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r sollte zu einer späten Aufarbei- tung ärztlicher Verfehlungen wäh- rend der NS-Zeit in Thüringen führen, er galt als letzte Möglichkeit, Euthanasieverbrechen gerichtlich ahn- den zu lassen – der „Fall Albrecht“.Aus den Erwartungen scheint nun nichts zu werden. Gegen die Professo- rin Rosemarie Albrecht, in der DDR eine Zierde der Jenaer Universität, ist zwar von der Staatsanwaltschaft Gera Anklage wegen Mordes an der Patien- tin Selma Albrecht im Jahre 1941 er- hoben worden (dazu DÄ, Heft 21/2004:
„Albrecht in der Gutachtermühle“), doch inzwischen mehren sich die Zweifel, ob das Landgericht Gera das Verfahren eröffnen wird. Zwei Gut- achten, die das Gericht vor Eröffnung des Verfahrens vergeben hatte, kom- men nämlich unzweideutig zu dem Schluss, dass die von Albrecht doku- mentierte Behandlung der Selma Al- brecht medizinisch indiziert gewesen ist, jedenfalls nach dem Wissensstand der damaligen Zeit. Die Gerichtsgut- achter (der Psychiater Prof. Dr. Dr.
med. Willi Schumacher und der Inter- nist und Pharmakologe Prof. Dr. med.
Henning Breithaupt, beide Gießen) lasten den von der Staatsanwaltschaft beigebrachten Gutachten gravierende handwerkliche Fehler und Fehlbeur- teilungen an; sie kommen zu dem Schluss, „dass für die Annahme einer medizinischen Fehlbehandlung, erst recht einer bewussten, jedwede Hin- weise fehlen“ (Schumacher). Bei der Behandlung der Patientin Selma Al- brecht sei „unter Beachtung des da- maligen Kenntnisstandes eine bewuss- te medizinische Fehlbehandlung, die notwendigerweise deren Tod zur Fol- ge haben musste, nicht festzustellen“
(Breithaupt).
Albrecht-Verteidiger Eberhard Neu- mann sieht sich bestätigt: er habe schon frühzeitig, auch gegenüber der Staats- anwaltschaft darauf hingewiesen, dass der Fall nach den medizinischen Kennt- nissen von damals beurteilt werden müsse. Er hofft auf eine Wende auch in Anbetracht des Alters seiner Mandan- tin, die zudem durch die über Jahre an- haltenden Anwürfe in der Öffentlich- keit, eine „Massenmörderin“ zu sein, gezeichnet sei.
Prof. Rosemarie Albrecht war 1940 bis 1942 Volontärärztin in der Anstalt Stadtroda/Thüringen, einem Ort der Euthanasie während der NS-Zeit. Ob solche Morde an Patientinnen und Pati- enten auch in der Zeit und auf der Stati- on von Albrecht geschehen, ist umstrit- ten (zu den Hintergründen siehe DÄ, Heft 39/2003: „Jena und der ,Fall Al- brecht‘: eine finstere Geschichte“). Eine Untersuchung der Staatssicherheit 1963 verlief ergebnislos. Die Staatsanwalt- schaft Gera, die seit Mai 2000 ermittelte, ging ursprünglich von 15 Euthanasieop- fern aus, die Albrecht anzulasten seien, erhob aber schließlich nur in einem Fall Anklage, gestützt im Wesentlichen auf Gutachten. Mit der Gutachtenvergabe hatte sich die Staatsanwaltschaft unge- wöhnlich schwer getan. Sie werde sich mit den jüngsten Gutachten, sobald sie ihr vorlägen, auseinander setzen und dann entscheiden, ob man bei dem To- desvorwurf bleibe oder die Anklage zurückziehe, erklärte Oberstaatsanwalt Flieger jetzt auf Anfrage. Eine Rück- nahme sei bis zur Eröffnung des Ge- richtsverfahrens möglich. Anderenfalls muss das Landgericht Gera entschei- den, ob es zu einem Prozess kommt. Bis dahin können noch Wochen, wenn nicht Monate vergehen. Im März wird Al- brecht 90. Norbert Jachertz
net damit, dass sich die Interessen der Versicherungswirtschaftler im Geset- zesentwurf durchsetzen werden.
Auch bei den zuletzt aus den Reihen des PKV-Verbandes geäußerten Reform- vorschlägen zur künftigen Ausgestal- tung der GOÄ gehen die Vorstellungen der Ärzteschaft und der Versicherungs- wirtschaft auseinander:Während Weber sich für mehr Pauschalen in der GOÄ ausspricht, lehnt die BÄK eine Umstel- lung von der Einzelvergütung auf Fall- pauschalen – orientiert an dem DRG- System der Krankenhäuser – ab. Der Vorsitzende der Ausschusses Gebühren- ordnung bei der BÄK, Dr. med. Alfred Möhrle, wies darauf hin, dass die Kam- mer das Prinzip der Einzelleistungsver- gütung für notwendig, systemkonform und innovations- sowie leistungsför- dernd hält; für bestimmte Leistungsbe- reiche werden jedoch auch von der BÄK ablauf- und arztgruppenbezogene Komplexe befürwortet, zum Beispiel für operative Leistungen. Pauschalen besei- tigen nach Ansicht der Kammer demge- genüber die dem privaten Behandlungs- verhältnis immanente individuelle Arzt- und Patientenbeteiligung und damit zu- gleich das Wesensmerkmal und Profil der privatärztlichen Behandlung.
PKV weist Vorwürfe zurück
Weber hingegen hofft, die PKV durch Umstellung auf Pauschalgebühren ge- genüber der GKV wettbewerbsfähiger zu machen. Diese Absicht verbarg sich nach Ansicht vieler Ärzteverbände auch hinter der Idee von PKV-Vertretern, den so genannten Schwellenwert auf den 2,0fachen Satz zu begrenzen. Der- zeit gilt der 2,3fache Satz bei persönli- chen ärztlichen Leistungen als Regel- satz für einen durchschnittlich schwieri- gen Fall, den die BÄK als Standard eta- blieren möchte. Weber wies jegliche Vorwürfe zurück. Es gab und gebe keine Forderung aus PKV-Reihen, den GOÄ- Satz zu senken. Wie sich die PKV den künftigen Gebührenrahmen vorstellt, ließ der Geschäftsführer im PKV-Ver- band allerdings offen. Martina Merten
P O L I T I K
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A2664 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 401. Oktober 2004
Der Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts ist abrufbar unter: www.
aerzteblatt.de/plus4004.