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ie meisten ärztlichen Ver- sorgungswerke haben zum 1. Januar 2005 ihre Satzungen in wesentlichen Punkten geändert. Dies be- trifft insbesondere die Ab- schaffung der Altersgrenze für den Eintritt der Mitglied- schaft, die Einführung des so genannten Lokalitätsprin- zips sowie neue Regelungen zur Überleitung von Beiträ- gen beim Wechsel des Versor- gungswerks.Bislang fand sich in den Satzungen aller ärztlichen Ver- sorgungswerke eine Rege- lung, wonach Ärztinnen und Ärzte, die nach Vollendung des 45. Lebensjahres erstmals Mitglieder einer Ärztekam- mer wurden, nicht mehr Mit- glied des jeweils zuständigen ärztlichen Versorgungswerks werden konnten. Vor allem aus europarechtlichen Grün- den haben die meisten ärztli- chen Versorgungswerke die 45-Jahres-Grenze gestrichen und stattdessen eine 60- oder 65-Jahres-Grenze in die Sat- zungen aufgenommen. Mit dieser Regelung wird klarge- stellt, dass jenseits dieser Al- tersgrenze keine neuen An- wartschaften erworben wer- den können.
Pflichtmitgliedschaft am Ort der Berufsausübung
Künftig gilt für alle Mitglie- der ärztlicher Versorgungs- werke auch das Lokalitäts- prinzip, was ganz einfach be- deutet, dass Ärztinnen und Ärzte immer in dem Ver- sorgungswerk Pflichtmitglied sind, das für den Ort ihrer Be- rufsausübung zuständig ist.
Grundsätzlich erlischt dann die Pflichtmitgliedschaft im bisherigen Versorgungswerk.
Dies führt dazu, dass Ärztin- nen und Ärzte nicht nur Mitglied der für den Ort der Berufsausübung zuständigen
Kammer, sondern zugleich auch Mitglied des für diesen Bereich zuständigen Versor- gungswerks sind. Aus Ver- trauensschutzgründen finden sich in den Satzungen der ärztlichen Versorgungswerke Regelungen, dass diejenigen, die wegen der bisherigen Al- tersgrenze nicht Mitglied ge- worden sind, auch künftig kein Mitglied werden. Ent- sprechendes gilt für diejeni- gen Ärztinnen und Ärzte, die bis zum 31. Dezember 2004 von der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk befreit worden sind, weil sie beitrags- pflichtiges Mitglied eines an- deren ärztlichen Versorgungs- werks geblieben sind, die so lange befreit bleiben, wie diese Voraussetzungen vor- liegen. Wird die Mitglied- schaft im alten Versorgungs- werk beendet, tritt die Pflicht- mitgliedschaft im neuen Ver- sorgungswerk automatisch ein.
Ist zum Beispiel ein angestell- tes Mitglied der Ärzteversor- gung Niedersachsen vor dem 1. Januar 2005 nach Stuttgart gezogen und hat sich von der Mitgliedschaft in der Baden- Württembergischen Versor- gungsanstalt für Ärzte, Zahn- ärzte und Tierärzte zugunsten der Ärzteversorgung Nieder- sachsen befreien lassen, än- dert sich für diesen Arzt/die- se Ärztin zunächst nichts.
Er/Sie bleibt weiterhin Mit- glied der Ärzteversorgung Niedersachsen. Erst wenn dort die Mitgliedschaft been- det wird, tritt die Mitglied- schaft in der Baden-Würt- tembergischen Versorgungs- anstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte ein.
Die Satzungen der meisten ärztlichen Versorgungswerke sehen außerdem weiterhin grundsätzlich die Möglichkeit vor, eine Pflichtmitgliedschaft freiwillig fortzusetzen. Ausge- nommen sind regelmäßig sol-
che Fälle, in denen ein Arzt/
Ärztin in einem anderen ärztlichen Versorgungswerk beitragspflichtiges Pflichtmit- glied wird. Denn in diesen Fällen wird davon ausgegan- gen, dass ein Bedarf für eine zusätzliche Versorgung ne- ben einer in einem anderen Versorgungswerk bestehen- den Pflichtmitgliedschaft nicht besteht.
Überleitung zur Verhinderung von Kleinstanrechten
Bislang konnten innerhalb von sechs Monaten auf An- trag hin die an das bisherige Versorgungswerk geleisteten Beiträge auf das neu zustän- dige Versorgungswerk über- geleitet werden, wenn die Pflichtmitgliedschaft im ur- sprünglichen Versorgungswerk endete und die Pflichtmit- gliedschaft bei einem neuen Versorgungswerk eingetreten ist. Dies bleibt für einen Zeit- raum von bis zu 60 beitrags- pflichtigen Mitgliedschafts- monaten auch weiterhin mög- lich. Diese Regelung, durch die die Bildung von Kleinst- anrechten verhindert werden soll, führt dazu, dass für die weit überwiegende An- zahl der Ärztinnen und Ärzte, die vom Zuständigkeitsbe- reich eines Versorgungswerks in den eines anderen Versor- gungswerks wechseln, Über- leitungen nach wie vor mög- lich bleiben. Ist die Schwel- le von 60 beitragspflichtigen Mitgliedschaftsmonaten über- schritten, bleibt die Anwart- schaft stehen, und das Mit- glied erhält später im Lei- stungsfall aus der jeweiligen Anwartschaft entsprechende Leistungen. Dabei gewährt
jedes Versorgungswerk seine Leistung zeitanteilig (so ge- nanntes Pro-rata-temporis- Prinzip).
Wie dies geschieht ver- deutlicht ein Beispielsfall:
Ein Mitglied erwirbt in zwei berufsständischen Ver- sorgungswerken im Bundes- gebiet Anwartschaften. Nach Vollendung des 48. Lebens- jahres tritt Berufsunfähigkeit ein. Nach dem bisherigen Recht leistete das zweite Ver- sorgungswerk, bei dem der Leistungsfall eingetreten ist, die Zurechnung bis zu einem bestimmten in der Satzung festgelegten Lebensjahr (mei- stens das 60. Lebensjahr) in vollem Umfang allein. Zu- künftig tragen beide Versor- gungswerke diese Zurechnung anteilig entsprechend der in je- weiligen Versorgungswerken zurückgelegten Zeiten.
Ärztinnen und Ärzte erlei- den durch die Neuregelungen der ärztlichen Versorgungs- werke grundsätzlich keine Einbußen. Dasselbe System gilt durch die Einbeziehung der berufsständischen Ver- sorgungswerke in den sachli- chen Geltungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 im Übri- gen auch für den Fall, dass ein Arzt/eine Ärztin eine Be- schäftigung in einem Mitglied- staat der EU bzw. des EWR aufnimmt. Die ärztlichen Ver- sorgungswerke haben in ih- rem Satzungsrecht somit nur das für grenzüberschreitende Fälle geltende Europarecht nachgebildet. Damit wird ei- ne Gleichbehandlung von eu- ropäischen und innerstaatli- chen Sachverhalten gewähr- leistet und die so genann- te „Inländerdiskriminierung“
vermieden. Michael Prossliner V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1729. April 2005 AA1223
Versorgungswerke
Neuregelungen seit Jahresbeginn
Wirtschaft