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Archiv "Studie: Die Wahrheit steht Kopf" (06.06.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 236. Juni 2008 A1285

B R I E F E

implentieren (statt einfach einzu- führen), neue Versorgungsformen, sektorale Budgetgrenzen, Forschung (ha, ha), geistige Blockaden abbauen (wie „Alle Ärzte sind bekloppt und rückständig, da braucht man ,Helfer‘

aller Disziplinen.“). Das Wort Effizi- enz fehlt nie, natürlich Wettbewerb und, jetzt endlich, qualitätsgesichert, Qualität mit Zertifizierung und Audi- tierung, damit diese Herrschaften (s. o.) etwas zu tun haben (und dabei Geld verdienen können). Wer soll das bezahlen? Natürlich die Leis- tungserbringer (Ärzte werden sie nur noch genannt, um sie gezielt be- schimpfen zu können) . . .

Dr. med. H.-P. Rolzhäuser,Richard-Wagner-Weg 4, 57250 Netphen

RABATTVERTRÄGE

Kaum jemand hat den Überblick über die zahlreichen Ver- träge (DÄ 7/2008:

„Noch mehr Chaos“

von Sunna Gieseke).

Fahrlässig

Unsere Gesundheitsministerin hat im Verein mit den wichtigsten Honorati- oren des deutschen Gesundheitswe- sens zu Recht die Bedeutung der Fehlervermeidung in der Gesund- heitsversorgung herausgestrichen.

Nicht erwähnt wurde die zurzeit häu- figste und meines Erachtens bedeu- tendste Fehlerursache in der ambu- lanten Medizin: die Rabattverträge.

Der Fall eines meiner Patienten lässt auch mir fast das Herz stehen: Jan ist 82 Jahre alt, lärmschwerhörig und herzinsuffizient, eine bodenständige Natur, schlicht, aber keineswegs de- ment. Kürzlich hat er bei uns ein Nachfolgerezept bestellt: Zweimal 100 Tabletten Metoprolol 200 mg von zwei Herstellern! Er nehme schon länger je eine Tablette mor- gens ein! Daraufhin habe ich mir zu Hause zeigen lassen, welche Tablet- ten er wirklich einnimmt: Außer 400 mg Metoprolol nimmt er noch zwei- mal 10 mg Amlodipin von zwei ver- schiedenen Herstellern. Nicht einge- nommen hat er das verordnete Met- formin, wahrscheinlich hat er die

Metoprolol-Tabletten für Metformin gehalten. Folgen:

völlig ungenügende Blutzucker- einstellung

massive Beinödeme

gerade noch mal davongekom- men, sein Herz ist nicht so schwach, wie ich dachte.

Wie viele Hunderte Millionen Euro müssen die Krankenkassen durch die Rabattverträge einsparen, dass derar- tige Risiken für die Patientengesund- heit in Kauf genommen werden? . . . Weitere Nebenwirkungen der Ra- battverträge:

erheblich erhöhter Beratungsauf- wand in unseren Praxen bei massiver Störung des Vertrauensverhältnisses zu unseren Patienten

„das schlimmste Jahr in 20 Apo- theker-Berufsjahren“ (Zitat einer Apothekerin)

Vertrauensverlust der Krankenkas- sen bei den Patienten.

Zur Fehlervermeidung müssen jetzt vermehrt Pflegedienste die Einnah- me der Patienten kontrollieren . . . Eine tolle Einsparung!?! Bezahlt von den anderen Gesundheitsdienstleis- tern und mit der Gesundheit der Pati- enten! Ein höchst fahrlässiger und auch volkswirtschaftlicher Unsinn, der schnellstens beendet gehört!

Einstweilen kehre ich reumütig zum

„Aut-idem-Kreuz“ zurück, um mei- ne Patienten nicht zu gefährden . . .

Reinhard Lehmann,Johanniswall 11, 27283 Verden

STUDIE

Kliniken mit mehr als 50 Knie-TEPs im Jahr sind im Ergeb- nis besser (DÄ 12/

2008: „Bessere Qua- lität durch Mindest- mengen“).

