämie erfolgen ab der 3. / 4. Woche. Dabei besteht eine Konfliktsituation zwischen dem Streben nach frühem Impfschutz und dem negativen Einfluss der kolostralen (maternalen) Antikörper auf den Impferfolg. Im Serum des Lammes kommt es zwischen dem 16. und 32. Tag post partum zu einem Gleichgewicht zwischen dem Abbau maternaler Immunglobulinen und der endogenen Synthese. Zwischen der 6. und 10.

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Woche wird die Impfung wiederholt (PEARSON u. BRANDON 1976; BOSTEDT 1978, GUTSCHE & POSSART 1980; HERBORT 1990; v. SCHWIETE 1997).

Da die mutterlose Lämmeraufzucht bei sauberer Arbeitweise die Übertragung von verschiedenen Endoparasiten unterbricht, sollten die Tier in der weiteren Aufzucht oder Mast auf wurmfreie Weiden gestellt oder vier Wochen nach Weideauftrieb selber entwurmt werden (PENNING 1971; SCHLOLAUT 1992).

2.5 Bedeutung der natürlichen Kolostrumversorgung für die mutterlose Aufzucht 2.5.1 Immunologische Bedeutung

Aufgrund der Placenta syndesmo-chorialis des Schafes werden die Lämmer immunologisch kompetent, aber praktisch ungeschützt geboren. Die Übertragung von Immunglobulinen erfolgt laktogen (SENFT 1972). Dabei sieht WERHAHN (1980) die Zusammensetzung der Immunglobuline als „ein Abbild des Schutzes“, den die Mutter selber aufgebaut hat.

Auch bei gesicherter Kolostrumaufnahme besteht eine immunologische Unreife des Abwehrsystems des Neonaten, die nicht beeinflusst werden kann (STEINBACH 1971). Ein Verzicht auf eine immunologische Erstversorgung ist in der Regel mit unakzeptablen Tierverlusten verbunden. So verendeten bei STIENS (1994) über 92% der Lämmer, die weder Kolostrum noch ein Ersatzpräperat erhalten hatten. Auch Untersuchungen mit künstlicher Infektion mit Escherichia coli bei kontrollierter Gabe bzw. Entzug von Kolostrum machen die elmentare Bedeutung der Kolostrum-Versorgung deutlich (CAMPBELL 1974). Darüber hinaus werden Wachstumsdepressionen der verbleibenden Tiere beschrieben (LARGE 1965;

LOGAN 1978; EALES 1982; STAAK 1991).

Über die Bedeutung der Kolostrumaufnahme gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, bei denen die immunologischen und energetischen Aspekte herausgestellt werden. Eine umfangreiche Zusammenfassung der Absorptionsmechanismen (Aufnahme, Enzyminhibitoren im Kolostrum, pH-Werte und Enzyme im Verdauungstrakt, Absorptionswege und Kinetik) findet sich bei GREIMANN (1991).

(29)

2.5.2 Energetische Bedeutung und postnatale Aktivität

Die Energiereserven in Form von Fett und Kohlenhydraten machen beim Lamm ungefähr 3%

des Körpergewichts (400 – 1000 kcal) im Gegensatz zu 10 – 15 % beim adulten Tier aus. Das nasse, kurze Vlies bietet dabei kaum Kälteschutz, zusätzlich ist das Oberflächen-Volumen- Verhältnis und damit der Wärmeverlust beim Lamm höher als beim Adult (BEHRENS 1980;

EALES 1984).

Lämmer ohne Kolostrumgabe verenden meist innerhalb der ersten drei Tage und weisen ein typisches Sektionsbild auf. Das Fett im Bereich der Nieren und des Herzens ist fast vollständig aufgebraucht, der Rest stellt sich als braune Masse dar (BEHRENS 1980).

Die Aufnahme von Energie ist Voraussetzung für eine ausreichende Kolostrumaufnahme, die durch das Saugvermögen bestimmt wird. Der Suchreflex erlischt bei starker Hypothermie (~

37 ° C).

