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Archiv "Aus neurochirurgischer Sicht: Intrakranielle Blutungen" (06.10.1988)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

IE ÜBERSICHT

Blutungen in die Schädelkapsel oder gar in die Hirnsubstanz hinein sind schwerwiegende Erkrankungen, die einer ent- schlossenen und entscheiden- den Notfallbehandlung, einer schnellen, ausreichenden Dia- gnostik und einer differenzier- ten Therapie bedürfen. Nur so sind hohe Letalität und Morbidi- tät wirkungsvoll zu bekämpfen.

D

as Epiduralhämatom

(EDH, Abbildung 1, Tabelle 1) ist in der Regel eine traumati- sche Blutung zwi- schen Schädelknochen und Dura mater. Sie entsteht durch eine Ver- formung des Schädels beim Auf- schlag. Das führt zu einer Duralok- kerung. Die Dura löst sich bei der Rückverformung des Schädelkno- chens von diesem ab, wodurch ein Ast der Arteria meningea media ein- oder sogar abreißen kann. Bei be- gleitenden Schädelbrüchen kann das Epiduralhämatom auch durch eine Blutung direkt aus dem Bruchspalt entstehen.

Das Epiduralhämatom

Die Häufigkeit des Epiduralhä- matoms, bezogen auf die Schädel- hirntraumen, kann nur geschätzt werden. Je nach Untersucher und Krankengut werden ein Viertel bis vier Prozent der schweren Schädel- hirntraumen durch ein Epiduralhä- matom kompliziert. In unserem Krankengut, das rund 2000 neuro- chirurgische Operationen im Jahr umfaßt, mußten innerhalb eines Jah- res 37 Patienten (30 männliche, sie- ben weibliche) wegen eines Epidu- ralhämatomes operativ behandelt und entlastet werden.

Symptomatik

Eine eindeutige Symptomatolo- gie des Epiduralhämatoms gibt es nicht. Jeder Bewußtlose, jeder Be-

Abbildung 1: Typisches epidurales Häma- tom im computertomographischen Bild mit bikonvexer Darstellung des Hämatoms und Verschiebung der Mittellinienstruktu- ren zur Gegenseite

wußtseinsgetrübte mit einer Aniso- korie , jeder Patient mit einer Schä- delfraktur sollte weiter untersucht werden, ob ein Epiduralhämatom vorliegt. Bewußtlosigkeit und Pupil- lenstörungen sowie beginnende Halbseitensymptomatik sind auf ei- ne Raumforderung im Sinne eines Epiduralhämatoms verdächtig. Pu- pillenstarre, Atemstörungen sind Zeichen der Einklemmung und be- reits prognostisch ungünstig. Das lu- zide Intervall ist eher seltener. Die Aufklarung nach einem relevanten Schädelhirntrauma darf nicht dazu führen, daß der Patient aus der Aus der Neurochirurgischen Klinik (Direktor: Professor Dr. med. Dr. hc.

Hermann Dietz) der Medizinischen Hochschule Hannover

Überwachung vorzeitig entlassen wird, sondern er muß weiterhin eng- maschig überwacht werden.

Diagnostik

Die beim Bewußtlosen erforder- liche Diagnostik beginnt nach Stabi- lisierung der vitalen Funktionen wie der Atmung (Intubation, Beat- mung) und des Kreislaufs (Legen ei- nes großlumigen peripheren Zu- gangs, Volumenersatz, zusätzlich Legen eines zentralen Katheters).

Nach wie vor wird zunächst die Röntgenaufnahme des Schädels und danach eine Computertomographie (CT) ausgeführt. Es muß Wert dar- auf gelegt werden, daß tatsächlich der gesamte Schädelinnenraum bis hoch parietal dargestellt wird, um nicht ein Epiduralhämatom der Scheitelgegend oder der hinteren Schädelgrube zu übersehen. Bei ent- sprechendem Verdacht kann einmal eine koronare CT-Schichtung not- wendig werden. Eine Angiographie zu der Diagnostik des Epiduralhä- matoms ist heute nicht mehr not- wendig, es sei denn, ein CT-Gerät ist nicht verfügbar.

