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Archiv "Drittmittel/Medicalprodukte: Verhaltenskodex sorgt für mehr Rechtssicherheit" (23.02.2001)

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A434 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 8½½½½23. Februar 2001

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bwohl der so genannte Herzklap- pen-Komplex und andere „Vor- gänge“ im Zusammenhang mit der Verknüpfung der Lieferung von Me- dicalprodukten mit Drittmittelzuwen- dungen bereits mehr als fünf Jahre zurückliegen und sich inzwischen man- che Wogen geglättet haben, bestehen in der Praxis noch große Verunsicherung und juristische Unklarheiten über lega- le, gerichtsfeste Drittmittelzuwendun- gen. Einige involvierte Herstellerver- bände haben auf eigene Faust oder im Zusammenspiel mit anderen Verbänden Handlungsanleitungen und meist inoffi- zielle juristische Hilfestellungen erarbei- tet (DÄ 44/2000, Rubrik „Politik“).

Juristischer Leitfaden

Einen wesentlichen Fortschritt und mehr Durchblick durch das Dickicht kann jetzt ein detaillierter, 24 Seiten umfassender „Verhaltenskodex“ bie- ten, den zehn Spitzenverbände der pharmazeutischen Industrie, der Ver- bände der Medizinprodukte- und Gerätehersteller, der Arbeitsgemein- schaft der Wissenschaftlichen Medi- zinischen Fachgesellschaften e.V., der Deutsche Hochschulverband e.V. und die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. als Bundesverband aller Kranken- hausträger publik gemacht haben. Die nach intensiver juristischer Beratung und Experten-Mitarbeit formulierten

„Gemeinsamen Standpunkte zur straf- rechtlichen Bewertung der Zusammen- arbeit“ (Stand: 29. September 2000) sind auch über das Internet im Wortlaut zu beziehen (www.dkgev.de).

Der Verhaltenskodex für Kranken- hausträger, für Wissenschaftler und für

die Verwaltungspraxis soll zweierlei bezwecken: Einerseits soll die bereits seit Jahrzehnten praktizierte Kooperati- on zwischen der Industrie, Vertriebsfir- men, den medizinischen Einrichtungen, den Hochschulklinika und den Kranken- häusern sowie deren Mitarbeiter recht- lich einwandfrei umrissen werden, ande- rerseits soll die forschungs- und gesund- heitspolitisch wünschenswerte und un- verzichtbare Zusammenarbeit der Be- teiligten auf ein rechtlich gesichertes Fundament gestellt werden. Erklärtes Ziel ist es, den Wirtschafts- und For- schungsstandort Deutschland zu sichern und eine Stagnation bei der Gesund- heitsversorgung der Patienten und im Forschungsbetrieb zu vermeiden. Die Verbände haben erklärt, ein verstärktes Engagement der Industrie bei der Dritt- mittelforschung und der Forschungsför- derung sei politisch gewollt. Die staatli- che Finanzierung der Hochschulen und Uniklinika, die Verteilung der finanziel- len Mittel von der zentralen Hochschul- ebene auf die Fachbereiche sind denn auch immer mehr auf eine wesentli- che leistungsbezogene Einwerbung von Drittmitteln ausgerichtet und angewie- sen. Eine Finanzierung der Hochschulen und der hochschulmedizinischen For- schung allein aus öffentlichen Mitteln ist begrenzt und bisher nicht ausreichend.

Die als „Betriebsanleitung“ konzi- pierten „Standpunkte“ der Verbände geben Hinweise, bei deren Einhaltung das Risiko eines Vorwurfs von straf- oder dienstrechtswidrigem Verhalten ausgeschaltet werden soll. Durch dieses Verfahren sollen die mit der Einwer- bung von Drittmitteln und Forschungs- aufträgen möglicherweise verbundenen dienstrechtlichen Komplikationen be- grenzt und das Risiko berechenbar ge-

macht werden, damit sich die unmittel- bar in der Forschung Agierenden in einem rechtssicheren Raum bewegen und „sauber“ bleiben können.