Im Normalfall sollte ein Lamm innerhalb der ersten 60 Minuten stehen und (erfolgreich) nach dem Euter des Muttertieres gesucht haben (BEHRENS 1980 & 1987; LYNCH 1992). Bei der durchschnittlichen Dauer bestehen Rasseunterschiede. Ein wesentlicher Faktor für die Euterlokalisation durch das Lamm ist die hohe Oberflächentemperatur des Euters. Daneben spielen Geruch und Tastsinn eine wichtige Rolle. Dabei wird durch Berührung von Stirn und Nase die Suchintensität, und durch Berühren der Nasenspitze die orale Saugaktivität gesteigert (LYNCH 1992).

Neben offensichtlichen Störungen der Kolostrumaufnahme (Unvermögen zu Stehen, Widersetzlichkeit des Mutterschafes) können auch starke Bewollung der Mutter und angeborene Missbildungen wie Kieferanomalien und Mikrophthalmie zu unbemerkter Unterversorgung führen (BEHRENS 1987).

2.5.3 Aspekte der Aufnahme des Kolostrums

HAASE (1995) hat die Auswirkung unterschiedlicher Saugzeiten am Muttertier auf die Ig- Konzentration untersucht. Dabei wurde kein Unterschied zwischen 12 oder 24 Stunden Verweildauer beim Muttertier festgestellt. Auf die Vorteile früher Trennung vom Muttertier wird im Zusammenhang mit der Tränketechnik eingegangen. NITTER (1975) weist dabei auf das erhöhte Mastitisrisiko für das Muttertier hin, da die Trennung zum Zeitpunkt maximaler Milchproduktion erfolgt.

(30)

Auf die Verluste hat die Variation der Immunglobulinkonzentration des Kolostrums keinen Einfluß, lediglich die quantitative Aufnahme des Kolostrums ist entscheidend (WERHAHN 1982). Es lässt sich ein direkter Zusammenhang zwischen Absorption (Ig-M und Ig-G) und den Verlusten zeigen. Dabei wird die Aufnahme von Kolostrum von der Aktivität des Lammes und dem Verhalten der Mutter wesentlich beeinflusst. Beide Aspekte weisen rassespezifische Unterschiede auf (KALLWEIT et al. 1985).

Eine zeitliche Obergrenze für die Aufnahme von Kolostrum wird durch den postnatalen Anstieg der proteolytischen Enzyme im Magen bestimmt (HARDY 1969). Die Immunglobuline im Kolostrum sind vor dem Abbau bis zu einem gewissen Grad durch Trypsininhibitoren geschützt (BAINTER 1975). Der pH-Wert im Labmagen fällt von einem Wert von 7 bei der Geburt auf einen Wert von 5 nach 12 Stunden und einen Wert um 3 innerhalb von 36 Stunden (MELLOR 1988).

Die Absorption ist auch von dem Zeitpunkt der ersten Aufnahme abhängig. DUCKER (1976) verhinderte für 6 oder 18 Stunden nach der Geburt, dass Lämmer an der Mutter saugten, und verglich die Gammoglobulinkonzentrationen mit denen von Lämmern, die an der Mutter verblieben waren. Gemessen von der ersten Kolostrumaufnahme zeigte sich bei allen Lämmern ein Peak der Konzentrationen 24 bis 72 Stunden nach der ersten Aufnahme.

Die Menge der absorbierten Gammaglobuline wurde durch die Abstinenzzeit nicht beeinträchtigt.

Die Absorption wird auch durch die Aufnahme des Kolostrums selber begrenzt. Mit der Aufnahme geht ein Umbau der Epithelzellen des Darmes einher (LUSTERMANN 1977).

Neben der zeitlichen Begrenzung wird die Absorption von der Aufnahmedauer, der Austauschrate mit anderen Körperflüssigkeiten und der Ausscheidungsrate bestimmt (KLOBASA 1994).

Variationen der Verabreichungsintervalle des Schafkolostrums (1, 2, 4, 6 Stunden) haben keinen deutlichen Einfluss auf die Serumkonzentrationen der Immunglobuline und keinen Einfluss auf endogene Ig-Synthese, das Wachstum oder die Verluste (KLOBASA 1992a).

Bei Variation der Verabreichungsdauer ( 6, 12, 18, 24 Stunden) von Schafkolostrum zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Erreichten Ig-Serumkonzentrationen bei Verlängerung auf 12 Stunden, während eine weitere Verlängerung unterproportional höhere Werte liefert. Ein Einfluss auf die endogene Synthese, Zuwachsraten oder Verluste besteht nicht (KLOBASA 1992b).

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Kolostrum hat eine laxierende Wirkung auf den Darm und vermindert so das Risiko einer Mekoniumverhaltung (TREACHER 1973; MARX 1987; MELLOR 1996; etc). Die aus der Darmpechverhaltung resultiernden Störungen können innerhalb der ersten 3 bis 10 Lebensstunden in schweren Fällen zum Tode führen (BEHRENS 1987). ZETTL & BRÖMEL (1994) nennen einen Zeitraum von bis zu 24 Stunden für den normalen Abgang.

Als Mindestmenge für die homologe Kolostrumaufnahme werden sehr unterschiedliche Angaben gemacht. Eine Volumenangabe von bis zu 1200 ml / Tier (KLOBASA 1991a;

PENNING 1971; GUTSCHE & POSSART 1980) und eine gewichtsabhängige Gabe von 8 g / kg Körpergewicht (TREACHER 1973) differieren praktisch erheblich. MELLOR (1996) geht davon aus, dass ein Lamm alle 2 Stunden maximal 270 ml Kolostrum / kg KGW trinken kann, und dass ein Mutterschaf (body conditioning score 3 – 4) diese Mengen - auch bei Zwillingen für jedes Tier - bereitstellt. Bei der Festlegung einer Mindestmenge sieht er die energetische Versorgung (180 – 210 ml / kg innerhalb von 18 h) als Grundlage, da er für den immunologische Schutz geringere Mengen veranschlagt.

Auf der Grundlage immunologischer Versorgung (Ig-Konzentrationen) kann eine Menge von 125 ml Kolostrum / kg KGW in 6-h-Intervallen innerhalb von 12 – 24 h Verabreichungsdauer als geeignet angesehen werden (KLOBASA 1991 - 1994).

2.5.4 Anlegen einer homologen Kolostrumbank

Zum Anlegen einer homologen Kolostrumreserve beschreibt MELLOR (1996) das Ausmelken von Mutterschafen ohne lebendes Lamm 0 - 2, 10 - 14 und 18 – 24 Stunden nach der Geburt. Dabei wird vor dem Melken Oxytocin verabreicht. Bei Mutterschafen mit Lamm sollte nur ein Strich leergemolken bzw. das Euter nie ganz leergemolken werden, damit eine ausreichende Menge für das Lamm bleibt. Die erste Entnahme sollte dabei nach 6 Stunden p.p. und nach Kontrolle der Kolostrumaufnahme durch das Lamm bei Fuß erfolgen. Das Kolostrum ist bei – 18 ° C über 6 – 9 Monate haltbar (MELLOR 1996).

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2.6 Möglichkeiten für den Ersatz von Schafkolostrum

Der Einsatz homologen Schafkolostrums hat in der mutterlosen Aufzucht nur bei Einzeltieren eine gewisse Bedeutung. Das Problem der Beschaffung größerer Mengen begrenzt die Anwendungsmöglichkeiten in der mutterlosen Aufzucht (GREIMANN 1991).

Diverse Untersuchungen beschäftgen sich mit Ersatzmöglichkeiten für homologes Kolostrum.

Eine umfangreiche Darstellung der Literatur findet sich bei HERBORT (1989).

CALDWELL (1957) setzte mit geringem Erfolg Rindermilch, gemischt mit Ei, Zucker und Lebertran, in der mutterlosen Aufzucht ein. Auch gab es Bemühungen, durch homologe oder heterologe Blut- und Serumgaben eine Erstversorgung zu gewährleisten. Dabei wurden nach Gaben von bovinem Serum die gleichen, guten Ergebnisse wie bei der Gabe von Rinderkolostrum erzielt (AL-JAWAD 1985).

Überwiegend wird aber der Einsatz von Rinderkolostrum beschrieben und praktiziert. Die gute Verfügbarkeit und die erzielten Ergebnisse haben zu einer weiten Verbreitung geführt.

(LARSON 1973, LARSON 1974; LOGAN 1978; INGLIS 1983; STUBBING 1983;

HERBORT 1989; GREIMANN 1991; KLOBASA 1991-1994; YVON 1992; STIENS 1994;

etc.). Auch die MEAT AND LIVESTOCK COMMISSION (1976) empfiehlt die Verwendung von Rinderkolostrum, falls homologes Kolostrum nicht zur Verfügung steht.