Therapie

Die Therapie des Epiduralhä- matoms besteht in der operativen Entlastung des Hämatoms. Tempo- rale Hämatome können osteokla- stisch trepaniert werden, ebenso die

der hinteren Schädelgrube; alle an- deren

sollten osteoplastisch ange- gangen werden. Die Indikation für Probebohrungen entfällt im allge-

Aus neurochirurgischer Sicht

Intrakranielle Blutungen

Dietmar Stolke und Volker Seifert

Dt. Ärztebl. 85, Heft 40, 6. Oktober 1988 (61) A-2751

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Abbildung 2: Akutes subdurales Hämatom mit massiver Verlagerung der Mittellinien- strukturen zur Gegenseite und Aufstauung des Hinterhornes als Zeichen der begin- nenden Einklemmung

Diagnose zu stellen, muß das CT wiederholt werden zum Ausschluß des seltenen chronischen epiduralen und des viel häufigeren chronischen Tabelle 1: Das Epiduralhämatom (EDH)

schweres Schädelhirntrauma (SHT) mit/ohne Frakturen Bewußtlosigkeit

Pupillendifferenz Halbseitensymptomatik CT

operative Entlastung abhängig von

1. Intervall SHT — neurologische Ausfälle

2. neurologischer Zustand zum Zeitpunkt der OP

3. Lokalisation des EDH 4. Ausmaß der Begleitverletzun-

gen (Kontusionen, traumati- sche, intrazerebrale Häma- tome)

5. Alter

Etwa 85 Prozent der erfolgreich Operierten werden wieder ar- beitsfähig oder sind in der Lage, sich selbst zu versorgen.

Letalität: 8 bis 50 Prozent

Diagnose CT

Tabelle 2: Akutes Subduralhämatom (a SDH) Ursache schweres Schädelhirntrauma

(SHT) Frakturen

Begleitkontusionen Symptome Bewußtlosigkeit

Einklemmungszeichen

operative Entlastung

(großzügige Trepanation, die, auch als Dekompressionsopera- tion gelten kann)

Therapie

Prognose wie EDH

Etwa die Hälfte der Überleben- den und erfolgreich Operierten werden arbeitsfähig oder Selbst- versorger.

Letalität: 70 bis 95 Prozent porale Infratentorielle Hämatome

sind zwar seltener, ihre Prognose ist aber deutlich ungünstiger. Die un- mittelbare Nachbarschaft zu Pons und Medulla oblongata scheint sich hier auszuwirken, ebenso wie die unspezifische klinische Symptomatik

— unter Umständen mit verlänger- tem freien Intervall, und

6. von dem Alter des Patienten.

Insgesamt beträgt die Letalität zwi- schen acht und 50 Prozent. Die Pa- tienten klagen zum Teil lange über Gedächtnis- und Konzentrations- sowie Affektstörungen. Schwere neurologische Ausfälle bleiben rela- tiv selten zurück, so daß etwa 85 Prozent der erfolgreich Operierten wieder arbeitsfähig oder zumindest in die Lage versetzt werden, sich selbst zu versorgen (useful life).

Das chronische Epiduralhäma- tom hat eine gute Prognose auf- grund der langsamen Entwicklung der Raumforderung und der Hirn- kompression. Kopfschmerzen sind das vornehmliche Zeichen. Um die meinen durch die exakte präoperati-

ve CT-Diagnostik. Sie ist nur noch in ausgesprochenen Notfällen ge- rechtfertigt, wenn eine entsprechen- de Diagnostik nicht möglich ist.

