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2.10 Tränketechnik

Mit der Anwendung und Entwicklung der mutterlosen Aufzucht von Problemlämmern bis hin zu industriellen Produktionsverfahren besteht eine große Bandbreite an möglichen Tränketechniken. Diese variiert von der Saugflasche über Blecheimer und umgebaute Regenrinnen bis zum computergestützten Tränkeautomaten mit individueller Tiererkennung.

Vor- und Nachteile stehen in engem Zusammenhang mit dem Tränkeverfahren, dem Umfang der Aufzucht und den wirtschaftlichen Überlegungen.

2.10.1 Entwicklung und praktische Anwendung der Tränketechnik

Erstmalig beschreibt MUMFORD im Jahre 1901 die mutterlose Aufzucht von 4 Schaflämmern mit Schafmilch aus der Flasche.

Im Bereich der Arbeitsersparnis ist die Entwicklung von der Flaschenfütterung (1901) zunächst zur Eimerfütterung bzw. Fütterung aus anderen offenen Behältern fortgeschritten (GAMBLE et al. 1938). Die Eimerfütterung hat als entscheidenden Nachteil, dass die Tiere

die Eimer verschmutzen, sodass man in Eimern keine ad-libitum-Tränke anbieten sollte (PENNING 1971). Die Verwendung von offenen Tränkebehältern wird mit höheren Tierverlusten in Verbindung gebracht (GORRILL 1971; ENGELHARDT 1984). In industriellen Lämmeraufzuchtverfahren werden Lämmer in sehr großen Gruppen aus Tränkewannen und -rinnen restriktiv und ad libitum getränkt (POSSART 1973; GUTSCHE &

POSSART 1980). Das Verfahren stellt die einfachste und billigste Tränketechnik dar.

Neben der Eimerfütterung wurden verschiedene Saugbehälter mit mehreren Saugern entwickelt. Der Begriff „Lämmerbar“ (lamb-bar) wurde von LARGE (1965) geprägt (GLADROW 1975). LARGE (1965) verwendet verschiedene Saugeimer, bei denen die Sauger entweder über Schläuche die Milch vom Boden des Eimers erhalten, und Eimer, bei denen die Sauger am Boden des Eimers angebracht sind. Diese müssen mit besonderen, nicht-tropfenden Saugern versehen werden (SCHLOLAUT 1969, GIBB & PENNING 1972).

Während erstgenannte Eimer den Vorteil hatten, dass mehrere Tiere gleichzeitig getränkt werden konnten, bestand bei den Saugern das Problem, dass die Tiere initial stärker saugen mussten. Somit war das Anlernen besonders der schwächeren Tiere schwieriger (LARGE 1965). Werden leergetrunkene Eimer hängen gelassen, zerbeißen die Lämmer die Sauger oder saugen Luft über die Sauger ein (RONSMANS & PISSIERSSENS 1985). Schwimmsauger wie, sie in der Kälbertränke verwendet werden, finden in der Lämmeraufzucht praktisch keine Anwendung (PLATH 1999).

In Anlehnung an die Entwicklung von Kälbertränkesystemen entwickelten sich in den folgenden Jahren verschiedene Verteilersysteme, um Milchaustauscher gleichzeitig an mehrere Sauger transportieren zu können (TREACHER 1973). Dabei stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Tränkestellen und Lämmeranzahl und nach der Größe der Tränkestellen.

Für die restriktive Fütterung wird von den meisten Autoren ein Verhältnis von 1:1 gefordert.

Wartezeiten für schwache Tiere können in Fehlverhalten wie Besaugen und Beknabbern resultieren, zusätzlich besteht die Gefahr des Übertrinken (Tympaniegefahr), wenn nicht jedes Tier eine eigene Tränkestelle hat. In einigen Untersuchungen werden Verhältnisse von bis zu 1:5 (Sauger : Lämmer) verwendet, ohne dass ein nachteiliger Effekt beschrieben wird. Die Tränkestellenbreite wird mit 200 mm angegeben. (TREACHER 1973; BEHRENS 1978;

GUTSCHE & POSSART 1980; RONSMANS & PISSIERSSENS 1985). In ad-libitum-Tränkeregimen werden bis zu 20 Tiere pro Saugstelle getränkt (GLADROW 1975).

