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Archiv "Therapie viraler Erkrankungen: Signifikante Fortschritte auch bei nichtretroviralen Erkrankungen" (15.12.2000)

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(1)

P

rinzipiell stehen ein Reihe von Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung von Viruserkrankun- gen zur Verfügung. Überwiegend pro- phylaktisch wird die aktive Immunisie- rung mittels Vakzinen angewendet.

Ebenfalls mit prophylaktischer, manch- mal auch mit therapeutischer Intention wird die passive Immunisierung mittels Immunglobulinen eingesetzt. Die Im- munstimulation und -modulation, zum Beispiel durch Interferone wird thera- peutisch verwendet. Bislang lediglich im Rahmen von Studien wurde die zel- luläre Immunität („adoptive transfer of immunity“) erprobt, etwa bei Knochen- marktransplantatempfängern. Darüber hinaus kann eine virostatische The- rapie durch Verwendung von antivira- len Chemotherapeutika und Interfero- nen erfolgen, die in den meisten Fällen therapeutisch, aber auch zunehmend (sekundär-)prophylaktisch oder „prä- emptiv“ verwendet werden.

Am spektakulärsten waren die Fortschritte in den vergangenen Jah- ren auf dem Gebiet der antiretrovira- len Therapie, das heißt bei den gegen das HIV gerichteten Medikamenten.

Auf dieses sich ungemein schnell ent- wickelnde Gebiet – die enormen Er- folge bei der Behandlung der HIV-In- fektion haben in den Industrieländern bereits zu einer deutlichen Abnahme der Aids-Inzidenz geführt (1) – soll hier aber nicht eingegangen werden, da aktuelle Darstellungen zur Verfü- gung stehen (10).

Viel weniger bekannt sind die Fort- schritte in der Therapie anderer vira- ler Infektionen. Dabei gab es signifi- kante Weiterentwicklungen, nicht nur in der Behandlung von Infektionen mit verschiedenen Vertretern der Her- pesviren, sondern es zeichnet sich auch bei der antiviralen Therapie der chronischen Hepatitis B und Hepatitis C eine Trendwende ab. Zudem ge- langte mit den ersten Präparaten aus der Gruppe der Neuraminidase-Inhi- bitoren unlängst eine gänzlich neue Wirkstoffklasse zur Behandlung der Virusgrippe (Influenza) in den klini- schen Einsatz. Dies ist, wie auch die

Proteasehemmer gegen HIV, ein Er- folg des gezielten „drug design“, das heißt der computergestützten Ent- wicklung neuer Wirkstoffe anhand ge- nau bekannter viraler Strukturen (43), im Gegensatz zur empirischen Vi- rostatikaforschung, welche zum Bei- spiel zum Aciclovir geführt hat (13).

Der vorliegende Beitrag beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darstel- lung neuer Entwicklungen im Bereich der antiviralen Chemotherapeutika.

Für praktische Angaben wie zu Anwen- dungsgebieten, Kontraindikationen und Nebenwirkungen wird auf die aktuelle 19. Auflage der „Arzneiverordnungen“

verwiesen (3).

Antivirale

Grundlagenforschung

Die antivirale Wirkstoffforschung steht vor dem großen Problem, dass Viren sich nicht autonom replizieren kön- nen, sondern dafür auf eine Vielzahl zellulärer Enzyme zurückgreifen. Die- ser obligate intrazelluläre Parasitis- mus ermöglicht die geringe Größe und

Therapie viraler Erkrankungen

Signifikante Fortschritte auch bei nichtretroviralen Erkrankungen Wolfgang Preiser

Annemarie Berger Hans Wilhelm Doerr

Zusammenfassung

Die geradezu spektakulären Erfolge der anti- retroviralen Therapie in den letzten Jahren las- sen leicht die Fortschritte in der Behandlung anderer Viruserkrankungen übersehen. Dabei gab es auch dort signifikante Fortschritte. So konnte durch Prodrugs des Aciclovir und Pen- ciclovir eine verbesserte Bioverfügbarkeit ge- gen Alpha-Herpesviren erzielt werden; neue Präparate wie das Cidofovir und das Fomivir- sen als erstes „Antisense“-Präparat stehen als Reservemittel gegen die Zytomegalievirus-Re- tinitis zur Verfügung. Darüber hinaus zeichnet sich eine entscheidende Verbesserung in der Behandlung chronischer Hepatitiden ab: die Kombinationstherapie mit Interferon-alpha und Ribavirin gegen die chronische Virushepa- titis C, Lamivudin und DNA-Polymerase-Hem- mer gegen die chronische Hepatitis B. Als voll-

kommen neue Wirkstoffklasse wurden die Neuraminidase-Inhibitoren gegen Influenzavi- ren und die „Canyon-Blocker“ gegen Picorna- viren entwickelt. Weitere Fortschritte sind zu erwarten, nicht zuletzt aufgrund gezielten

„drug design“.

Schlüsselwörter: Antivirale Therapie, Nukleosid- analogon, Cidofovir, Neuraminidase-Inhibitor, Antisense

Summary

Towards New Approaches in Viral Therapy The rather spectacular successes of antiretrovi- ral therapy during the past years overshadow the progress made in the treatment of other vi- ral diseases. However, significant progress has been made there, too. This paper gives an over-

view of several important advances. By the use of prodrugs of aciclovir and penciclovir bio- availability has been improved; new drugs like cidofovir and fomivirsen, the first “antisense“

drug, are available against cytomegalovirus ret- initis; and finally, an improvement is anticipat- ed in the treatment of chronic hepatitis: com- bination therapy using interferon-alpha and ri- bavirine against chronic hepatitis C, lamivudi- ne and DNA polymerase inhibitors against chronic hepatitis B. Completely new classes of agents have been developed: the neuraminida- se inhibitors against influenza viruses and the capsid inhibitors (“canyon blockers“) against picornaviruses. Further progress can be expec- ted, not least due to targeted “drug design.“

Key words: antiviral therapy, nucleoside ana- logue, cidofovir, neuraminidase inhibitor, anti- sense

Institut für Medizinische Virologie (Direktor: Prof. Dr.

med. Hans Wilhelm Doerr) der Johann Wolfgang Goethe- Universität, Frankfurt am Main

(2)

die damit verbundene Beschränkung der verfügbaren genetischen Informa- tion, durch welche sich Viren aus- zeichnen und von anderen Mikroorga- nismen unterscheiden.

Da die Virusreplikation so eng mit den lebenswichtigen Funktionen der Wirtszelle assoziiert ist, besteht die Gefahr, dass eine signifikante Hem- mung der Virusreplikation nur um den Preis einer beträchtlichen Zytotoxi- zität erreicht wird. Es ist daher erfor- derlich, gezielt virusspezifische – etwa durch Virusgenom-kodierte Enzyme katalysierte – Schritte im viralen Re- plikationszyklus zu hemmen. Dadurch wird zum einen die gewünschte antivi- rale Wirkung erzielt und zum anderen eine allzu große Zytotoxizität nichtin- fizierter Zellen vermieden. Daraus er- klärt sich auch, warum erst jetzt, Jahr- zehnte nach den gegen Bakterien ge- richteten Chemotherapeutika und An- tibiotika, eine größere Zahl antivira- ler Wirkstoffe auf den Markt kommt.

Denn Voraussetzung für deren gezielte Entwicklung ist die detaillierte Kennt- nis der viralen Replikationsmechanis- men, welche erst mit Fortschritten in der Molekularbiologie und anderen Bereichen der Virusforschung möglich waren (4).

Verschiedene Schritte während der Virusvermehrung bieten potenzielle Angriffspunkte für antivirale Chemo- therapeutika. Tabelle 1gibt eine Über- sicht.

Die meisten derzeit verfügbaren antiviralen Chemotherapeutika (Ta- belle 2) inhibieren die virale Nukle- insäuresynthese. Bei der Mehrzahl dieser Substanzen handelt es sich um Nukleosidanaloga. Diese werden von Kinasen, welche vom Virus oder der Zelle kodiert sein können, zu Nu- kleotiden phosphoryliert und stehen dann den Polymerasen (DNA-Poly- merasen zum Beispiel der Herpesvi- ren, Reverse Transkriptase des HIV) als unphysiologisches Substrat zum Einbau in wachsende Nukleinsäure- ketten zur Verfügung. Je höher die Substratspezifität dieser Nukleosid- analoga für virale Kinasen und Poly- merasen ist, desto ausgeprägter ist auch ihre Selektivität für virusinfizier- te Zellen. Neben den Nukleosid- analoga werden auch Pyrophosphat-

analoga und allosterische Polymerase- blocker als Hemmer der viralen Nu- kleinsäuresynthese eingesetzt.

Die virale Proteinsynthese, also die Translation des Virusgenoms, ist ein potenzieller Angriffspunkt der Anti- sense-Medikamente, von denen eines bereits in die Therapie der Zytomega- lievirus-Retinitis eingeführt wurde.

Die Gruppe der Protease- (auch Proteinase-)Inhibitoren verhindert die zur Bildung von infektiösen Virusparti- keln erforderliche enzymatische Spal- tung von Proteinen des HIV durch die virale Protease. Eine der Wirkungen der Interferone als sozusagen „antivi- rale Antibiotika“ besteht in der Hem- mung der viralen Proteinsynthese und - glykosilierung.

Gegen die Freisetzung von neuge- bildeten (Influenza-)Viruspartikeln gerichtet sind Substanzen der neuen Gruppe der Neuraminidase-Hemmer, während Amantadin und seine Deri- vate ebenso wie die neu entwickelten Canyon-Blocker am Beginn des vira- len Replikationszyklus ansetzen, in- dem sie mit der Anlagerung des Virus an die Zielzelle und der Freisetzung („uncoating“) des viralen Genoms in- terferieren.

Neben diesen Chemotherapeutika kommen mit den Interferonen auch antivirale „Antibiotika“, das heißt biologisch aktive Substanzen natürli- chen Ursprungs, zum Einsatz. Diese haben neben immunmodulatorischen Effekten auch eine direkte antivirale Wirkung, etwa die Inhibition der vira- len Proteinsynthese.

Medikamente gegen Herpesviren

Das erste Medikament überhaupt mit hochspezifischer antiviraler Wirkung war das Aciclovir (ACV). Es ist zur Ursubstanz einer ganzen Reihe von weiteren Nukleosidanaloga geworden (Grafik 1).

Das Aciclovir ist in erster Linie ge- gen Alpha-Herpesviren (Herpes sim- plex-Virus Typ 1 und 2, Varizella-Zo- ster-Virus) wirksam (13, 46). ACV zeichnet sich durch einen breiten the- rapeutischen Index aus, das heißt es ist in antiviral wirksamen Konzentratio- nen nur gering toxisch. ACV hat nicht nur die Behandlung schwerer Herpes- virusinfektionen, etwa der Herpes- simplex-Enzephalitis, des Zoster und

´ Tabelle 1C´

Schritte der Virusreplikation in der Zelle und Möglichkeiten der spezifischen Hemmung

Schritte der Virusreplikation Hemmstoff und Anwendung (Beispiele) Virusadsorption an die Wirtszelle –

(Attachment)

Viruspenetration Amantadin – Influenza A

Freisetzung der viralen Nukleinsäure Amantadin – Influenza A;

(Uncoating) Pleconaril – Picornaviren

Transkription der viralen Nukleinsäure zur Interferon – Hepatitis B und C Synthese der viralen Boten-RNA (mRNA)

Replikation der viralen Nukleinsäure Inhibitoren der DNA-Polymerase, z. B.

Nukleosidanaloga – Herpesviren Reverse Transkriptase-Inhibitoren – HIV Virale Proteinsynthese Interferon – Hepatitis B und C

(Translation der viralen Boten-RNA) „Antisense“-Präparate, z. B. Fomivirsen – Zytomegalievirus

Reifung und Zusammenbau (Assembly) der Proteaseinhibitoren – HIV neu synthetisierten viralen Proteine

Ausschleusung und Freisetzung der neu Neuraminidase-Hemmer – Influenza gebildeten Virionen

(3)

anderer, revolutioniert, sondern es ist auch von nachgewiesener Wirksam- keit bei der prophylaktischen (suppri- mierenden) Behandlung von häufig re- zidivierenden genitalen Herpes-sim- plex-Virus-Infektionen. Sein haupt- sächlicher Nachteil liegt in der gerin- gen oralen Bioverfügbarkeit, weswe- gen es bei schweren Infektionen intra- venös und ansonsten in hohen Dosen mehrfach täglich oral verabreicht wer- den muss.

Der Valin-Ester des ACV, Vala- ciclovir (Val-ACV; Valtrex, Glaxo Wellcome/Cascan), unterscheidet sich als Prodrug von diesem durch die bes- sere Resorption aus dem Darm und ermöglicht somit geringere orale Do- sierungen und längere Dosierungsab-

stände. Valaciclovir ist derzeit zur Be- handlung von rezidivierendem sowie primärem Herpes genitalis und von Herpes zoster zugelassen.

Famciclovir (FAM; Famvir, Smith- Kline Beecham) ist der 6-Desoxy-Di- acetylester des Penciclovir und wird aufgrund seiner guten Bioverfügbar- keit als orales Prodrug eingesetzt. Die eigentlich aktive Form, der Famciclo- vir-Metabolit Penciclovir (PCV), ent- spricht im Aktivitätsspektrum weitge- hend dem ACV. Wiederum liegt der entscheidende Vorteil des Prodrug in der Pharmakokinetik begründet. Ana- log dem Valaciclovir ist auch das Fam- ciclovir zur Behandlung des primären und rezidivierenden genitalen Herpes und des Herpes zoster zugelassen.

Mittel der Wahl gegen Erkrankun- gen durch das Zytomegalievirus (CMV) ist ein weiteres Nukleosidana- logon, Ganciclovir (GCV, DHPG; Cy- meven, Syntex/Roche) (42). Nachtei- lig wirken sich dessen deutlich größere Toxizität und geringe therapeutische Breite aus. Ein Valin-Ester des GCV mit erheblich verbesserter oraler Bio- verfügbarkeit, analog dem Valaciclo- vir, steht vor der Markteinführung.

Bei den oben aufgeführten Nukleo- sidanaloga erfolgt eine intrazellulä- re Phosphorylierung zum eigentlich wirksamen, das heißt die DNA-Poly- merase hemmenden Triphosphat (das heißt Nukleotid). Der erste Phos- phorylierungsschritt erfolgt durch die viruskodierten Enzyme Thymidin- kinase (TK, bei den Alpha-Herpes- viren) beziehungsweise das UL97- Genprodukt des Zytomegalievirus.

Die Bi- und Triphosphorylierung wird durch zelleigene Enzyme vorgenom- men (Grafik 2). Wenn Resistenzen auftreten, so meist bei immunkom- promittierten Patienten, die über lan- ge Zeiträume antiviral therapiert wer- den müssen, ohne dass ihre körperei- gene Abwehr imstande ist, der flori- den Infektion Herr zu werden. Die Mehrzahl der klinisch beobachteten resistenzvermittelnden Mutationen be- trifft die virale Thymidinkinase bezie- hungsweise das UL97-Genprodukt, we- niger häufig die virale DNA-Polymera- se (32).

Bei Verdacht auf eine antivirale Re- sistenz (und wenn die GCV-induzierte Knochenmarktoxizität ein Problem darstellt, wie etwa bei Knochenmark- transplantierten) steht mit dem Amei- sensäure-Derivat und Phosphonat Foscarnet (PFA; Foscavir, Astra) eine allerdings noch toxischere Alternative zur Verfügung (Grafik 1). Dieses ist ein direkter Hemmer der DNA-Poly- merase, bei dem eine intrazellulä- re Phosphorylierung entfällt. Obwohl dadurch etwaige Mutationen der vira- len Thymidinkinase beziehungsweise des UL97-Genprodukts keinen Ein- fluss auf die Wirksamkeit des Foscar- net haben, macht sich das Fehlen die- ses ersten Phosphorylierungsschritts durch eine verringerte Spezifität für virusinfizierte Zellen nachteilig be- merkbar.

´ Tabelle 2C´

Antivirale Chemotherapeutika (ohne antiretrovirale Substanzen) im klinischen Einsatz in Deutschland – Stand: Oktober 2000

Hauptaktivität gegen Name Handelsname Hersteller Anmerkung

a-Herpesviren Aciclovir (ACV) Zovirax Glaxo Wellcome „Klassiker“ und

(HSV, VZV) „Goldstandard“

Valaciclovir Valtrex Glaxo Wellcome Prodrug von ACV (Val-ACV)

Famciclovir Famvir SmithKline orales Prodrug

(FCV) Beecham von Penciclovir

Brivudin (BVDU) Helpin Berlin Chemie nicht gegen HSV-2 Zytomegalievirus Ganciclovir Cymeven Syntex/Roche toxischer als ACV

(CMV) (GCV, DHPG)

Cidofovir Vistide Pharmacia & sehr toxisch

(CDV, HPMPC) Upjohn

Foscarnet (FOS) Foscavir Astra sehr toxisch Fomivirsen Vitravene Isis/Ciba Vision erstes „Anti-

sense“-Präparat;

intravitreal Hepatitis B Lamivudin (3TC) Zeffix Glaxo Wellcome auch als Epivir

gegen HIV Influenzaviren Amantadin Symmetrel Merz & Co. nur Influenza A

Rimantadin Flumadin (nicht in D) nur Influenza A Zanamivir Relenza Glaxo Wellcome Influenza A u. B;

per inhalationem Oseltamivir Tamiflu Hoffmann-La Influenza A u. B;

Roche/Gilead per os

RSV, Lassa-, Ribavirin Virazole ICN „Breit-Spektrum“-

Hepatitis-C-Virus Virostatikum (ge-

u. a. gen HCV: + IFN-a)

(4)

Cidofovir

Cidofovir (CDV, HPMPC; Vi- stide, Pharmacia & Upjohn) ist das neueste gegen durch Zytomegalieviren (CMV) ver- ursachte Erkrankungen zuge- lassene Medikament (Grafik 1), in Deutschland derzeit zur Behandlung der CMV-Reti- nitis bei Aids-Patienten (als Therapie der zweiten Wahl).

CDV ist aber in vitro und in vivo ebenfalls wirksam gegen zahlreiche DNA-Viren, dar- unter Herpesviren (HSV-1 und -2, VZV, CMV, EBV, KS- HV), Adeno-, Papilloma-, Po- lyoma- und Pockenviren [2, 11, 35])

Beim Cidofovir handelt es sich um ein Nukleosidphos- phonat-Analogon. Eine Mo- nophosphorylierung durch ein viruskodiertes Enzym und damit ein möglicher Weg zum Resistenzerwerb entfal- len (Grafik 2). Die für die Phosphorylierung zum CDV- Diphosphat (CDVpp), dem funktionellen Analogon zum Nukleosid-Triphosphat, er- forderlichen zwei Phospho-

rylierungen erfolgen durch zelluläre Enzyme. Als CDV-pp inhibiert Cido- fovir die virale DNA-Polymerase und kompetiert mit dem natürlichen Sub- strat, Desoxycytosin-Triphosphat.

Der Hauptnachteil des Cidofovir liegt in seiner erheblichen Toxizität.

Vor allem seine Nephrotoxizität be- schränkt in der klinischen Praxis häu- fig seine Einsatzmöglichkeit. Bei in- travenöser Anwendung, als einzige derzeit zur Behandlung von sonst nicht mehr therapierbaren CMV-Re- tinitiden bei Aids zugelassen, ist zur Verminderung der Nephrotoxizität eine ausreichende Vorhydratisierung mit physiologischer Kochsalzlösung und Mitverabreichung von Probene- cid per os erforderlich. Dazu muss ei- ne engmaschige Kontrolle von Nie- renfunktion und Blutbild erfolgen.

Daneben kann Cidofovir zu Neutro- penie, Senkung des Augeninnen- drucks, Übelkeit, Erbrechen und Fie- ber führen.

Aufgrund der langen intrazellulären Halbwertszeit werden zur Induktion 5 mg/kg KG einmal wöchentlich und da- nach als Erhaltungsdosis dieselbe Menge alle zwei Wochen verabreicht.

In Studien wurde auch mit teilweise gutem Erfolg die topische Anwendung als Creme auf Haut und Schleimhaut, zum Beispiel gegen Papillomavirus-In- fektionen (33, 38), und per intravitrea- ler Injektion gegen CMV-Retinitiden erprobt.

Antisense-Präparate

Als weltweit erstes Antisense-Präpa- rat ist die Substanz Fomivirsen (ISIS 2922; Vitravene, Ciba Vision/Novartis und Isis Pharmaceuticals) klinisch ver- fügbar. In den USA ist Fomivirsen seit 1998 auf dem Markt, in der EU steht die Zulassung wahrscheinlich in Kürze bevor.

