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Archiv "Der ungewollte Gewichtsverlust – Diagnostik und Prognose: Schlusswort" (06.09.2002)

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genossen seines Alters zu leiden hatte, andererseits aber abwägt, welchen Ein- fluss sie auf seine Lebensführung und be- sonders sein Lebensende gehabt haben.

Washington brauchte schon im Alter von 40 Jahren Gebiss-Teilprothesen, die er sich selbst mit Draht und einer Zange an den Restzähnen befestigen musste.Wäh- rend seiner Amtsführung als erster Präsi- dent der Union von 1787 bis 1797 hatte er schon vollständige Zahnprothesen für den Ober- und Unterkiefer. 1796 im Al- ter von 64 Jahren, ein Jahr vor Beendi- gung seiner zweiten Amtszeit als Präsi- dent der Union, war ihm der letzte Backenzahn im Unterkiefer links ent- fernt worden, der bis dahin die Unterkie- ferprothese einigermaßen gehalten hat- te.

Aus diesem Jahr stammt das im Arti- kel wiedergegebene Portrait von G.

Stuart, auf dem Washington wahrschein- lich mit der neuen Prothese dargestellt ist. Sie war etwas zu klein geraten, so dass die Lippen und Wangen eingefallen er- schienen; deshalb, und wohl nicht wegen Unterernährung, ließ der Maler sie mit Verbandmull unterpolstern. Die letzte von Washington getragene Prothese, von dem Zahnarzt John Greenwood angefer- tigt, wird heute im National Museum of American History, Smithonian Institu- tion, Washington, D. C., aufbewahrt. Sie besteht aus einer Gaumenplatte aus Gold, in die Zähne aus Elfenbein einge- dübelt sind. Die Unterkieferprothese ist aus einer zusammenhängenden Elfen- beinplatte geschnitzt. Sie lag flach auf dem Alveolarkamm des Unterkiefers und konnte leicht hin und her rutschen.

Ober- und Unterkieferprothesen wer- den durch zwei kräftige Spiralfedern zu- sammengehalten, gleichzeitig aber auch

„aufgeklappt“.

Die Prothese konnte nur als Ganzes eingesetzt oder herausgenommen wer- den. Der Träger musste durch ständige Muskelkraft beide Gebissteile zusam- menpressen und mit den Lippen die Posi- tion der Prothesen stabilisieren. Das ist der Grund für den verkniffenen Ge- sichtsausdruck auf dem Portrait und die bekannte Scheu Washingtons, in der Öf- fentlichkeit Reden zu halten. Trotz der mit dem Zahnverlust verbundenen Pro- bleme beim Essen gibt es keinen Anhalt dafür, dass Washington durch Gewichts- verlust wesentlich geschwächt worden

wäre. Er hat sich 1797 auf seine Farm zurückgezogen und sich bei allgemein zufriedenstellender Gesundheit den dort anfallenden schweren Arbeiten gewid- met. Am 12. Dezember 1799 hatte er noch wie gewöhnlich fünf Stunden, von 10 bis 15 Uhr, zu Pferd im Sattel seine Farm besichtigt, geriet hierbei aber in ein heftiges Unwetter mit Regen und Schnee, so dass er durchnässt zurück- kehrte. Am nächsten Tag verzichtete er wegen eines Schneesturms auf einen Ausritt, zeichnete aber noch am Nach- mittag Bäume an, die demnächst gefällt werden sollten. In der Nacht vom 13. zum 14. Dezember stellte sich ein Schüttel- frost ein, er konnte nur mühsam spre- chen und atmen und nichts mehr schlucken.Es handelte sich zweifellos um eine akute Laryngitis und Epiglottitis.

Bevor der herbeigerufene Arzt kommen konnte, ließ sich Washington selbst von einem seiner Getreuen einen Aderlass machen. Auf Einspruch von Mrs. Was- hington wurde aber nur „half a pint“ (ca.

250 ml) abgenommen. Der Zustand ver- schlechterte sich laufend. Der bald da- nach eintreffende Hausarzt nahm so- gleich einen ergiebigeren Aderlass vor.

Dann erschienen zwei weitere herbeige- rufene Ärzte. Nach intensiven Beratun- gen wurden Brechmittel und Abführmit- tel verabreicht und Blasenpflaster ge- setzt, und es wurden im Abstand von we- nigen Stunden noch einmal zwei Ader- lässe vorgenommen; bei dem letzten kam das Blut „dick und langsam“.

Eine Tracheotomie wurde zwar erwo- gen, aber letztlich doch nicht durchge- führt. Noch am selben Abend des 14. De- zember zwischen 22 und 23 Uhr starb Washington. Die Atmung war zuletzt etwas leichter geworden, er ist also nicht erstickt, sondern hatte offensichtlich nach vier Aderlässen innerhalb von acht Stunden mit einem Blutverlust von circa 1 500 mL ohne jegliche Flüssigkeitszu- fuhr einen Kreislaufkollaps erlitten, den der Körper nicht mehr kompensieren konnte. Eine allgemeine Schwächung durch ungenügende Nahrungsaufnahme wegen der Gebissprobleme stand wohl bei dem sonst kräftigen 67-Jährigen nicht im Vordergrund.

Prof. Dr. med. Harald Feldmann

Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Münster Kardinal-von-Galen-Ring 10

48149 Münster

Schlusswort

Ich danke Herrn Professor Dr. H. Feld- mann für sein Interesse an meinem Bei- trag über den ungewollten Gewichts- verlust (1).

Bei der Fülle von medizinischen In- formationen, die Tag für Tag auf Kolle- gen in Klinik und Praxis eindringen, be- darf es eines attraktiven Aufhängers für eine Übersicht, um das Interesse des Lesers zu wecken, den Artikel trotz Zeitmangels zu lesen. Dies war der Grund dafür, auf George Washington zu verweisen, für den Zahnschmerzen und späterer Zahnverlust mit unzurei- chender prothetischer Versorgung ein großes Problem waren, was seine Ernährungsweise entscheidend beein- flusste.

Der Beitrag von Feldmann schildert eindrucksvoll Washingtons Schwierig- keiten mit seiner Prothese, die ich in dieser Ausführlichkeit einem Beitrag über den ungewollten Gewichtsverlust nicht voranstellen konnte. Ein schlech- ter Zahnstatus beziehungsweise eine un- zureichende prothetische Versorgung ist tatsächlich eine der Hauptursachen eines Gewichtsverlustes beim alten Menschen (2). Auch wenn ein alter Mensch aufgrund seines Zahnstatus weniger Nahrung zu sich nehmen kann als er sollte und dadurch an Gewicht verliert, kann er trotzdem noch in der Lage sein, von Jugend an gewohnte kör- perliche Tätigkeiten auszuüben, wie dies auch bei George Washington der Fall war.

Literatur

1. Lankisch PG: Der ungewollte Gewichtsverlust: Diagno- stik und Prognose. Dtsch Ärztebl 2002; 99: A 1086–1094 [Heft 16].

2. Robbins LJ: Evaluation of weight loss in the elderly.

Geriatrics 1989; 44: 31–37.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Paul Georg Lankisch Medizinische Klinik

Städtisches Klinikum Lüneburg Bögelstraße 1

21339 Lüneburg

E-Mail: paulgeorg.lankisch@klinikum-lueneburg.de M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002 AA2351

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