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Archiv "Moderne Operationsverfahren des Rektumkarzinoms: Sind adjuvante Maßnahmen notwendig? Multimodale Therapie beibehalten" (29.09.2000)

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gegenüber externen, also nicht indivi- duell zu steuernden, wenn auch oft epi- demiologisch weniger bedeutenden Fak- toren.

Herr Kollege Fink verweist anhand einer Kasuistik auf ein „Sick-Building- Syndrom“ in einem Neubau ohne Kli- maanlage: Ich konzediere gerne, dass die künstliche Gebäudeklimatisierung einen häufigen Promotor, aber keine notwendige Vorbedingung hierfür dar- stellt.

Frau Kollegin Aschermann plädiert für eine umfassende Differenzialdia- gnostik bei hirnorganischen Beein- trächtigungen: dem ist zuzustimmen, da das Syndrom der kognitiven Beein- trächtigung ganz unterschiedlich verur- sacht sein kann (degenerative Erkran- kungen, Intoxikationen, aber auch ko- gnitive Beeinträchtigungen durch eine depressive Störung).

Herr Kollege Jaumann schließlich betont zutreffend unter anderem die Bedeutung inhalativer Noxen, etwa von Lösungsmitteln, und spricht sowohl hirnorganische Veränderungen als auch solche des Immunsystems an.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal herausstellen, dass die psychia- trische Mitwirkung in der Umweltmedi- zin zum einen darum unverzichtbar ist, weil das Ausmaß der subjektiven Evi- denz von Krankheitsmodellen und die Veränderung der Selbst- und Fremd- wahrnehmung infolge psychiatrischer Erkrankungen den Kollegen somati- scher Fächer häufig nicht vertraut ist und so falsche Weichenstellungen för- dert, zum anderen nur so eine Erfolg versprechende Behandlung derjenigen Menschen ermöglicht wird, bei denen eine der Umwelt zugeschriebene Sym- ptomatik tatsächlich Ausdruck einer psychischen Erkrankung ist. Dass die- se Menschen einen bedeutenden Teil der Rat suchenden Patienten in Um- weltambulanzen darstellen, ist unum- stritten.

Wenn das vorgeschlagene Vorgehen – das heißt Ausschluss toxikologischer und allergologisch fassbarer Beschwer- deursachen, dann psychiatrische Diag- nostik und bei positivem Nachweis ei- ner Erkrankung Empfehlung einer ent- sprechenden Behandlung – die Regel würde, könnte manchem Patienten ein langer Leidensweg erspart bleiben.

Erfreulicherweise findet dieser Ge- danke zunehmend Eingang in die Ver- fahrensweisen umweltmedizinischer Institutionen (1).

Notwendige Voraussetzung für eine breite Verwirklichung dieses Grundsat- zes wäre allerdings, hier wiederhole ich das Schlussplädoyer meines Aufsatzes, die intensivere Berücksichtigung psych- iatrischer Inhalte in den umweltmedizi- nischen Curricula.

Literatur

1. Jansen B, Kimbel R, Jung D: Umweltmedizinisches Zen- trum der Universität Mainz. Umweltmed Forsch Prax 5 (2) 2000; 118 f.

Dr. med. Hanns Rüdiger Röttgers, M. A.

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Öffentliches Gesundheitswesen – Umweltmedizin

Sozialpsychiatrischer Dienst des Landkreises Verden Lindhooper Straße 67, 27283 Verden/Aller

M E D I Z I N

A

A2542 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 39½½½½29. September 2000

zu dem Beitrag

Moderne

Operationsverfahren des Rektumkarzinoms

Sind adjuvante Maßnahmen notwendig?

von

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Volker Schumpelick

Dr. med. Stefan Willis Dr. med. Reinhard Kasperk in Heft 17/2000

DISKUSSION

Multimodale Therapie beibehalten

Bei der Behandlung des Rektumkarzi- noms sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten entscheidende Fortschrit- te erzielt worden: Die Fünf-Jahres- Überlebensrate liegt heute, über alle Tumorstadien gerechnet, bei etwa 60 Prozent. Dabei können bis zu 85 Pro- zent der Patienten kontinenzerhaltend operiert werden. Es ist Schumpelick und Mitarbeitern daher nur zuzustim-

men, wenn sie jegliche Form eines

„therapeutischen Nihilismus“ in dieser Situation als „für eine aufgeklärte Ge- sellschaft nicht würdig“ bezeichnen.

