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Ambulante und stationäre Adipositastherapie im Kindes und Jugendalter

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Übergewicht und Adipositas im Kindes und Jugendalter nehmen in Deutschland dramatisch zu. Präventive Programme wie auch die Adipositastherapie im ambulanten und stationären Bereich sind daher dringend erforderlich und finden zunehmend größere Berücksichtigung. In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Programmen, die entweder wohnortnah (ambulant) oder wohnortfern (stationär in Rehabilitationskliniken) durchgeführt werden. Mehrheitlich haben die Programme einen interdisziplinären Ansatz, bestehend aus den Bereichen Psycho-Soziales, Ernährung, Medizin und Sport. Die Indikation für die Teilnahme orientiert sich am BMI, wobei hier ein BMI >97. Perzentile als Kriterium gilt. Bei behandlungsbedürftigen Folgeerkrankungen, ist eine Teilnahme ab einem BMI zwischen der 90. und 97. Perzentile möglich. Ein Problem stellt die Finanzierung der Programme dar. Im stationären Bereich werden die Kosten über den Tagessatz der Kliniken abgedeckt. Ambulante Schulungsprogramme gelten gemäß §43 Abs.

1 Nr. 2, SGB V als ergänzende Maßnahme zur Rehabilitation. Die Kosten kann von der jeweiligen Krankenkasse übernommen werden. Wichtig für die Finanzierung und die Zertifizierung der Programme sind entsprechende Qualitätskriterien (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität), die jedoch nicht von Programmen erfüllt werden. Körperliche Aktivität und Sport sind ein wesentlicher Bestandteil aller Programme. Über den positiven Transfer von Bewegung sollen die Kinder und Jugendlichen motiviert werden, körperlich aktiv zu sein und Inaktivität abzubauen. Aufgrund kaum vorliegender Daten zu den langfristigen Effekten auf den Gewichtsverlauf und Verbesserung der Risikofaktoren sind Aussagen zur Wirksamkeit der Programme zurzeit

Schlüsselwörter: Übergewicht und Adipositas, Schulungsprogramme, Jugend

Overweight and obesity in childhood are rising dramatically in Germany. Con- sequently, there is a need for suitable strategies in prevention and in treatment of childhood obesity. Both preventive and institutional obesity programs are in- creasingly offered in Germany, either in an outpatient (near the residence) or an inpatient setting (rehabilitation centres). Most of the programs involving obese children and adolescents utilize a multidisciplinary approach comprising beha- viour modification, nutrition, medical aspects and exercise. The prerequisite for attending a treatment program is defined as a BMI > 97th percentile. Children and adolescents having a BMI between 90th and 97th percentile can participate, if obesity-associated risk factors are present. In general, the costs for the inpatient treatment programs are paid by the statutory or private health insurance. Accor- ding to the social code of law V, § 43, par. 1, No. 2, ambulant obesity programs are complementary parts of the treatment and, thus it is not mandatory that statuto- ry or private health insurance accept the costs. Quality criteria (structural quality, process quality and result quality) are important for financing and certification, but these are not fulfilled by all providers. Physical activity and sport are essential components of all programmes and patients should be motivated to maintain an active lifestyle. There are relatively few studies relating to long-term effects of in- tervention programs and, thus only limited statements of the effectiveness of the treatment are available.

Key words: Overweight and obesity, education and training programs, youth

Übergewicht und Adipositas im Kindes und Jugendalter haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einem bedeutsamen gesund- heitlichen Problem entwickelt (3,11,15,16). Bei der Definition von Übergewicht und Adipositas im Kindes und Jugendalter müssen die unterschiedlichen alters- und geschlechtsspezifischen Beson- derheiten berücksichtigt werden. Anders als im Erwachsenenbe- reich kann daher der Grenzwert des BMI (BMI=Körpergewicht/

Körpergrtöße2 (kg/m2) von BMI>25 kg/m2) zur Definition des Übergewichts bzw. der Adipositas nicht herangezogen werden.

Die BMI-Einteilung bei Kindern und Jugendlichen erfolgt daher mit Hilfe von Referenzwerten in Form von alters- und geschlecht-

spezifischen Perzentilen nach Kromeyer-Hauschild et al. (10). Als Grenzwert für das Übergewicht wird das Überschreiten der 90.