Die Wahrheit steht Kopf

Nicht nur das Röntgenbild der Knie- prothese steht in dem Artikel auf dem Kopf, sondern, was viel wichti- ger ist, die Wahrheit . . . Wichtig in Bezug auf Mindestmengen ist hier die notdürftig versteckte Missach- tung ärztlicher Kompetenz. Nicht die Zahl der von einem Arzt pro Jahr durchgeführten Operationen ist an- geblich für die Qualität wichtig, son-

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dern die Zahl der an einer Klinik durchgeführten Operationen. Ein Be- legarzt mit eventuell nur 40 Kniepro- thesen pro Jahr wird diskriminiert, eine größere Klinik mit 100 oder mehr Operationen und eventuell vier bis fünf Operateuren ist quasi auto- matisch nach der zugrunde liegenden Ideologie besser einzustufen. Ender- gebnis: Nicht das Können oder die Kunst des Arztes (hier Operateur), sondern die Arbeit einer teilanony- men Institution unter der Herrschaft der Bürokratie (Klinik) wird in die- sem System hoch bewertet . . .

Dr. med. Ulrich Müller,Park-Klinik Bad Nauheim, Am Kaiserberg 2–4, 61231 Bad Nauheim

HAUSÄRZTEMANGEL

Zu unserem Titelthe- ma Hausärzteman- gel in Heft 8/2008 und den Leserbrie- fen (DÄ 16/2008).

Mir geht es gut

Die zum Thema Hausärztemangel abgedruckten Leserbriefe, deren Te- nor auch in vielen Beiträgen immer wieder zum Ausdruck kommt, lässt mich denken, ich würde in einem an- deren Land praktizieren. Ich habe im Jahr 2001 in der niedersächsischen Provinz (maximal vier Prozent Pri- vat- und BG-Patienten) eine Lungen- facharztpraxis gegründet. Schon da- mals musste ich mir von Kollegen anhören, ich sei wohl lebensmüde.

Heute kann ich von meinen Einnah- men die Raummiete, die Gehälter nach Tarif einschließlich Weih- nachts-, Urlaubs- und Kittelgeld, die laufenden Kosten und den Kredit be- zahlen. Darüber hinaus den Kredit für das eigene Wohnhaus, die priva- ten Lebenshaltungskosten ein- schließlich zweier Autos und zweier

Urlaube im Jahr (zwar nicht im Fünf- sternehotel, sondern z. B. im Zelt in Schweden). Damit geht es mir und meiner Familie besser als den meis- ten Menschen in unserem Land. Um festzustellen, dass es den hausärzt- lichen Kollegen zumindest in Nie- dersachsen nicht so viel schlechter gehen kann, genügt ein Blick in die regelmäßig im „Niedersächsischen Ärzteblatt“ veröffentlichte Honorar- statistik: Quartal I/07: Fallwert Lun- genärzte Euro 57,16, Fallwert Allge- meinärzte Euro 49,03. Bei Letzteren dürften allerdings mangels Röntgen- anlage und Blutgasanalysator die Ausgaben deutlich niedriger sein.

Selbst wenn die vier Prozent Privat- und BG-Patienten meiner Praxis wegfallen würden, könnte ich, und da muss ich Facharztkollegen Zöller aus Hildesheim (ebenfalls Nieder- sachsen) widersprechen, dennoch al- le Praxiskosten aus den KV-Einnah- men decken. Verzichten müsste ich lediglich auf die beiden Urlaube. Für dieses Einkommen habe ich zwar keine 38,5-Stunden-Woche und wäh- rend der Sprechstunde keine Früh- stückspause, keine Zeit für private Telefonate und keine Zeit für Phar- mavertreter. All dies haben aber an- dere Akademiker mit vergleichbarem Einkommen auch nicht. Das Verhält- nis von Zeit am Patienten und Zeit für Verwaltung, Fortbildung etc. fin- de ich akzeptabel. Ein Großteil der Verwaltungsarbeit wird mir nämlich von der „verhassten“ KV abgenom- men. Die Abrechnungsdatei, die ich ihr dafür zur Verfügung stellen muss, brauche ich noch nicht einmal selbst zu erstellen. Dies macht meine Mit- arbeiterin in circa zwei Stunden. Das Geld aus Privatbehandlungen wie- derum treibt eine privatärztliche Ver- rechnungsstelle für mich ein. Ver- gleiche ich diesen Aufwand mit dem meiner Handwerkerfreunde, möchte ich nicht tauschen. Die Verwaltungs- arbeit, die darüber hinaus anfällt, ist

oft nicht KV-„verschuldet“ (Versor- gungsamtanfragen, Anfragen von Lebensversicherern etc.) oder aber mit jeder Selbstständigkeit verbun- den (Finanzamt, Buchhaltung, Ge- werbeaufsicht). Aber damit nicht ge- nug. Meine Arbeit macht mir meis- tens sogar Spaß. Unser Berufsstand hat mich schon immer an die Land- wirte erinnert, bei denen Klagen auch zum Geschäft gehören, egal wie hoch oder tief der Milch-, Ge- treide- oder Fleischpreis gerade ist.