Die vorgestellten Verteilersysteme sind aufgebaut aus einfachen Saugern, die auf einem Sockel sitzen und an ein verzweigtes Schlauchsystem angeschlossen sind. Ihre Konstruktion ist relativ unabhängig vom verwendeten Automatentyp. Sowohl durch die Schwerkraft als auch durch Pumpen können die Verteilersysteme befüllt werden (BURGKART 1973;

TREACHER 1973). Durch die teilweise lange Verweildauer im Tränkesystem bestehen hygienische Probleme bei Warmtränke, die bei einfachen Systemen nur mit erhöhtem Arbeitsaufwand zu beherrschen sind.

Während die Verteilersysteme zunächst nur für Kalttränke eingesetzt wurden, folgte im weiteren die Verwendung von halbautomatischen, beheizten Mixbehältern mit Rührwerk, welches das Absetzen bzw. Aufrahmen der Tränke verhindern sollte (SCHLOLAUT 1971).

Vollautomatische Tränkeautomaten in Verbindung mit stabileren Milchaustauschern ermöglichten die Kalt- und Warmtränkung über Verteilersysteme (BURGKART 1973).

BURGKART (1973) vertritt die Ansicht, dass mit einem Kälbertränkeautomaten bis zu 200 Lämmer über ein Verteilersystem versorgt werden können.

BURGKART (1973) empfiehlt aus wirtschaftlichen Gründen Kalttränke aus Halbautomaten für die Aufzucht. Abgesehen von den hohen Investitionskosten weist er aber auf Vorteile frischer, warmer Tränke (Vollautomat) besonders für die ersten Lebenstage hin.

Bei GLADROW (1975) wird die Modifikation eines Kälbertränkeautomaten und dessen Einsatz für Schaflämmer beschrieben. Die Veränderungen betreffen dabei die Druckverhältnisse im Verteilersystem. Der geringere Saugdruck der Lämmer musste berücksichtigt werden. Innerhalb des Versuches wurden bis zu 20 Tieren über eine Saugstelle getränkt. Als Umrechnungsfaktor für den Kälbertränkeautomat werden pro Kälberplatz etwas 10 Lämmer getränkt. Um das Abdrängen eines trinkenden Tieres vom Sauger zu erschweren, wurden um die Sauger Gittertrichter montiert, die ein seitliches Annähern erschweren.

Seit Beginn der 80er Jahre gibt es ad-libitum-Tränkeautomaten für Lämmer auf dem deutschen Markt (FÖRSTER-TECHNIK 2000). Parallel wurden in der Praxis Kälber-Warmtränkeautomaten für die Schafaufzucht verwendet. Vorherrschend ist aber die Tränkung aus Sauggefäßen mit Saugern. Diese sind billig herzustellen oder kommerziell zu erwerben und einfach in Anwendung und Reinigung. So überwiegt diese Tränketechnik in der Literatur über mutterlose Aufzucht. Der Einsatz von Verteilersystemen oder Automaten wird in der Literatur zwar teilweise empfohlen, aber es liegen keine Praxisberichte mit moderneren Systemen vor. Der Verkauf von mehreren hundert Geräten pro Jahr deutet aber auf einen vermehrten Einsatz in der Praxis hin (PENNING 1971; EALES 1984; DEDIE & BOSTEDT 1985; RONSMANS & PISSIERSSENS 1985; MARX 1987; HERBORT 1989; ZETTL &

BRÖMEL 1994; PERL et al. 1995; QUANZ 1998; JEROCH 1999; FÖRSTER-TECHNIK 2000).