Perzentile angesehen, Adipositas wird bei dem Überschreiten der 97. Perzentile definiert. Die extreme Adipositas wird über einem BMI >99,5 Perzentil festgelegt. Diese Grenzwerte wurden auch in die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes und Jugendalter (AGA) übernommen (1). Allerdings liegen bislang kei- ne wissenschaftlichen Untersuchungen vor, die einen Zusammen- hang zwischen den Grenzwerten und dem Gesundheitsrisiko im Kindes- und Jugendalter belegen.

Aus den kürzlich erhobenen Daten des Kinder- und Jugend- gesundheitssurveys (KIGGS) geht hervor, dass insgesamt 15% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3-17 Jahren übergewichtig

SummARy ZuSAmmEnfASSung

1

Gruber W,

2

Hüls G

Ambulante und stationäre Adipositastherapie im Kindes und Jugendalter

Outpatient and Inpatient Adiposity Therapy in Children and Adolescents

1

Bereich Sport- und Bewegungstherapie, Fachklinik Satteldüne der Deutschen Rentenversicherung Nord

2

Bereich Medizin, Fachklinik Satteldüne der Deutschen Rentenversicherung Nord

dEfInITIon und pRävAlEnZ dER AdIpoSITAS

(2)

(BMI- Perzentil >90) sind und 6,3% unter Adipositas leiden (BMI Perzentil >97) (11). Dies entspricht einer Zahl von ca. 1,9 Millionen übergewichtigen Kindern und Jugendlichen und ca. 800.000 Adi- pösen, wobei mit zunehmendem Alter die Verbreitung der Adipo- sitas ansteigt (11). Ein Vergleich der aktuellen Daten mit Referenz- daten von vor 20 bzw. 10 Jahren zeigt einen drastischen Anstieg der adipösen Kinder und Jugendlichen um ca. 50%. Um Entstehung und Zunahme der Adipositas im Kindes und Jugendalter entgegen- zuwirken, ist daher die Implementierung von Präventionsprogram- men wie auch ambulanter und stationärer Therapieprogramme, im Folgenden Schulungsprogramme genannt, sinnvoll und notwendig (4,6,8,18,21).

IndIKATIon ZuR TEIlnAHmE An AdIpoSITAS-SCHulungSpRogRAmmEn

Im Bereich der ambulanten wie auch stationären Adipositasthera- pie werden heute interdisziplinäre Therapiekonzepte empfohlen, die eine Kombination von Ernährungs-, Verhaltens- und Bewe- gungstherapie beinhalten. Diese Schulungsprogramme scheinen eine höhere Effektivität im Hinblick auf die Gewichtsabnahme und Veränderung der Lebensgewohnheiten zu haben. Letztendlich lie- gen aber bislang keine wissenschaftlich evaluierten Programme vor, die die Nachhaltigkeit der Programme belegen.(1,3,19). Die Auswirkungen auf den Ernährungszustand am Ende einer statio- nären Adipositastherapie sind im Vergleich zur ambulanten The- rapie besser, langfristig zeigen sich jedoch keine Unterschiede zwi- schen beiden Therapiemaßnahmen (14).

Die Indikation für die Teilnahme an einem ambulanten wie auch an einem stationären Schulungsprogramm kann anhand des Qualitätsrasters der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklä- rung (BZgA) und den Leitlinien der AGA abgeleitet werden (Tab.1) (1,4):

1. BMI >90. bis <97. Perzentile mit behandlungsbedürftigen Folgeerkrankungen, die durch die Reduktion oder Stabili- sierung des Gewichtes positiv zu beeinflussen sind 2. BMI >97. bis <99,5. Perzentile wenn zusätzliche Risikofak-

toren und Krankheiten vorhanden sind 3. BMI >99,5. Perzentile (extreme Adipositas)

Bei Patienten, die einen BMI <90. Perzentile und keine wei-

teren Risikofaktoren aufweisen, kann der behandelnde Arzt auf An- gebote zur Prävention hinweisen (nach §20 Abs.1 und 2 SGB V).

KoSTEnÜBERnAHmE von SCHulungSpRogRAmmEn

Eine Übernahme der Kosten zur Behandlung zur Adipositas im Kindes- und Jugendalter kann zu Lasten verschiedener Kostenträ- ger gehen. Im ambulanten Bereich kann eine Kostenübernahme nach §43 Abs.1 Nr. 2 SGB V durch die gesetzliche Krankenversi- cherung erfolgen. Dies wir auch vom Bundesministerium für Ge- sundheit und soziale Sicherung (BMGS) empfohlen, wenn entspre- chende Qualitätsstandards vorliegen. Im Allgemeinen belaufen sich die Kosten für eine ambulante Adipositas-Schulung mit einer Dauer von 12 Monaten auf ca. 1500-2000 Euro, je nach Aufwand. In Tab.2 sind die leistungsrechtlichen Rahmenbedingungen zur Kos- tenübernahme aufgeführt.

Aufgrund der fehlenden Evidenz für die Wirksamkeit der Adi- positastherapie ist die Finanzierung im ambulanten Bereich für derartige Maßnahmen allerdings erschwert, da es zur Zeit keine verbindlichen Rahmenvereinbahrungen seitens der Spitzenverbän- de der Krankenkassen gibt (21). Die Übernahme der Kosten erfolgt in der Regel auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen mit den Krankenkassen.

Im stationären Bereich werden die Kosten für eine entspre- chende Maßnahme durch die jeweiligen Kostenträger übernom- men und über den Tagessatz der Rehabilitationseinrichtung abge- deckt. Ein möglicher Mehraufwand an therapeutischen Leistungen wird hier allerdings nicht berücksichtigt.

Tabelle 1: Indikation für die Teilnahme an ambulanten und stationären Schulungsprogrammen für Kinder und

Jugendlichen nach (1,4). Übergewichtige oder adipöse Patienten, die

nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V für die Teilnahme an einem Schulungsprogramm in Frage kommen

Übergewichtige oder adipöse Patienten, die auf präventive Angebote hingewiesen werden sollten

Keine Indikation zur Teilnahme an Schulungsprogrammen bzw. Präventivprogrammen

1 Risikofaktoren sind: Insulinresistenz oder Hypercholes­

terinämie sowie familiäre Belastungen (Diabetes mellitus Typ 2 bei den Eltern, Herzinfarkt oder Schlaganfall vor dem vollendeten 55. Lebensjahr bei Verwandten 1. und 2. Grades

2 Als Krankheiten, für deren Behandlung eine Reduktion des erhöhten Körpergewichtes notwendig sind sofern der Zusammenhang mit dem erhöhten Körpergewicht plausibel erscheint werden angesehen: Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, gestörte Glucosetoleranz, Pubertas praecox (vorzeitige Pubertätsentwicklung), Syndrom der polyzystischen Ovarien, orthopädische Erkrankungen

Tabelle 2: Rahmenbedingungen zu Übernahme der Kosten von Schulungsprogrammen nach (4). GKV = Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V = Fünftes Sozialgesetzbuch.

mit erhöhtem Körpergewicht verbunden

Keine Risikofaktoren Risikofaktoren1 Krankheit2

Extreme Adipositas BMI > 99.5.

Perzentile

Indikation für Patientenschulungs­

programme

Indikation für Patientenschulungs­

programme

Indikation für Patientenschulungs­

programme Adipositas

BMI > 97. bis < 99,5.

Perzentile

Hinweise des behandelnd. Arztes auf Präventionsprogramme

Indikation für Patientenschulungs­

programme

Indikation für Patientenschulungs­

programme Übergewicht

BMI > 90. bis < 97.

Perzentile

Hinweise des behandelnd. Arztes auf Präventionsprogramme

Hinweise des behandelnd. Arztes auf Präventionsprogramme

Indikation für Patientenschulungs­

programme Normalgewicht

BMI < 90. Perzentile

Keine Indikation für Schulungsprogramme oder Prävention

Hinweise des behandelnd. Arztes auf Präventionsprogramme

Hinweise des behandelnd. Arztes auf Präventionsprogramme

Therapiangebot Interventionsort Kostenträger

Ambulante Programme Am Wohnort GKV, SGB V,

Versicherte § 1 SGB V

Prävention Lebensumfeld (Familie,

Schule, Orte der Freizeitaktivität),

Öffentliche Hand, Schulen, Gesundheitsämter, Gewerbeämter, GKV: §20 SGB V, Eigenbeteiligung: §1 SGB V Stationäre Programme Rehabilitationskliniken Rentenversicherungsträger,

GKV: §§ 40,43 SGB V, Eigenbeteiligung: §1 SGB V

(3)

QuAlITäTSKRITERIEn fÜR

AdIpoSITAS-SCHulungSpRogRAmmE

Von der AGA, den medizinischen Diensten der Krankenkassen und der BZgA liegen Bewertungskriterien für Schulungspro- gramme vor. Die Erfüllung dieser Kriterien sind die Vorausset- zung für Zertifizierungen des Schulungsprogramms z.B. durch die AGA und grundlegende Voraussetzung zur möglichen Kos- tenübernahme durch die Krankenkassen (1,4).