Es handelt sich bei Fomivirsen um ein 21 Nukleotide langes Phosphoro-

thioat-Oligonukleotid. Der Ersatz ei- nes Sauerstoffatoms in der Phosphat- gruppe durch ein Schwefelatom er- höht die Stabilität des Moleküls ge- genüber Enzymen. Die Basenfolge des Fomivirsen ist komplementär (ge- gensinnig) zu einer Teilsequenz der Boten-RNA-Transkripte der „major immediate early“ Region 2 (IE2) des Zytomegalievirus. Diese Region der Boten-RNA kodiert für mehrere Pro- teine, welche die virale Genexpres- sion steuern und daher notwendig sind für die Replikation des Virus (31).

Aufgrund der Komplementarität des Fomivirsen zu der transkribierten Vi- rus-RNA wird die Synthese des IE2-Proteins und somit die Virusrepli- kation gehemmt (18). Durch den grundlegend anderen Wirkmechanis- mus besteht keine Kreuzresistenz zwi- schen den oben aufgeführten anti- CMV-Agenzien und Fomivirsen. Es gelang jedoch die Selektion von Fomi- virsen-resistentem Zytomegalievirus in vitro (30).

Fomivirsen wird bei anderweitig nicht behandelbaren Patienten mit CMV-Retinitis intravitreal injiziert.

Welche Rolle dieses innovative Medi- kament in Anbetracht der im Zeitalter der HAART (hochaktive antiretrovi- rale Therapie) zurückgegangenen Be- deutung der CMV-Retinitis spielen wird, hängt entscheidend davon ab, wie nachhaltig sich die HIV-assoziier- te Immunschwäche wird therapieren lassen.

Therapie der chronischen Virushepatitis

Bei der Virushepatitis B kommt es mit, je nach den Umständen, mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit zu einer chronischen Verlaufsform: in mehr als 90 Prozent bei perinataler In- fektion und im Erwachsenenalter unge- fähr bei fünf Prozent. Diese ist jedoch, global betrachtet, fast ausschließlich für die Mortalität der Hepatitis B verant- wortlich.

Nach einer Infektion mit dem Hepa- titis-C-Virus (HCV) hingegen ist die Entwicklung einer chronischen Infek- tion der Normalfall. Mögliche Lang- zeitfolgen sind bei beiden Erregern

O

O O

O O H2N

H3C

H3C

CH3

CH3 NH2HCI HO O

O

O O

O HN N

N N H2N

O

O O O O

P P

C O HN N

N N N

H2N HO

HO O HO

N N N H2N

HO

OH

OH

OH OH

OH OH

Penciclovir Famciclovir (Produg) Aciclovir Valaciclovir (Produg)

Ganciclovir Foscarnet Cidofovir HN N

N N H2N

NH2 N N

HN N

N N Grafik 1

Chemische Strukturformeln der gegen Herpesvirus-Infektio- nen verwandten DNA-Polymerasehemmer: Aciclovir, Vala- ciclovir, Famciclovir, Ganciclovir, Foscarnet und Cidofovir.

Man beachte die Grundstruktur des Purin-(Guanin-) Doppel- rings, jeweils ergänzt durch unterschiedliche Seitengrup- pen, ferner den einfachen Aufbau des Foscarnet sowie die auch beim Cidofovir bereits in der Grundsubstanz vorhande- ne Phosphatgruppe.

(5)

Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom.

Eine Behandlung der chronischen Virushepatitis (B oder C) kann mit In- terferon alpha-2a oder alpha-2b erfol- gen. Der antivirale Effekt von Inter- feronen ist vielschichtig: zu einer im- munmodulierenden Wirkung (erhöh- te MHC-Klasse-I- und -II-Expression auf der Zelloberfläche, Induktion ei- nes „antiviralen Zustands“ der Zelle) kommt eine direkt antivirale Wirkung, etwa durch Inaktivierung von viraler - mRNA.

Die Erfolgsaussichten einer sol- chen teuren, nebenwirkungsreichen und mit sechs bis zwölf Monaten lang andauernden Interferon-Behandlung sind jedoch bei beiden Erregern eher mäßig, bei der Hepatitis C mit im Schnitt unter 20 Prozent sogar ausge- sprochen dürftig (40). Bei Patienten mit fortgeschrittenem Leberversagen, deren Leben nur durch eine Trans-

plantation gerettet werden kann, be- reitet zudem die häufige Reinfektion der Transplantatleber durch das Virus große Probleme.

Eine Kombinationstherapie der chronischen Hepatitis C mit Inter- feron und dem – für sich allein genom- men gegen HCV wirkungslosen – „al- ten“ Virostatikum Ribavirin (dieses wird als relatives „Breitspektrum“-Vi- rostatikum unter anderem auch bei In-

fektionen mit Respiratory-Syncytial-, Hanta- und Lassaviren eingesetzt; Vi- razole, ICN; Rebetol, Essex Pharma) verbessert die Aussicht auf eine dau- erhafte Beendigung der Virusreplika- tion erheblich (5). Sie hat daher in die jüngsten Konsensus-Empfehlungen Eingang gefunden (14, 25). Inwieweit sich erste Hinweise bestätigen lassen, dass die ebenfalls für sich alleine ge- nommen nicht gegen HCV aktiven

„alten“ Grippemittel Amantadin und Rimantadin (22) als Teil einer Mehr- fachkombination gegen HCV bedeut- sam sein könnten, ist bislang unklar (47).

Zur Therapie der chronischen He- patitis B wurde kürzlich das ursprüng- lich gegen HIV entwickelte Lamivu- din (3TC; gegen HIV als Epivir be- ziehungsweise in Kombination mit Zidovudin als Combivir im Handel) zugelassen (Zeffix, Glaxo Wellcome).

