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Archiv "Freiwilligkeit und Zwang in der psychiatrischen Behandlung: Schlußwort" (19.03.1999)

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M E D I Z I N

(54) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 Erlaubt sei eine kleine Ergän-

zung des hervorragenden, vorsichtig abwägenden und nicht polarisieren- den Artikels über Zwang in psychia- trischen Kliniken. Für Deutschland mit weitgehend gleichem Personal- bestand in seinen psychiatrischen Kliniken läßt sich herausarbeiten, weshalb in Bremen nur 2,8 Prozent Zwangseinweisungsraten, in West- Berlin dagegen immer noch er- schreckende 44,8 Prozent zu finden sind. Die beispielhafte Auflösung des für Bremen zuständigen Landes- krankenhauses mit der notwendigen Einrichtung von zahlreichen Woh- nungen für entlassene Patienten in Bremen sowie damit die Mobilisie- rung und Humanisierung von psych- iatrischen und Gemeindestrukturen war verbunden mit einer geziel- ten, langjährigen Öffentlichkeitsar- beit. Die wichtigsten Anfangsimpul-

se kamen dabei aus dem ehemaligen Landeskrankenhaus, in dem die Auf- lösungsschritte Fachvertretern wie Öffentlichkeit verblüffende Einsich- ten in freiere Behandlungsmöglich- keiten für langjährig hospitalisierte Patienten vermittelten. Berlin hinge- gen, mit der zum Teil noch Front- stadt- und polizeilichen Anordnungs- bürokratie sowie mit seiner noch überwiegend klassisch orientierten Universitätspsychiatrie kann als ein Gegenmodell bezeichnet werden, das jedoch inzwischen ebenfalls auf dem Weg zu humaneren Behand- lungs- und Versorgungsbedingungen ist. Der Artikel endet mit der Auffor- derung, „die solidaritätsfördernden Ideen . . . aktiv zu unterstützen.“ Das war mein Anliegen.

Prof. Dr. med. Alfred Drees Zentrum für Intuitiv prismatische Dialoge Friedrich-Ebert-Straße 26 47799 Krefeld

DISKUSSION

Berlin als Gegenmodell

Seit Einführung der zweiten Stufe des Pflegeversicherungsgesetzes un- terliegen in Deutschland alle Pflege- heime den Bestimmungen dieses Ge- setzes, so auch diejenigen Einrichtun- gen, die sich der vollstationären Pflege von chronisch psychisch Kranken wid- men.

Wenngleich die Konzeptualisie- rung dessen, was „psychiatrische Pfle- ge“ in Heimen heute bedeutet, noch im Fluß ist, so ist es falsch zu sagen, die Pflege von psychisch Kranken fände in einem durch Recht und Öf- fentlichkeit nicht kontrollierten Be- reich statt: Jede freiheitseinschrän- kende Maßnahme, die ohne oder ge- gen den Willen des Bewohners vorge- nommen werden muß, bedarf der An- ordnung durch den Betreuer und der vormundschaftsgerichtlichen Geneh- migung durch das zuständige Gericht.

Für diese Maßnahmen besteht ebenso

Dokumentationspflicht wie für alle anderen Pflegemaßnahmen. Auch die Aufgaben und die Grenzen der Tätig- keit der Betreuer sind gesetzlich gere- gelt. Betreuer werden auf Antrag vom Gericht bestellt; daß es sich dabei auch um Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung oder Rechtsanwälte han-

delt, die den Bewohner nicht persön- lich kennen, ist zwar ein änderungs- würdiger Zustand; es finden sich aber zunehmend Personen, die die Betreu- ung auch als persönliche Aufgabe ver- stehen. Die Finanzierung des Betreu- ers ist ebenfalls durch öffentliche Mit- tel sichergestellt, sofern der Bewoh- ner diese nicht selbst aufbringen kann.

Berechtigte Kritik an Unzulänglich-

Kontrollierte Pflegeheime

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Klaus Ernst in Heft 47/1998

keiten sollte nicht dazu verführen, das bereits positiv Erreichte zu übersehen oder abzuwerten.