Prognose

Die Prognose des Epiduralhä- matoms hängt vor allem ab:

1. von der Geschwindigkeit des Verlaufes (primär komatös, luzides Intervall mit langsamer Eintrü- bung),

2. von dem neurologischen Zu- stand zum Zeitpunkt der Operation (Glasgow-Coma-Scale); je besser die Ausgangslage, desto geringer die Letalität, desto besser die Prognose, 3. von dem Ausmaß begleiten- der Hirnverletzungen (Kontusions- herde, traumatisch intrazerebrale Hämatome),

4. von dem Sitz des Epiduralhä- matoms. Frontale Hämatome haben einen günstigeren Verlauf als tem-

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Abbildung 3: Chronisches subdurales Hämatom mit geringgradig hyperdensem Saum.

Erhebliche Verlagerung der Mittellinienstrukturen. Aufstauung des Hinterhornes als Zei- chen der drohenden Einklemmung

nen erfolgt die spezielle Diagnostik wie Röntgenaufnahmen des Schä- dels und ein CT.

Therapie

Die Therapie des akuten Subdu- ralhämatoms besteht in der ausge- dehnten osteoplastischen Kranioto- mie und Ausräumung des Häma- toms sowie Versorgung der bluten- den Hirnkontusion. Ausgedehnt soll die Kraniotomie zum einen deswe- gen sein, weil sich die Hämatome meist über die gesamte Hemisphäre erstrecken und die Lage der zu ver- sorgenden blutenden Hirnkontusion nicht voraussagbar ist. Zum anderen läßt die ausgedehnte Kraniotomie auch die Möglichkeit zu, bei exzessi- ver Schwellung des traumatisierten Hirns den Knochendeckel nicht so- fort einzupassen, um so eine entla- stende Dekompression zu erreichen.

Prognose

Die Letalität des akuten Subdu- ralhämatoms ist nach wie vor hoch und liegt zwischen 70 und 90 Pro- zent. Die Prognose hängt auch hier nicht unwesentlich vom Alter des Patienten ab, sowohl der alte Mensch als auch der Säugling haben deutlich schlechtere Uberlebens-

chancen. Entscheidend ist der prä- operative Zustand des Patienten;

dieses ist gleichbedeutend mit der Schnelligkeit des Verlaufes des aku- ten Subduralhämatoms, des Inter- valles bis zur Operationsentlastung.

Die begleitenden Kontusionen und Lazerationen des Hirns bestimmen nicht nur die Prognose, sondern auch das Ausmaß der Spätschäden.

Höchstens die Hälfte der Überle- benden wird wieder arbeitsfähig.

Das chronische Subduralhämatom

Das typische chronische Subdu- ralhämatom (c SDH, Abbildungen 3 und 4, Tabelle 3) nimmt mit höhe- rem Lebensalter zu. Es gibt Aus- kunft über die mit dem Alter zuneh- mende Gefäßbrüchigkeit und bevor- zugt Männer Unter 53 Patienten im Jahre 1986 waren 34 männliche und 19 weibliche Patienten. Das chroni- sche Subduralhämatom tritt per de- finitionem erst drei Wochen nach ei- nem Trauma in Erscheinung. Selten läßt sich ein relevantes Trauma in Erinnerung bringen, am ehesten noch bei jüngeren Menschen. Häu- fig handelt es sich um ein Bagatell- trauma, das dazu führt, daß kleine Kontusionsherde mit einer Rinden- subduralen Hämatoms. Die Thera-

pie der Wahl ist die operative Entla- stung.

Das akute

Subduralhämatom

Wie bei der Einschätzung der Häufigkeit des Epiduralhämatoms ist es auch beim akuten Subduralhä- matom (a SDH, Abbildung 2, Ta- belle 2) schwer, exakte Angaben zu machen. Es ist wohl etwas seltener als das Epiduralhämatom. Im eige- nen Krankengut haben wir 1986 30 akute Subduralhämatome, davon 18 männliche und zwölf weibliche, bei denen wir ein operationswürdiges Hämatom gefunden haben. Wir stel- len die Operationsindikation bei ei- ner Dicke von einem Zentimeter an

— im CT gemessen — beim erwachse- nen Patienten. Das akute subdurale Hämatom entsteht in aller Regel aus blutenden Kontusionsherden, selten aus einer abgerissenen Brückenve- ne. Es breitet sich subdural aus und reicht gelegentlich über die gesamte Hemisphäre bis in den Mittelspalt hinein.

