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Archiv "Helicobacter-pylori- Serologie in der Praxis: Differenzierter Einsatz der Endoskopie erforderlich" (28.11.1997)

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is zu zehn Prozent der deutschen Be- völkerung begeben sich wegen Ober- bauchbeschwerden in ärztliche Be- handlung (16). Die Mehrzahl dieser Patienten wird von ihrem Hausarzt untersucht und symptomatisch behandelt; nur ein kleiner Teil wird aufgrund einer besonders ausgeprägten oder chronisch rezidivierenden Symptomatik endoskopiert. Als mögliche Ursa- che von Oberbauchbeschwerden ist mittlerweile auch die Infektion der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori anerkannt. Sie kann sowohl im Rahmen der peptischen Ulkuskrankheit als auch bei einer noch nicht klar definierten Grup- pe von Patienten mit nichtulzeröser Dyspepsie (NUD) Symptome verursachen (11, 13). Bislang wird diese Infektion in Deutschland vorwiegend an endoskopisch gewonnenen Schleimhautbiop- sien histologisch oder mittels des Urease- Schnelltests diagnostiziert (3). Die Diagnose ist also meist an die Überweisung zu einem ga- stroenterologisch spezialisierten Facharzt ge- knüpft. Man kann vermuten, daß die Notwen- digkeit zur Überweisung bei knapper werden- den Ressourcen die Diagnose und adäquate anti- biotische Behandlung der Infektion bei einer Vielzahl von Patienten verzögert, zumal der be- handelnde Arzt eine symptomatisch wirksame Therapie in Form von Säuresekretionshemmern oder Prokinetika auch ohne bildgebende Dia- gnostik verordnen kann. In Anbetracht dieser Situation hat die Europäische H.-pylori-Studien- gruppe (EHPSG) im September 1996 in Maas- tricht nach einer Konsensus-Konferenz von Fachwissenschaftlern und in der Praxis tätigen

Ärzten aus 19 europäischen Ländern Empfeh- lungen ausgesprochen (21), welche die Diagno- stik und adäquate Therapie dieser Infektions- krankheit auch verstärkt in den primärärztli- chen Bereich verlagern sollen.

Helicobacter-pylori-Diagnostik durch den Hausarzt

Zur Diagnose einer H.-pylori-Infektion exi- stieren neben den genannten, an die Endosko- pie gebundenen direkten Verfahren auch der

13C-Harnstoff-Atemtest und der serologische Nachweis der Infektion als indirekte Methoden mit vergleichbar zuverlässigen Testergebnissen (6). Der 13C-Harnstoff-Atemtest hat sich trotz hoher Sensivität und Spezifität als gegenwärtig nicht kostendeckend abrechenbares Verfahren in Deutschland bislang nicht flächendeckend etablieren können. Da H. pylori eine kräftige Immunantwort bei seinem Wirt induziert, kön- nen spezifische IgG-Antikörper im Serum mit- tels ELISA (Enzyme-linked immunosorbent assay) mit hoher Treffsicherheit nachgewiesen werden, während IgA-Antikörper zur Diagno- stik weniger geeignet sind (6). Da die unbehan- delte Infektion lebenslang persistiert, darf da- von ausgegangen werden, daß der Nachweis die- ser Antikörper einer aktiven Infektion ent- spricht, wenn noch keine gezielte antibiotische Therapie vorangegangen ist. Eine ganze Reihe kommerziell verfügbarer IgG-ELISA-Testkits sind gut validiert (7). Die Methode ist relativ ko- stengünstig (EBM: 280 Punkte), wird inzwi-

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M E D I Z I N EDITORIAL

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 48, 28. November 1997 (53)

Helicobacter-pylori- Serologie

in der Praxis

Differenzierter Einsatz der Endoskopie erforderlich

Andreas Hackelsberger

Peter Malfertheiner

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schen von vielen Laborärzten und Mikrobiolo- gen durchgeführt und von der niedergelassenen Ärzteschaft in deutlich ansteigender Frequenz nachgefragt (15). Darüber hinaus existieren mittlerweile kommerziell verfügbare und scheinbar äußerst attraktive Vollblut-Schnell- tests. Mit diesen können H.-pylori-Antikörper innerhalb von Minuten durch den Hausarzt selbst nachgewiesen werden. Die Validierung solcher Schnelltests unter Praxisbedingungen zeigte aber bislang keine ausreichend zuverlässi- gen Ergebnisse, so daß sie derzeit noch nicht empfohlen werden können (17, 19).