Es gibt keine Literaturangaben zum Tränkeverhalten von Schaflämmern an Tränkeautomaten in Bezug auf die Tränkeaufnahme / Einzeltier / Tag, Besuchshäufigkeiten über die gesamte Tränkephase, Sauggeschwindigkeiten, Tränkerhythmus und Dauer der Tränkeaufnahmen.

Lediglich die Gesamtsaugzeit pro Tag wird mit durchschnittlich 17, 5 Minuten in der ersten und 10,1 Minuten in der fünften Woche angegeben (STEPHANS & BALDWIN 1971).

Für alle Tränketechniken wird ein homogenes Anmischen der Milchaustauschertränke ohne Klumpen als wichtig angesehen, da diese sonst zu Verdauungsstörungen und Durchfällen führen (QUANZ 1998). Der Autor weist auf unterschiedliche physikalische Eigenschaften von Milchaustauscher hin. Sprühgetrocknete Pulver bilden weniger Klumpen, entwickeln aber an der Oberfläche Krusten durch die Luftfeuchte. Dies kann zu Problemen im Automaten führen.

2.10.2 Anlernen der Tiere an die Tränkesysteme

Besonders Tiere, die bereits in natürlicher Körperhaltung an der Mutter gesaugt haben, müssen an Tränkeeinrichtungen mit horizontalen Saugern gewöhnt werden. Je länger die Saugzeit am Muttertier ist, um so länger benötigen Tiere für die Adaption an die Tränketechnik. Empfohlen wird daher, die Lämmer spätestens nach zwei Tagen von der Mutter zu trennen. Tiere, die per Flasche gefüttert wurden, gewöhnen sich schneller an eine Tränkestelle. (BAUER et. al. 1971; GORRILL et. al. 1971; PENNING 1971; BURGKART 1973; RONSMANS & PISSIERSENS 1997; v. SCHWIETE 1997).

Die Dauer des Anlernens an die Tränketechnik wird mit 2 bis 4 Tagen bzw. mit 3 bis 6 Hilfestellungen angegeben. Dabei besteht kein Zusammenhang mit dem Geburtsgewicht, aber eine direkte Korrelation zur Säugezeit am Muttertier (BAUER et al. 1971; BURGKART 1973; PENNING 1971). Es bestehen rassetypische Unterschiede im Lernvermögen. Kleinere Lämmer lernen schneller als große (PENNING 1971; DEGENHARDT 2000).

Bei der Beobachtung von 1078 Lämmern fanden 15 – 20 % der Lämmer ohne Hilfe innerhalb von 6 Stunden selber das Tränkeelement und nutzten dieses danach dauerhaft (GUTSCHE &

POSSART 1980). Bei der selben Untersuchung konnten die restlichen Lämmer innerhalb von

2 Tagen mit 5 bis 6 Hilfestellungen angelernt werden. Auch BURGKART (1973) beobachtet ein ähnliches Lernvermögen.

In mehreren Untersuchungen wurden Abstinenzzeiten (bis 12 h) genutzt, um das Saugbedürfnis der Tiere zu steigern (OWEN & DAVIES 1965; v. SCHWIETE 1997).

BURGKART (1973) verwendet Lehr-Lämmer, um neue Tiere an die Tränkevorrichtung anzulernen. Epidemiologisch sind Lehr-Lämmer kritisch zu beurteilen, da sie Infektionen auf neu eingestallte Lämmergruppen übertragen können.

V. SCHWIETE (1997) benetzt zum Anlernen einen Finger mit Milch, lässt das Lamm am Finger saugen und taucht dann die Hand in den Eimer. Dabei weist er auf die erschwerte Adaption hin, die durch starkes „Bemuttern“ der Lämmer, z.B. Flaschenfütterung auf dem Arm, verursacht wird.

EALES (1984) begrenzt während der Anlernzeit den Platz der Gruppe, um das Suchen zu erleichtern.