Symptomatik

Die Symptomatik ist ähnlich der beim Epiduralhämatom, meist je- doch um vieles dramatischer. Ein lu- zides Intervall kommt so gut wie nicht vor, der Patient ist bewußtlos, ja komatös, zeigt je nach Sitz des Hämatoms eine mehr oder minder ausgeprägte Halbseitensymptoma- tik, ohne daß dies in jedem Falle auf die Seite der Blutung schließen lie- ße. Contre coup-Herde sind häufig und ausgeprägt, beidseits weite lichtstarre Pupillen kündigen die fast hoffnungslose Lage an, besonders dann, wenn dazu auch noch Streck- mechanismen hinzutreten.

Diagnostik

Es gelten dieselben Aussagen wie beim Epiduralhämatom. Nach Stabilisierung der vitalen Funktio-

A-2754 (64) Dt. Ärztebl. 85, Heft 40, 6. Oktober 1988

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lazeration relativ gering bluten, das geronnene Hämatom eine Kapsel bildet, in die durch osmotische Wir- kung schließlich Flüssigkeit ein- strömt und so das Ganze einen raumfordernden Charakter an- nimmt

Viel häufiger gehören jedoch zur Entwicklung des chronischen Subduralhämatoms weitere Fakto- ren wie Gefäßbrüchigkeit, Gerin- nungsstörungen — seien sie endogen (Erkrankung des blut- und gerin- nungsbildenden Systems) oder exo- gen (Überdosierung von gerinnungs- hemmenden Medikamenten (wie Marcumar® und Heparin). Der häu- fig stürzende Alkoholiker bildet bei seinen größeren oder kleineren Schädelhirntraumen ein chronisches Subduralhämatom über das andere, also eine Pachymeningosis haemor- rhagica interna.

Hier können Gefäßbrüchigkeit und Gerinnungsstörungen nach oder bei Leberschäden zusammen-

treffen. Seltene Ursachen des chro- nisch subduralen Hämatoms sind die der Meningeosis carcinomatosa;

diese Ursache haben wir in den vergangenen zwei Jahren zweimal gesehen. Eine histologische Unter- suchung der Hämatomkapsel ist zu empfehlen.

Symptomatik

Das führende Symptom sind Kopfschmerzen, hirnorganische We- sensänderung, auch mit — allerdings keineswegs immer — Halbseitenläh- mungen und schließlich Zeichen des erhöhten intrakraniellen Druckes wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Be- wußtseinsstörungen, die zur Un- tersuchung durch einen Neurolo- gen, entsprechenden diagnostischen Maßnahmen und schließlich zur Aufnahme in eine neurochirurgische Klinik führen.

Diagnose

Die Diagnose des chronischen Subduralhämatoms ist heute deut- lich vereinfacht. Aus der Anamnese ergibt sich der Verdacht, der vom CT bestätigt wird. Bei der Feststel- lung einer isodensen Raumforde- rung ist die intravenöse Kontrastmit- telgabe notwendig. Bei beidseitigen chronischen Subduralhämatomen kann die Verlagerung der Mittelli- nienstrukturen fehlen. Die Indika- tion zur arteriellen Angiographie be- steht praktisch nicht mehr. Die Ma- gnetresonanz-Tomographie ergibt hervorragende Bilder, ist aber nur in Zweifelsfällen erforderlich.