Analog seiner Wirkung gegen das

HIV interferiert es auch beim Hepa- titis-B-Virus (HBV) mit der Aktivität der reversen Transkriptase, also der viralen DNA-Polymerase (39). Erste klinische Ergebnisse sind vielverspre- chend (12, 24).

Derzeit laufen außerdem Versu- che mit Adefovir-Dipivoxil (bis-POM PMEA; Preveon, Gilead), einem azy- klischen Nukleotidphosphonat-Ana- logon (15). Ferner haben auch das

Penciclovir und das Famciclovir eine HBV-supprimierende Wirkung und befinden sich in klinischer Erprobung (9, 48). Wie bereits oben erwähnt, wird ein wichtiges potenzielles Ein- satzgebiet die peri- und postoperative Therapie von HBV-infizierten Leber- transplantatempfängern sein, zusätz- lich zu hohen Dosen HBV-Hyperim- munglobulin, um eine Reinfektion des Transplantats zu verhindern.

Neuraminidase-Inhibitoren

Hierbei handelt es sich um eine voll- kommen neue Wirkstoffklasse zur Be- handlung von Infektionen mit Influen- zaviren, den Erregern der Virusgrip- pe. Sie sind das Ergebnis eines geziel- ten „drug design“ (43).

Die neuen Substanzen, Analoga der Sialsäure, inhibieren selektiv das vira- le Enzym Neuraminidase, welches ei- ne Rolle bei der Freisetzung neugebil- deter Influenzavirionen von der infi- zierten Epithelzelle spielt (6). Im Un- terschied zu den bislang verfügbaren Substanzen Amantadin und Rimanta- din, welche ausschließlich gegen Influ- enza-A-Viren wirksam sind, sind sie aufgrund des hohen Konservierungs- grades der Neuraminidasen sowohl gegen Influenza-A- als auch -B-Viren wirksam. Die bisherige Zulassung er- streckt sich nur auf die Frühbehand- lung etablierter Erkrankungen durch Influenzaviren, aber auch eine pro- phylaktische Wirkung ist wahrschein- lich (36).

Dies gilt sogar für bislang beim Menschen nicht angetroffene Stämme wie etwa das zum Jahreswechsel 1997/

98 erstmals in Hongkong nachge- wiesene, vom Geflügel auf den Men- schen übergesprungene H5N1-Virus (45). Das macht die Neuraminidase- Inhibitoren sehr wertvoll für den be- fürchteten Fall, dass ein derartiges neues Virus eine Pandemie verursa- chen sollte und für eine Impfstoffent- wicklung keine ausreichende Zeit ver- bleibt (17).

Bis dato ist ein Präparat – Zanami- vir – in Deutschland zugelassen (Gra- fik 3), ein weiteres – Oseltamivir – bis- lang nur in der Schweiz. Zanamivir (GG167, Relenza, Glaxo Wellcome) HSV, VZV:

Thymidinkinase

ACV ACV-monoP

PEN PEN-monoP

GCV GCV-monoP

CMV: UL97 Foscarnet, Cidofovir

umgehen Monophosphorylierung ACV-PPP

PEN-PPP Inhibition der viralen DNA-Polymerase GCV-PPP

Grafik 2

Schema der intrazellulären Phosphorylierung von Nukleosidanaloga und anderen DNA-Polymerase- Hemmern: Während Aciclovir (ACV), Penciclovir (PEN, Prodrug: Famciclovir) und Ganciclovir (GCV) zunächst von Virus-kodierten Enzymen monophosphoryliert werden müssen, entfällt dieser Schritt bei den dadurch gegen Mutationen in der viralen Thymidinkinase beziehungsweise dem UL97-Gen- produkt unempfindlichen, dafür jedoch sehr viel stärker toxisch wirkenden Mitteln Foscarnet und Ci- dofovir.

(6)

liegt als Pulver vor und wird topisch appliziert, durch Inhalation mittels des beiliegenden „Diskhalers“ von zwei Sachets à 5 mg zweimal täglich, das heißt 20 mg/die. Es ist gut verträg- lich, allerdings wird die Darreichungs- form von vielen schwerer Erkrankten nicht gut toleriert. Es sind kaum Arz- neimittelinteraktionen bekannt, und, was wichtig ist, das Mittel beeinträch- tigt nicht die Immunantwort auf eine gleichzeitig durchgeführte Influenza- Vakzinierung (44), kann also daher in epidemischen Situationen zur „Über- brückung“ eingesetzt werden. Oselta- mivir (GS 4104, Tamiflu, Roche) wird oral eingenommen, die übrigen Cha- rakteristika entsprechen im Wesentli- chen denen des Zanamivir (20).

Einige Einschränkungen trüben je- doch das an sich so positive Bild dieser neuen Wirkstoffklasse.

Indikation

Der Einnahmebeginn muss innerhalb von 48 Stunden nach Krankheits- ausbruch erfolgen, um eine Verkür- zung der Erkrankungsdauer zu bewir- ken.

Aufgrund des oft uncharakteristi- schen klinischen Bildes der echten In- fluenza und ihrer schwierigen Abgren- zung gegenüber anderen viralen Er- kältungskrankheiten oder bakteriel- len Infekten gibt es hierbei prinzipiell zwei Möglichkeiten: zum einen die Anwendung eines Influenza-Schnell- tests zum Erregernachweis (8), zum anderen die Verschreibung aufgrund der klinischen Symptomatik in Kennt- nis der aktuellen epidemiologischen Situation (entsprechend den aktuellen Berichten des Robert Koch-Instituts und der Arbeitsgemeinschaft Influen- za AGI).