Bedauerlich ist jedoch, dass die Auto- ren einer differenzierten Darstellung des Arsenals moderner Operations- verfahren eine weniger differenzierte Schilderung der adjuvanten Therapie- modalitäten gegenüberstellen. Sie ver- sehen gerade diejenige Komponente mit einem Fragezeichen, die in den letzten Jahrzehnten entscheidend zu einer Verbesserung der Prognose und Lebensqualität von Patienten mit Rek- tumkarzinom beigetragen hat, die Strahlentherapie. Aus radioonkologi- scher Sicht sind deshalb folgende An- merkungen wichtig.

In einem erst kürzlich publizierten Konsensus der chirurgischen, radiolo- gischen und internistischen Arbeitsge- meinschaft der Deutschen Krebsge- sellschaft (1) zur Behandlung des Rek- tumkarzinoms wurde außerhalb klini- scher Studien die postoperative Radio- chemotherapie bei Tumoren im UICC- Stadium II und III (also pT3/4 oder pN+) ausdrücklich empfohlen. Grund- lage hierfür waren nicht nur amerika- nische Studien in den achtziger Jahren, die schon die National Institutes of Health der USA im Jahre 1990 zu einer solchen Empfehlung bewogen hatten.

Auch die Ergebnisse der jüngsten Stu- dien zur adjuvanten (3) und neoadju- vanten Therapie des Rektumkarzi- noms (4) haben erneut bestätigt, dass die in ein multimodales Therapiekon- zept eingebundene Radiotherapie nicht nur in der Lage ist, die Lokalrezidivrate zu senken, sondern auch einen Überlebensvorteil zu be- wirken.

Richtig ist, dass der optimierte Ein- satz einer jeden adjuvanten Therapie nur bei strikter Anwendung moderner chirurgischer Radikalitätsprinzipien, insbesondere der totalen Mesorek- tumexzision (TME), beurteilt werden kann. Eine Studie, die die alleinige Operation mit TME gegen eine zusätz- liche präoperative Bestrahlung ran- domisiert, wird derzeit von einer nie- derländischen Gruppe unter interna- tionaler Beteiligung durchgeführt (2).

Langzeitergebnisse wurden bislang noch nicht publiziert. Die aktuell ver-

(2)

öffentlichten Ergebnisse der amerika- nischen NSABP-R-02-Studie zeigten jedoch, dass die postoperative Radio- chemotherapie selbst bei Lokalrezi- divraten von nur noch 13 Prozent im Arm ohne Bestrahlung zu einer weite- ren signifikanten Reduzierung der Lokalrezidivrate auf acht Prozent führte; ein Überlebensgewinn durch die Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen postoperativen Chemo- therapie war nur für Untergruppen nachweisbar (5).

Die wichtigste Komponente bei der Behandlung des Rektumkarzinoms ist die kunstgerechte, lokal kurative Ope- ration (R0). Wie von den Autoren richtig beschrieben, hängt die postope- rative Komplikationsrate und das Überleben dabei entscheidend vom

„Prognosefaktor Chirurg“ ab. So wird auch die Indikation zur (neo-)adju- vanten Radiotherapie in Zukunft von der Rezidivrate des einzelnen Opera- teurs bestimmt werden. Wenn man flächendeckend die postoperative Be- strahlung infrage stellt, wird man der tatsächlichen Schwankungsbreite des chirurgischen Leistungsspektrums mit auch in den letzten Jahren publizierten Lokalrezidivraten zwischen 5 Prozent und 40 Prozent nicht gerecht.

Nicht nur die chirurgische Therapie wurde in den letzten zwanzig Jahren entscheidend verbessert, sondern auch die Bestrahlungstechnik durch dreidi- mensionale Bestrahlungsplanung, in- dividuell kollimierte Bestrahlungsfel- der und strahlenbiologisch optimierte Fraktionierungen. So zeigt eine Zwi- schenauswertung unserer laufenden multizentrischen Studie zur adjuvan- ten und neoadjuvanten Radiochemo- therapie des Rektumkarzinoms (Pro- tokoll CAO/ARO/AIO-94) mit mitt- lerweile mehr als 580 rekrutierten Pati- enten eine chronische Toxizität am Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt von weit unter fünf Prozent. Der Hin- weis auf „nicht übersehbare Langzeit- folgen“ der postoperativen Radiothe- rapie ist daher schwer verständlich.

Fazit: Nicht jeder Patient mit Rek- tumkarzinom im UICC-Stadium II/III, den wir heute gemäß den Empfehlun- gen der Deutschen Krebsgesellschaft bestrahlen, wird möglicherweise in den nächsten Jahren auch noch ein Kandi-

dat für die Radiochemotherapie sein.