Therapie

Die Therapie des chronischen Subduralhämatoms besteht zunächst in der Bohrlochdrainage unter gerin- gem Sog von etwa 10 bis 20 cm Was- Tabelle 3: Chronisches Subduralhärnatom (c SDH)

Ursache Bagatelltrauma in Kombination mit Gefäßbrüchigkeit (höheres Alter)

Gerinnungsstörungen (exogen oder endogen)

Stoffwechselerkrankungen Alkoholismus

Symptome Hirnorganisches Psychosyndrom Halbseitenlähmung

Bewußtseinseintrübung Diagnose CT

Therapie operative Entlastung

zunächst: Bohrlochtrepanation und Absaugung

bei Mißerfolg: Trepanation und Exstirpation der Kapsel

Prognose grundsätzlich günstiger als beim a SDH,

eingeschränkt durch Allgemein- zustand, Resistenzverhalten, Grunderkrankung, Suchtverhal- ten

Letalität: ein bis zu 20 Prozent

Tabelle 4: Subarachnoidalblutung (SAB)

Ursache Blutung aus einem rupturierten Hirngefäßaneurysma

(in etwa 20 Prozent kein Aneu- rysma nachweisbar)

Symptome akut einsetzender vernichtender Kopfschmerz, Nackensteifigkeit , Krampfanfall

Bewußtseinseintrübung bis zum Coma

Diagnose CT, Lumbal-Punktion, Angiogra- phie der vier Hirngefäße

Therapie operative Ausschaltung des An- eurysmas innerhalb von 48 bis 72 Stunden

Prognose abhängig vom:

präoperativen Zustand Ausmaß der Blutung

Ausmaß des intrazerebralen Hä- matoms

Sitz des Aneurysmas

höhere Mortalität bei A. cerebri anterior-Aneurysma und des ver- tebrobasilären Kreislaufes, weniger vom Alter

Letalität: etwa 15 bis 25 Prozent

(5)

TE=32 TI=0

EN=1/1

Abbildung 4: Darstellung eines chronischen subduralen Hämatomes im Kernspin-Tomo- gramm. Auch hier erkennbar die massive Aufweitung des gegenseitigen Seitenventri- kels

sersäule. Erst wenn es unter dieser Drainage nicht gelingt, das Hirn zur Ausdehnung zu bringen (CT-Kon- trolle nach zwei bis drei Tagen), muß großzügig osteoplastisch trepa- niert und die parietale ebenso wie die viszerale Membran entfernt wer- den. Die Trepanation ist häufig not- wendig bei der sogenannten Pachy- meningeosis haemorrhagica.

Prognose

Die Prognose ist deutlich günsti- ger als beim akuten Subduralhäma- tom, allerdings werden auch hier noch Letalitätsraten von bis zu etwa 20 Prozent angegeben. Der bewußt- seinsklare Patient mit dem unkom- plizierten chronischen Subduralhä- matom hat eine sehr gute Prognose (Letalität geringer als ein Prozent).

Bei dem resistenzgeminderten, tief bewußtlosen Alkoholiker ist die Le- talität nach wie vor hoch. Bei den Erkrankungen des Gerinnungssy- stems oder bei Patienten, die gerin- nungshemmend therapiert werden, hängt die Prognose primär davon ab, ob es gelingt, rechtzeitig die Ge- rinnung zu normalisieren und die entsprechenden Faktoren zu substi- tuieren. Aufgrund der Gefahr des Rezidivs ist hier die Prognose eher zweifelhaft zu sehen.

Die

Subarachnoidalblutung

Die Subarachnoidalblutung (SAB, Abbildung 5, Tabelle 4) be- vorzugt Frauen — in unserem Kran- kengut aus dem Jahre 1986 waren fast doppelt so viele Frauen wie Männer (63 Patienten, davon 41 weibliche und 22 männliche) — und tritt besonders häufig in den mittle- ren und älteren Jahren auf (vierte bis siebte Dekade). Oft geht die Blu- tung mit einem Bluthochdruck der Patienten einher. Die Letalität und Morbidität dieser Erkrankung ist hoch. Von US-amerikanischen Zah- len auf unsere Verhältnisse zurück- gerechnet, ist etwa mit 7000 Sub- arachnoidalblutungen pro Jahr

