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Archiv "Arztgeschichte: Nur mal eben kurz in die Werkstatt" (29.05.2009)

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[108] Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 22⏐⏐29. Mai 2009

S C H L U S S P U N K T

E

r will schnell in die Stadt. Der Lada hinter ihm hupt und fährt dicht auf, als wolle er nachhel- fen. Eine seiner Blinkleuchten links, so sieht er, scheint wohl nicht in Ordnung zu sein. Also: Geradeaus weiter und nachschauen . . . Rich- tig! Das linke hintere Blinklicht ist ausgefallen. Ein Stück weiter ist ei- ne Werkstatt. „Autolicht Fischer“.

Er steuert seinen „Trabbi“ vor- sichtig in den Hof der Werkstatt, die direkt an der Hauptstraße liegt. Er betritt die Halle, wo sein Blick auf etwa ein Dutzend sorgfältig geputz- ter Autos fällt, die in Reih und Glied stehen. Am anderen Ende der Halle glaubt er hinter einer leicht geöff- neten Tür gedämpfte Stimmen zu hören. Richtig. Etwa ein Dutzend Männer und Frauen steht in einer Reihe vor einem Podest. Niemand

scheint zu bemerken, dass er sich der Schlange anschließt. Während der Mann hinter dem Tisch, den ei- nige höflich mit „Herr Fischer“ an- reden, Reparaturaufträge entgegen- nimmt, beschneidet und kommen- tiert, bröckelt die Schlange vorn langsam ab. Hinter ihm reihen sich noch einige schweigend ein.

Als er endlich selbst vor dem Tisch steht, zögert er noch ein wenig.

Der Mann hinter dem Tisch schaut in das geöffnete Buch, bedeutet aber durch leichte Seitwärtsneigung sei- nes Kopfes, dass er etwas zu hören wünscht . . . „Ich bin auf der Durch- reise“, übertreibt der Mann vor dem Tisch ein wenig, „und habe eben be- merkt, dass mein linkes Blinklicht ausgefallen ist . . . Ich dachte, ein Fachmann könnte vielleicht schnell . . . mal . . .“ „Wie stellen Sie sich

das eigentlich vor, junger Mann?“, unterbricht ihn der andere, wobei er langsam seinen Kopf hebt und die Handfläche der freien Hand unter das Kinn schiebt. „Wir haben doch War- tezeiten. Alles schön der Reihe nach.“ Der junge Mann beginnt, ein bestätigendes Nicken der Übrigen im Rücken zu spüren. „Vielleicht könn- ten Sie dann“, gibt er zu bedenken,

„einen Termin für mich . . .“ Die Hal- tung des Herrn Fischer entspannt sich dadurch spürbar. „Das können wir natürlich“, lässt er sich verneh- men und holt unter dem Tisch etwas umständlich ein zweites Buch her- vor, das er aufschlägt. Er nennt einen Termin im Januar, den sich der junge Mann notiert, und stellt dann weitere Fragen: „Fahrzeugtyp, Schaden, Na- me, Adresse . . . Adresse?“ „Doktor Wierckes mit ih – eh und ce – ka“, macht der junge Mann aufmerksam.

Daraufhin erhebt sich Herr Fi- scher langsam und mit erkennbarer Anstrengung von seinem Sessel. Als er zum Stehen kommt, schaut er mit den Augen über den oberen Rand seiner Brille den jungen Mann aus nächster Nähe an. „Das hätten Sie doch gleich sagen können“, sagt er mit sich fortwährend hebender Stim- me. Obwohl er leise begonnen hat, verleiht eine freudige Erregung sei- nen Worten zunehmende Gewalt.

„Meine Frau ist doch bei Ihnen in Behandlung und war sehr zufrieden.

Das ist ja heute nicht so einfach. Der haben Sie vorigen Monat einen Zahn gemacht.“ Ziemlich behände öffnet er nun eine Tür hinter sich und ruft laut in einen Nebenraum: „Fritz, Fritz . . . , wo ist denn der Fritz ?“ Er gibt Anweisung, ihn zu holen. Durch die geöffnete Tür ist zu hören, wie er Fritz schließlich anweist: „Der Dok- tor hier hat einen ganz kleinen Scha- den, an seinem Auto!“

„Ich muss etwas richtig stellen“, kommt anschließend der Doktor wieder zu Wort. „Ich bin Nervenarzt.

Sie halten mich für meinen Bruder, der Zahnarzt ist.“ „Um Gottes Wil- len“, wendet Herr Fischer lachend ein. „Damit wollen wir nichts zu tun haben. Macht aber nichts. Gehen Sie mal zu Fritz auf den Hof.“

Dieser findet dann mit einigen Handgriffen schnell den Fehler. I Dr. med. H.-Dieter Koritsch

ARZTGESCHICHTE

Nur mal eben kurz in die Werkstatt

„Fahrzeugtyp, Schaden, Name, Adresse . . . Adresse?“ „Doktor Wierckes mit ih – eh und ce – ka“, macht der junge Mann aufmerksam.

Zeichnung:Elke R.Steiner

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