Dr. med. R. Kettler

Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapie

Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Heime für psychisch Kranke in Berlin

Königsberger Straße 36a 12207 Berlin

Herr Kollege Drees erkennt in der auffallenden Seltenheit der for- mellen Zwangseinweisungen in Bre- men die Frucht der dortigen Öffent- lichkeitsarbeit und der neuen Ge- meindestrukturen. Dieser Zusam- menhang ist plausibel. Ob er den ganzen Unterschied gegenüber Ber- lin erklärt, ließe sich eruieren auf- grund eines zusätzlichen Vergleichs der Gesetze und Verordnungen so- wie der Einweisungs- und Aufnah- mepraxis in beiden Städten. In der Schweiz wird die Unterzeichnung des Freiwilligenscheins dort stark geför- dert, wo dem nicht Unterzeichnen- den die Meldung an die Betreuungs- behörde „droht“. Diese Formulie- rung ist nicht zynisch. Sie verweist auf ein ernsthaftes Dilemma bei der Gewährleistung von Fürsorge und Autonomie (2).

Herr Kollege Kettler greift ein ähnliches Problem auf, allerdings bei einer durchschnittlich viel hilfloseren Klientel, nämlich bei pflegebedürfti- gen Langzeitkranken. Mit Recht ver- wahrt er sich gegen jede pauschale Verurteilung des Heimbereichs. Mir liegt indessen daran, für Pflegeheime nicht nur die gesetzeskonforme Füh- rung, sondern auch die besuchende Kontrolle durch psychiatrische Mit- glieder zuständiger Aufsichtskommis- sionen zu fordern.

Im Gegensatz zu den psychiatri- schen Kliniken werden ja in den mei-

Freiwilligkeit und Zwang in der psychiatrischen Behandlung

Schlußwort

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Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 (55) sten Pflegeheimen psychiatrisch aus-

gebildete Ärzte nur dann zum Patien- ten gerufen, wenn dies dem Pflegeper- sonal nötig erscheint. So werden zum Beispiel Möglichkeiten zur Entlas- sung psychisch chronisch Kranker in gemeindenähere Strukturen infolge einer – durchaus einfühlbaren – Ge- wohnheitshaltung der Pflegepersonen oft übersehen, während der auswärti- ge Experte die Chance zu erkennen vermag (4). Krankheitswertige, erfah- rungsgemäß auf Antidepressiva an- sprechende Depressionen Betagter werden nur in der Minderzahl diagno- stiziert und entsprechend behandelt (3). Neuroleptische Akutverordnun- gen werden später oft nicht mehr re- duziert (5). Die zitierten Befunde sind nicht an einzelnen, sondern jeweils an

zahlreichen Heimen erhoben worden.

Sie stimmen mit weiteren Studien überein und dürfen als repräsentativ gelten.

Zweifellos lassen sich alle diese Schwierigkeiten nicht einfach ab- schaffen, schon gar nicht ohne gedul- gigen Einbezug des beteiligten Pflege- personals vor Ort. Herr Kollege Kett- ler hat recht, wenn er durchblicken läßt, daß einseitige Kritik mehr scha- det als nützt. Aber das Prinzip der be- suchenden Kontrolle ist keine Utopie.

Das beweisen zum Beispiel die publi- zierten hervorragenden Berichte der psychiatrischen regionalen Besuchs- kommission des Landes Sachsen-An- halt (1). Ich wünsche mir solche Kom- missionen und Publikationen für un- sere Kantone.

Literatur

1. Ausschuß für Angelegenheiten der psych- iatrischen Krankenversorgung Sachsen- Anhalt: 5. Bericht 1997/1998. Landesamt für Versorgung und Soziales, Halle/Saale.

2. Ernst K: Psychiatrische Versorgung heute.

Konzepte, Konflikte, Konsequenzen.

Stuttgart: Kohlhammer, 1998.

3. Linden M, Kurtz G, Baltes MM et al.: De- pression bei Hochbetagten. Ergebnisse der Berliner Altersstudie. Nervenarzt 1988; 69:

27–37.

4. Ruud T, Martinsen EW, Friis S: Chronic patients in psychiatric institutions: psycho- pathological level of functioning and need for care. Acta Psychiat Scand 1988; 97:

55–61.

5. Wilhelm-Gössling C: Neurolepticaverord- nungen bei dementen Alterspatienten.

Zum Verlauf in Altenheimen nach sta- tionärer psychiatrischer Behandlung. Ner- venarzt 1988; 69: 199–1006.

