Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
verwaltungsorgane der Kassen" — soll das etwa heißen: Abweichung von der Parität bei den Verhand- lungen oder Begünstigung der Kassen beim Schiedsverfahren?
0 Zu dem Vorschlag nach bun- deseinheitlichen Verhandlungen paßt der dritte strukturändernde Vorschlag, die Krankenversiche- rung neu zu konstruieren. Im Vor- standspapier findet sich unter dem Abschnitt „Finanzierung der ge- setzlichen Krankenversicherung"
die Forderung, die Beiträge „der Kassen oder Kassenarten" anein- ander anzugleichen und einen Fi- nanzausgleich unter den Kassen herbeizuführen. Der Einstieg dazu soll mit der Rentnerkrankenversi- cherung gemacht werden. Dieses Finanzierungsverfahren wäre ganz unverhüllt der erste Schritt zu einer Einheitskrankenversicherung. Die heute noch selbständigen Kassen wären es dann nur noch dem Na- men nach. Wie hieß es doch im Antrag von Mainz-Stadt? „Um den Einfluß der Sozialversicherten zu stärken, ist eine regionale Einheits- versicherung zu bilden." Das wäre dann erst der nächste Schritt?
Der SPD-Parteivorstand hofft, daß seine Anträge auf dem Parteitag durchgehen und daß damit die ge- sundheitspolitischen Anträge ande- rer Provenienz abgeblockt werden können. Diese — im Vergleich mit den Vorstandsformulierungen — noch brisanteren Anträge sollen auf einem besonderen Gesund- heitskongreß der SPD, voraussicht- lich im Frühling des Wahljahres, ab- gehandelt werden. Auf diesem wer- den sich dann vermutlich die Ver- fasser der „Gesundheitspolitischen Leitsätze" mit anderen Modellbau- ern tummeln dürfen. Eine Spielwie- se für die Parteilinken? So ist es gewiß nicht ganz, denn selbst am pragmatischen Antrag des Vorstan- des läßt sich ablesen, daß die Beharrlichkeit der Theoretisierer doch wirkt und sich, wenn nicht in Systemveränderung, so doch in Strukturveränderung niederschlägt.
Und ist das nicht im Grunde ge- nommen nur noch ein Spiel mit Worten? NJ/DÄ
Gesundheitsabkommen mit der
DDR ratifiziert
Mit Zustimmung eines Teils der CDU/CSU-Fraktion hat der Bundes- tag das erste Folgeabkommen nach dem Grundlagenvertrag mit der DDR, das Abkommen vom 25.
April 1974 auf dem Gebiet des Ge- sundheitswesens, ratifiziert. In der Debatte hoben Sprecher der Re- gierung und der Koalition die poli- tische Bedeutung des Abkommens
— unter anderem wegen der voll erreichten Einbeziehung Westber- lins — ebenso hervor wie die huma- nitäre Bedeutung für die Menschen in den beiden Staaten angesichts des zunehmenden Besucherver- kehrs. Für die CDU/CSU kritisierte Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohen- stein, daß das Bundesgesundheits- amt in Berlin und das Deutsche In- stitut für medizinische Dokumenta- tion nicht als Partner in dem Ab- kommen erwähnt werden. Man könne nur hoffen, daß die nach dem Abkommen von den beiden Gesundheitsministerien zu ernen- nenden Beauftragten bald nähere Regelungen treffen, weil manchen Teilen des Gesundheits-Abkom- mens die wünschenswerte Be- stimmtheit fehle.
Zunächst sieht das Abkommen in Artikel 2 einen Informationsaus- tausch zu Fragen der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vor. In Artikel 3 wird festgelegt, daß Einreisende aus dem anderen Staat während ihres Aufenthaltes einen Anspruch auf ambulante oder stationäre medizi- nische Hilfe haben entsprechend dem jeweiligen Grad der Gesund- heitsschädigung ohne Ansehen der Person. Dies gelte für alle akuten Erkrankungen und Unfälle, für die akute Verschlimmerung älterer, insbesondere chronischer, Krank- heiten sowie für die medizinische Hilfe zur Verhütung einer Ver- schlimmerung oder zur Schmerz- linderung.
Im Ratifizierungsgesetz ist festge- legt, daß Einreisende von den zu-
ständigen Stellen der Länder einen Berechtigungsschein für kosten- freie ambulante oder stationäre medizinische Hilfe in dem im Ab- kommen bestimmten Umfang er- halten.
Das Entgelt bemißt sich bei ärztli- cher und zahnärztlicher Hilfe nach den Sätzen, welche die Ortskran- kenkassen im Bereich des jeweili- gen Arztes oder Zahnarztes für ihre Mitglieder zahlen, bei ärztlich angeordneter Aufnahme im Kran- kenhaus nach der Bundespflege- satzverordnung. Die Kosten dieser Leistungen trägt der Bund. Der Einreisende hat die freie Wahl un- ter Ärzten und Zahnärzten sowie sonstigen Leistungserbringern, die zur Leistung nach diesem Entgelt bereit sind.
Nach Artikel 3 des Abkommens umfaßt der Anspruch von Einrei- senden aus dem anderen Staat auch die Versorgung mit Arzneimit- teln, mit orthopädischen Hilfsmit- teln, Brillen, Zahnersatz und der- gleichen sowie den Krankentrans- port.
In Artikel 4 vereinbaren die beiden Staaten die Durchführung medizini- scher Spezialbehandlungen und -kuren auf besonderes Ersuchen ei- nes der beiden Staaten. In Artikel 5 wird der Austausch von Arzneimit- teln, medizinischem Verbrauchs- material und medizintechnischen Erzeugnissen geregelt. Dies betrifft unter anderem die gegenseitigen kommerziellen Lieferungen, die ge- genseitige Hilfe bei Katastrophen, die Genehmigung zum Mitführen von Arzneimitteln im Reiseverkehr sowie einen Informationsaustausch über die Nebenwirkungen von Arz- neimitteln. Schließlich (Artikel 6) soll auch auf dem Gebiet der Be- kämpfung des Drogen-, Rauschmit- tel- und Suchtmittelmißbrauchs zu- sammengearbeitet werden, insbe- sondere durch den Austausch von Informationen. — Die Mehrkosten für die Bundesrepublik werden auf eine Million bis 1,7 Millionen DM jährlich geschätzt, die in den Etat- ansätzen bereits berücksichtigt
sind. WZ
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 45 vom 6. November 1975 3087