2.6.1 Rinderkolostrum als heterologer Ersatz für maternales Kolostrum

Es besteht eine weitgehende Homologie der Immunglobuline zwischen Rinder- und Schafkolostrum, die auf die Zugehörigkeit beider Tierarten zu den Wiederkäuern zurückzuführen ist (HERBORT 1989). Es bestehen Unterschiede in der Absorption, aber die Auswirkungen sind für die Praxis gering. Der durchschnittliche Ig-Gehalt gepoolter Kolostralmilch liegt bei Schafen bei 101 g / l Molke und bei Rindern bei 103 g / l Molke (HERBORT 1989).

Da zwischen Rinderkolostrum und Schafkolostrum ein energetischer Unterschied besteht, beschreibt QUANZ (1998) die Möglichkeit, Traubenzucker (1 Teelöffel auf 100 ml) zu substituieren. In Abbildung 2.4 sind die energiebestimmenden Inhaltstoffe im Vergleich (nach MEYER und KAMPHUES, 1990) dargestellt.

(33)

Abb. 2.4: Vergleich der Nährstoffgehalte von Schafkolostrum und Rinderkolostrum (nach MEYER und KAMPHUES 1990)

Tierart Fett Protein Laktose Energie Schaf 124 g / kg 130 g / kg 34 g / kg 9,67 MJ/kg

Rind 36 g / kg 130 g / kg 31 g / kg 5,02 MJ/kg Die Länge der Verabreichungsintervalle zwischen 1 und 6 Stunden bei gleicher Gesamtmenge haben keinen Einfluss auf die Immunglobulinkonzentrationen, die Eigensynthese, die Wachstumsraten und Tierverluste. Eine Verdopplung der angebotenen Menge (600 bzw. 1200 ml) führt zu einer Steigerung der Gesamtglobulinkonzentration um 49%, wobei sich Ig-klassenabhängige Unterschiede im Anstieg zeigten. Die endogene Immunglobulinsynthese, die Zuwachsraten und die Tierverluste wurden durch die Verdopplung der Menge nicht beeinflusst (HERBORT 1989; GREIMANN 1991; KLOBASA 1991a & 1991b).

Durch eine geburtsgewichtabhängige Gabe von Rinderkolostrum lassen sich vergleichbare Ig-Serumkonzentrationen für alle Lämmer in einer Gruppe schaffen. Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen verbessert sich, besonders bei Tieren, die vom mittleren Geburtsgewicht deutlich abweichen (KLOBASA 1993).

Das Volumen der Rinderkolostrumgabe kann durch Verdünnen mit Wasser gesteigert werden, ohne dass der Transport der Immunglobuline oder die endogene Globulinproduktion beeinflusst werden (GREIMANN 1991; KLOBASA 1994a).

Durch Verlängerung des zeitlichen Abstandes zwischen Geburt und erster Kolostrumgabe verschlechtern sich die Effizienz der Ig-Aufnahme, die Aufnahmebereitschaft der Lämmer, die Serumkonzentrationen und die Überlebenschancen (GREIMANN 1991; KLOBASA 1994b).

Durch gezielte Muttertier-Immunisierung lassen sich die immunologischen Eigenschaften bezüglich spezifischer Antikörper im Kolostrum beeinflussen. Somit besteht die Möglichkeit die natürliche Stallspezifität des maternalen Kolostrum für den Zweck der mutterlosen Aufzucht zu nutzen (WERHAHN 1980; STAAK 1992).

Die Ausnahme bei der Verabreichungstechnik dürfte ein „colostrum feeder“ nach FRASER (1992) darstellen. Dabei wird das mütterliche Euter durch eine Fell-Schaumstoff- Konstruktion, in welche die Saugflasche kopfüber eingepasst ist, vorgetäuscht. Obwohl die Akzeptanz sehr gut ist (FRASER 1992), besteht ein Problem in der Reinigung und

(34)

Desinfektion der Fellanteile, und die natürliche Körperhaltung hat später Nachteile beim Anlernen an gebräuchliche horizontal ausgerichtete Tränkeeinrichtungen (v. SCHWIETE 1997).

Die praktische Umsetzung und die Empfehlungen bezüglich der Kolostrumversorgung sind sehr unterschiedlich. In Abbildung 2.5 sind Beispiele aus der Literatur aufgeführt.