Prof. Dr. med. Klaus Ernst Wiesenstrasse 18

Ch-8008 Zürich DISKUSSION

Feldkamp und Mitarbeiter brin- gen in ihrer Arbeit wesentliche Ge- sichtspunkte zur Rezidivprophylaxe nach Schilddrüsenoperationen. Aller- dings wird in der Arbeit nicht hinrei- chend auf den Stellenwert der post- operativen Szintigraphie eingegan- gen. Eine Szintigraphie ist nicht gene- rell nach jeder Strumaresektion zu fordern: allerdings sollte deutlich ge- macht werden, daß allein die Szinti- graphie dazu geeignet ist, die erfolg- reiche operative Sanierung einer funktionellen Autonomie zu doku- mentieren. Insofern gehört die szinti- grafische Kontrolle zum Pflichtpro- gramm nach Operation wegen auto- nomer Funktionsstörungen. Des wei- teren sollte nicht übersehen werden, daß die Szintigraphie auch bei Schild- drüsenoperationen aus anderen Indi- kationen wertvolle Informationen über die Größe und die funktionelle Aktivität des Schilddrüsenrestes lie-

fern kann. Die von den Autoren ge- forderte möglichst genaue Informati- on an den weiterbehandelnden Arzt über die Gesamtmenge des verbliebe- nen Schilddrüsenrestes kann nämlich dem postoperativen Schilddrüsen- szintigramm objektiv entnommen werden. Die Angaben des Chirurgen stimmen leider oft nicht mit der

tatsächlichen Größe der Restschild- drüse überein. Die Frage, ob funktio- nell autonomes Gewebe vollständig entfernt wurde, läßt sich ohnehin nur szintigraphisch beantworten. Die Szintigraphie liefert somit wichtige Informationen für die Wahl der ange- messenen Form der Rezidivprophyla- xe. Im Gegensatz zur Sonographie, die – wie die Autoren herausstellen –

erst etwa drei Monate nach Operation eine verläßliche Beurteilung des Hals- situs erlaubt, ist szintigraphisch be- reits drei bis vier Wochen nach Opera- tion eine Beurteilung des Schilddrü- senrestes möglich.

Aus dieser Erfahrung leitet sich die von uns praktizierte Strategie zur Einleitung der postoperativen Rezidiv- prophylaxe ab (1, 2). Postoperativ er- folgt zunächst keine Gabe von Jodid oder Schilddrüsenhormonen. Vier Wochen nach der Operation – zu ei- nem Zeitpunkt, zu dem auch die TSH- Bestimmung verläßliche Aussagen liefert – wird in Kennntnis des zu die- sem Zeitpunkt vorliegenden histolo- gischen Befundes eine klinische Kon- trolluntersuchung, verbunden mit Szintigraphie und Sonographie des Halsbereichs und der Bestimmung von TSH sowie FT4 und FT3, durch- geführt. Bei Operationen wegen funk- tioneller Autonomie gehört die Szin- tigraphie obligat zur Nachkontrolle.

Im Falle einer Operation wegen Mor- bus Basedow verzichten wir ebenfalls selten auf die Szintigraphie, da kleine

Rezidivprophylaxe und medikamentöse Therapiestrategien nach

Operationen an der Schilddrüse

Obligatorische Szintigraphie

Zu dem Beitrag von

Dr. med. Joachim Feldkamp,

Prof. Dr. med.Hans-Dietrich Röher und Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum in Heft 38/1998

(3)

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(56) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 Schilddrüsenreste meist szintigra-

phisch besser als sonographisch ab- grenzbar sind. Nach Operation wegen eines Schilddrüsenkarzinoms gehört die Szintigraphie (in diesem Falle mit Radiojod) ohnehin obligat zur ersten Kontrolle nach Operation, da in Ab- hängigkeit von der Größe und der Ra- diojodaufnahme des Schilddrüsenre- stes die Frage zur Durchführbarkeit der bei follikulärem und papillärem Karzinom (Ausnahme pT1-Tumoren) anstehenden Radiojodtherapie zu be- antworten ist.

Gegen die oben skizzierte Vorge- hensweise könnte der Einwand vorge- bracht werden, daß sich bei Patienten nach wirklich kompletter Thyreoidek- tomie bis zum Zeitpunkt der Kontroll- untersuchung vier Wochen nach Ope- ration bereits eine Hypothyreose ein- stellen kann. Damit ist jedoch für den Patienten kein großer Nachteil ver- bunden. Der Vorteil des hier vertrete- nen Konzepts besteht darin, daß be- reits binnen vier Wochen nach Opera- tion eine recht zuverlässige Aussage über Art und Dauer der Rezidivpro- phylaxe gemacht werden kann.

Literatur

1. Börner W: Zur Rezidivprophylaxe der blan- den Struma nach operativer Behandlung.

In: Scriba PC, Rudorff K-H, Weinheimer B (Hrsg.): Schilddrüse 1981. Stuttgart, New York: Thieme Verlag, 1982, 345–351.

2. Reiners C, Weber A, Baum W, Wiedemann W, Moll E, Börner W: Ergebnisse der Ver- laufsbeobachtung nach Resektion blander Strumen. In: Scriba PC, Rudorff K-H, Weinheimer B (Hrsg.): Schilddrüse 1981.

Stuttgart, New York: Thieme Verlag, 1982, 358–369.

Prof. Dr. med. Christoph Reiners Dr. med. Johann Rendl

Klinik und Poliklinik für Nuklear- medizin der Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2

97080 Würzburg

Wir begrüßen die generelle Empfehlung des Artikels zur post- operativen Rezidivprophylaxe und den wichtigen Hinweis, daß diese heute nicht mehr in TSH-suppressi- ver Form erfolgen sollte. Dem Durchführungsvorschlag, der offen-

bar der regionalen Versorgungssi- tuation entspringt, können wir uns jedoch nur bedingt anschließen.

Während der Stellenwert und sinnvolle Einsatzzeitpunkt der Sono- graphie richtig beschrieben werden, ist die postoperative quantitative Szintigraphie bei keiner der aufge- führten Schilddrüsenerkrankungen genannt. Diese Untersuchung ist jedoch unter Kosten-Nutzenrelatio- nen zumindest einmalig und frühzei- tig, das heißt vor der Entscheidung über die Art der medikamentösen Behandlung in aller Regel indiziert.

Die Praxis zeigt, daß auch in Zentren mit großer Erfahrung nicht nur kno- tige, sondern dystope Parenchymre- ste verbleiben. Nur szintigraphisch läßt sich das Ausmaß einer Restau- tonomie, die gemäß Literatur in 17 bis 35 Prozent postoperativ persi- stiert, erkennen. Insofern ist die Szintigraphie ein wichtiger Bestand- teil der Qualitätssicherung der chir- urgischen Therapie.

Die Größenangabe des Paren- chymrestes durch den Operateur kor- reliert nicht über alle Bereiche mit dem Funktionszustand der Rest- schilddrüse, das heißt eine sichere Vorhersage von Eu- und Hypothy- reose ist nicht möglich. Der Chirurg sollte jedoch, ausgehend vom Schild- drüsenrestvolumen, den Zeitpunkt der ersten postoperativen Nachunter- suchung, sinnvollerweise in der Hand des voruntersuchenden Schilddrü- senspezialisten (sei er nun Endokri- nologe oder Nuklearmediziner), fest- legen. Statt einer arbiträr eingeleite- ten Therapie kann dann unter Kennt- nis von TSH, Technetium-Uptake und Körpergewicht eine individuelle Substitution mit Thyroxin oder Jod oder einer fixen Kombination beider Substanzen eingeleitet werden. Nur so ist eine passagere Substitution von Hypothyreosen mit Jod und eine dau- erhafte Behandlung von Restautono- mien mit Thyroxin auszuschließen.

Gleichzeitig würde dieses Konzept ohne nennenswerte Kostenerhöhung einer weiteren Langzeitnachsorge durch den Hausarzt gerecht.

Statt auf absolute Raritäten (Riedel-Struma) oder regelhaft nicht zu operierende Krankheitsbilder (Thyreoiditis de Quervain) einzuge- hen, hätten wir uns von endokrinolo-

gischer und chirurgischer Seite eher Hinweise auf die Behandlung des passageren oder permanenten Hy- poparathyreoidismus nach Eingrif- fen an der Schilddrüse gewünscht.