Patientengruppen

Der Nachweis der Wirksamkeit der Neuraminidase-Inhibitoren ist bislang nur bei ansonsten gesunden Erwach- senen sicher erbracht worden; das heißt, er steht noch aus bei den Hauptrisikogruppen für schwere In- fluenzavirus-Erkrankungen, wie älte- ren Personen, Personen mit Vorer- krankungen (19, 28, 29). Von wesentli- cher Bedeutung für den potenziellen Nutzen der neuen Substanzen wird auch sein, ob es in diesen Patienten- gruppen gehäuft zur Selektion von an- tiviralen Resistenzen kommen wird;

diese wurden in vitro (41), bislang aber kaum bei Patienten beobachtet (16).

Stellenwert

Nach Meinung aller Autoritäten macht die Verfügbarkeit von Neura- minidase-Inhibitoren die jährliche Grippe-Schutzimpfung nicht obsolet (7)! Allerdings steht zu befürchten, dass die ohnehin unzureichende Zahl der jährlichen Grippeimpfungen durch ihre Verfügbarkeit weiter zu- rückgeht, im Vertrauen auf die mög- liche medikamentöse Prophylaxe be- ziehungsweise Behandelbarkeit. Ein gewichtiger potenzieller Vorteil be- steht jedoch darin, dass sie zu einer Verringerung unnötiger Antibiotika- verordnungen beitragen und so die Gefahr der weiteren bakteriellen Re- sistenzentwicklung verringern kön- nen. Im Sinne einer unverzüglichen Anwendung wäre eventuell sogar eine Rezeptfreiheit für Neuraminidase-In- hibitoren sinnvoll, diese würde aller- dings einem unreflektierten Einsatz Tür und Tor öffnen. Ein weiterer un- gelöster Punkt ist natürlich auch die Kosten-Nutzen-Abwägung (26).

Canyon-Blocker

Ähnlich den Neuraminidase-Hem- mern ist der erste in Kürze klinisch verfügbare so genannte Kapsid-Inhi- bitor oder Canyon-Blocker, Pleconaril (VP63843; Viropharma Inc.), die Frucht jahrelanger eingehender Un- tersuchungen von Virusfeinstruktur

und -funktion. Das Pleconaril, ein kleines Molekül mit guter oraler Bio- verfügbarkeit (23), bindet innerhalb einer auf dem Picornavirus-Kapsid- protein VP1 gelegenen hydrophoben Tasche und behindert dadurch die Funktion des so genannten „Canyon“, welcher für die Interaktion des Virus mit seinem Rezeptor auf der Ober- fläche der Zielzelle sowie für die Frei- setzung der viralen Nukleinsäure aus dem umgebenden Kapsid erforderlich ist.

Pleconaril ist aktiv gegen Rhino- wie Enteroviren, das heißt potenziell wirksam gegen ein breites Spektrum an Erkrankungen, von der gewöhnli- chen Erkältung (37) über virale (asep- tische) Meningitis bis hin zu schweren Myokarditiden.

Derzeit laufen noch weitere Phase- 3-Studien zur Verwendung von Pleco- naril bei Picornavirus-Infektionen der oberen Atemwege sowie Enterovirus- Meningitiden. Ein versuchsweiser Ein- satz bei schweren durch Picornaviren ausgelösten Erkrankungen, wie etwa chronische Meningoenzephalitis bei Immunsuppression, Myokarditis, Rhi- novirus-bedingte Pneumonitis, Polio- myelitis und Post-Polio-Syndrom ist zu erwägen.

Ausblick

Die Forschung auf dem Gebiet der an- tiviralen Chemotherapie hat in den letzten zehn Jahren einen enormen Aufschwung genommen. Es ist sicher- lich nicht falsch, dies zu einem großen Teil der HIV-Pandemie zuzuschrei- ben. Diese hat nicht nur die Entwick- lung neuer antiretroviraler Hemm- stoffe angeregt, sondern auch die von Stoffen gegen die im Zusammenhang mit dem Immundefekt auftretenden opportunistischen Virusinfektionen wie etwa das CMV. Quasi als Nebenpro- dukt der antiretroviralen Therapiefor- schung haben sich außerdem weitere, dringend benötigte Ansatzpunkte ge- gen das Hepatitis-B-Virus ergeben wie das Lamivudin und das Adefovir- Dipivoxil. Trotz der immer gezielte- ren Wirkstoffforschung sind natürlich Rückschläge nicht auszuschließen: So musste eine Phase-2-Studie des zu- H

CO2H CH3CONH

NH2 HO

HN O

HO OH

HN Grafik 3

Chemische Strukturformel von Zanamivir.

(7)

nächst gegen chronische HBV-Infek- tionen viel versprechenden Nukleo- sidanalogons Fialuridin aufgrund zu- vor nicht bemerkter erheblicher Toxi- zität notfallmäßig abgebrochen wer- den (27).

Der Zeitpunkt ist absehbar, an dem gegen eine Reihe der bislang kausal nicht behandelbaren Viruserkrankun- gen sinnvolle, das heißt relativ gut ver- trägliche, nebenwirkungsarme und er- schwingliche Präparate zur Verfügung stehen. Kurzum, wenn der Stand der Virostatikaforschung den der Anti- biotikaforschung erreicht. Allerdings wird dann auch die Problematik der Resistenzentwicklung vermehrte Auf- merksamkeit erfordern.