Abb. 2.5: Beispiele verwendeter Fütterungsregime für die Gabe von Rinder- und Schaf- kolostrum im Rahmen der mutterlosen Aufzucht

Autor Gesamtmenge Menge pro

kg KGW

Menge -Gabe – Zeit- Intervalle PENNING (1971);

BURGKART(1973) GUTSCHE (1980) SCHWIETE (1997)

JEROCH (1999)

Min 200 ml 3 Mahlzeiten in 6 -24 h p.p.

LOGAN (1978) 250, 375, 500 ml 25 - 50 ml

BEHRENS (1987) Min 100 ml 40-50 ml / 2-3 h

HERBORT (1989) 200 ml, Max 300 ml

2 Gaben in 15 h KLOBASA (1991) 600 und 1200 ml In 1, 2, 4, 6-h-Intervallen

über 24 h verteilt GREIMANN(1991) 125 und 250 ml 2 und 6-h-Intervalle

KLOBASA (1993) 125 und 250 ml In 1, 2, 4, 6-h-Intervallen über 24 h verteilt

KLOBASA (1994) 200 ml In 3-h-Intervallen; 1. Gabe: 0, 12, 24 h p.p.

QUANZ (1998) Min 100 ml 50 – 150 ml Innerhalb 2 h p.p. bis zu 2 Tage lang

THAMM (1993) Min 400 ml 12 Mahlzeiten mit 2 h Abstand

PERL et al. (1995) 170 ml 6 Gaben in 48 Std.

MELLOR (1996) Weide: 210 ml

Stall: 180 ml

In den ersten 18 h

(35)

Für das Anlegen einer Rinderkolostrumbank ist das Einfrieren des Kolostrums notwendig.

Soll das Kolostrum gepoolt werden, um das Risiko einer Hämolyse beim Einsatz bei Lämmern zu senken, ist ein weiteres Auftauen und Einfrieren notwendig. Diese Vorgehensweise und auch eine Jahre lange Lagerung haben keinen merklichen Einfluss auf die Verwendbarkeit des Rinderkolostrums für die mutterlose Aufzucht (KLOBASA 2000).

Werden größere Behälter für die Lagerung vewendet, muss das Klolostrum eventuell wiederholt aufgetaut und eingefroren werden. Untersuchungen über die Auswirkungen auf die Immunglobuline liegen nicht vor. Ein wiederholtes Einfrieren (bis zu 10 Mal) von Blutseren hat keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamteiweißmenge oder die Proteinfraktionen in der Elektrophorese (MANTEUFFEL 1973).

MEYER (1982) vergleicht verschiedene Verfahren zur Konservierung von Rinderkolostrum und bewertet das Tieffrieren als hervorragend geeignetes Verfahren. Auch gefriergetrocknetes Rinderkolostrum kann für die Aufzucht von Lämmern verwendet werden (LARSON 1974).

Um das Rinderkolostrum einsetzen zu können, muss es erwärmt werden. Das 30-minütige Erwärmen auf 55 ° C führt dabei zu keiner wesentlichen Veränderung des Eiweißgehaltes oder der Ig-G und Ig-M Spiegel (STEINBACH 1981).

Während durchschnittlich kräftige Lämmer Kolostrum per Flasche aufnehmen, muss bei sehr schwachen Tieren die Versorgung über eine Magensonde vorgenommen werden. Die Verwendung einer Sonde („Lammretter“) wird auch in Hinblick auf die Gefahr von Aspirationspneumonien von BURGKART (1973) sowie HERBORT (1989) erwähnt. Bei entsprechenden Untersuchungen an Kälbern wurden im Vergleich zu natürlicher Kolostrum- aufnahme erheblich niedrigere Absorptionsraten festgestellt, wenn Kolostrum per Sonde verabreicht wurde (ZAREMBA 1985).

