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AUS DEN BUNDESLÄNDERN
HESSEN
Verwirrung mit
Zahlenspielereien um das
„Modellgesundheitsamt"
Veröffentlichungen in der Tages- presse über enorme Einsparungs- möglichkeiten im „Gesundheits- amt der Zukunft", die ihre Quelle in einer Pressekonferenz des Bun- desgesundheitsministeriums hat- ten, sorgten kürzlich für Verwir- rung (siehe DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 45/1980, Seite 2655).
Es hatte in mehreren Veröffent- lichungen geheißen, bei 6000 Müt- terberatungen im Jahr, die pro Un- tersuchung 16 DM gekostet hät- ten, seien 42,8 Prozent auffällige Befunde erhoben worden wie Übergewicht, Fehlernährung, Hautschäden und ähnliches. Das Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation der Universi- tät Gießen (Leiter: Professor Dr.
Dudek), das die Ergebnisse des Modellgesundheitsamtes Mar- burg-Biedenkopf auswertete, soll- te errechnet haben, daß mit Früh- erkennung und Beratung Ausga- ben in Höhe von 25 Millionen DM zur Heilung von zukünftigen Krankheiten und Behinderungen eingespart worden seien.
In Gesprächen der Vorstände der ärztlichen Körperschaften Hes-
sens und der Spitzen der Berufs- verbände, an denen zum Teil auch der Leiter des Gesundheitsamtes Marburg-Biedenkopf, Medizinaldi- rektor Dr. Roderich Nittner, teil- nahm, wurden diese Aussagen, die aus einem Pressedienst des Bundesgesundheitsministeriums stammen, relativiert.
Die Gesprächsteilnehmer waren sich darüber einig, daß die Ergeb- nisse der Auswertung „zu verein- facht und mit mißverständlichen Aussagen" in die Öffentlichkeit gekommen seien. Das treffe insbe- sondere auf Berechnungen zu, nach denen je eingesetzte Mark bei Vorsorgeuntersuchungen Ein- sparungen in Höhe von 265 DM für spätere Aufwendungen wegen Krankheit erzielt werden könnten.
Diese Werte waren in dem Gutach- ten errechnet worden mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß sie nicht an eine bestimmte Institu- tion, also auch nicht an das Ge- sundheitsamt Marburg-Bieden- kopf, gebunden seien. In das Gut- achten wurden ferner immaterielle Werte, zum Beispiel die individuel- le Lebensfreude, einbezogen und in DM bewertet. Man dürfe das je- doch nicht als gesamtwirtschaftli- che Ersparnis ansehen.
Die Vertreter der ärztlichen Kör- perschaften hatten bereits auf- grund der ersten Veröffentlichun-
gen solche Berechnungen als un- wissenschaftlich zurückgewiesen.
Jeder Arzt wisse, daß Patienten aufgrund einer nur einmaligen Be- ratung ihr gesundheitliches Fehl- verhalten nicht änderten. Die Schlußfolgerung, daß jede Bera- tung und jede Früherkennung in einen in Mark und Pfennig zu er- rechnenden Heilerfolg einmünde, sei völlig unhaltbar. Sonst müßten, sagte ein Vertreter der Kassenärzt- lichen Vereinigung Hessen, die Heilerfolge der niedergelassenen Ärzte so immens sein, daß die Krankenkassen ihren Mitgliedern Geld zurückzahlen könnten.
Die Gesprächsteilnehmer beab- sichtigen, sich mit dem hessi- schen Sozialminister Armin Clauss (SPD) noch einmal über das Thema zu unterhalten. Clauss hatte die Erfahrungen und Ergeb- nisse des Modellgesundheitsam- tes als „Grundlage für die Neuord- nung des öffentlichen Gesund- heitsdienstes" bezeichnet.
Das Modellvorhaben war von der Bundesregierung mit 2,8 Millionen DM und vom Land Hessen mit 1,6 Millionen DM finanziert worden.
Minister Clauss hat bereits mitge- teilt, daß die Hessische Landesre- gierung die Fortsetzung des Mo- dells beschlossen und entspre- chende Summen für den Haushalt 1981 vorgesehen habe. pp
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2902 Heft 49 vom 4. Dezember 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT