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Archiv "Das Gesundheitsabkommen mit der DDR" (23.05.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

THEMEN DER ZEIT

Nach fast einjähriger Verhand- lungsdauer wurde am 25. April 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ein Ab- kommen unterzeichnet, das Rege- lungen über die Zusammenarbeit beider Staaten auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zum Inhalt hat.

Ausgenommen sind Gebiete, die bereits durch internationale Ver- einbarungen, denen beide Ver- tragspartner angehören, erfaßt werden.

Das Übereinkommen bedarf in der Bundesrepublik noch der Zustim- mung der beiden gesetzgebenden Körperschaften, Bundestag und Bundesrat. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein Zustim- mungsgesetz, so daß es auch ohne Billigung durch den Bundesrat rati- fiziert werden könnte.

Das Übereinkommen sieht im we- sentlichen vor:

> einen gegenseitigen Austausch von Informationen bei anstecken- den Krankheiten;

> ambulante oder stationäre medi- zinische Hilfe bei Reisen in den je- weils anderen deutschen Staat;

> den Austausch von Patienten zu medizinischen Spezialbehandlun- gen und Kuren;

• den Austausch von Medikamen- ten;

I> Zusammenarbeit bei der Be- kämpfung des Rauschmittel- und Drogenmißbrauchs.

Gegenseitiger

Informationsaustausch

Nach dem Übereinkommen soll ein Informationsaustausch durch die zuständigen Ministerien in Fragen der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten stattfin- den. Dieser enthält

> entsprechend den Internationa- len Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den parallel zur Meldung an die Weltgesundheitsorganisation erfolgenden Informationsaustausch und eine Abstimmung bezüglich der an der Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR durchzuführenden Gesundheits- maßnahmen im Falle einer Ein- schleppung der den Internationa- len Gesundheitsvorschriften unter- liegenden Krankheiten;

I> den Austausch von Quartalsbe- richten über die im jeweiligen Staat meldepflichtigen Krankhei- ten;

> den Informationsaustausch über Besonderheiten der epidemiologi- zwar immerhin spektakuläre Vor-

stellung, daß menschenverwandte Tierrassen über eine derartige Er- zeugung einer genetisch-biologi- schen Toleranz einmal als biologi- sche Organbanken für menschli- che Organe dienen könnten.

So hat sich bei uns kürzlich ge- zeigt, daß zumindest für Stunden die extrakorporale Durchströmung etwa einer Pavianleber zur Ret- tung bei einer komatösen Hepatitis von der Patientin klaglos vertragen wurde, was letztlich ja doch einer wenn auch nur elfeinhalbstündi- gen auxiliären Organtransplanta- tion entspricht.

Vorläufig müssen wir noch davon ausgehen, daß weder zur Organ- entnahme noch zur Transplanta- tion kodifizierte Gesetze und damit rechtsverbindliche Anhaltspunkte bestehen. Das heißt, daß der trans- plantierende Arzt als juristischer Laie, und wahrscheinlich auch der Jurist selbst, sich hier in juristi- sches Neuland begeben; anders in ein Rechtsvakuum, in das zwar zahlreiche kompetente Juristen be- reit sind dem Arzt zu folgen, das aber noch nicht ausgefüllt ist. Für den Arzt geht es hier um die Ent- wicklung ethisch-moralischer Nor- men, unter denen er den Heilan- spruch seiner Patienten unter neu- en medizinischen Voraussetzungen zu erfüllen in der Lage ist; für den Juristen um die Schaffung juristi- scher Regeln, die dem Arzt seine gewissenhafte Entscheidung auch in Ausnahmesituationen erleichtern;

wobei das Wort des Juristen Eber- hard Schmitt bedacht werden könn- te, der im Hinblick auf das Maß ärztlicher Aufklärungspflicht und ärztlicher Verantwortung dem Sin- ne nach einmal formuliert hat, daß die juristische Beurteilung immer den Gesetzen der ärztlich-humani- tären Ethik zu folgen habe.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. h. c.

Alfred Gütgemann

Direktor der Chirurgischen Universitäts-Klinik

53 Bonn-Venusberg

Das Gesundheitsabkommen mit der DDR

Gegenseitigkeit: „Kostenlose" ambulante oder stationäre medizinische Behandlung

In der Bundesrepublik: „Freie Arztwahl" für DDR-Bürger nur unter solchen Ärzten, die sich zur Behandlung

unter den jeweiligen AOK-Bedingungen einverstanden erklären

Peter Mandt

1568 Heft 21 vom 23. Mai 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Gesundheitsabkommen mit der DDR

schen Lage sowie zusätzlich über Einzelheiten von örtlichen Ausbrü- chen, die vor allem den grenzüber- schreitenden Verkehr beeinflussen;

> den Informationsaustausch über Personen, von denen bekannt ist, daß sie Infektionsquellen infektiö- ser Darmkrankheiten, venerischer Krankheiten oder ansteckender Tu- berkulose sind oder sein können und sich im jeweils anderen Staat aufhalten oder aufgehalten haben.

Beide Staaten gehen bezüglich des Umfanges des Informationsaustau- sches und der anzuwendenden Ge- sundheitsmaßnahmen von den im jeweiligen Staat geltenden Rechts- vorschriften aus.

Ambulante oder stationäre medizinische Hilfe

Einreisende aus dem anderen Staat haben während ihres Aufent- haltes einen Anspruch auf ambu- lante oder stationäre medizinische Hilfe entsprechend dem jeweiligen Grad der Gesundheitsschädigung.

Das gilt bei allen akuten Erkran- kungen und Unfällen sowie akuter Verschlimmerung älterer, insbe- sondere chronischer, Krankheiten, ferner für die medizinische Hilfe, die zur Verhütung einer Verschlim- merung oder zur Schmerzlinderung notwendig ist.

Die ambulante und stationäre me- dizinische Hilfe umfaßt

> ärztliche und zahnärztliche Hil- fe, ärztlich angeordnete Unterbrin- gung im Krankenhaus;

• Versorgung mit Arzneimitteln auf Grund ärztlicher Verordnung;

> Versorgung (einschließlich Er- satz bei Verlust oder Beschädi- gung) mit orthopädischen Hilfsmit- teln, Brillen, Hörgeräten, Zahner- satz oder vergleichbaren Hilfsmit- teln auf Grund ärztlicher Verord- nung und ärztlicher Feststellung, daß sie während des Aufenthaltes unabweisbar notwendig sind;

> den Krankentransport, wenn dessen Notwendigkeit ärztlich be- scheinigt ist; beim grenzüber- schreitenden Krankentransport in der Regel bis zur Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR.

Heil-, Bade- und Erholungskuren sowie Sanatoriumsaufenthalte sind ausgeschlossen, soweit im Abkom- men nichts anderes vereinbart ist.

Eine Wiederholungsuntersuchung in der Einrichtung der Erstbehand- lung, die aus dringenden medizini- schen Gründen angezeigt ist, soll nach Möglichkeit zugelassen wer- den. Die Mitgabe bzw. Übersen- dung von Arztberichten bei erfor- derlicher Weiterbehandlung soll sich nach der im jeweiligen Staat üblichen Praxis richten.

Bei der Benachrichtigung von An- gehörigen eines lebensbedrohlich Erkrankten und bei Todesfällen, wie auch bei der Einholung einer Behandlungsgenehmigung für Min- derjährige, wollen sich beide Sei- ten dafür einsetzen, daß neben der in beiden Staaten üblichen Art und Weise der Benachrichtigung die je- weilige ständige Vertretung in An- spruch genommen wird.

In einem Protokollvermerk zu den Bestimmungen über die ambulante und stationäre Hilfe heißt es, daß vorbehaltlich künftiger Regelungen über den Modus der Verrechnung der Kosten für medizinische Hilfe jeder Abkommenspartner die in seinem Staat entstehenden Kosten trägt.

Die Bundesregierung hat erklärt, die Vergütung für die ambulante oder die stationäre medizinische Hilfe werde in der Bundesrepublik (einschließlich Berlin-West) in der Höhe übernommen, welche die Ortskrankenkasse, in deren Be- reich der Arzt oder Zahnarzt nie- dergelassen ist, für ihre Mitglieder zahlt. Der Anspruchsberechtigte soll dabei die freie Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten haben, die sich zur ärztlichen oder zahnärztli- chen Behandlung zu dieser Vergü-

tung bereit erklären. Im Rahmen der stationären medizinischen Hilfe werden die allgemeinen Kranken- hausleistungen gewährt.

Medizinische Spezialkuren

Im Rahmen der gegebenen Mög- lichkeiten soll auf besonderes Er- suchen eines Abkommenspartners die Durchführung medizinischer Spezialbehandlungen und -kuren ermöglicht werden, soweit diese anders nicht gewährleistet werden können.

Die Kosten für Spezialbehandlun- gen und -kuren werden zwischen den Abkommenspartnern auf Grund der nachgewiesenen Leistungen verrechnet. Die Modalitäten für je- den Einzelfall werden jeweils zwi- schen den hierzu benannten Beauf- tragten vereinbart.

Austausch von Arzneimitteln Der Austausch von Arzneimitteln und ihnen gleichgestellten Stoffen und Zubereitungen, medizinischem Verbrauchsmaterial und medizin- technischen Erzeugnissen sowie ein Informationsaustausch über diese Erzeugnisse soll nach folgen- den Grundsätzen erfolgen:

> Die gegenseitigen kommerziel- len Lieferungen von Arzneimitteln, medizinischem Verbrauchsmaterial und medizintechnischen Erzeugnis- sen sollen auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, die für das Ver- bringen dieser Erzeugnisse in den beziehenden Staat und für den Ver- kehr mit ihnen in diesem Staat gel- ten, sowie der für den Handel gel- tenden Vereinbarungen durchge- führt werden. Die Abkommenspart- ner werden aufgefordert, sich über die Anforderungen zu unterrichten, die bei der Zulassung von Arznei- mitteln und an deren analytische, pharmakologische, toxikologische und klinische Prüfung gestellt wer- den, sowie über die Anforderun- gen, die für die Hersteller und für im Verkehr befindliche Arzneimittel gelten.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 21 vom 23. Mai 1974 1569

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen THEMEN DER ZEIT

> Die Abkommenspartner sollen sich auf Ersuchen der zuständigen Ministerien bei Katastrophen durch die Bereitstellung von speziellen Arzneimitteln, medizinischem Ver- brauchsmaterial und medizintech- nischen Erzeugnissen unterstützen.

> Im grenzüberschreitenden Rei- severkehr soll das Mitführen von Arzneimitteln, medizinischem Ver- brauchsmaterial und medizintech- nischen Erzeugnissen zugelassen sein, die auf Grund des eigenen Gesundheitszustandes für den per- sönlichen Bedarf in der dem Ver- brauch angemessenen Menge oder nachweisbar zur im besuchten Staat zulässigen Berufsausübung als Arzt benötigt werden.

• Außerdem ist ein Informations- austausch über Nebenwirkungen von Arzneimitteln vereinbart.

Bekämpfung des Rauschmittel- und Drogenmißbrauchs

Die vereinbarte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bekämpfung des Drogen-, Rauschmittel- und sonstigen Suchtmittelmißbrauchs hat insbesondere einen Informa- tionsaustausch zum Ziel über neue Stoffe und Zubereitungen, die miß- bräuchlich als Rauschdrogen bzw.

Suchtmittel benutzt werden, sowie über Art und Ausbreitung des Miß- brauchs von Drogen, Rauschmit- teln und anderen Suchtmitteln.

Austausch

von Organtransplantaten

Beide Regierungen erklären ihre Bereitschaft, zu einem späteren Zeitpunkt Verhandlungen über den Austausch von Organtransplanta- ten wie über die Aufnahme ei- nes medizinisch-wissenschaftlichen Erfahrungsaustausches zwischen dem Institut für Medizinische Infor- mation und Dokumentation, Köln, und dem Institut für Wissenschafts- information in der Medizin, Berlin, aufzunehmen. Die Beauftragten werden bevollmächtigt, über die gegenseitigen Beziehungen auf

dem Gebiet der Organtransplanta- tion und über die Zusammenarbeit beim Austausch von Erfahrungen der medizinischen Forschung und Praxis Gespräche zu führen.

Das Abkommen wird auf unbe- stimmte Zeit geschlossen und kann fünf Jahre nach seinem Inkrafttre- ten — vorgesehen ist der 1. Juli 1974 — mit einer Frist von drei Mo- naten zum Ende des jeweiligen Ka- lenderjahres gekündigt werden.

Anschrift des Verfassers:

Peter Mandt 53 Bonn

Wolkenburgstraße 1

Aus dem Bundestag

Kein Widerruf der

Befreiungsversicherung

In der sozialen Krankenversiche- rung, der Rentenversicherung und in der Altershilfe für Landwirte können Befreiungen von der Pflichtversicherung grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden.

Auf eine Frage des CDU-Abgeord- neten Dr. Friedrich Kempfler er- klärte der Parlamentarische Staats- sekretär des Bundesarbeitsministe- riums, Helmut Rohde, die Entschei- dung für oder gegen die Mitglied- schaft müsse unwiderruflich getrof- fen werden, weil es ansonsten je nach persönlicher Einschätzung der Lage ein Hin und Her geben würde. Jeder, der von solchen Rechten Gebrauch machen könnte, würde sich ausrechnen, was für ihn in dem jeweiligen Zeitpunkt das Günstigste sei. Permanent Versi- cherte, die durch ihre dauernde Beitragsleistung die Substanz einer sozialen Einrichtung bildeten, wür- den sich mit Recht dagegen weh- ren. Nicht zuletzt aus diesem Grun- de halte das Parlament daran fest, daß einmal ausgesprochene Befrei- ungen in der Sozialversicherung unwiderruflich sein müßten.

Sanierung der Rentner- Krankenversicherung

Der Parlamentarische Staatssekre- tär im Bundesarbeitsministerium, Helmuth Rohde, rechnet nach einer Auskunft an den SPD-Bundestags- abgeordneten Klaus Immer damit, daß noch im Jahr 1974 ein Gesetz- entwurf zur Neuregelung der Rent- nerkrankenversicherung vorgelegt werden kann. Dieser Entwurf werde gegenwärtig im Ministerium auf der Grundlage von Empfehlungen der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der gesetzli- chen Krankenversicherung vorbe- reitet (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 50/1973, Seite 3420). Im Vor- dergrund stehe dabei eine Beseiti- gung der derzeitigen ungleichmäßi- gen Belastung der einzelnen Ver- sichertengemeinschaften; diese be- sondere Betonung eines Lasten- ausgleichs zwischen gesetzlicher Renten- und gesetzlicher Kranken- versicherung war auch schon bei früheren Äußerungen von Regie-

rungsseite zu finden. In diesem Zu- sammenhang wies Staatssekretär

Rohde auf das Votum der Sachver- ständigenkommission hin, das in seinem Kernstück postuliert: „Die Finanzierungsanteile der Renten- versicherung und der Krankenver- sicherung sollten künftig stabil sein, was dadurch zu erreichen ist, daß der Anteil der Krankenversi- cherung an den Ausgaben der Rentner-Krankenversicherung ge- setzlich festgelegt wird." Nach Meinung der Kommission sollten die Finanzierungsanteile von Ren- tenversicherung und Krankenversi- cherung im Verhältnis von 80 zu 20 stehen. An eine ins Gewicht fallen- de Entlastung der Krankenversi- cherung zuungunsten der Renten- versicherungsträger ist offenkundig nach wie vor nicht gedacht. Zwar werde angesichts der steigenden Beitragssätze der Krankenkassen auch geprüft, inwieweit die Renten- versicherung die Krankenversiche- rung finanziell entlasten kann; je- doch stünden dabei insbesondere die Rückzahlungsverpflichtungen der Krankenkassen im Vorder- grund. HC

1570 Heft 21 vom 23. Mai 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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