Die Handlungsanleitung verweist auf die bereits im Rahmen der Korrup- tionsbekämpfungsgesetze (vom August 1997) geregelten Strafbestände: Da- nach kann auch eine Einnahme so ge- nannter Drittvorteile unzulässig sein.

Während es früher nur strafbar war, dem Amtsträger oder Handelnden selbst einen Vorteil für die konkrete Handlung zu gewähren, reicht es jetzt bereits aus, dass dieser Vorteil einem Dritten gewährt wird. Daher kann auch ein geldwerter oder immaterieller Vor- teil, der ausschließlich einer medizini- schen Einrichtung oder anderen Dritten zugute kommt, die in diesen Gesetzen genannten Straftatbestände erfüllen.

Strafbewehrte Tatbestände

Als strafrechtlich relevante Tatbestän- de nennt der Kodex: Vorteilsannahme (§ 331 StGB); Vorteilsgewährung (§ 333 StGB); Bestechlichkeit (§ 332 StGB);

Bestechung (§ 334 StGB) und Bestech- lichkeit und Bestechung im geschäftli- chen Verkehr (§ 299 StGB). Ein Kor- ruptionsdelikt liegt dann vor, wenn über Zuwendungen Einfluss auf die Be- stellung von Produkten genommen oder Bestellungen vonseiten des Amts- trägers belohnt werden. Dabei ziehen die Gerichte über den jeweiligen Ein- zelfall hinaus das gesamte Beziehungs- geflecht zwischen Unternehmen und Zuwendungsempfängern im Rahmen der Beweiswürdigung heran.

Amtsträger im Sinne der §§ 331 ff.

StGB sind nicht nur die als Beamte

Drittmittel/Medicalprodukte

Verhaltenskodex sorgt für mehr Rechtssicherheit

Einen „Verhaltenskodex“ im Zusammenhang mit der

Drittmittelfinanzierung, insbesondere im Bereich der Hochschulmedizin

und der Krankenhäuser, haben Fachverbände publik gemacht.

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oder Angestellte des öffentlichen Rechts in öffentlich-rechtlichen Dienst- verhältnissen stehenden Mitarbeiter von medizinischen Einrichtungen. Auch Angestellte einer privat organisierten Einrichtung (etwa einer Krankenhaus- GmbH oder -AG) können Amtsträger in Sinne der §§ 331 ff. StGB sein, sofern sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, beispielsweise in der Forschung oder in der Krankenversorgung.

Selbst wenn Mitarbeiter von medizi- nischen Einrichtungen als Angestellte für eine medizinische Einrichtung in privater Trägerschaft

tätig sind, können sich diese der Bestechlich- keit im geschäftlichen Verkehr strafbar ma- chen. Adressaten der Korruptionsbekämp- fungsgesetze sind mit- hin alle Mitarbeiter sämtlicher medizini- scher Einrichtungen – ungeachtet deren recht- lichen Organisations- form. Für die Zusam- menarbeit der Ärzte mit der Industrie, ins- besondere mit der Phar- ma- und Medicalpro- dukte-Industrie, gilt prinzipiell das ärztli- che Berufsrecht, ins-

besondere die §§ 32, 33 und 35 der (Mu- ster-)Berufsordnung.

Der Verhaltenskodex fußt auf vier Prinzipien, nämlich dem Trennungs-, dem Transparenz- beziehungsweise Genehmigungs-, dem Dokumentati- ons- und dem Äquivalenzprinzip. Diese Rechtsprinzipien umreißt das „Stand- punktepapier“ wie folgt:

❃ Nach dem Trennungsprinzip ist ei- ne klare Trennung zwischen der finanzi- ellen Zuwendung und eventuellen ge- schäftlichen Beziehungen erforderlich.