Das selbstmitleidige Wehklagen bei- der Berufsgruppen ist für mich oft nur noch schwer zu ertragen.

Dr. Mark Pilz,Kirchenstraße 126, 26919 Brake

VERTRAGSÄRZTE

Kassen dürfen gemäß SGB V mit kollektiv ausgestie- genen Ärzten keine Verträge abschlie- ßen (DÄ 13/2008:

„Systemversagen“).

Wo bleibt der Aufschrei?

Wo bleibt der Aufschrei aller Ver- tragsärzte gegen diesen unsäglichen

§ 95 b SGB V – ich vermisste ihn schon beim Inkraftreten des Geset- zes? Wer sind wir eigentlich, und wie geht man in der Rechtspre- chung mit uns um? Ungezogene Schulbuben, die beim Rauchen auf der Toilette erwischt und deshalb der Schule verwiesen werden? Wer denkt sich so etwas in den Hinter- zimmern der Ministerialbürokratie aus – und wie viel Hass wird dort gegen die Ärzteschaft weiterhin ge- schürt? Den Richtern in den Sozial- gerichten, die in aller Regel auch nicht gerade unsere Freunde sind, sind solche Paragrafen wie der § 95 b nur allzu willkommen, um uns weiterhin zu drangsalieren, wie- wohl wir nur um ein gerechtes An- liegen kämpfen. Dieser Paragraf hat inzwischen eine so immense Be- deutung für das (Nicht-)Fortbeste- hen einer freiberuflichen Ärzte- schaft gewonnen, dass der Gang zum Verfassungsgericht unumgäng- lich sein dürfte.

Dr. med. Walther Kaldewey,Teneverstraße 4 a, 28325 Bremen

Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehenden Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adressen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publi- ziert werden – aber nur dann, wenn der Redaktion bekannt ist, wer geschrieben hat.

ANONYM

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WARTEZEITEN

Privatversicherte er- halten früher einen Termin beim Arzt – eine ältere Studie sorgt für neuen Rummel (DÄ 15/2008: „Die Wis- senschaft hat festgestellt . . .“ von Tho- mas Gerst).

Einfach strukturiert

Die „Studie“ des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie zum Thema Wartezeiten bei der Terminvergabe beim Facharzt hat zu einem be- trächtlichen Medieninteresse ge- führt. Wenn man diese aber einmal näher betrachtet, so stellt man fest, dass es sich bei der knapp achtseiti- gen Arbeit um eine sehr einfach strukturierte Telefonumfrage mit fingierten Anrufern handelt, die in

189 Facharztpraxen nach einem Ter- min nachfragten. In keinem Fall handelte es sich um einen dringen- den Fall, in keinem Fall wurde der Anrufer vom Praxispersonal nach seinem Versichertenstatus gefragt, er stellte sich jeweils selbst fingiert als Privatpatient oder gesetzlich versi- cherter Patient vor. Die Region, in der die Telefonaktion stattfand (Köln-Bonn-Leverkusen) ist in kei- ner Weise repräsentativ für das ge- samte Bundesgebiet. In den neuen Bundesländern und in ländlichen Regionen sieht es mit Sicherheit an- ders aus. Es ist schon erstaunlich, wie eine primitive Telefonaktion zu einer wissenschaftlichen Studie hochstilisiert wird. Das wissen- schaftliche Niveau der durchschnitt- lichen Facharbeit eines Abiturienten liegt deutlich über dem Niveau die- ser Umfrage. Nicht zum ersten Mal versucht Prof. Lauterbach den am-

bulanten Sektor unseres Gesund- heitswesens, vor allem im fachärztli- chen Bereich, in einem möglichst schlechten Licht darzustellen. Soll- ten dabei vielleicht auch andere In- teressen eine Rolle spielen? Schließ- lich ist Prof. Lauterbach im Auf- sichtsrat und Beirat der Rhön-Klinik AG. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Es wäre wünschenswert, wenn Lauterbach sich mit wichtige- ren Aspekten unseres Gesundheits- systems beschäftigen würde, bei- spielsweise mit der chronischen Un- terfinanzierung, den Auswirkungen der Budgetierung, der ausufernden Bürokratie oder den zunehmenden Ausgaben der Krankenkassen für sehr fragwürdige Projekte, wie z. B.

der Etablierung von Callcentern, die Millionenbeträge aus Beitragsgeldern verschlingen.

Dr. med. Dietrich Schreyer, Reichenbergerstraße 20, 92224 Amberg

Referenzen

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