Auswahl der Patienten

Ein unkritischer Einsatz der Strategie, bei Oberbauchbeschwerden keine Endoskopie, son- dern eine serologische H.-p.-Diagnostik durchzu- führen (alternativ 13C-Harnstoff-Atemtest) und bei positivem Ergebnis die Infektion zu sanieren, beinhaltet eine Reihe von Gefahren. Sie müssen durch eine sorgfältige Auswahl von ungeeigneten Patienten vermieden werden: Ein Magenkarzi- nom, welches in hohem Prozentsatz mit einem po- sitiven Antikörpernachweis verknüpft ist (5), könnte so der endoskopischen Diagnostik entge- hen. Da das Magenkarzinom in Deutschland und der Mehrzahl der europäischen Länder praktisch ausschließlich bei Patienten höheren Alters auf- tritt, hat das Expertengremium in Maastricht emp- fohlen, daß Patienten mit Oberbauchbeschwerden ab einem Alter von 45 Jahren immer primär endo- skopiert werden. Findet sich bei jüngeren Patien- ten ein Magenkarzinom in der Familienamnese oder liegt ein Alarmsymptom vor, wie Anämie, Gewichtsverlust, Dysphagie, stärkster Oberbauch- schmerz oder Teerstuhl, dann ist ebenfalls eine um- gehende Endoskopie erforderlich. Dies gilt auch, wenn Oberbauchbeschwerden im zeitlichen Zu- sammenhang mit der Einnahme von NSAR oder auch ASS aufgetreten sind. In der verbleibenden Gruppe von jüngeren Patienten mit Oberbauchbe- schwerden muß zunächst differentialdiagnostisch eine Reihe von Erkrankungen ausgeschlossen wer- den: Nach Sodbrennen und saurer Regurgitation, den typischen Symptomen einer gastroösophagea- len Refluxerkrankung, ist ebenso zu fahnden wie nach den darmbezogenen Symptomen des Colon irritabile oder Anhaltspunkten für eine psychoge- ne Symptomatik. Bei vermuteter Gallenstein-, Pankreas- oder Lebererkrankung sind Ultraschall plus erweiterte Labordiagnostik erforderlich. Blei- ben diese negativ, dann sollte der jüngere Patient

mit rezidivierenden, im Oberbauch zentrierten Schmerzen mittels IgG-ELISA serologisch auf das Vorliegen von Antikörpern gegen H. pylori (oder mittels 13C-Harnstoff-Atemtest) untersucht wer- den. Die Prävalenz der H.-pylori-Infektion in der Altersgruppe bis 45 Jahre liegt in Deutschland zwi- schen 30 bis 40 Prozent (1), aber die Mehrzahl der Infizierten ist symptomfrei.

Therapeutische Konsequenz

Wird nach dieser Strategie beim jüngeren dyspeptischen Patienten H. pylori nachgewie- sen, so ist es nach Einschätzung der EHPSG- Konferenz ratsam, die Infektion ohne weitere bildgebende Diagnostik zu therapieren. Dazu stehen in Deutschland drei hocheffektive, ne- benwirkungsarme antibiotische Kurzzeitthera- pien zur Verfügung, wie an anderer Stelle im Deutschen Ärzteblatt berichtet wurde (13). Ein kleinerer Teil der nach dieser Strategie evaluier- ten, mit H. pylori infizierten Patienten wird ein unkompliziertes Ulkus haben; die Infektsanie- rung ist dann als kurative Therapie der pepti- schen Ulkuskrankheit zu betrachten.

Die zu erwartende Mehrzahl der Patienten hat aber eine NUD (8). Gegenwärtig wird noch kontrovers diskutiert, ob auch bei diesen Patien- ten eine Indikation zur Sanierung der Infektion besteht (10, 20). Die Praxis zeigt jedoch, daß ei- ne antibiotische Therapie gegen H. pylori auch bei der NUD zunehmend häufig verordnet wird (9, 14). Aus England wird berichtet, daß das se- rologische Screening auf H. pylori mit an- schließender Infektsanierung auch ohne Endo- skopie bei jüngeren Patienten mit Oberbauch- beschwerden bei vielen „general practitioners“

bereits etabliert ist (12).

Eine in den USA erstellte Kosten-Nutzen- Analyse zeigt, daß die skizzierte Vorgehenswei- se Kosten einsparen kann, wenn ein peptisches Ulkus bei zehn Prozent der Patienten vorliegt oder fünf bis zehn Prozent der Patienten mit NUD auf die Infektsanierung therapeutisch an- sprechen (18). Die Einsparung kann allerdings erst mittelfristig erwartet werden (2). Ein ande- rer Aspekt darf jedoch über solchen ökonomi- schen Erwägungen nicht vergessen werden: Die über die Medien bezüglich H. pylori informier- te und zum Teil verunsicherte Öffentlichkeit wächst gegenwärtig. Eine zunehmende Zahl von Patienten mit Oberbauchschmerzen wünscht von ihrem Arzt explizit die Überprü- fung des H.-pylori-Status mit der Konsequenz

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einer Behandlung bei nachgewiesener Infekti- on. Die Risiken dieser Behandlung sind bei kor- rekter Durchführung für den einzelnen gering.