Zuwendungen an Klinikmitarbeiter und andere Einrichtungen dürfen nicht von geschäftlichen Beziehungen mit den medizinischen Einrichtungen ab- hängig gemacht werden. Insbesondere dürften Zuwendungen nicht nur des- halb gewährt werden, um in unzulässi- ger Weise auf die Beschaffungentschei- dungen direkt Einfluss zu nehmen. Die- sen Grundsatz müssen insbesondere je-

ne Personen beachten, die Beschaf- fungskompetenz haben. Mitarbeiter von medizinischen Einrichtungen dürf- ten keine Zuwendungen annehmen, die ausschließlich oder überwiegend priva- ten Zwecken dienen. Das Trennungs- prinzip setzt strafrechtlich das Postulat um, wonach Zuwendungen an Amtsträ- ger zur Beeinflussung einer Beschaf- fungsentscheidung unzulässig sind.

❃ Nach dem Transparenz- und Ge- nehmigungsprinzip müssen die Zuwen- dungen gegenüber den Klinikverwal- tungen oder -leitungen und den Trägern

medizinischer Einrichtungen offen ge- legt werden, wenn dadurch die Mitar- beiter der Einrichtung begünstigt wer- den oder begünstigt werden könnten.

Strikt muss das Genehmigungsprinzip schon aus dienstrechtlichen Erforder- nissen eingehalten werden. In den Hochschulklinika und den Akutkran- kenhäusern ist dies in der Praxis sehr unterschiedlich geregelt. Oftmals ist der Verwaltungsdirektor, in manchen Fällen auch der ärztliche Direktor derjenige, der die Genehmigungsfunktion ausübt.

Schriftlich dokumentieren!

Dokumentationsprinzip: Sämtli- che entgeltlichen oder unentgeltlichen Leistungen an medizinische Einrich- tungen und/oder deren Mitarbeiter sind lückenlos schriftlich zu dokumentieren.

Die Aufzeichnungen sollen unter Be-

achtung der zivil- und handelsrechtli- chen Vorschriften und im Hinblick auf die strafrechtlichen Verjährungsfristen aufbewahrt werden.

❃ Dem Äquivalenzprinzip zufolge müssen Leistung und Gegenleistung bei Vertragsbeziehungen zwischen Liefer- unternehmen und medizinischen Ein- richtungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

❃ Die Verträge sind schriftlich ab- zuschließen. Eine Zahlung der vertrag- lich vereinbarten Vergütung darf nur dann erfolgen, wenn die geschuldeten Leistungen ordnungs- gemäß erbracht wor- den sind. In keinem Fall dürfen Preisnach- lässe, Rabatte und Ähnliches über den Umweg von außerhalb der Geschäfte in Ko- operationsverträgen gewährt werden. Bei der Auswahl des Ver- tragspartners darf al- lein dessen fachliche Qualifikation aus- schlaggebend sein.

❃ Bei Vergabe von Geld- und Sachspen- den müssen folgende Grundsätze strikt be- achtet werden: Spen- den dürfen nur an offi- ziell anerkannte gemeinnützige Ein- richtungen (auch Fachgesellschaften), nicht aber an natürliche Personen erfol- gen.

❃❃ Spenden an medizinische Ein- richtungen oder andere vergleichbare Organisationen dürfen nur zum Zweck der Forschung und Lehre, zur Verbes- serung der Gesundheits- oder Patien- tenversorgung, zu Aus- und Weiterbil- dungszwecken oder für mildtätige Zwecke getätigt werden.

❃ Geld- oder Sachspenden dürfen die Beschaffungsentscheidungen nicht beeinflussen.

❃ Geldspenden dürfen nur auf Spenden- oder Drittmittelkonten der Einrichtungen oder anderer Organisa- tionen geleistet werden. Sachspenden müssen völlig in die Verfügungsgewalt der Verwaltung der medizinischen Einrichtung/des Krankenhauses über- gehen. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

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A436 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 8½½½½23. Februar 2001

Drittmittelfinanzierung ist für die Forschung unverzichtbar. Foto: Bayer AG

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