Prof. Dr. Jochen Dressler Nuklearmedizinische Klinik Prof. Dr. Joachim Jähne Zentrum Chirurgie,

Klinik für Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie

Henriettenstiftung Hannover Marienstraße 72–90

30171 Hannover

Die Leserzuschriften weisen auf die Szintigraphie zur postoperativen Kontrolle nach Schilddrüsenopera- tionen hin. Insbesondere wird die szintigraphische Nachuntersuchung zur Dokumentation des Operations- ergebnisses nach Operation autono- mer Funktionsstörungen obligat ge- fordert. Wie Reiners und Rendl schreiben, ist eine Szintigraphie nach jeder Strumaresektion nicht sinnvoll.

Es ist sicher richtig, daß die Szintigra- phie das einzige Instrument ist, das eine autonome Funktionsstörung si- cher erkennen kann. Die chirurgi- schen Ergebnisse des letzten Jahr- zehnts zeigen aber auch, daß die Rest-/Rezidivrate autonomer Bezir- ke nach Schilddrüsenoperation fünf Prozent nicht übersteigt. Bei guter präoperativer Diagnostik einschließ- lich eines Suppressionszintigramms kann eine unifokale Autonomie nach adäquater Schilddrüsenresektion heu- te als geheilt gelten und bedarf nicht notwendigerweise einer post- operativen Szintigraphie. Nach Ope- ration wegen multifokaler Autono- mie besteht sicher ein etwas höheres Risiko als bei unifokaler Autonomie, daß im verbliebenen Restgewebe autonome Bezirke belassen wurden.

In diesem Fall kann der Einsatz der Szintigraphie berechtigt sein. In der Regel fallen diese Patienten jedoch auch durch sonographische Verän- derungen oder eine persistierende TSH-Suppression auf, so daß die Szintigraphie im Verdachtsfall nach- geschaltet werden kann. Die eigene DISKUSSION

Stellenwert der Szintigraphie

Schlußwort

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Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 (57) Erfahrung zeigt, daß das Szinti-

gramm nur in ausgewählten Fällen postoperativ sinnvoll ist. Auf einen heute zum Teil noch geübten routi- nemäßigen Einsatz der Szintigraphie mit oft jährlich szintigraphischen Nachkontrollen bei nahezu thyreoid- ektomierten Patienten sollte ver- zichtet werden. Hingegen ist die szin- tigraphische Nachuntersuchung bei Schilddrüsenkarzinomen unzweifel- haft eine obligate Maßnahme.

Das von uns vorgeschlagene Vor- gehen nach Schilddrüsenoperationen orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen, ist patientenorien- tiert und kostengünstig. Angestrebt wird heute ein kurzer Krankenhaus-

aufenthalt nach Schilddrüsenopera- tionen mit rascher Wiederherstel- lung der Arbeitsfähigkeit. Eine be- wußt in Kauf genommene Hypo- thyreose bei funktionell nicht aus- reichendem Schilddrüsenrestgewebe bedeutet durchaus eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität, so daß bereits frühzeitig die Substi- tution begonnen werden sollte. Die Darstellung der Behandlung der Komplikationen von Schilddrüsen- eingriffen war nicht Gegenstand des Artikels, so daß auf die Therapie des heute erfreulicherweise sehr selten auftretenden postoperativen Hypo- parathyreoidismus nicht eingegangen wurde.

Literatur

1. Feldkamp J, Scherbaum WA: Substitution therapy after surgery for autonomous adenomas. Exp Clin Endocrinol Diabetes 1998; 106: 85–87.

2. Gemsenjäger E: Die chirurgische Behand- lung der autonomen Knotenstruma.

Schweiz Med Wschr 1992; 122: 687–692.

2. Reichmann I, Hörmann R, Zander C, Friedrich J, Krause U: Ergebnisse der se- lektiven Strumaresektion bei funktionel- ler Autonomie. Zentralbl Chir 1998; 123:

34–38.