Man kann sich deshalb dem Behandlungs- wunsch solcher Patienten nicht entziehen, auch wenn der Nutzen der Infektsanierung bei der NUD noch nicht definitiv gesichert ist. Zudem haben viele Patienten bereits eine Reihe sym- ptomatischer Therapien ohne anhaltenden Er- folg hinter sich, während die Sanierung der In- fektion die Chance bietet, einen möglichen Kausalfaktor des Beschwerdebilds definitiv zu eliminieren.

Für den jüngeren Patienten kann zusätzlich ein präventivmedizinischer Aspekt bezüglich möglicher H.-pylori-Folgekrankheiten geltend gemacht werden. Die Überprüfung des The- rapieerfolgs ist, obschon wünschenswert, un- ter ökonomischen Aspekten nicht unbedingt notwendig: Bei eindeutig rückläufiger Sym- ptomatik kann von einer erfolgreichen Behand- lung ausgegangen werden. Bei persistieren- der Symptomatik sollte generell eine Endosko- pie mit direktem Keimnachweis veranlaßt wer- den. Eine zunehmende Resistenzentwicklung von H. pylori gegen Metronidazol oder Clari- thromycin wird befürchtet, wenn diese Infekti-

on im Rahmen einer erweiterten Indikations- stellung häufiger als bisher behandelt wird (4).

Man darf jedoch annehmen, daß die Anwen- dung der zugelassenen, hoch wirksamen Kom- binationstherapien wesentlich seltener zur Se- lektion resistenter H.-pylori-Stämme führt als Monotherapien mit diesen Antibiotika, welche in großer Häufigkeit bei gynäkologischer oder pulmologischer Indikation vom Arzt verordnet werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-3265–3267 [Heft 48]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturver- zeichnis, das über den Sonderdruck und über die Internetseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Peter Malfertheiner Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Zentrum für Innere Medizin Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Straße 44

39120 Magdeburg

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M E D I Z I N EDITORIAL/FÜR SIE REFERIERT

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 48, 28. November 1997 (55) Soziologische Studien konn-

ten zeigen, daß aggressives Ver- halten bei Kindern auch bei Her- anwachsenden bestehen bleiben kann. So weisen in der Grund- schule aggressive Kinder häufig auch antisoziale und gewaltberei- te Verhaltensweisen als Jugendli- che oder Erwachsene auf. In der Studie wurde untersucht, ob eine Frühintervention es ermöglicht, das Aggressionspotential länger- fristig zu senken.

In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es ein Lehrpro- gramm – „Prävention von Ge- walttätigkeit“ – für die Grund- schulen. Ob es hilfreich und wirk- sam ist, wurde an zwölf Grund- schulen im Raum Seattle (Wa- shington) überprüft: In je sechs Schulen wurde das Programm in Klassen des zweiten und dritten Schuljahres angewandt, in sechs Kontrollschulen nicht. Lehrer, El- tern und Beobachter (die nicht

wußten, in welchem Zweig sie eingesetzt waren) gaben vor Be- ginn, zwei Wochen nach Beginn und sechs Monate nach Beendi- gung des Unterrichts ihre Bewer- tungen ab.

Weder Lehrer noch Eltern konnten signifikante Verände- rungen während des Unterrichts oder nach einem halben Jahr im Verhalten der Kinder feststellen.

Die Beobachter fanden aller- dings in den Schulen, in denen das Programm eingesetzt worden war, leichte Verbesserungen, und zwar vor allem deswegen, weil sie die Kinder auch in einer Situation be- obachten konnten, die weder El- tern noch Lehrern zugänglich war, wie beispielsweise in den Pausen und in den Cafeterien.

Die Fälle von körperlicher Ag- gression waren weniger gewor- den, sozial neutrales oder gar po- sitives Verhalten hatte zugenom- men – zumindest in einem stati-

stisch signifikanten Bereich. Ver- bale Aggressivität und allgemein sozialnegatives Verhalten blieben sowohl nach zwei Wochen wie am Ende so gut wie unverändert.

Überdeckt wurde diese Entwick- lung dadurch, daß zum einen vor der Endbeobachtung Ferien wa- ren und der Winter dazwischen lag – eine Zeit, in der der Aggres- sionspegel ohnehin zu steigen pflegt. Die Autoren schließen ih- re Studie mit der diplomatisch un- terkühlten Feststellung, es schei- ne, daß das Lehrprogramm leich- te Verbesserungen im sozialen Verhalten der Kinder bewirken

könnte. bt

Grossmann DC, Neckermann HJ, Koepsell TD et al.: Effectiveness of a violence prevention curriculum among children in elementary school.

JAMA 1997; 277: 1605–1611.

Dr. David Grossmann, Harbourview Injury Prevention and Research Center, 325 Ninth Ave, Box 359960, Seattle, WA 98104, USA.

Soziales Training bei Grundschülern: wenig effektiv

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