Zudem werden sich die Anforde- rungen an die virologische Laboratori- umsdiagnostik weiter erhöhen; eine spezifische Therapie setzt eine schnel- le und zuverlässige Diagnosestellung voraus, und sicherlich werden dabei

„point-of-care“- oder „near-patient“- Tests (patientennahe Testung) eine größere Bedeutung erlangen. Als neue Aufgabenfelder des diagnosti- schen Laboratoriums werden sich ne- ben der Bestätigung des Ergebnisses des Schnelltests die virologische Kon- trolle des Therapieerfolgs und die Feststellung möglicherweise entste- hender antiviraler Resistenzen her- auskristallisieren.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3433–3439 [Heft 50]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Hans Wilhelm Doerr Institut für Medizinische Virologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Paul Ehrlich-Straße 40 60596 Frankfurt am Main

E-Mail: H.W.Doerr@em.uni-frankfurt.de Weitere Informationen im Internet www.rki.de

www.kilian.de/agi

Immer wieder wird diskutiert, ob eine Therapie mit Thiazid-Diuretika oder b- Blockern bei Patienten mit arterieller Hypertonie einen Diabetes mellitus Typ 2 induzieren kann.

Eine prospektive Multizenterstudie mit 12 550 Hypertonikern über sechs Jahre konnte zeigen, dass dieser Be- fund zumindest für Thiazid-Diuretika nicht zutrifft. Bei Behandlung mit b- Blokkern traten dagegen 28 Prozent mehr Typ-2-Diabetiker auf, als zu er-

warten gewesen wäre. Dem entgegen steht nach Ansicht der Autoren jedoch die nachgewiesene vorteilhafte Wir- kung der b-Blocker hinsichtlich der kar- diovaskulären Risiken. acc Gress TW et al.: Hypertension and antihypertensive therapy as risk factors for type 2 diabetes mellitus. N Eng J Med 2000; 342: 905–912.

Dr. Brancati, Welch Center for Prevention, Epidemiology and Clinical Research, Johns Hopkins Medical Institu- tions, Baltimore, MD 21205-2223, USA.

Führen Antihypertensiva zu Typ-2-Diabetes?

Referiert

Daten aus der großen US-amerikani- schen Nurses’ Health Study an über 80 000 Frauen geben Aufschluss über den Effekt von Diät und Lebensgewohn- heiten auf das Auftreten einer koronaren Herzerkrankung (KHK). Dabei wurden bei den anfänglich gesunden Frauen An- gaben über Ernährung und Lebensweise regelmäßig aktualisiert und mit den in der 14-jährigen Nachbeobachtungsphase auftretenden koronaren Ereignissen korreliert. Alle der untersuchten, durch die Patientinnen selbst zu beeinflussen- den Faktoren wie Nikotinabusus, kör- perliche Bewegung, Alkoholkonsum und Ernährung erwiesen sich als unab- hängige Prädiktoren für das Auftreten

einer KHK. Bei Frauen, die der niedrig- sten Risikogruppe angehörten (nur drei Prozent der Studienpopulation) zeigte sich gegenüber dem Rest ein relatives Ri- siko von nur 0,17 für das Auftreten eines koronaren Ereignisses. Anders ausge- drückt konnten 82 Prozent aller korona- ren Ereignisse auf das Vorliegen von mindestens einem der genannten Risiko- faktoren bezogen werden. acc Stampfer MJet al.: Primary prevention of coronary heart disease in women through diet and lifestyle. N Eng J Med 2000; 342: 1933–1940.

Dr. M. Stampfer, Department of Epidemiology and Nutri- tion, Harvard School of Public Health, Boston, MA 02111, USA.

Primärprävention der KHK durch Diät und Lebensweise

Referiert

Das Barrett-Syndrom stellt ein Aushei- lungsstadium der Refluxösophagitis dar und geht mit einem erhöhten Risiko ei- nes Adenokarzinoms einher. Cyclooxy- genase-2 (COX-2) ist bei chronischen Entzündungsprozessen und der Epithel- proliferation involviert. In endoskopisch gewonnenen Schleimhautproben wurde die COX-2-Expression bei Patienten mit Barrett-Ösophagus, Dysplasie, Adeno- karzinom und normaler Schleimhaut aus Ösophagus und Duodenum untersucht.

Die bereits in normaler Ösophagus- schleimhaut nachweisbare COX-2-Ex- pression ist beim Barrett-Ösophagus und

dem Adenokarzinom der Speiseröhre signifikant erhöht, wobei die COX-2 ex vivo durch die Exposition gegenüber Säure oder Gallensalzen reguliert wird.

Die erhöhte Expression lässt sich durch einen selektiven COX-2-Hemmer ab-

schwächen. w

Shirvani VN, Ouatu-Lascar R, Triadafilopoulos G et al.: Cy- clooxygenase 2 expression in barrett’s esophagus and adenocarcinoma: ex vivo induction by bile salts and acid exposure. Gastroenterology 2000; 118: 487–496.

George Triadafilopoulos, M. D. Gastroenterology Section, Palo Alto VA Health Care System (111-GI), 3801 Miranda Avenue, Palo Alto, CA 94304, USA.

COX-2-Expression im Barrett-Ösophagus

Referiert

Referenzen

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