(13/100 000) zu rechnen. Rund ein Drittel dieser Patienten verstirbt un- mittelbar an den Folgen der Aneu- rysmaruptur, ohne daß ihnen ärzt- liche Hilfe zuteil werden kann. Wei- tere 2000 Patienten versterben an prä- oder postoperativen medizini- schen Komplikationen, insbesonde- re aber als Folge von Rezidivblutun- gen und therapierefraktären zere- bralen Vasospasmen. Nur etwas

Abbildung 5: Akute Subarachnoidalblu- tung mit Blut in den basalen Zisternen ent- lang des Verlaufes der Aa. carotis intema, cerebri media und cerebri anterior. Blut im Interhemisphärenspalt

mehr als ein Drittel der Patienten wird die Subarachnoidalblutung oh- ne oder nur mit geringen neurologi- schen Ausfällen überleben, was die ausgesprochene Schwere der Er- krankung unterstreicht.

Die klassische Subarachnoidal- blutung entsteht aus einem ruptu- rierten Hirngefäßaneurysma. In fast 20 Prozent der Fälle kann eine Blu- tungsquelle nicht nachgewiesen wer- den (sogenannte Mikroaneurysmen oder ruptierte, arteriosklerotische Gefäßwand). Erhöhungen des Blut- druckes wie bei Preßmechanismen zum Stuhlgang, bei Geschlechtsver- kehr oder Anheben von schweren Lasten können die Blutung auslö- sen; aber auch Blutungen im Schlaf oder in der Aufwachphase sind be- kannt.

Symptomatik

Die Subarachnoidalblutung ist ein hochdramatisches Ereignis mit akut auftretenden vernichtenden Kopf- und Nackenschmerzen, Übel- keit und Erbrechen, gefolgt von vor- übergehender Bewußtseinstrübung oder gar Bewußtlosigkeit. Krampf- anfälle erscheinen meist, wenn die Blutung sich in das Hirnparenchym wühlt. Fokale Symptome können häufig auftreten, ebenso Hirnner- A-2756 (68) Dt. Ärztebl. 85, Heft 40, 6. Oktober 1988

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venstörungen. Dieses ist der Fall, wenn zum Beispiel der Nervus ocu- lomotorius durch ein Carotis inter- na-Aneurysma selbst ohne Blutung irritiert wird.

Diagnose

Entscheidend ist die typische Anamnese. In Krankenhäusern, die über ein CT verfügen, sollte auf die primäre Lumbalpunktion verzichtet werden. Nur wenn im CT kein Blut nachweisbar ist, sollte auf diesem Wege der Ausschluß der Subarach- noidalblutung bestätigt werden. Zur Sicherung der Lokalisation der Blu- tungsquelle ist die Arteriographie aller vier zuführenden Hirngefäße unerläßlich. Die Suche nach dem Aneurysma sollte dort ausgeführt werden, wo auch operiert wird, da hier vom Operateur entschieden werden kann, ob zusätzliche Spezial- aufnahmen, wie zum Beispiel ge- drehte oder axiale notwendig sind, um die Strategieplanung zur Opera- tion zu erleichtern. Die Angiogra- phie sollte nach Möglichkeit sofort und vor Eintritt der Vasospasmus- phase (Höhepunkt 4. bis 14. Tag) er- folgen.

Therapie

Die Therapie der Wahl der Sub- arachnoidalblutung ist bei nachge- wiesenem Hirngefäßaneurysma des- sen operative, mikrochirurgische Ausschaltung innerhalb von 48 bis 72 Stunden. Ist dieses nicht möglich, zum Beispiel bei schlechtem klini- schen Zustand, angiographisch oder dopplersonographisch nachweisba- ren zerebralen Vasospasmen oder medizinischen Komplikationen, soll- ten strenge Bettruhe, Schmerzbe- kämpfung, Sedierung und Abschir- mung vor Aufregungen unternom- men werden. Laxantien sind not- wendig, um auch geringe Preßme- chanismen zu verhindern. Gerin- nungsfördernde Medikamente (An- tifibrinolytika, Antithrombin III, wie zum Beispiel Antithrombin III- Alpha, Atenativ®) haben die Rezi- divblutungsrate nur gering mindern können aber auf Kosten einer deut-

lich erhöhten Zunahme hirnischämi- scher Komplikationen. Ebenso ist die Embolierate deutlich erhöht worden. Auf jeden Fall empfiehlt sich eine Verlaufsbeobachtung auf einer Intensivstation.