Die Bewertungskriterien beinhalten neben 1) der Struktur- qualität (Bauliche, institutionelle, medizinische Ausstattung, Therapiearten, Personal), 2) die Prozessqualität (Festlegung der wichtigsten Prozesse, Ablauf Kosten und Finanzierung, Interdis- ziplinäre Team, Manual/Handbuch und 3) die Ergebnisqualität (Dokumentation und Evaluation).

In Deutschland ist die Zahl der Anbieter für ambulante Adi- positas-Schulungsprogramme in den letzten Jahren erfreulicher- weise deutlich angestiegen. In einer Umfrage der AGA aus dem Jahre 2003 konnten im ambulanten Bereich 119 Anbieter und 56 stationäre Instituten identifiziert werden, die Therapieangebote für adipöse Kinder und Jugendliche durchführten (19). Allerdings erfüllten nur 49% der ambulanten und 73% der stationären Ein- richtungen die Leitlinien der AGA.

Im Jahr 2007 stieg die Zahl der ambulanten Anbieter auf 179 Schulungseinrichtungen und 90 stationäre Einrichtungen, die entsprechende Schulungsprogramme anboten. Hiervon erfüllten 33,5% im ambulanten und 31,1% im stationären Bereich die Qualitätskriterien der AGA (2).

AdIpoSITAS-SCHulungSpRogRAmmE

Einige der Programmanbieter haben Schulungskonzepte entwi- ckelt und publiziert. Diese interdisziplinären Konzepte berücksich- tigen neben der Ernähungs- und Verhaltenstherapie , Medizin und Psychosoziales auch den Bereich Körperliche Aktivität und Sport.

Hier insbesondere zu nennen, allerdings ohne eine Wertung der Programme, sind CHILT III, Fitoc, Obeldicks und „leichter, aktiver, gesünder“ der KgAS (Konsensusgruppe Adipositas-Schulung für Kinder und Jugendliche) (6,8,17,21). Während die Schulungskon- zepte CHILT III, FITOC und Obeldicks für den ambulanten Bereich konzipiert wurden, ist das Schulungskonzept der KgAS das einzige interdisziplinäre Konzept für die ambulante und stationäre Schu- lung von Kindern und Jugendlichen. Exemplarisch ist die Struktur von Schulungsprogrammen in Tab.3 und Abb.1 aufgeführt.

Als Voraussetzung zur Teilnahme, neben den in Tab. 1 aufge- führten Indikationen, ist eine ausreichende Lese und Rechtschreib- fähigkeit. In der Regel ist dies ab einem Alter von ca. 8 Jahren ge- geben. Ebenfalls sollte bei den Teilnehmern eine ausreichende Gruppenfähigkeit vorhanden sein. Sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Eltern und Bezugspersonen muss die Motivation zum Erreichen der Ziele der jeweiligen Schulungsprogramme vorhanden sein. Sind bei den Teilnehmern psychiatrische Störungen sowie Ess- störungen vorhanden, ist die Teilnahme am Schulungsprogramm nicht sinnvoll. Dies gilt auch bei schwerwiegenden orthopädischen Erkrankungen, die ein aktives Mitmachen an den Einheiten „Kör- perliche Aktivität und Sport“ nicht möglich machen.

Im Allgemeinen besteht eine Schulungsgruppe aus 6-12 Teil- nehmern, wobei aus ökonomischen Gründen eine Gruppengröße von 12 Teilnehmern anzustreben ist. Die Schulungsgruppen sollten altershomogen sein. In der Praxis haben sich Gruppen in einem Al- ter von ca. 8-12 Jahren und ab 13-18 Jahren als günstig erwiesen. In den Einheiten „Körperliche Aktivität und Sport“ kann die Anzahl bei bis zu 15 Teilnehmern liegen. Für die adäquate Durchführung der edukativen Einheiten ist auf eine entsprechende Größe des Schulungsraums zu achten, der auch eine ausreichende Bewe- gungsfläche bieten soll.

