622 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 38⏐⏐18. September 2009
M E D I Z I N
Beleg fehlt
Pfitzenmaier und Altwein verdeutlichen in ihrem sehr lesenswerten Artikel den Vorteil einer Hormonthera- pie beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom mit ungünstigem Gleason-Score. Sie illustrieren darüber hinaus in einer Tabelle, wie stark ein PSA-Anstieg ei- nen Hinweis auf eine beeinträchtigte Prognose geben kann. Bei der für die Empfehlung des routinemäßigen Gebrauchs des PSA in der Tumornachsorge wesentli- chen Frage, welche Therapieänderung auf einen PSA- Anstieg folgen sollte, greifen die Autoren aber auf die schlechteste denkbare Evidenz, nämlich Experten- Meinung („im Einklang mit der EAU-Leitlinie 2008“) zurück. Einen wirklichen Beleg dafür, warum nach Primärbehandlung des Prostatakarzinoms das PSA bestimmt werden sollte und in welcher Größenord- nung eine auf einen PSA-Anstieg folgende Therapie einen Benefit erbringen würde, bleiben sie schuldig.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0622a
LITERATUR
1. Pfitzenmaier J, Altwein J E: Hormonal therapy in the elderly prostate cancer patient [Hormontherapie des Prostatakarzinoms im Alter]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(14): 242–7.
Dr. med. Günther Egidi Huchtinger Heerstraße 41 28259 Bremen
E-Mail: familie-egidi@nord-com.net
Schlusswort
Im Rahmen der Fragestellung unseres Artikels ist die von Dr. Egidi apostophierte Primärbehandlung die ei- ne oder andere Form der Androgendeprivation.
Kommt es trotz Einleitung dieser Therapie zur Pro- gression, kann unter Verzicht auf laborchemische Suchverfahren (totales PSA; zukünftig möglicherwei- se Sarkosin im Urin) auf lokale Symptome wie ob- struktive Miktionsbeschwerden oder Hinweise auf ei- ne systemische Progression wie Knochenschmerzen gewartet werden. Dann bleibt allerdings nur noch eine palliative Behandlung, etwa eine transurethrale Prostataresektion, Herdbestrahlung oder medika- mentöse Analgesie. Die Frage, ob es für den Patienten nützlich ist, durch regelmäßige PSA-Messung unter Hormontherapie die Progression vor Einsetzen von Symptomen zu entdecken, ist berechtigt. In jedem Fall hilft die PSA-Messung, den Zeitpunkt aufzu- decken, ab dem die gewählte primäre Hormontherapie wirkungslos geworden ist und beendet werden sollte.
Diese Vorgehensweise muss nicht durch eine Studie
gesichert werden, denn dem Patienten bleiben bis zum Zeitpunkt von Progressionsbeschwerden zumindest die Nebenwirkungen der Androgendeprivation er- spart.
Erhielt der Patient primär ein Antiandrogen, dann erfahren ein Drittel der Betroffenen nach Absetzen dies Medikaments eine Besserung durch den Anti- androgen-Entzug. Anschließend sollte eine sekundäre Hormontherapie gewählt werden, die keineswegs wir- kungslos ist. Die umfangreiche Palette der sekundären Hormontherapie bei PSA-Progression wurde kürzlich dargestellt (1). In Zukunft gilt es durch regelmäßige PSA-Messung das kastrationsresistente Prostatakarzi- nom zu entdecken. Zurzeit werden in Phase-III-Studi- en die Möglichkeiten der Androgenrezeptor-Manipu- lation geprüft. DOI: 10.3238/arztebl.2009.0622b
LITERATUR
1. Schmid HP, Keuler FU, Altwein JE: Rising prostate – specific anti- gen after primary treatment of prostate cancer: sequential hormo- ne manipulation. Urol Int 2007; 79: 95–104.
2. Pfitzenmaier J, Altwein J E: Hormonal therapy in the elderly prostate cancer patient [Hormontherapie des Prostatakarzinoms im Alter]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(14): 242–7.
Prof. Dr. med. Jens E. Altwein
Urologische Abteilung, Chirurgische Klinik München-Bogenhausen Denningerstraße 44
81679 München
E-Mail: Altwein.muenchen@t-online.de
Interessenkonflikt
Die Autoren beider Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Hormontherapie des Prostatakarzinoms im Alter
von PD Dr. med. Jesco Pfitzenmaier, Prof. Dr. med Jens E. Altwein in Heft 14/2009