Prognose

Die Subarachnoidalblutung ist eine schwere, hochdramatische Er- krankung mit einer hohen primären Letalität. Durch die Frühoperation innerhalb der ersten 48 bis 72 Stun- den nach der Blutung ist es gelun- gen, die Rezidivblutungen zu ver- hindern oder aber zu vermindern.

Ebenso gibt es Anzeichen dafür, die Häufigkeit des Vasospasmus im Verlaufe der Erkrankung durch die Frühoperation zu senken. Mit dem Alter nimmt die Letalität und Mor- bidität nur unbedeutend zu.

Die Prognose wird auch vom Sitz des Aneurysmas bestimmt. So haben bei der Frühoperation die Aneurysmen der Arteria cerebri an- terior die höchste Letalitätsrate bei Patienten bis zu 60 Jahren. Jenseits dieses Alters gibt es keinen lokalisa- tionsspezifischen Unterschied mehr.

Die Mortalitätsrate der akut ope- rierten Patienten liegt den Angaben der kooperativen Studie in einem sehr großen Kollektiv zufolge je nach Ausgangsstadium immer noch bei bis zu 20 Prozent. Der Anteil der Behinderten liegt bei zehn, der der wirklich guten Erfolge zwischen 65 und 75 Prozent.

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med. Dietmar Stolke Privat-Dozent Dr. med.

Volker Seifert

Neurochirurgische Klinik

Medizinische Hochschule Hannover Konstanty-Gutschow-Straße 8 3000 Hannover 61

KONGRESSNOTIZ

Magen-pH-Messung während

der Endoskopie

Während die klassische Magen- sekretionsanalyse mit ein- bis zwei- stündiger Aspiration nach Penta- gastrinstimulation kaum noch prak- tiziert wird, kann zumindest orien- tierend der pH-Wert im Magen an- hand von Lackmus-Papier überprüft werden. Die Autoren beschreiben pH-Messungen mittels einer Anti- monelektrode , die durch den Biop- siekanal des Endoskops auf die Ma- genschleimhaut aufgesetzt wird und eine Messung des Magen-pHs inner- halb von einer bis vier Minuten er- laubt. Von 430 konsekutiven Patien- ten, die im Rahmen eine Gastrosko- pie hinsichtlich ihres Magen-pHs analysiert wurden, wiesen 50 einen pH-Wert von über 6 auf (12 Pro- zent), vier hatten zuvor einen H2- Blocker eingenommen, bei sieben konnte ein Pentagastrintest aus me- dizinischer Indikatikon nicht durch- geführt werden. Von den verblei- benden 37 Patienten mit einem pH- Wert unter 6 konnten vergleichende Magensekretionsanalysen durchge- führt werden. Dabei fand sich bei 32 von 37 Patienten ein BAO von 0, bei den verbleibenden fünf Patienten lag er zwischen 0,7 bis 0,61 mmol/h.

Nach Pentagastrinstimulation stieg der durchschnittliche pH-Wert aller 37 Patienten auf 5,76 an, der durchschnittliche MAO-Wert lag bei 0,05 mmol/h. Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß bei Patienten mit einem im Rahmen der Gastroskopie gemessenen pH-Wert von über 6 immerhin 56 Prozent eine pentagastrinrefraktäre Achlorhydrie aufweisen. Wenn es also ausschließ- lich um die Frage geht, ob genug Säure produziert wird oder nicht, reicht das Aufsetzen einer Antimon- elektrode auf die Corpusschleim- haut des Magens im Rahmen der Gastroskopie aus.

J. Andersen, M. Ström: A screening tech- nique for detection of achlorhydria during upper GI-endoscopy (Digestive Disease Week, New Orleans, 1988).

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