Ein Schwerpunkt nimmt in allen Programmen der Bereich der körperlichen Aktivität und Sport ein (siehe Tab.4). Von geschulten Sportfachkräften wird im Rahmen des angeleiteten Sports eine Ver- Tabelle 3: Struktur von Schulungsprogrammen im ambulanten und stationären

Bereich nach (21).

Abbildung 1: Interdisziplinäre Struktur von Schulungsprogrammen für Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas am Beispiel des Schulungsprogramms der KgAS (6).

Ambulantes Setting Stationäres Setting Schwer­

punkt

Kontinuierliche Betreuung über einen längeren Zeitraum

Einbezug der Eltern gewährleistet Für Patienten geeignet, die eine stationäre Maßnahme ablehnen

Sehr intensive Betreuung mit ganztägiger Supervision Intensiver Baustein in einem Langzeitbetreuungskonzept (optimal Rehakette)

Für Patienten geeignet, die eine ambulante Schulung ablehnen oder keine wohnortnahe Schulung möglich ist

Kostenübernahme von Patienten aus sozial schwache Familien und/oder mit Migrationshintergrund Einbezug von Patienten mit Lese­

und Rechtschreibschwäche Eltern können nur einbezogen werden, wenn sie als Begleitperson aufgenommen sind

Dauer (8)­12 Monate 4­6 Wochen

Umfang Ca. 42 edukative Schulungs­

einheiten (Medizin, Psychosoziales und Ernährung)

Ca. 16 prakt. Einheiten (Ess­

verhaltenstraining, Mahlzeiten­

zubereitung)

Ca. 45 Doppeleinheiten (à 90 min) Körperliche Aktivität und Sport)

Ca. 24 edukative Schulungs­

einheiten (Medizin, Psychosoziales und Ernährung)

Ca. 55 praktische Einheiten (Essverhaltenstraining, Mahlzeiten­

zubereitung)

Ca. 68­106 Einheiten (à 45 min) Körperliche Aktivität und Sport Preis Unterschiedlich; ca. 1500 Euro, in

der Regel Einzelverhandlung mit dem Kostenträger

Tagessatz der Rehabilitations­

kliniken

(4)

besserung verschiedener Komponenten der Health Related Fitness angestrebt (14). Ohne Leistungsdruck wird versucht, Freude an der Bewegung zu vermitteln bzw. wieder aufzubauen. Zudem werden Möglichkeiten der körperlichen Aktivität aufgezeigt, die im Alltag sehr gut umgesetzt werden können. Hierzu zählen z.B. Treppenstei- gen anstatt mit dem Fahrstuhl fahren oder das Spielen von körper- lich aktiven Spielen mit der Spielekonsole (7). Generell körperliche Aktivität in den genannten Programmen verstanden werden als „...

any body movement produced by the skeletal muscles and resul- ting in a substantial increase over the resting energy expenditure“

(14). Das Erlernen und die Umsetzung eines „Bewegten Alltags“ ist eines der wichtigsten Ziele der Schulungsprogramme für adipöse Kinder und Jugendliche, die in den Sporteinheiten didaktisch und methodisch aufgearbeitet und erlernt werden (21).

EvAluATIon

Die Evaluation und Dokumentation des Schulungsprogramms sind von großer Bedeutung da hier die Zielvereinbarungen, die erreichten Teilziele sowie der Verlauf der entsprechenden Maß- nahme überprüfbar sind. Das Ziel aller Schulungsprogramme ist, allgemein formuliert, eine langfristige Gewichtsreduktion und die Förderung einer normalen Entwicklung und Leistungsfähigkeit (1,6,8,17,21). Das Erreichen dieser Zielvorgaben bzw. der Teilziele sollte dabei mit einfachen Mitteln möglich sein. Anders als bei Er- wachsenen verändert sich bei Kindern die Fettmasse im Altersver- lauf durch das Längenwachstum. Zur Überprüfung des Erfolges wird der BMI-SDSLMS herangezogen (1,4,11). Ein Erfolg liegt dann vor, wenn das Körpergewicht um mindestens 5% geringer oder eine Abnahme des BMISDS um >0,2 erfolgt ist. Bei einer Abnahme des Körpergewichtes um 10% vom Ausgangsgewicht oder der Re- duktion des BMISDS um >0,5 nach einem Jahr besteht ein sehr guter Erfolg. Als weiteres Kriterium des Erfolges wird die Verbesserung der Risikofaktoren, die mit dem Übergewicht oder der Adipositas

einhergehen, angesehen. Kriterien, die den Erfolg einer Therapie- maßnahme über einen längeren Zeitraum beschreiben liegen aller- dings zurzeit nicht vor.