Eine risikoadaptierte Individualisie- rung der Strahlentherapie hat aber so vielfältige Faktoren wie Tumorsitz, Grading, Befall von Lymph- und Ve- nengefäßen, prädiktive biologische Marker, chirurgische Qualität zu berücksichtigen, sodass es weiterer sorgfältig geplanter Untersuchungen und prospektiver Studien bedarf, die heute noch nicht vorliegen. Bis dahin sollte bei der Behandlung des Rektum- karzinoms ein so erfolgreich etablier- tes multimodales Therapiekonzept nicht infrage gestellt werden.

Literatur

1. Junginger T, Hossfeld DK, Sauer R, Hermanek P: Ad- juvante Therapie bei Kolon- und Rektumkarzinom.

Dt Ärztebl 1999; 96: A-698–700 [Heft 11].

2. Kapiteijn E, Kranenbarg EK, Steup WH et al.: Total mesorectal excision (TME) with or without preop- erative radiotherapy in the treatment of primary rec- tal cancer. Prospective randomised trial with stand- ard operative and histopathological techniques.

Dutch ColoRectal Cancer Group. Eur J Surg 1999;

165: 410–420.

3. Tveit KM, Guldvog I, Hagen S et al.: Randomized controlled trial of postoperative radiotherapy and short-term time-scheduled 5-fluorouracil against surgery alone in the treatment of Dukes B and C rec- tal cancer. Br J Surg 1997; 84: 1130–1135.

4. Swedish Rectal Cancer Trial: Improved survival with preoperative radiotherapy in resectable rectal can- cer. N Engl J Med 1997; 336: 980–987.

5. Wolmark N, Wieand HS, Hyams DM et al.: Random- ized trial of postoperative adjuvant chemotherapy with or without radiotherapy for carcinoma of the rectum: National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project Protocol R-02. J Natl Cancer Inst 2000; 92: 388–396.

Dr. med. Claus Rödel Prof. Dr. med. Rolf Sauer

Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie Universität Erlangen-Nürnberg Universitätsstraße 27, 91054 Erlangen

Schlusswort

Wir danken den Kollegen aus Erlan- gen für ihren kritischen Kommentar.

Es ging uns in unserer Arbeit nicht darum, den zurzeit gültigen Konsens zur adjuvanten Therapie des Rektum- karzinoms „flächendeckend“ zu wider- rufen. Gleichwohl sollte deutlich her- vorgehoben werden, dass eine wie auch immer geartete und optimierte Zusatztherapie kein Ersatz sein darf für eine kompetente, anatomie- und pathologiegerechte chirurgische Tu-

morentfernung. Dieser Appell richtet sich daher naturgemäß vor allem an die chirurgisch tätigen Kollegen.

Ein Defizit derzeit gültiger Empfeh- lungen zur adjuvanten Therapie des Rektumkarzinoms liegt insbesondere darin, dass diese auf Studien beruhen, in denen eine konsequente totale Me- sorektumexzision nicht durchgeführt wurde. Wenn auch noch keine Ergeb- nisse randomisierter Studien vorlie- gen, so haben wir es dennoch mit einer Datenlage zu tun, die in kaum zu über- treffender Deutlichkeit die Überle- genheit der TME mit Lokalrezidivra- ten von fast ausnahmslos deutlich un- ter zehn Prozent belegt (1). Um es sa- lopp zu formulieren, fragt sich derjeni- ge, der einmal das kleine Becken nach akribischer TME gesehen hat, welches Gewebe denn nun in dieser Region noch postoperativ bestrahlt werden soll.

Hinsichtlich der von uns erwähnten Langzeitfolgen einer Radiotherapie ist zu betonen, dass es hier nicht nur um akute Toxizitäten an Gastroin- testinal- und Urogenitaltrakt geht, sondern aus chirurgischer Sicht auch Funktionsstörungen zu berücksichti- gen sind. Jede Form der Bestrahlung führt in dieser durch die notwendige Operation ohnehin schon marginalen Situation zu weiteren Einschränkun- gen der Kontinenzleistungen (2).

Über diesen Preis einer wie auch im- mer gearteten prä- oder postoperati- ven Radiotherapie in Form einer Le- bensqualitätseinschränkung ist bis- lang viel zu wenig bekannt.

Literatur

1. Chandler P, Orkin B: Rectal carcinoma: operative treatment. In: Beck D, Wener S, Fazio V (ed.): Fun- damentals of anorectal surgery. London: Saunders 1998; 339.

2. Ooi B, Tjandra J, Green M: Morbidities of adjuvant chemotherapy and radiotherapy for resectable rectal cancer. Dis Colon Rectum 1999, 42: 403–418.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Volker Schumpelick Dr. med. Stefan Willis

Priv.-Doz. Dr. med. Reinhard Kasperk Chirurgische Universitätsklinik und Poliklinik der RWTH Aachen

Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 39½½½½29. September 2000 AA2543

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