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Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 16, 17. April 1998 (1)
T
rotz des verschärften Wett- bewerbs und weiter ver- schlechterter gesetzlicher Rahmenbedingungen auf dem Krankenhaussektor haben die pri- vaten Klinikträger zumindest im Akutversorgungssektor ihre Posi- tion behaupten können: Während jedes fünfte Krankenhaus in kom- munaler Trägerschaft – insgesamt sind es 212 Kliniken – zwischen 1990 und 1996 seine Pforten hat schließen müssen, stieg im glei- chen Zeitraum die Zahl der Klini- ken in privater Trägerschaft um 53.Die Privatkliniken spielen im pluralistischen System der sta- tionären Krankenversorgung (öf- fentliche, freigemeinnützige und private Krankenhausträger) eine Art „Hecht im Karpfenteich“.
Trotz ungleicher Startbedingungen und einer unverkennbaren Bevor- zugung der kommunalen Klinik- träger bei der Abdeckung der Be- triebskostendefizite (die Kommu- naletats schießen beträchtliche
Summen zu, wenn ihre Kranken- häuser in die roten Zahlen gera- ten) haben die Privatkliniken ihre Marktchancen genutzt und sich zu- mindest zahlenmäßig behaupten können. Immer dann, wenn der Kostendruck wächst und Defizite entstehen, wollen sich die Kom- munen und Landkreise dieser Last entledigen und streben eine Priva- tisierung an. In der Tat nimmt die Tendenz zur Privatisierung bislang öffentlich-rechtlicher Kranken- häuser zu. Aus politischen Erwä- gungen verweigern sich die mei- sten Kommunen aber einer konse- quenten und vollständigen Privati- sierung; sie unterstützen die Politi- ker und die gewerkschaftlichen Vertretungen des Klinikpersonals, die als Folge einer vermehrten Pri- vatisierung Personalabbau, Ein- schnitte in soziale Besitzstände und Leistungseinschränkungen befürchten.
Faktische Existenzgarantien für die Krankenhäuser gibt es seit
der Abschaffung des bis Ende 1992 geltenden Selbstkostendeckungs- prinzips so gut wie nicht mehr.
Bleiben Betten leer, werden sie für andere soziale Zwecke umgewid- met; müssen Überkapazitäten ab- gebaut werden und will keiner das Dauerdefizit auffangen, bleibt nichts übrig, als dichtzumachen.
Privatklinikträger und privati- sierte kommunale Krankenhäuser können diesem Trend zwar nicht generell ausweichen, sie reagieren dank eines wendigen Manage- ments und der kürzeren Entschei- dungswege schneller und können sich marktgerechter anpassen.
Dennoch ist die Zukunft für Pri- vatklinikträger (vor allem im Re- ha-Sektor) nicht gerade rosig. Ihre Zahl dürfte im Akutbereich trotz der Finanzierungskrise öffentli- cher Häuser nur langsam steigen, weil die Kostendämpfung und die starre Krankenhausplanung ihren Expansionsgelüsten enge Grenzen setzen. Dr. Harald Clade
Position behauptet
Privatkliniken
Ergebnisorientierte Vergütung
D
ie Vergütung der Ärzte soll sich mehr als bisher am me- dizinischen „Ergebnis“ ori- entieren. Das würde die Effekti- vität und Effizienz des Gesund- heitswesens erhöhen, heißt es im Sondergutachten 1997 des Sach- verständigenrats für die Konzer- tierte Aktion im Gesundheitswe- sen. Der Rat fordert Patientenori- entierung durch Leistungstranspa- renz: Informierte Patienten sind dann in der Lage, so die Theorie, einen Arzt zu wählen, der „gute Ergebnisse“ produziert.Überdurchschnittlich gute Er- gebnisse könnten mit Bonuszah- lungen belohnt werden, sagen die Sachverständigen. Gleichzeitig räumen sie jedoch ein, daß eine er- gebnisorientierte Vergütung nur eine Komponente eines modula-
ren Vergütungssystems sein kann:
Zwischen der ärztlichen Behand- lung und dem Behandlungsergeb- nis gebe es „vielfach keinen deutli- chen kausalen Zusammenhang“.
Dies meinen auch die Kas- senärzte. Der Behandlungserfolg hänge entscheidend von der Kon- stitution und Mitarbeit des Patien- ten ab, sagte KBV-Vorstandsmit- glied Dr. med. Manfred Richter- Reichhelm bei einem Symposium der KBV in Königswinter. Ein Vergütungssystem, das sich aus- schließlich am Behandlungserfolg des Arztes orientiert, lehnt die Kassenärztliche Bundesvereini- gung aus einem weiteren Grund ab: „Eine Erfolgshaftung läßt sich nicht rechtfertigen“, betonte Rich- ter-Reichhelm. Der Behandlungs- vertrag sei kein Werkvertrag, son-
dern ein Dienstvertrag. Demnach schuldet der Arzt keinen bestimm- ten Erfolg, sondern eine sorgfältig erbrachte Leistung.
Eine zusätzliche Vergütung derjenigen Ärzte, die überdurch- schnittlich gute Ergebnisse liefern, hält auch die KBV für denkbar und richtig. Das eigentliche Problem ist jedoch ein anderes: Was ist das Er- gebnis? Wer definiert es? Nach welchen Kriterien und wie soll es gemessen werden? Die Sachver- ständigen wissen es nicht. Doch wer Forderungen aufstellt und sie in die gesundheitspolitische Dis- kussion einbringt, sollte auch kon- krete Vorschläge folgen lassen.
Der Rat kann das offenbar nicht.
Was bleibt, ist letztlich kaum mehr als eine Diskussion im Elfenbein- turm. Dr. Sabine Glöser