2.6.2 Hämolytische Anämien im Zusammenhang mit der Verwendung von Rinderkolostrum Beim Einsatz von Rinderkolostrum ist es zu Fällen haemolytischer Anaemien bei den Lämmern gekommen (STUBBINGS 1983, INGLIS 1983; WINTER & CLARKSON 1992;

PERL et al. 1995). Anaemiefälle in Holland (1982), England (1983, 1992), Frankreich (1988) und Israel (1995) werden beschrieben. Dabei sind die Verluste unter klinisch betroffenen Lämmern sehr hoch, wie etwa in einem von INGLIS (1983) beschriebenen Fall, in dem alle Tiere verendeten. Pathologisch besonders eindrucksvoll sind die makroskopischen Befunde im Knochenmark (helle Farbe). Die klinischen Symptome sind blasse Schleimhäute, flache

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tachycarde Herztätigkeit, Apathie und Polydipsie. Intravenöse Bluttransfusionen, intraperinoneale Blutgaben sowie Eisen- und Corticossteroidgaben werden als Therapie empfohlen (STUBBINGS 1983, INGLIS 1983; WINTER & CLARKSON 1992; PERL et al.

1995).

BERNADINA & FRANKEN (1985) beschreiben die Anwendung einer doppelten AgarGel- Immundiffusion, um Rinderkolostrum auf präzipitierende Anti-Schaf-Faktoren zu testen. 20 Schafseren wurden gemischt. Bei der Anwendung des Testes wurden bei 353 Kolostrumproben von Rindern nur in 132 Fällen keine Antikörper im Rinderkolostrum nachgewiesen. Dennoch sind wenige Fälle von Anämien in der Literatur beschrieben.

2.6.3 Kommerzielle Kolostrumersatzprodukte

Kommerzielle Kolostrumersatzprodukte und –zusatzstoffe stellen eine weitere Möglichkeit der immunologischen Erstversorgung dar (RONSMANS & PISSIERSSENS 1985; BEYER 1988, WERNING 1993; QUANZ 1998). Die Produkte basieren auf Molkepulver und werden zusätzlich mit immunitätsfördenden Substanzen (z.B. Vitaminen) angereichert. Neben der guten Verfügbarkeit ist ein weiterer Vorteil dieser Produkte die Entkeimung im Rahmen der Herstellung, womit das Risiko von Infektionen gesenkt wird (QUANZ 1998).

Der Einsatz von COLOSTRX als Kolostrumersatzpräparat für Kälber führte zu signifikant niedrigeren Gammaglobulin-Werten als gepooltes Rinderkolostrum, ein ungünstiger Einfluss auf die Tiergesundheit wurde nicht festgestellt (BEYER 1988).

WERNING (1993) beschreibt das für Schaflämmer angebotene Präparat ProLam in der Verwendung als Kolostrumersatz bzw. –additiv. Die Tiere zeigten dabei eine normale Gewichts- und Gesundheitsentwicklung. WERNING (1993) verwendet dabei ein Punkte–

Schema, um die Lebensfrische, und einen Befundschlüssel, um die Gesundheitsentwicklung zu beurteilen.

2.7 Nachweis der Kolostrumaufnahme mittels γGT und anderer Blutparameter

Die Aufnahme ausreichender Kolostrummengen ist essentiell für den Erfolg einer mutterlosen Aufzucht. Als Indikator für die Kolostrumaufnahme von Kälbern wird in verschiedenen Untersuchungen der Plasmaenzymwert der Gamma-Glutamyl-Transferase (γGT) diskutiert.

So brachte REINHARDT (1977) zum ersten Mal die γGT-Werte bei Kälbern mit der Kolostrumaufnahme in Verbindung. Dabei sah er als wesentlichen Grund für die 20-fach

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höheren Werte bei Jungtieren die metabolischen Umstellungen an. Beim Vergleich der γGT- Konzentrationen in Schafkolostrum und Schafblut wurden im Kolostrum bis zu 470-fach höhere Werte ermittelt (PAULI 1983). BOEDIKER (1991) stellt bei seinen Untersuchungen an Kälbern γGT-Werte fest, die bis zu 160-fach über den Normalwerten adulter Tiere liegen.

Bei vergleichenden Untersuchungen der Enzymprofile von Kälbern und Lämmern übersteigen die γGT-Werte der Lämmer die der Kälber noch um ein Vielfaches (Lämmer 1685 +/- 1335 U/l; Kälber 277 +/- 235 U/l) (BOSTEDT 1983). WERNING (1993) nahm Blutproben unmittelbar nach der Geburt. Die Werte lagen für γGT zwischen 15 und 151 U/l und stiegen innerhalb der nächsten 8 Stunden auf Medianwerte zwischen 1663 und 1978 U/l in den Versuchsgruppen an.