Dr. med. Joachim Feldkamp Abteilung für Endokrinologie Zentrum für Innere Medizin und Neurologie

Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

Eine im Mai 1997 durchgeführte Umfrage an allen neurologischen Kli- niken Deutschlands (n=385) zur Mul- tiplen Sklerose gab einen Eindruck, wie Studienergebnisse in die Alltags- praxis übersetzt werden. Bei einem Rücklauf von 244 Bögen (63 Prozent) fanden sich 22 Zentren, die mehr als 200 Patienten im Jahr behandeln, der Großteil der Kliniken behandelt weni- ger als 150 Patienten/Jahr. In der Schubtherapie wird vor allem die in- travenöse Gabe von 500 mg bis 1 g Steroidäquivalent über drei bis fünf Tage eingesetzt. Etwas mehr als die Hälfte der Kliniken schließt ein aus- schleichendes orales Therapieregime über 14 Tage an. So scheint sich die Hochdosistherapie auch bei der wi- dersprüchlichen Studienlage weitge- hend durchgesetzt zu haben. Trotz der bereits 1,5 Jahre vorliegenden Zulas- sung von Interferon β wurde Azathio- prin Anfang 1997 noch mit fast glei- cher Häufigkeit in der Therapie der schubförmigen MS eingesetzt: 46 (22 Prozent) der Kliniken behandeln mehr als 75 Prozent dieser Patienten mit Interferon βund 41 mit Azathio- prin. Nur 33 Prozent der Neurologen Deutschlands behandeln mehr als die Hälfte ihrer Patienten mit chronisch- progredienten Verläufen. Hier ist die Therapie der ersten Wahl Azathio- prin. Methotrexat und Cyclophospha- mid kommen darüber hinaus zum Ein- satz. Mitoxantron wurde 1997 nur in

den großen Zentren eingesetzt. Zu- sammenfassend ist Azathioprin in der klinischen Praxis präsenter als in aktu- ellen klinischen Studien. In der Thera- pie der Spastik werden vor allem Bac- lofen, Memantine und Dantrolen ein- gesetzt. Tizanidin scheint unterreprä- sentiert. Botulinumtoxin kommt nur selten zum Einsatz. Tremor und Ata- xie werden, wohl aufgrund der nur ge- ringen therapeutischen Effekte, kaum langfristig medikamentös behandelt.

Nur 22 Kliniken leiten Patienten re- gelmäßig zur Selbstkatheterisierung an. Insgesamt scheint die MS-Thera-

pie in Deutschland wenig standardi- siert. Fehlende und widersprüchliche Studienergebnisse sind hier sicherlich ein wesentlicher Grund. In der Praxis zu prüfende Leitlinien, wie sie derzeit der ärztliche Beirat der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft ausar- beitet, werden hier vielleicht helfen, im Laufe der nächsten Jahre zu Stan-

dards zu kommen. hee

Heesen C, Hauer S, Hadji-Abdolrahim B, Bernbeck C, Buhmann C, Emskötter T: Current status of multiple sclerosis therapy in Germany: a national survey.

Eur J Neurol 1999; 6: 35–38.

Dr. med. C. Heesen, Neurologische Kli- nik, Universitätskrankenhaus Eppen- dorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg.

Multiple-Sklerose-Therapie in Deutschland

Schwarzer Tee hemmt die Eisen- resorption bei gesunden Personen.

Die Autoren untersuchten diesen Ef- fekt bei Patienten mit genetisch-de- terminierter Hämochromatose, wobei den Patienten geraten wurde, einen tanninreichen Tee regelmäßig zu den Mahlzeiten zu trinken. Die intestina- le Eisenresorption wurde szintigra- phisch gemessen, das Körpereisen quantitativ nach ausgedehnten Ader- lässen mittels Hb-Bestimmung, Ei- senbindungskapazität und Serum- Ferritin erfaßt. Das regelmäßige Tee- trinken führte zu einer signifikanten Abnahme der Eisenresorption, die Eisenablagerung wurde im Vergleich

zu einer Kontrollgruppe um 30 Pro- zent gesenkt. Die Autoren empfehlen regelmäßiges Trinken eines polyphe- nolhaltigen Tees (zum Beispiel We- wesse Ceylon Broken), 1,5 g Tee pro 250 ml Wasser, um die Zahl der er- forderlichen Aderlaßbehandlungen signifikant zu reduzieren. w Kaltwasser J P, Werner E, Schalk K, Hansen C, Gottschalk R, Seidl C:

Clinical trial on the effect of regular tea drinking on iron accumulation in genetic haemochromatosis. Gut 1998; 43: 699–

704.

Medizinische Klinik III, Zentrum der In- neren Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt.

Therapievorschlag: Patienten mit

Hämochromatosis sollten Tee trinken

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