Hinsichtlich der Evaluation der Schulungsprogramme wird von der AGA das APV-Programm (Adipositas Patienten Verlaufs- dokumentation) empfohlen. Mit Hilfe dieses EDV-Dokumentati- onsprogramms für Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas können alle relevanten Daten aus den verschiedenen Bereichen dokumentiert und analysiert werden. Die Auswertung erfolgt zentral halbjährlich (12).

ZuSAmmEnfASSung

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Adipositasthera- pie im Kindes und Jugendalter sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich ein wichtiger Bestandteil ist, um das Überge- wicht und die Adipositas zu behandeln. Wenngleich die langfristi- gen Erfolge der Programme noch nicht eindeutig sind, zeigen sich jedoch kurzfristig positive Effekte bezogen auf das Körpergewicht und die Leistungsfähigkeit. Interdisziplinäre Programme, die die Verhaltenstherapie, die Ernähungstherapie und den Bereich Kör- perliche Aktivität und Sport berücksichtigen sind erfolgreicher als Schulungsprogramme, die lediglich einen dieser Bausteine zum In- halt haben. In allen publizierten Programmen nehmen der Sport und die körperliche Aktivität eine wichtige Rolle ein. Die von Fach- kräften angeleiteten Sporteinheiten dienen der Verbesserung der

„Health Related Fitness“. Über den positiven Transfer in den Alltag sollen die Kinder und Jugendlichen motiviert werden, körperlich aktiv zu sein und körperliche Inaktivität zu erkennen und abzu- bauen. Erfreulicherweise hat in den letzen Jahren die Zahl der An- bieter von Schulungsmaßnahmen in Deutschland zugenommen, allerdings erfüllen nicht alle dieser Therapiekonzepte die Qualitäts- kriterien der entsprechenden Gremien. Aufgrund des Mangels an Daten zur Wirksamkeit der Programme wird jedoch das Erbringen Tabelle 4: Exemplarische Auflistung der am häufigsten durchgeführten Schulungsprogramme in Deutschland.

programm dauer Interdisziplinär

Eltern Evaluation follow-up Sonstiges

Psycho­Soz. Ernährung Medizin Sport

Obeldicks (17,18)

12 Monate

ambulant ja ja ja

ja

1­2x/ Woche (60 min) über 12 Monate

ja

Fragebogen zu:

Ess­ und Ernährungsverhalten, Bewegungsverhalten/

Inaktivität;

Adipositas­assozierte Risikofaktoren BMI, BMI­SDS

Evaluation durchgeführt und publiziert

12 Monate

Programm teilt sich in verschiedene Phasen (Intensiv 3 M, Etablierung 6 M, betreute Entlassung 3 M)

Kontrollgruppe

Chilt III (6) 11 Monate

ambulant ja ja ja

ja,

2x/Woche (90 min) über 11 Monate

ja

BMI, BMI­SDS VO2max Wattmax

Evaluation durchgeführt und publiziert

Schulungsinhalte nach leichter, aktiver, gesünder und CHILT I/II

Kontrollgruppe

FITOC (8,9) 8 Monate

ambulant ja ja ja

ja

3x/Woche (60 min) über 8 Monate

ja

Adipositas assoziierte Risikofaktoren Watt/kg BMI, BMI­SDS Motorik und Ausdauer Evaluation durchgeführt und publiziert

Bis 36 Monate

Erweiterter Allgemeiner Sportmotorischer Test (AST) Kontrollgruppe Franchise

(5)

der Leistung, hier die Übernahme der Kosten für eine Schulungs- maßnahme, durch die Kostenträger erschwert.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Ho- norare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.

lITERATuR

1. Arbeitsgemeinschaft für Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA): Leitlinien zur Diagnostik, Therapie und Prävention der Adipositas. AGA – Arbeitsgemeinschaft für Adipositas im Kindes- und Jugendalter, 2006.

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Qualitätskriterien für Programme zur Prävention von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. BZgA – Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, Köln, 2005.

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Korrespondenzadresse:

Dr. Sportwiss. Wolfgang Gruber AHG Klinik für Kinder und Jugendliche Paracelsus Ring 8 14547 Beelitz-Heilstätten E-Mail: wgruber@ahg.de

Referenzen

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