BOSTEDT (1983) zeigt für die Enzymprofile der Lämmer auch ein deutliches postnatales Peak für das Enzym Aspartat-Aminotransferase (ASAT), das ebenfalls auf die Kolostrumaufnahme zurückgeführt werden kann. Bei einer anderen Untersuchung der Enzymverläufe neugeborener Kälber zeigt nur γGT nicht aber ASAT ein postnatales Maximum (FRERKING 1983).

Es wird angenommen, dass die Enzymverläufe von γGT und ASAT genutzt werden können, um Rückschlüsse auf die Kolostrumaufnahme zu ermöglichen (BRAUN 1982; BOSTEDT 1983; PAULI 1983; BEYER 1988).

Eine Aussage über die Kolostralmilchaufnahme bei Kälbern lässt sich auf Grundlage eines Einzelwertes nicht ableiten. Dennoch ist der Konzentrationsverlauf diagnostisch verwendbar (BEYER 1988; BOEDIKER 1991).

Da die Wertebereiche bei Lämmern nach Kolostrumversorgung deutlich höher liegen als bei Kälbern (BOSTEDT 1983), ist der Abstand zwischen Tieren ohne bzw. nach Kolostrumversorgung vermutlich deutlich größer.

Zur Bestimmung von γGT, ASAT und Creatinin kann das trockenchemische Reflotron- System (Fa. Boehringer, Mannheim) eingesetzt werden. Bei der diagnostischen Anwendung bei Schafen wurden im Vergleich zu nasschemischen Verfahren gute Ergebnisse gewonnen (BICKHARD &. MEYER 1987; BEYER 1988).

Eine Unterscheidung zwischen der Aufnahme von Kolostrumersatzpräparaten und Kolostrum ist anhand der γGT-Bestimmung nicht möglich, da diese auf der Grundlage von Molkepulver hergestellt werden. Somit ist γGT in beiden Stoffen in hohen Maße enthalten (WERNING 1993).

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Der Einfluss des Blutentnahmestresses (V. jugularis) auf die Enzymwerte γGT und ASAT sind bei GOHARY (1978) untersucht. Dabei ergeben sich innerhalb der ersten drei Minuten nach Beginn der Blutentnahme keine deutlichen Veränderungen der Werte.

2.8 Fütterung mit Milchaustauscher

Neben der Wahl des Milchaustauschers stehen mehrere verschiedene Tränkeverfahren zur Verfügung. Grundsätzlich werden restriktive Fütterung und ad-libitum-Fütterung voneinander unterschieden. Beide Verfahren können mit Warm- oder Kalttränke angewandt werden, woraus sich aufgrund der Haltbarkeit der Milch jeweils unterschiedliche Konsequenzen für die Durchführung ergeben. Besonders für die restriktive Fütterung gibt es eine Vielzahl an weiteren Variationsmöglichkeiten des Tränkeregimes.

In verschiedenen älteren Arbeiten wurden Rindermilch und Milchaustauscher verschiedener Zusammensetzungen eingesetzt (OWEN & DAVIES 1965; PENNING 1971; LOGAN 1978).

Durch die kommerziell angebotenen Milchaustauscher für Lämmer sind andere Möglichkeiten der Lämmertränkung wie z.B. Rindermilch und Milchaustauscher für Kälber in den Hintergrund getreten.

Rindermilch ist in seiner Zusammensetzung energetisch weniger hochwertig und hat zudem eine geringere Verdaulichkeit als Schafmilch (PENNING 1971).

Abb.2.6.: Vergleich wesentlicher Inhaltstoffe von Schafmilch und Kuhmilch in Prozent bezogen auf die Trockensubstanz (nach PENNING, 1971)

TS (%)

Fett (%)

Rohprotein (%)

Milchzucker (%)

Schafmilch 18,5 38,0 30.0 25,0

Kuhmilch 12,5 30,0 26,0 37,0

Durch den Einsatz von deutlich kostengünstigerem Kälbermilchaustauscher statt Lämmermilchaustausscher besteht die Gefahr einer Kupfervergiftung (BURGKART 1973), da die Kupferwerte z.T. erheblich höher liegen. Milchaustauscher für Lämmer sollte kein zusätzliches Kupfer enthalten (JEROCH 1999). Ausnahmen können auf anmoorigen und sandigen Böden bestehen – der anteilige Kupfergehalt ist aber meist nicht deklariert. Beim

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